Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 19.07.2016 - 10 A 179/16
Fundstelle
openJur 2016, 10209
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die Entscheidung ergeht nach Durchführung der von der Klägerseite am 30.05.2016 (und 06.06.2016 nochmals) und damit nach dortiger Zustellung am 02.06.2016 fristgemäß gegen den Gerichtsbescheid vom 24.05.2016 beantragten (§§ 84 Abs. 2 VwGO, 78 Abs. 7 AsylG) mündlichen Verhandlung. Es haben sich keine neuen Erkenntnisse ergeben, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten.

Insgesamt liegen mit den nach Erlass des Gerichtsbescheids vorgelegten mittlerweile Bescheinigungen des Zentrums für Integrative Psychiatrie A-Stadt vom 26.06.2015, 07.09.2015, 23.11.2015, 30.12.2015, 04.01.2016, 11.01.2016, 26.02.2016 (die darin erwähnte vom 15.02.2016 wurde nicht vorgelegt) und 14.06.2016 vor.

Diese Bescheinigungen, die sich in großen Teilen jeweils als Fortschreibungen der vorangegangenen Bescheinigungen ohne wesentlich neue Erkenntnisse darstellen, lassen auch in der Gesamtschau nicht nachvollziehbar erkennen, warum sie einen Zusammenhang von den bei der Klägerin festgestellten Symptomen zu früheren Ereignissen im Heimatland herstellen. Der zeitliche Abstand der angeblich traumatisierenden Ereignisse zu den heute angeführten Symptomen trotz der zwischenzeitlichen Ereignisse im Leben der Klägerin wie z.B. die Geburt mehrerer Kinder hätte angesichts des Umstands, dass traumatisierend das Erleben von Vergewaltigung unter Verlust eines ungeborenen Kindes gewesen sein soll, einer sorgfältigen Klärung in tatsächlicher Hinsicht bedurft. Es fällt auch auf, dass zwar festgehalten wird, dass die Klägerin diesbezüglich keine genaueren Angaben machen kann (Bescheinigung vom 07.09.2015; vgl. auch bereits die Niederschrift der Anhörung vom 18.09.2009 – 5382930-1-150 –) jedoch nicht erfragt wird, wie die Klägerin unter den Verhältnissen ihres Heimatlandes mit psychischen Beeinträchtigungen zu Recht kam. Ebenfalls keine Würdigung erfährt der zum Teil unmittelbare Zusammenhang des Verhaltens der Klägerin mit den Rückschlägen ihres Bemühens um Erhalt eines Bleiberechts, besonders deutlich in der Ablehnung ihres Eilantrages am 24.11.2015 – 15 B 88/15 – und der stationären Aufnahme in A-Stadt nach einem abgebrochenen Abschiebungsversuch am selben Tag. Die unsichere aufenthaltsrechtliche Situation mag zwar schon für sich betrachtet höchste psychische Bedrängnis mit Krankheitswert bei der Klägerin auslösen. Dies wäre aber im Sinne der Nachvollziehbarkeit der erteilten Bescheinigungen klar von der Diagnose einer PTBS auf zweifelhafter tatsächlicher Grundlage zu trennen.

Insgesamt lässt sich den vorgelegten Attesten deshalb allenfalls entnehmen, dass seitens der Ausländerbehörde besonderes Augenmerk auf die Reisefähigkeit zu richten wäre und im Falle eines etwaigen weiteren Abschiebungsversuchs im Sinne einer staatlichen Schutzpflicht in besonderem Maße darauf zu achten wäre, dass etwaige Suizidversuche wirksam unterbunden werden. Eine Relevanz hinsichtlich eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots kommt ihnen auch angesichts der im Kosovo vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten (vgl. dazu den angefochtenen Bescheid) nicht zu.

Auch die persönliche Anhörung der Klägerin hat keine Hinweise darauf gegeben, dass ein Zusammenhang zwischen ihrem geschilderten Zustand und früheren Erlebnissen besteht. Sie hat diesbezüglich eigene Angaben nahezu ausschließlich auf suggestive Befragung gemacht und diese Darstellung auf Nachfragen immer weiter gesteigert. Es ist gleichwohl deutlich geworden, dass sich der Schwerpunkt der Ängste der Klägerin daraus speist, dass es wieder zu einem Abschiebungsversuch kommen könnte und dass sie mit ihren Kindern wieder in ärmlichen Verhältnissen im Kosovo leben muss.

Die gestellten Beweisanträge waren deshalb unter dem Gesichtspunkt der Ausforschung abzulehnen, da ein krankheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nicht glaubhaft gemacht wurde. Gleiches gilt für die Frage des Zugangs zu im Kosovo verfügbarer Gesundheitsfürsorge, da diese im angefochtenen Bescheid und der allgemeinen Auskunftslage bereits gut beschrieben ist.

Soweit die Beweisanträge auf eine sonstige psychische Erkrankung der Klägerin im Sinne einer Reiseunfähigkeit abzielen, wäre dies im vorliegenden Verfahren unerheblich, da ein krankheitsbedingtes inländisches Vollstreckungshindernis erst im Rahmen einer konkreten Abschiebungsmaßnahme ggf. von der Ausländerbehörde zu bewerten wäre.

Das Gericht erachtet die aus dem Tenor ersichtlichen Entscheidungen deshalb weiterhin als zutreffend, folgt der diesbezüglich in seinem Gerichtsbescheid gegebenen Begründung und sieht von einer weiteren Darstellung von Tatbestand und Entscheidungsgründen ab (§ 84 Abs. 4 VwGO).

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