AG Bocholt, vom 07.08.2002 - 4 C 74/02
Fundstelle
openJur 2011, 20348
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klä-gerin 1.406,05 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 562,42 Euro seit dem 07.01.2002, aus 562,42 Euro seit dem 06.02.2002 sowie aus 281,21 Euro seit dem 06.03.2002 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamt-schuldner auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.900,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheit kann auch durch schriftliche unbedingte und unbe-fristete Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Den Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfah-ren vorbehalten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Mietvertrag.

Unter dem 05.09.2001 schlossen die Klägerin, vertreten durch die Mitarbeiterin xy, und die Beklagten einen schriftlichen Mietvertrag über die im Haus xy im 2. Obergeschoss links gelegene Wohnung zu einem Mietzins von insgesamt 1.100,00 DM monatlich. Gemäß § 2 Ziffer 1 des Mietvertrages vom 05.09.2001 sollte das Mietverhältnis am 01.12.2001 beginnen, soweit die Wohnung bezugsfertig oder beziehbar ist. Unter Ziffer 3 wurde vereinbart, dass der Mietvertrag aus unbestimmte Zeit laufe, die gesetzliche Kündigungsfrist drei Monate betrage, das Mietverhältnis jedoch frühestens nach dem Monatsletzten gekündigt werden könne, der drei Jahre nach dem Vertragsbeginn liege. In § 22 des Mietvertrages wurde weiter vereinbart, dass der Fußbodenbelag durch die Klägerin erneuert werden sollte. Bei Abschluss des Mietvertrages leisteten die Beklagten eine Mietkaution in Höhe von 1.100,00 DM.

Mit einem der Klägerin am 27.09.2001 zugegangenen Schreiben der Beklagten erklärten diese die fristlose Kündigung des Mietvertrages mit der Begründung, dass die Fenster undicht und der Fußboden in einem desolaten Zustand seien. Am 28.11.1001 kam es zu einem Gespräch zwischen der Mitarbeiterin xy und den Beklagten. Eine Einigung hinsichtlich der Kündigung konnte nicht erzielt werden. In diesem Gespräch verpflichtete sich jedoch die Klägerin, das Tapezieren und den Anstrich der Wohnung vorzunehmen. Mit Schreiben vom 30.11.2001 teilte die Klägerin mit, dass die Wohnung bis zum 16.12.2001 mit neuem Anstrich und neuem Fußbodenbelag ausgestattet sei und bezogen werden könne. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 04.12.2001 wurde erklärt, dass die Beklagten an der fristlosen Kündigung der Wohnung festhielten, vorsorglich wurde die ordentliche Kündigung zum 28.02.2002 ausgesprochen.

Die Klägerin hat die Wohnung zum 15.04.2001 wieder vermietet. Sie verlangt nun den Mietzins für die Zeit vom 01.01.2002 bis zum 15.04.2001 abzüglich der von den Beklagten gezahlten Mietkaution.

Sie ist der Ansicht, der Mietvertrag sei durch die Beklagten nicht wirksam - weder außerordentlich noch ordentlich - gekündigt worden. Eine ordentliche Kündigung sei durch § 2 Ziffer 3 des Mietvertrages ausgeschlossen. Auch komme eine fristlose Kündigung nicht in Betracht, da die von den Beklagten aufgeführten Mängel diesen bei Vertragsschluss bekannt gewesen seien. Die Klägerin bestreitet, dass der Vormieter der Wohnung - wie die Beklagten behaupten - diese bereits drei Wochen vor dem vereinbarten Mietbeginn geräumt habe.

Sie beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie

1.406,05 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 562,42 Euro seit dem 07.01.2002, aus 562,42 Euro seit dem 06.02.2002 sowie aus 281,21 Euro seit dem 06.03.2002 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, den Mietvertrag wirksam gekündigt zu haben. Ein Grund zur fristlosen Kündigung habe bestanden. Sie behaupten, die Undichtigkeit der Fenster bei Besichtigung der Wohnung nicht bemerkt zu haben, da Gardinen vor den Fenstern gehangen hätten. Ferner sei entgegen der vertraglichen Vereinbarung weder die Wohnung am 26.11.2001 geräumt noch der Fußbodenbelag eingebracht gewesen. Der Vormieter habe die Wohnung bereits drei Wochen vor dem vereinbarten Mietbeginn geräumt, so dass die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt die Wohnung hätte bezugsfertig machen können.

Gründe

Die Klage ist im Urkundenprozess zulässig und begründet. Auch der Anspruch auf Wohnraummiete kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden (BGH NJW 1999, 1408).

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagen ergibt sich aus § 3 des Mietvertrages vom 05.09.2001. Die Beklagten haben den Mietvertrag nicht wirksam gekündigt.

