LG Itzehoe, Urteil vom 06.10.2016 - 7 O 236/13
Fundstelle
openJur 2016, 11514
  • Rkr:

Beteiligungen an Schiffsfonds sind spektakuläre Anlagen, die sich nur für Anleger eignen, die Erfahrungen in Beteiligungen haben und bereit sind, die besonderen Risiken, die mit ihnen verbunden sind, auch einzugehen. Sie sind zur Altersvorsorge generell ungeeignet.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 31.350,00 € nebst 2% Zinsen p.a. aus 21.000,00 € vom 01.01.2008 und auf weitere 10.350,00 € vom 01.09.2008 bis zum 29.11.2013 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 30.11.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte des Klägers aus seinen Beteiligungen an dem Schiffsfonds HCI Shipping Select XXIV gemäß Beitrittserklärung vom 10.12.2007 über einen Beteiligungsbetrag von 20.000,00 € nebst 5% Agio, sowie an der Erste Lloyd Fonds TradeOn Portfolio GmbH & Co. KG, gemäß Beitrittserklärung 28.4.2008 über einen Beteiligungsbetrag von 15.000 € nebst 5% Agio und gemäß Beitrittserklärung vom 18.7.2008 über einen Beteiligungsbetrag von 10.000,00 € nebst 5% Agio an die Beklagte.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte hinsichtlich der vorgenannten Abtretungen im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.305,50 € vorgerichtliche Kosten nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit dem 30.11.2013 zu zahlen.

4. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstrecken Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht mit der Klage Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Beratung und dem Erwerb von Beteiligungen an Schiffsfonds geltend.

Der Kläger ist Gerichtsvollzieher. Er hatte seinerzeit seine ursprünglichen Vermögensanlagen bei der Sparkasse in Leipzig. Über den Fernsehsender n-tv ist er auf die Möglichkeit einer Beratung in Form eines über n-tv beworbenen kostenlosen "Depotchecks" hingewiesen worden, streitig ist, ob durch die Beklagte oder die comdirect private finance AG. Aufgrund der Werbung und einer entsprechenden Telefonvereinbarung fand in den Räumen der comdirect private finance AG, die in 2010 mit der Beklagten fusioniert hat, ein Beratungsgespräch zwischen dem dort tätigen Zeugen O. und dem Kläger statt. Streitig ist, ob es ein oder mehrere Beratungsgespräche gab. Unstreitig fand zwischen dem Kläger und dem Berater der Beklagten O. ein Beratungsgespräch am 10.12.2007 statt, in dessen Anschluss der Kläger eine Beitrittserklärung zum Schiffsfonds HCI Shipping Select XXIV über einen Betrag von 20.000 € nebst 5% Agio unterzeichnete.

Am 18.7.2008 zeichnete der Kläger ebenfalls aufgrund der Beratung und Empfehlung durch den Berater der Beklagten, den Zeugen O., eine Beteiligung an der an dem Schiffsfonds der Erste Lloyd Fonds TradeOn Portfolio GmbH & Co. KG in Höhe von 10.000,00 € nebst 5% Agio. Der Inhalt und weitere Verlauf der Beratungsgespräche ist streitig.

Am 18.7.2008 zeichnete der Kläger nach weiterem Beratungsgespräch eine Beteiligung am vorgenannten Fonds in Höhe weiterer 10.000,00 € nebst 5% Agio.

Die Anlagen entwickelten sich nicht erwartungsgemäß.

Der Kläger hat mit außergerichtlichen Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.03. und 05.06.2013 Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht.

Mit der Klage begehrt er Zahlung der investierten Beträge nebst 4% Zinsen seit Anlagedatum abzüglich einer Ausschüttung in Höhe von 150,00 €.

Der Kläger ist der Auffassung, direkt mit der Beklagten einen Beratungsvertrag geschlossen zu haben, er behauptet hierzu, es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass die Beratungen nicht durch die Beklagte selbst sondern durch die comdirect private finance bzw. einen freien Berater erfolgen sollte.

