OLG Köln, Urteil vom 16.04.2002 - 9 U 129/01
Fundstelle
openJur 2011, 21729
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 24 O 147/00
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 31.05.2001 - 24 O 147/00 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Versicherungsschutz für einen Schmerzensgeld- und Schadensersatzprozess seiner Ehefrau D gegen die Stadt E2, vertreten durch den Oberbürgermeister, als Träger der Städtischen Kliniken E2, Neurochirurgie, N-Straße, ....1 E2, sowie gegen den Oberarzt Dr. M wegen einer Operation vom 04.03.1994 mit den nachfolgend unter Ziffer 1.a) und 1.b) genannten Klageanträgen für die 1. Instanz zu gewähren:

1.a) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld (Mindestbetrag: 70.000,- DM = 35.790,43 EUR) nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen;

1.b) Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jedweden materiellen und weitergehenden (zukünftigen) immateriellen Schaden aus der Operation vom 04.03.1994 zu ersetzen, soweit dieser nicht auf einen Sozialversicherungs- oder sonstigen Versicherungsträger übergegangen ist.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 1/10 und die Beklagte zu 9/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur in geringem Umfang Erfolg.

Die Beklagte ist aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag nach § 1 ARB 75 verpflichtet, dem Kläger für den Prozess seiner Ehefrau in erster Instanz gegen die Stadt E2 und den Oberarzt Dr. M in dem aus dem Tenor im einzelnen ersichtlichen Umfang Versicherungsschutz zu gewähren. Lediglich für den weitergehenden Schmerzensgeldantrag besteht keine Erfolgsaussicht.

I.

Der Klageantrag ist entsprechend dem verfolgten Klageziel dahin auszulegen, dass der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet ist. Solange der Versicherungsnehmer - wie hier - noch nicht wegen der Kosten in Anspruch genommen worden ist, ist die Feststellungsklage die richtige Klageart (vgl. BGH, r+s 1999, 285, 286).

Ausweislich der Klagebegründung begehrt der Kläger zudem Versicherungsschutz zunächst nur für die 1. Instanz. Das entspricht der Rechtslage, da der Versicherungsnehmer nach den ARB 75 nur einen Anspruch auf eine auf die jeweilige Instanz beschränkte Kostendeckungszusage hat (BGH, a. a. O.). Insoweit war der Tenor klarstellend entsprechend zu ergänzen.

II.

Nach § 1 Abs. 1 ARB 75 hat die Beklagte Versicherungsschutz zu gewähren, wenn die von der Ehefrau des Klägers vor dem Landgericht Dortmund erhobene Klage hinreichende Erfolgsaussicht hat und nicht mutwillig erscheint. Für die Erfolgsaussicht gilt der gleiche Prüfungsmaßstab wie bei § 114 ZPO (BGH, NJW 1988, 266, 267). Der Umfang des danach zu gewährenden Versicherungsschutzes folgt im einzelnen aus folgenden Überlegungen.

1.) Ein Anspruch auf Schmerzensgeld ergibt sich für die Ehefrau des Klägers gegen die Stadt E2 und den Oberarzt Dr. M als Gesamtschuldner aus §§ 823, 847, 831, 840 BGB. Die erforderliche Erfolgsaussicht der Klage ist dem Grunde nach gegeben. In der Höhe ist das Schmerzensgeld auf einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag (Mindestbetrag: 70.000,- DM) zu beschränken.

a) Der Vortrag der Ehefrau des Klägers ist für einen Behandlungsfehler schlüssig und unter Beweis gestellt. Da die Beklagte - wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt hat - die mangelnde Erfolgsaussicht in diesem Punkt mit der Berufung nicht mehr angreift, bedarf es insoweit lediglich einer kurzen, zusammenfassenden Begründung.

