OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.01.2002 - 9 A 5298/00
Fundstelle
openJur 2011, 21636
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 265,30 EURO ( früher 518,88 DM ) festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Beklagte hat die allein geltend gemachten ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht dargelegt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts sind gegeben, wenn die Umstände, die für die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung i.S. des Entscheidungsergebnisses sprechen, deutlich überwiegen. Nicht ausreichend sind Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente oder Sachverhaltsfeststellungen, wenn diese nicht zugleich Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung begründen. Dargelegt nach § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (vgl. § 194 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess (RmBereinVpG) vom 20. Dezember 2001, BGBl. I S. 3987) ist der Zulassungsgrund nur, wenn er benannt wird und wenn sich der Antrag mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinander setzt und im Einzelnen erläutert, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese mit der Folge eines unrichtigen Entscheidungsergebnisses ernsthaften Zweifeln begegnen.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe lassen sich dem Zulassungsvorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der angegriffenen Entscheidung entnehmen.

Das Verwaltungsgericht hat seine Feststellung einer im Jahr 1996 nicht bestehenden Gebührenpflicht für die streitigen Fahrzeuge der Klägerin nach § 1 ABBG i. V.m. Art. 2 der seinerzeit noch anzuwendenden Richtlinie 93/89 EWG vom 25. Oktober 1993 (mittlerweile abgelöst durch die weitgehend inhaltsgleiche Richtlinie 1999/62 EWG vom 17. Juni 1999) auf zwei - jeweils selbstständig tragende - Erwägungen gestützt. Es hat ausgeführt, bei der solo fahrenden Zugmaschine fehle es schon mangels Ladefläche an der gemäß Art. 2, 4. Spiegelstrich der Richtlinie 93/89 EWG erforderlichen Bestimmung zum Güterkraftverkehr. Es hat weiter dargelegt, unabhängig hiervon komme der Zugmaschine weder für sich genommen noch in Kombination mit dem zugehörigen Auflieger die nach der besagten gemeinschaftsrechtlichen Regelung erforderliche ausschließliche Bestimmung zum Güterkraftverkehr zu, da die Fahrzeugkombination in erster Linie zur Ausstellung von Produkten der Klägerin diene.

Angesichts dessen bestünden nur dann ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, wenn das Zulassungsvorbringen durchgreifende Einwände gegen die beiden vorgenannten Begründungselemente erheben würde. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Nach dem Zulassungsvorbringen bestehen zwar ernstliche Zweifel im Hinblick auf die Annahme des Verwaltungsgerichts, solo fahrenden Zugmaschinen fehle schon von vorneherein die Bestimmung zum Güterkraftverkehr im Sinne des Art. 2, 4. Spiegelstrich der Richtlinie 93/89 EWG. Die Zweifel ergeben sich daraus, dass die Zweckbestimmung einer Zugmaschine nicht losgelöst von seiner grundsätzlichen Funktion in dem jeweiligen Unternehmen beurteilt werden kann. Dient die Zugmaschine - was der Regelfall sein wird - grundsätzlich als Zugfahrzeug für einen Auflieger, dessen Zweckbestimmung sich wiederum im Transport von Gütern erschöpft, so erfasst diese grundsätzliche Zweckbestimmung auch die Zugmaschine. Vor dem Hintergrund , dass Art. 2, 4. Spiegelstrich der Richtlinie 93/89 EWG - wie unten noch weiter darzulegen ist - auf eine solche generelle Zweckbestimmung und nicht auf die Verwendung im Einzelfall abstellt, liegt eine Bestimmung zum Güterkraftverkehr somit auch dann vor, wenn eine derartige Zugmaschine in einzelnen Fällen solo fährt. Einer vertiefenden Auseinandersetzung hiermit bedarf es indes nicht.