Der Kläger behauptet, der Zeuge O. habe hinsichtlich beider Beteiligungen fehlerhaft beraten. Es seien lediglich die Kurzprospekte übergeben worden. Schon im ersten Gespräch zwischen ihm und dem Berater habe der Kläger seine finanziellen Verhältnisse offen gelegt. Er habe keine Erfahrungen und Kenntnisse mit unternehmerischen Beteiligungen wie den gegenständlichen gehabt. Er habe ausdrücklich Wert auf eine sichere und stabile Anlageform gelegt. Er habe ausdrücklich angegeben, die Anlage als Altersvorsorge abschließen zu wollen und Wert auf eine langfristige Anlage mit Vermögenserhalt gelegt. Zwar habe er auch an Marktchancen teilnehmen wollen, aber nur unter der Prämisse einer für die Altersvorsorge geeigneten entsprechend sicheren Anlage. Er verweist insoweit auf den Inhalt der Beratungsdokumentation. Der Sachbearbeiter O. habe in der Beratung den Eindruck erweckt, als ob die Anlagen den Anlagenwünschen des Klägers entsprächen und keinerlei Verlustrisiken bestünden. Der Kläger habe aufgrund der Angaben der Beratung den Eindruck gewonnen, dass Schiffe immer gefahren und gebraucht würden und ein langfristiges sicheres Investment für die Altersvorsorge seien. Dieser Eindruck sei durch die übergebenen Kurzprospekte bzw. Prospekte verstärkt worden. Die Prospekte seien fehlerhaft. Im Übrigen habe Herr O. in den Beratungsgesprächen über die hohen Risiken der streitgegenständlichen Beteiligungen nicht aufgeklärt, insbesondere nicht über das Totalverlustrisiko, er habe den immens hohen Weichkostenanteil der Beteiligungen von bis zu 50% des eingezahlten Kommanditkapitals nicht aufgeklärt , nicht über die lange Laufzeit, das Wiederaufleben der Haftung in Höhe der Ausschüttungen und über das Fungibilitätsrisiko, ferner über die Risiken, die sich daraus ergaben, dass es sich um einen sogenannten Charterpool handle. Die Prospekte suggerierten im Übrigen fehlerhafterweise Sicherheit, Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage.

Aufgrund der Beratungen habe er die Beteiligungen erworben, was bei entsprechende Beratung nicht geschehen wäre. Vielmehr habe er in diesem Fall in sichere Kapitalanlagen investiert und insoweit einen Zinsertrag von jedenfalls 4% Zinsen jährlich erwirtschaftet.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 31.350,00 € nebst Zinsen in Höhe

von 4% p.a. aus 21.000,00 € vom 01.01.2008 und auf 10.350,00 € vom 01.09.2008, jeweils bis Rechtsanhängigkeit und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen

Abtretung sämtlicher Rechte aus den streitgegenständlichen Beteiligungen,

ferner festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug mit der Zug um Zug Abtretung der Rechte befindet, die Beklagte ferner zu verurteilen,

an den Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.505,35 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, ein Beratungsvertrag sei lediglich mit der comdirect private finance AG zu Stande gekommen, für diese gelte die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezüglich der Aufklärungen über Rückvergütungen nicht. Der Kontakt sei aufgrund einer durch die comdirect private finance AG über den Nachrichtensender n-tv beworbenen kostenlosen Depotschecks zu Stande gekommen. Der Zeuge sei bereits im ersten Termin mit dem Kläger nicht als Vertreter der Beklagten aufgetreten, sondern habe dem Kläger, wie alles seiner Kunden, dargelegt, dass das Leistungsangebot der comdirect private finance über dasjenige der Beklagten, die lediglich das Online-Banking betriebe, herausgehe, er habe seine Visitenkarte ausgehändigt, auf welcher die Tätigkeit für die comdirect private finance deutlich hervorgehoben worden sei und habe dies auch anhand der von ihm verwendeten Beratungsunterlagen deutlich gemacht. Bereits im ersten Beratungsgespräch am 28.11.2007 sei deutlich geworden, dass der Kläger bereits umfangreich in Aktien und Investmenthandel investiert habe. Dies habe er auch nach der streitgegenständlichen Beteiligung in erheblichen Umfang getan. Bereits im ersten Termin habe der Zeuge auf alternative Investmentprodukte insbesondere die Schiffsbeteiligungen hingewiesen und dem Kläger bereits in diesem Termin den Prospekt zu der Beteiligung HCI Shipping Select übergeben. Im weiteren Gespräch habe der Zeuge O. dem Kläger vorgestellt, wie er sich eine Optimierung der bisherigen Geldanlage vorstelle. Es sei darüber hinaus ausführlich über die Altersvorsorge des Klägers gesprochen worden. Die streitgegenständlichen Beteiligungen seien nicht zur Altersvorsorge des Klägers bestimmt gewesen. Der Zeuge O. habe auch über die Risiken ordnungsgemäß aufgeklärt.