Die Ehefrau des Klägers behauptet verschiedene Behandlungsfehler anlässlich der Kopfoperation im Jahr 1994. Zum einen habe sich der Tumor in der Schädelgrube befunden, so dass die Hirnnerven 5, 7 und 8 nicht hätten verletzt werden können. Zum anderen hätten auch die Hirnnerven 7 und 8 bei der Operation dargestellt werden müssen, um deren Schädigung zu vermeiden. Zudem sei der Tumor vor der Operation nicht exakt lokalisiert worden. Schließlich habe der behandelnde Arzt zu lange gezögert, eine Lyse der Nerven durchführen zu lassen, wodurch die Erfolgschancen erheblich vermindert worden seien. Diese Behauptungen der Ehefrau des Klägers reichen für einen schlüssigen Vortrag aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass an die Substantiierungspflicht eines Klägers im Arzthaftungsprozess nur maßvolle Anforderungen gestellt werden dürfen. Die Partei darf sich auf Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes auf Grund der Folgen für den Patienten gestattet (Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 4. Aufl., E Rn. 2).

Der negative Bescheid der Gutachterkommission vom 04.06.1997 steht der Erfolgsaussicht ebenfalls nicht entgegen. Die Ehefrau des Klägers stellt die Wertungen der Sachverständigen in diesem Verfahren in Frage und setzt sich damit kritisch auseinander. Es kommt hinzu, dass diesen Gutachtern nicht sämtliche bildgebenden Materialien zur Verfügung standen, so dass sie teilweise nur auf sekundäre Befundberichte zurückgreifen konnten. Da es sich in erster Linie um die Bewertung medizinischer Fragen auf einem Spezialgebiet handelt, kann die Erfolgsaussicht vor Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht verneint werden.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt die Erfolgsaussicht nicht wegen der von der Stadt E2 und dem operierenden Arzt erhobenen Verjährungseinrede. Bis zur Klageerhebung Anfang 2000 war die dreijährige Frist des § 852 BGB noch nicht vollendet.

Die Verjährung beginnt nach Abs. 1 dieser Vorschrift in dem Zeitpunkt, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Für die Kenntnis vom Schaden kommt es auf die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen an. Dafür reicht es im Arzthaftungsprozess nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aus, dass dem Patienten der negative Ausgang einer ärztlichen Behandlung und die medizinische Ursache dafür bekannt sind. Er muss vielmehr auch Kenntnis von einem ärztlichen Behandlungsfehler haben. Dazu muss er nicht nur die wesentlichen Umstände des Behandlungsverlaufs kennen, sondern auch Kenntnis von solchen Tatsachen erlangen, aus denen sich für ihn als medizinischen Laien ergibt, dass der behandelnde Arzt von dem üblichen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht getroffen hat, die nach dem ärztlichen Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich waren (BGH, NJW 1995, 776, 777; 1991, 2350; vgl. ferner Geiß/Greiner, a. a. O., D I Rn. 6 f.).

Unerheblich ist es, ob der Patient über das tatsächliche Behandlungswissen hinaus subjektiv die Gewissheit oder den Verdacht eines Behandlungsfehlers gewinnt. Umgekehrt ersetzt eine entsprechende subjektive Gewissheit oder ein Verdacht des Patienten nicht die erforderliche Kenntnis des Patienten von den Tatsachen (Geiß/Greiner, a. a. O., D I Rn. 5).

Nach diesen Grundsätzen hatte die Ehefrau des Klägers jedenfalls nicht vor Einleitung des Verfahrens vor der medizinischen Gutachterkommission am 26.02.1996 die maßgebliche Kenntnis. Dazu reicht es nicht aus, dass sie wusste, dass infolge der Operation jeweils linksseitig eine Gesichtslähmung und ein Hörverlust aufgetreten waren. Ob sie daneben auch Kenntnis davon hatte, dass der Gesichtsnerv durchtrennt wurde, erscheint bereits fraglich. Da es in den vergangenen zwei Jahren seit der Operation nicht zu einer Regeneration gekommen war, lag eine Durchtrennung zwar nahe. Eine konkrete Feststellung dazu ergibt sich aus den verschiedenen Arztberichten bis zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht. Selbst in dem Bericht von Prof. T3 vom Krankenhaus Nordstadt I vom 18.04.1996 heißt es nach der Anfertigung von bildgebenden Unterlagen nur, es sei zu vermuten, dass der nervus facialis destruiert worden sei. Auch eine Kenntnis von der Zerstörung des Nervs hätte jedoch nicht ausgereicht. Denn damit ist nicht die notwendige Kenntnis des Abweichens vom ärztlichen Standard verbunden. Die Nervdurchtrennung kann auch eine unvermeidbare Komplikation gewesen sein. Da die Klägerin auf eine derartige Komplikation in dem Aufklärungsgespräch sogar hingewiesen worden sein soll, kann erst recht nicht davon ausgegangen werden, dass sie allein aufgrund einer etwaigen Kenntnis von einer Nervdurchtrennung auch die laienhafte Kenntnis hatte, es handele sich insoweit um einen Behandlungsfehler.