Denn ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist jedenfalls die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, die Zugmaschine und die Kombination Zugmaschine mit Auflieger der Klägerin seien nicht ausschließlich im Sinne des besagten Gemeinschaftsrechts für den Güterkraftverkehr bestimmt und unterfielen deshalb nicht der Gebührenpflicht nach § 1 Abs. 1 ABBG. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 28. Oktober 1999 - C-193/98 - ist geklärt, dass in Ansehung des Ziels der Richtlinie 93/89 EWG mit der darin enthaltenen Voraussetzung "ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt" nur solche Fahrzeuge erfasst werden, die aufgrund ihrer Merkmale dazu bestimmt sind, regelmäßig und auf Dauer und nicht nur gelegentlich am Wettbewerb im Güterverkehr teilzunehmen. Dem Zulassungsvorbringen ist zwar beizupflichten, dass die danach maßgeblichen Merkmale für die vorzunehmende Beurteilung solche objektiver Art sind. Allerdings kann bei dieser Beurteilung nicht &.150; wie die Beklagte meint &.150; nur auf die Nutzung des Fahrzeugs innerhalb "des güterkraftverkehrsrechtlichen Bereichs", d.h. mit anderen Worten nur auf den Verwendungszweck während der Fahrt auf der Straße, abgestellt und die Prüfung auf die Frage beschränkt werden, ob das Fahrzeug insoweit nach seinen objektiven Merkmalen (ausschließlich) dem Transport von Gütern dient. Eine solche Sichtweise hat die Beklagte im Grundsatz bereits in dem durch das besagte Urteil des EuGH abgeschlossenen Verfahren vertreten, indem sie vorgetragen hat, es sei nicht auf die überwiegende Verwendung des Fahrzeugs im Allgemeinen, sondern nur darauf abzustellen, ob das Fahrzeug bei der Benutzung von Straßen Güter befördere. Dieser Auffassung ist der EuGH gerade nicht gefolgt. Er hat vielmehr die seinerzeit in Streit stehende Frage, ob bei der Beurteilung der "Ausschließlichkeit" auf den Zeitpunkt und die Art der jeweiligen Benutzung (im Einzelfall) oder auf die generelle Zweckbestimmung des Fahrzeugs abzustellen sei, dahin entschieden, dass es auf die generelle Zweckbestimmung unabhängig von dem jeweiligen einzelnen Verwendungszweck ankommt. Angesichts dessen ist nicht entscheidend, ob ein Fahrzeug in dem Moment, in dem es eine Straße benutzt, ausschließlich zum Transport von Gütern bestimmt ist, sondern kommt es darauf an, ob das Fahrzeug nach seinen objektiven Merkmalen generell ausschließlich dazu dienen soll, Güter auf Straßen zu transportieren.

Dieser Bewertung kann auch nicht entgegen gehalten werden, danach seien Fahrzeuge mit Schlafstätten für das Fahrpersonal nicht mehr ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt und unterlägen keiner Gebührenpflicht. Es liegt auf der Hand, dass Schlafstätten für Fahrpersonal in solchen Fahrzeugen, die nur für den Transport von Gütern eingesetzt werden, eben diesem Transportzweck dienen. Von daher beseitigen sie nicht die ausschließliche Bestimmung derartiger Fahrzeuge für den Güterkraftverkehr, sondern bestätigen sie allenfalls.

Bei Anlegung des oben ausgeführten Maßstabs hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Zugmaschine der Klägerin weder für sich genommen noch in Kombination mit dem dazu gehörigen Auflieger ausschließlich zum Güterkraftverkehr bestimmt ist. Denn bei der gebotenen generellen Betrachtung im oben dargelegten Sinne anhand objektiver Merkmale &.150; hier der Einrichtung des Aufliegers als Ausstellungsräumlichkeit für die Produkte der Klägerin &.150; dienen die streitigen Fahrzeuge noch nicht einmal überwiegend zu Transportzwecken. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die unter diesem Aspekt zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Urteil (S. 9 der Urteilsabschrift) Bezug genommen werden.

Der im vorgenannten Zusammenhang noch geltend gemachte Einwand der Beklagten, trotz der besagten besonderen Funktion der Fahrzeugkombination der Klägerin werde hier der Schutzzweck der Richtlinie berührt, da die Klägerin jedenfalls mit der Beförderung ihrer Produkte zu den Ausstellungsorten in einen Wettbewerb mit anderen Transportunternehmen trete, greift nicht durch. Die Richtlinie dient nach ihrer Präambel zwar der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen in den Mitgliedstaaten. Wie bereits oben ausgeführt, gebietet es dieses Ziel nach dem Urteil des EuGH vom 28. Oktober 1999 &.150; C &.150;193/98 &.150; gleichwohl - jedenfalls auf der bislang verwirklichten ersten Stufe der Harmonisierung &.150; nicht, auch solche Fahrzeuge in den Anwendungsbereich der Richtlinie einzubeziehen, die nach ihren objektiven Merkmalen auch zu anderen als bloßen Transportzwecken bestimmt sind. Eben dies ist bei den Fahrzeugen der Klägerin der Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).