Die Beklagte wendet im übrigen Verjährung hinsichtlich etwaiger Beratungsfehler ein. Sie behauptet, der Kläger habe in verjährter Zeit Kenntnis oder jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis von den behaupteten Beratungsfehlern gehabt.

Das Gericht hat Beweis erhoben über den Inhalt der Beratungsgespräche durch Vernehmung des Zeugen O.. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 09.07.2015, Blatt 86 d.A.. Der Kläger wurde persönlich angehört, insoweit wird Bezug genommen auf das Protokoll vom 02.10.2014, Blatt 63 d.A..

Zum weiteren Vorbringen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorgenannten Sitzungsprotokolle sowie den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze.

Gründe

Die Klage ist im Wesentlichen begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche, allerdings nur ein "Wiederanlageschaden" in Höhe von 2% zu.

Dabei kann dahinstehen, ob das Beratungsverhältnis mit der private finance AG oder der Beklagten selbst zustande gekommen ist und die Beklagte daher verpflichtet war, über Provisionen aufzuklären.

Es kann auch dahinstehen, ob der Zeuge im Übrigen fehlerhaft beraten hat. Jedenfalls hat er insoweit falsch beraten, als er dem Kläger die streitgegenständlichen Schiffsfonds angedient hat. Schiffsfonds sind nämlich nur für Anleger geeignet, die erhebliche Erfahrungen mit derartigen Beteiligungen haben und auch bereit sind, die besonderen Risiken, die mit Schiffsfonds verbunden sind, auch einzugehen. Sie sind zur Altersvorsorge generell ungeeignet, weil es sich um hochspekulative Anlagen handelt, die mit sehr hohen Chancen aber auch mit außerordentlichen weitaus höheren Risiken, die vielfältige Ursachen haben können, verbunden sind.

Zum einen sind die Erfolgschancen von Schiffsfonds, sei es als Beteiligungen an Einschiffsgesellschaften oder Beteiligungen an Dachfonds über mehrere Einschiffsgesellschaften existenziell abhängig von Konjunktur und Krise der Seeschifffahrt. Existenzielle Krisen in der Seeschifffahrt, die zu ruinösen Wettbewerb, dem Zusammenbruch ganzer Märkte oder von Teilmärkten geführt haben, sind in der Vergangenheit jedoch in regelmäßigen Abständen aufgetreten, mit der Folge wellenartig auftretender Insolvenzen von Seeschiffen in großer Zahl.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Schifffahrtskrisen, die meist, aber nicht immer mit allgemeinen Wirtschafts- und Welthandelskrisen zusammenfallen. Dem Schifffahrtshistoriker Martin Stopford zufolge ist die Krise von 2008-14 bereits die 22. seit Mitte des 18. Jahrhunderts (Martin Stopford: Globalization and the Long Shipping Cycle, RINA President's invitation lecture Cycle, 11. November 2009) . Die fortschreitende Globalisierung führt immer häufiger zu globalen als auch zu nationalen Seeschifffahrtskrisen; allerdings können sie von Segment zu Segment (z. B. Tankschifffahrt, Trockenschifffahrt) unterschiedlich ausgeprägt sein. Besonders bekannt geworden sind dabei in den letzten Jahrzehnten insbesondere die Tankerkrise in den siebziger Jahren, hervorgerufen durch ein Überangebot an Tankern im Zusammenhang mit der damaligen Ölkrise, sowie die schwere Schifffahrtskrise in den achtziger Jahren und die sogenannte Asienkrise in den neunziger Jahren, die verbunden mit einem Boom im Bau und Ausbau asiatischer Werften zu einem erheblichen Überangebot von Ladekapazitäten, damit verbunden zu einem Verfall der Schifffahrtspreise und den daraus folgenden zahlreichen Schiffsinsolvenzen führten, mit der Folge, dass zahlreiche Schiffe lange vor Erreichen ihres technischen Alters nur noch zum Schrottpreis zu veräußern waren.