Ein Hinweis auf einen Behandlungsfehler lässt sich den verschiedenen Arztberichten jedenfalls bis zum Jahr 1996 nicht entnehmen. Sowohl das St. K Hospital V (Bericht vom 11.08.1995) als auch Dr. C2 (Bericht vom 12.02.1996) stellen lediglich den Zustand fest, äußern sich aber nicht dazu, ob dieser behandlungsfehlerhaft verursacht worden ist. Aus dem Bericht von Dr. T3 ergibt sich - wie ausgeführt - nichts anderes. Dass dieser die Klägerin schon zu einem früheren Zeitpunkt entsprechend unterrichtet hätte, ist nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte rügt, dass der Kläger die weiterhin aus dieser Zeit stammenden Berichte von Dr. C3 und Herrn L im Prozess nicht vorgelegt habe, ist dies schon deshalb unerheblich, weil die Beklagte diese Berichte kennt. Ausweislich des Schreibens des Klägers vom 11.04.1996 sind diese Berichte mit diesem Schreiben an die Beklagte versandt worden, so dass sie selbst dazu vortragen müsste, warum aus diesen Berichten die Kenntnis der Ehefrau des Klägers von einem Abweichen vom ärztlichen Standard folgen soll.

Eine andere Bewertung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem eigenen Schreiben der Ehefrau des Klägers vom 20.03.1995. Dort wird lediglich angenommen, wahrscheinlich seien der 7. und 8. Hirnnerv durchtrennt worden. Die Ehefrau äußert sich jedoch nicht dazu, ob ein Behandlungsfehler vorliegt bzw. dass die Nervdurchtrennung auf einem Abweichen vom ärztlichen Standard beruht. Sie mag subjektiv schon zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen sein. Das reicht jedoch nicht aus, um die Kenntnis objektiver Tatsachen bezüglich eines fehlerhaften Vorgehens zu begründen. Eine derartige Kenntnis ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil die Ehefrau des Klägers einen Mediziner hinzugezogen hatte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass dieser der Ehefrau einen konkreten Behandlungsfehler mitgeteilt hat.

Lag mithin die erforderliche Kenntnis jedenfalls nicht vor Einleitung des Verfahrens vor der Gutachterkommission am 26.02.1996 vor, so kann es dahinstehen, ob die Verjährungsfrist zu einem späteren Zeitpunkt begann. Bis zum Abschluss dieses Verfahrens mit der Erteilung des Bescheids vom 04.06.1997 war die Verjährung nämlich zumindest nach § 852 Abs. 2 BGB gehemmt. Das Verfahren vor einer ärztlichen Gutachterstelle, auf das sich der in Anspruch genommene Arzt bzw. das Krankenhaus einlässt, stellt eine Verhandlung im Sinne von § 852 Abs. 2 BGB dar (Palandt-Thomas, BGB, 60. Aufl. § 852 Rn. 18; Geiß/Greiner, a. a. O., D I Rn. 10; OLG Oldenburg, NJW 1993, 2997, 2998; vgl. auch BGH, NJW 1983, 2075, 2076). Bei Klageerhebung gegenüber der Stadt E2 und Dr. M war die dreijährige Verjährungsfrist somit noch nicht vollendet, so dass die Verjährung nach § 209 Abs. 1 BGB durch die Klageerhebung unterbrochen worden ist. Das genaue Datum der Klagezustellung ist zwar von den Parteien nicht mitgeteilt worden. Ausweislich des Klägervortrags ist aber jedenfalls vor dem 04.06.2000 - dem frühest möglichen Zeitpunkt des Ablaufs der Verjährungsfrist - Klage erhoben und sogar schon mündlich verhandelt worden. Auch das Aktenzeichen des LG Dortmund 17 O 1/00 belegt, dass die Klage zumindest schon Anfang 2000 eingereicht wurde.

