LG Kleve, Beschluss vom 19.09.2002 - 4 T 342/02
Fundstelle
openJur 2011, 20527
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 7 a M 1335/02
Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert.

Der Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners vom 23. Juli 2002 wird abgewiesen.

Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

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Die Gläubigerin betreibt wegen einer titulierten Hauptforderung von 361,94 EUR nebst Zinsen und Kosten die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner. Sie hat am 11. Juni 2002 eine Maßnahme des Amtsgerichts erwirkt, wonach die Ansprüche des Schuldners aus einer Bankverbindung mit der Drittschuldnerin gepfändet und ihr zur Einziehung überwiesen sind.

Am 23. Juli 2002 hat der Schuldner beantragt, die Pfändung des Kontenguthabens aufzuheben, soweit darauf die Rente seiner Ehefrau - 184,00 EUR monatlich - eingehe. Auf diesen Betrag seien seine Ehefrau und er zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen.

Durch Entscheidung vom gleichen Tage, der Gläubigerin zugestellt am 26. Juli 2002, hat das Amtsgericht dem Antrag ohne Anhörung der Gläubigerin entsprochen. Als Rechtsgrundlage ist § 765 a ZPO genannt.

Mit am 7. August 2002 eingegangener "Erinnerung" wendet sich die Gläubigerin gegen diese Entscheidung.

Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde, §§ 11 Abs. 1 RPflG; 793 ZPO, zulässig. In der Sache hat es Erfolg.

Unabhängig von den erheblichen Verfahrensfehlern des Amtsgerichts (u.a. Glaubhaftmachung statt Vollbeweis in der Zwangsvollstreckung; Unterlassen des rechtlichen Gehörs der Gläubigerin) und unabhängig von der bislang nicht geklärten rechtlichen Grundlage, wie die Rente der Ehefrau auf das gepfändete Konto gelangt (Oder-Konto, Und-Konto, Treuhandkonto), kann der Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners in keinem Falle Erfolg haben.

Wegen materieller Rechte Dritter an - wirksam oder nicht - gepfändeten Kontenguthaben hat der Vollstreckungsschuldner kein eigenes Interventionsrecht. Das entspricht allgemeiner Meinung, vgl. Baumbach-Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 765 a Rdnr. 11; Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rdnr. 717, 745; Zöller-Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 765 a Rdnr. 8 - jeweils mit weiteren Hinweisen. Vielmehr ist der Dritte gehalten, seine etwaigen materiellen Rechte selbst geltend zu machen. Dem läßt sich nicht entgegenhalten, eine etwaige Drittwiderspruchsklage der Ehefrau des Schuldners, § 771 ZPO, sei "unverhältnismäßig", wie es das Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 8. August 2002 ausgeführt hat, von der die Parteien im übrigen - verfahrenswidrig, vgl. Zöller a.a.O., § 572 Rdnr. 11 - keine Kenntnis erhalten haben. Ein Rechtsbehelf wird nicht dadurch zulässig (oder begründet), daß der zulässige, anderweitige Rechtsbehelf "unverhältnismäßig" sein soll, wobei mangels Begründung des Amtsgerichts nicht erkennbar wird, worin solche Unverhältnismäßigkeit liegen soll.

Die angefochtene Entscheidung läßt sich auch nicht mit Erfolg auf das Argument stützen, der Schuldner benötige die Rente seiner Ehefrau für seinen eigenen Lebensunterhalt. Für den Schuldner gelten die Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO, die er im Falle der Kontenpfändung über § 850 k ZPO geltend machen kann. Sollte das nicht genügen, gibt § 850 f Abs. 1 ZPO die Möglichkeit zur Erhöhung der Freigrenze. Eines Rückgriffs auf die Ausnahmebestimmung des § 765 a Abs. 1 ZPO - sittenwidrige Härte - bedarf es nicht, schon gar nicht, um dem Schuldner eine ihm nicht zustehende Rechtsbehelfsmöglichkeit zu eröffnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlaßt.

Beschwerdewert: bis 600,00 EUR.