Im Reedergewerbe ist demgemäß auch die Rede von einem sogenannten zehnjährigen "Schweinezyklus", einem auf und ab zwischen Boom und Marktzusammenbruch durch ruinöse Frachtraten und hierauf beruhendem Zusammenbruch der Preise für Schiffe. Weil dieses Phänomen bekannt ist, beteiligen sich Reeder an Schiffen, die regelmäßig als Einschiffsgesellschaften unter anderem zur Begrenzung des Risikos ausgestaltet sind, in der Regel nur im einstelligen Prozentbereich, wobei auch diesem Betrag in der Regel in übersteigende Rückflüsse in den ersten ein bis zwei Jahren gegenüberstehen.

Hinzu kommt für die Anleger, die sich an solchen Fonds beteiligen, dass dem von ihnen eingebrachten Kapital Sachsubstanz zur Absicherung ihres Kapitals nicht zur Verfügung steht.

Tatsächlich ist, anders als etwa bei Fonds, die sich an Grundstücken beteiligen, von einer Sachsubstanz der Schiffe, die das Beteiligungskapital der Anleger sichert, nicht auszugehen. Vielmehr ist eine dahingehende Erwartung als rein spekulativ zu beurteilen. Dies folgt vorliegend zum einen schon daraus, dass selbst bei planmäßigen Verlauf des Fonds der Kaufpreis der Schiffe bei Ablieferung insgesamt etwa 80 % des Gesamtkapitals betragen sollte, während die Darlehensvaluta der kreditgebenden Banken, die über die Schiffe abgesichert ist, schon rund 60 % ausmacht, die Gesamtverpflichtung aus den Darlehensverträgen bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist den Sachwert (Neupreis) der Schiffe bei Ablieferung deutlich übersteigt. Selbst bei planmäßigem Ablauf übersteigt frühestens nach 10 Jahren der jeweilige restliche Sachwert der Schiffe die Darlehensvaluta. Darüber hinaus ist selbst die Annahme des Sachwertes schon bei Ablieferung als auch bei Veräußerung der Schiffe am Ende der Laufzeit des Fonds spekulativ. Denn die Veräußerbarkeit der Schiffe und die dabei zu erzielende Preise hängen weniger von ihrem Sachwert, als vom Marktwert ab, der seinerseits durch die zu erzielenden Fracht- und Charterraten gebildet wird, so dass eines Teils bei steigenden Fracht- und Charterraten Kauferlöse weit über dem Sachwert erzielt werden können, bei sinkenden Fracht- und Charterraten Schiffe wegen des Verfalls der Fracht- und Charterraten nicht einmal die laufenden reinen Betriebskosten erwirtschaften können und auch bereits erheblich vor der prognostizierten Zeit von 20 Jahren nur noch zum Schrottwert im einstelligen Prozentbereich des Kaufpreises veräußert werden können. Dies hat zur Folge, dass aus den Erlösen nicht einmal die vorrangigen Ansprüche der Darlehensgeber befriedigt werden können. Letzteres ist jedoch gerade dann der Fall, wenn Schifffonds mangels kostendeckender Charterraten in die Krise geraten. Unerheblich ist insoweit, ob sich das Risiko, dass die Verkaufserlöse der Schiffe nicht zur Deckung des Beteiligungskapitals dienen, in der jüngsten Vergangenheit vor dem Vertrieb der Schiffsfonds nicht realisiert hatte, denn allein die Tatsache, dass es in den vergangenen fünf Jahren gut gegangen ist, ändert nichts am spekulativen Charakter einer Kapitalanlage in Schiffsbeteiligungen.