c) Hinsichtlich der Schmerzensgeldhöhe ist die Erfolgsaussicht allerdings zu verneinen, soweit die Ehefrau des Klägers mehr als ein angemessenes Schmerzensgeld mit einem Mindestbetrag von 70.000,- DM verlangt.

aa) Die Ehefrau des Klägers litt nach der Operation zunächst unter einer peripheren Facialparese und einer Hypakusis links. Sie musste sich 1996 einer weiteren Operation zur Wiederherstellung des nervus facialis links unterziehen. Danach hat sich eine Besserung eingestellt, so dass nach der Bescheinigung von Frau Dr. B nur noch eine Restparese an der linken Gesichtshälfte sichtbar ist, insbesondere beim Lachen und Sprechen. Nach der Behauptung der Ehefrau des Klägers tropft ihr aber auch heute noch jede Flüssigkeit aus dem Mund. Außerdem lässt sich das linke Auge nicht richtig schließen und tränt ständig. Ferner leidet sie an einem Tinnitus und Schwindelgefühlen. Schließlich ist die Artikulation nicht einwandfrei. Selbst wenn dieser Zustand insgesamt auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen ist, ist ein Schmerzensgeld von 120.000,- DM nach Auffassung des Senats überhöht. So hat z. B. das OLG München (ZfS 1994, 403) bei einer Gesichtsausdruckveränderung mit Beeinträchtigung nahezu aller Sinne (Doppelsichtigkeit, Tinnitus, Geruchsinnbeeinträchtigung, Geschmacksinnbeeinträchtigung) lediglich ein Schmerzensgeld von 90.000,- DM zugesprochen. Die dauerhaften Beeinträchtigungen der Ehefrau des Klägers erscheinen weniger schwerwiegend. Nach einer Entscheidung des Landgerichts Berlin im Jahr 1992 ist für eine Gesichtslähmung mit Beeinträchtigung der Stimmbänder, Entfernung der linken Speicheldrüse und zusätzlicher Steifheit der Finger ein Schmerzensgeld von 50.000,- DM angemessen.

Vorliegend ist weiter zu berücksichtigen, dass der Versicherungsnehmer in der Rechtsschutzversicherung nach § 15 Abs. 1 d cc ARB 75 dazu verpflichtet ist, alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten verursachen könnte. Deshalb ist er gehalten, bei einem nach § 287 ZPO zu schätzenden Anspruch die Höhe in das Ermessen des Gerichts zu stellen und lediglich einen Mindestbetrag anzugeben (OLG Nürnberg, VersR 1982, 695; Prölss, in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 15 ARB 75 Rn. 9). Die Interessen des Versicherungsnehmers werden dadurch nicht ungerechtfertigt beeinträchtigt, da das Gericht auch eine deutlich über dem Mindestbetrag liegende Summe zusprechen kann. Demzufolge ist die Beklagte hier lediglich dazu verpflichtet, dem Kläger für ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld Versicherungsschutz zu gewähren. Als Mindestbetrag hält der Senat unter Berücksichtigung aller derzeit bekannten Umstände die von der Ehefrau des Klägers vorprozessual zunächst geforderten 70.000,- DM für ausreichend.