Die in dem der Klägerin am 27.11.2001 zugegangenen Schreiben der Beklagten ausgesprochene Kündigung ist nicht wirksam. Die Beklagten hatten zu diesem Zeitpunkt keinen Grund zur fristlosen Kündigung. Ein solcher setzt nach § 543 Abs. 1, 2 Ziffer 1, 3 BGB voraus, dass vor der Kündigung wegen eines erheblichen Mangels der Wohnung dem Vermieter eine angemessene Frist zur Abhilfe gesetzt wurde und diese Frist erfolglos abgelaufen ist. Eine Frist zur Abhilfe haben die Beklagten der Klägerin nicht gesetzt. Eine solche ist auch nicht entbehrlich nach § 543 Abs. 3 S. 2 BGB. Die Klägerin hätte am 26.11.2001 noch fünf Tage Zeit gehabt, etwaige Mängel zu beseitigen, so dass eine Fristsetzung weder offensichtlich keinen Erfolg versprochen hätte noch die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen gerechtfertigt gewesen wäre. Insofern ist es auch unerheblich, ob die Beklagten die Mangelhaftigkeit der Fenster bei Vertragsschluss erkennen konnten oder nicht. Auch eine Kündigung wegen nicht rechtzeitiger Einräumung des Besitzes scheidet aus. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Beklagten noch kein Recht auf Besitzeinräumung.

Auch in dem anwaltlichen Schreiben vom 04.12.2001 ist keine wirksame Kündigung zu erkennen. Eine fristlose Kündigung wegen Mängel der Wohnung scheidet wiederum wegen unterbliebener Fristsetzung aus. Aber auch eine fristlose Kündigung wegen verspäteter Gebrauchsgewährung scheidet aus. Gemäß § 2 Ziffer 1 des Mietvertrages vom 05.09.2001 sollte das Mietverhältnis am 01.12.2001 beginnen, soweit die Wohnung bezugsfertig oder beziehbar war. Dies war die Wohnung jedoch unstreitig am 04.12.2001 noch nicht, so dass die Beklagten noch keinen Anspruch auf Gebrauchsgewährung der Mietsache hatten. Die Klausel in § 2 Ziffer 1 des Mietvertrages ist wirksam. Sie benachteiligt den Mieter nicht unangemessen, da der Mieter nach § 543 BGB die Möglichkeit hat, dem Vermieter eine Frist zur Gewährung des Gebrauchs der Mietsache zu setzen und bei deren fruchtlosem Ablauf den Mietvertrag fristlos kündigen kann. Eine Frist zur Gebrauchsüberlassung wurde der Klägerin durch die Beklagten nicht gesetzt. Diese war auch nicht gemäß § 543 Abs. 3 BGB entbehrlich, da nicht ersichtlich ist, dass eine solche offensichtlich nicht erfolgversprechend gewesen wäre. Auch liegen keine besonderen Gründe vor, die die Kündigung gerechtfertigt hätten. Ein solcher Grund ist nicht in der erneuten Anmietung der ehemaligen Wohnung der Beklagten zu sehen. Diese haben sie nach eigenem Vortrag noch vor dem 01.12.2001 wieder angemietet. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie der Klägerin jedoch noch eine Frist zur Gebrauchsüberlassung einräumen können.

Auch haben die Beklagten nicht wirksam ordentlich den Mietvertrag gekündigt. Das Recht zur ordentlichen Kündigung war gemäß § 2 Ziffer 3 des Mietvertrages für die Dauer der ersten drei Jahre ausgeschlossen. Diese Bestimmung ist wirksam. Sie weicht von den dispositiven Bestimmungen der §§ 573 c, 575 BGB ab. Die Klausel benachteiligt den Mieter nicht unangemessen. In der Regel hat der Mieter ein Interesse an einer langfristigen Bindung des Mietverhältnisses. Die nach früherem Recht ohne weiteres mögliche Vereinbarung eines zeitlich befristeten Mietverhältnisses barg für den Mieter die Gefahr, nach Ablauf der Befristung ohne weitere Ankündigung durch den Vermieter die Wohnung räumen und sich kurzfristig nach einer neuen Wohnung umsehen zu müssen. Diese Gefahr ist durch die Anforderungen des neuen § 575 BGB gebannt. Der andererseits mit einem Zeitmietvertrag verbundene Vorteil einer längerfristigen Bindung des Mietverhältnisses kann nunmehr durch den Kündigungsverzicht für eine bestimmte Zeit erreicht werden. Dass hierbei auch der Mieter auf die Kündigungsmöglichkeit verzichtet, macht die Klausel nicht unwirksam. Auch der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse - beispielsweise wegen Investitionen in die Wohnung - an einer langfristigen Bindung des Mietverhältnisses. Insofern kann eine unangemessene Benachteiligung des Mieters nicht gesehen werden. Die sich aus dem Verzicht ergebende Benachteiligung des Mieters dahin, dass er auch gebunden ist, wenn er sich aus anderen als den in § 543 BGB genannten Gründen von dem Vertrag lösen will, ist keine mit seiner grundsätzlich unterlegeneren Stellung als Mieter in Zusammenhang stehende Rechtsfolge. Vielmehr ist sie - wenn sich wie hier beide Parteien gleichermaßen an den Vertrag binden - Ausdruck der Privatautonomie. Insofern ist der Mieter nicht schutzbedürftiger als andere Vertragspartner.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für die Monate Januar bis Mitte April 2002, mithin 3.850,00 DM. Von diesem Anspruch bringt die Klägerin die von den Beklagten gezahlte Kaution in Höhe von 1.100,00 DM in Abzug, so dass sich ein Anspruch in Höhe von 2.750,00 DM (entspricht 1.406,05 EUR) ergibt.

Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB. Gemäß § 4 des Mietvertrages hatten die Beklagten die Miete spätestens am dritten Werktag des Monats im voraus zu zahlen. Mit Ablauf des jeweiligen Tages sind sie in Verzug geraten.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4, 708 Nr. 4, 711 ZPO.

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