Danach widersprach die Empfehlung des Zeugen O., die streitgegenständlichen Beteiligungen zu erwerben, den Grundsätzen einer anleger- und anlagegerechten Beratung. Nach dem Inhalt der Beratungsgespräche, sowie sie dokumentiert sind, und wie sich aus der Aussage des Zeugen O. auch nicht anders ergeben, war es dem Kläger daran gelegen, das bisher anderweitig angelegte Geld zur Altersvorsorge anzulegen, im Hinblick darauf, dass er aufgrund geänderter Bedingungen seines Dienstverhältnisses künftig eine geringere Pension zu erwarten hat. Dies ist auch aus den Beratungsprotokollen zu entnehmen, obwohl insoweit auch Widersprüche in den Protokollen sind. Jedenfalls hätte es dem Zeugen, sofern er meinte, dem Kläger sei es auch um eher riskante Anlagen gegangen, ihn auf den hochspekulativen Charakter und die fehlende Eignung hinzuweisen, insbesondere deshalb, weil es sich um einen relativ hohen Anteil des gesamten dem Kläger an liquiden Mitteln zur Verfügung stehenden Kapitals handelte. Davon ist ersichtlich, auch wenn man der Aussage des Zeugen O. folgte, nicht die Rede gewesen, zumal der Zeuge O. die Schiffsbeteiligungen offenbar als sicher und ertragreich angesehen hat, wohl aufgrund der ihm von der Beklagten bzw. der private finance AG zur Verfügung gestellten Unterlagen.

Die Anlageentscheidung beruht auch auf den Beratungsgesprächen mit dem Zeugen O., es ist auch zu vermuten, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Beratung ein anderes Produkt, das sicherer gewesen wäre, gewählt hätte.

Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Denn die dafür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, dass dem Kläger in verjährter Zeit der spekulative Charakter der Produkte bekannt geworden ist oder hätte bekannt sein müssen. Allein aus der Tatsache, dass nach kurzer Zeit bereits keine Ausschüttungen mehr entstanden, lässt sich dies nicht entnehmen. Der Kläger handelte auch nicht grob fahrlässig, wenn er aufgrund der mangelnden Ausschüttungen keine weiteren Nachforschungen hinsichtlich des Charakters der Anlage, insbesondere ihres spektakulären Charakters und des erheblichen Totalverlustrisikos tätigte.

Soweit die Beklagte meint, der Kläger habe aufgrund der Angaben in den Flyern und in den Beitrittserklärungen einen Widerspruch zu dem Inhalt der Beratungsinhalten des Zeugen O. feststellen und deshalb die Prospekte eingehend studieren müssen, so vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen. Zum einen ist der Zeuge O. nach seinen eigenen Äußerungen im Termin davon ausgegangen, dass es sich um ein für die Altersvorsorge geeignetes Produkt handle, wie der Kläger dies in seiner mündlichen Anhörung erklärt hat. Die Hinweise lassen demgegenüber nur das Bestehen eines theoretischen Risikos erkennen, nicht aber dessen Ausmaß. Der Kläger konnte danach auf die Äußerungen des Zeugen O. vertrauen, zumal er im Übrigen mit dem Zeugen sehr gute Erfahrung gemacht hatte. Zum anderen sind in den Prospekten, wie auch in dem unstreitig vorliegenden Flyer sämtliche Risiken eher bagatellisierend dargestellt. Eine Gewichtung der im Prospekt angegeben Risiken nach Wahrscheinlichkeit und Ausmaß ist durchweg unterblieben, für einen Laien ist kaum zu erkennen, welche Risiken vernachlässigbar und welche ernsthaft und existenziell sind.

Der Höhe nach ist die Klage hinsichtlich des Hauptanspruchs begründet. Dem Kläger steht das investierte Kapital einschließlich Agio, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungen zu. Soweit der Kläger darüber hinaus entgangenen Gewinn in Höhe von 4% geltend gemacht hat, waren ihm lediglich 2% zuzusprechen. Das Gericht vermag ohne weitere Angaben nicht festzustellen, dass der Kläger in fraglicher Zeit tatsächlich 4% Zinsen erzielt hätte, dass der Kläger für langfristige sichere Anlagen seit dem Einlagezeitpunkt im Durchschnitt jedenfalls 2% erzielt hätte, hält das Gericht aufgrund des damals herrschenden Kapitalmarkts für hinreichend erwiesen (§ 287 ZPO).

Zuzusprechen waren dem Kläger ferner Verzugszinsen, wie beantragt, sowie die Erstattung der anwaltlichen Kosten in Höhe von 1,3 Gebühren, unter Klageabweisung im Übrigen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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