bb) Die Berufung auf eine fehlende Erfolgsaussicht ist der Beklagten hinsichtlich eines Schmerzensgeldes von mehr als 70.000,- DM als Mindestbetrag auch nicht nach § 158 n VVG verwehrt. Nach S. 2 dieser Vorschrift hat der Versicherer auf das für den Fall der Verneinung der Leistungspflicht vorgesehene Gutachterverfahren - vorliegend den Stichentscheid nach § 17 ARB 75 - bei der Ablehnung hinzuweisen. Unterlässt er diesen Hinweis, gilt das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers nach S. 3 als anerkannt. Das gilt unabhängig davon, ob der Versicherer sich bei der Ablehnung auf eine mangelnde Erfolgsaussicht berufen hat oder nicht. Der unterlassene Hinweis auf das Gutachterverfahren reicht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 158 n VVG aus, um dem Versicherer die Berufung auf mangelnde Erfolgsaussicht im Prozess abzuschneiden (vgl. OLG Stuttgart, r+s 1993, 344, 345; OLG Hamm, r+s 1994, 141; Schirmer, DAR 1990, 441, 443; Prölss, in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 158 n Rn. 4).

Den erforderlichen Hinweis hat die Beklagte - worauf der Senat im Termin hingewiesen hat - zwar ausweislich der vorgelegten Schreiben vom 07.05. und 28.05.1999 nicht erteilt. Die Rechtsfolge des § 158 n VVG gilt jedoch nur in dem Umfang, in dem der Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche angemeldet hat. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er von der Beklagten eine Deckungszusage für ein Schmerzensgeld von mehr als 70.000,- DM gefordert hat. Ausweislich des Schreibens vom 11.04.1996 hat er der Beklagten unter Beifügung des Schreibens an die Stadt E2 vom 20.03.1995 lediglich mitgeteilt, seine Ehefrau mache ein Schmerzensgeld von 70.000,- DM geltend. Zwar ist der Betrag im Schreiben vom 12.05.1999 an die Stadt E2 auf 120.000,- DM erhöht worden. Der Kläger hat jedoch nicht vorgetragen, dass dieses Schreiben auch der Beklagten zur Kenntnis gebracht worden ist. Für eine Geltendmachung gegenüber der Beklagten ergeben sich auch aus dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Schreiben vom 19.05.1999 keine Anhaltspunkte. Demnach besteht kein Anlass, die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wiederzueröffnen.

2.) Die Erfolgsaussicht hinsichtlich des Zinsanspruchs folgt aus §§ 284, 286, 288 BGB.

3.) Die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht für jedweden materiellen und weitergehenden (zukünftigen) immateriellen Schaden hat entsprechend den vorstehenden Ausführungen ebenfalls hinreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 823, 847, 831, 840 BGB). Die Klage kann auch hinsichtlich des in der Vergangenheit schon entstandenen Schadens einheitlich als Feststellungsklage erhoben werden. Dies ist zulässig, wenn sich der Schaden zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung befindet, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte (BGH, VersR 1991, 788; OLG Saarbrücken, VersR 1992, 1359, 1360). Vorliegend ist der materielle Schaden, der sich im wesentlichen aus einem Haushaltsführungsschaden und Verdienstausfall zusammensetzt, soweit ersichtlich noch in der Fortentwicklung. Im übrigen bestehen gegen die Gewährung von Versicherungsschutz für einen umfassenden Feststellungsantrag auch deshalb keine Bedenken, weil das Landgericht Dortmund gegebenenfalls auf eine Bezifferung für die Vergangenheit durch einen entsprechenden Hinweis hinwirken müsste, falls sich eine teilweise Unzulässigkeit des Feststellungsantrags ergeben sollte.

Hinsichtlich des immateriellen Schadens versteht der Senat die Formulierung im Klageantrag dahin, dass mit dem Wort "weitergehend" der zukünftige immaterielle Schaden gemeint ist. Dies ist im Tenor ergänzend klargestellt worden. Denn der Feststellungsantrag kann sich beim immateriellen Schaden nur auf bisher nicht voraussehbare Zukunftsrisiken beziehen. Die schon eingetretenen Schäden einschließlich der vorhersehbaren weiteren Entwicklung sind hingegen mit dem bezifferten Schmerzensgeldantrag abgegolten (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2000, 1623; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 927).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nach § 543 ZPO n. F. nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder eine einheitliche Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Streitwert: bis 13.000,- EUR.

Keller Dr. Halbach Gersch