OLG Hamm, Beschluss vom 09.12.2002 - 2 Ss OWi 1018/02
Fundstelle
openJur 2011, 19858
  • Rkr:
Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen mit der klarstellenden Maßgabe verworfen, dass der Betroffene wegen "fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Alkoholmenge im Körper, die zu einer Atemalkoholkonzentration von mehr als 0,40 mg/l geführt hat" verurteilt ist.

Gründe

I. Das Amtsgericht hat den Betroffenen "wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die 0,8-Promille-Grenze zu einer Geldbuße von 250 EURO verurteilt" und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt - Verstoß gegen (§§ 24 a I Nr. 1, 25, StVG, 2 BKatV). Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er u.a. geltend macht, die amtsgerichtlichen Feststellungen seien nicht ausreichend. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat folgende tatsächliche Feststellungen getroffen:

"Der Betroffene befuhr am 01.11.01 gegen 3.45 Uhr mit dem Pkw ## in I die M-Straße in Fahrtrichtung G-Straße. Er wurde dort von den Zeugen POK I. und PM-A'in P. im Rahmen einer Verkehrskontrolle angehalten. Nachdem er die Frage nach vorangegangenem Alkoholgenuss bejaht hatte, wurde auf der Polizeiwache eine Atemalkoholmessung durchgeführt mit dem Messgerät Alcotest 7110 Evidential Typ MK III, Seriennummer ARNB 111, dessen Eichgültigkeit ausweislich des in der Hauptverhandlung verlesenen Eichscheins bis Februar 2002 reicht. Es wurden zwei Messungen im Abstand von 2 Minuten durchgeführt, die einen Wert von 0,515 bzw. 0,491 mg pro Liter ergaben. Aus den genannten Werten bildete das Gerät einen Mittelwert von 0,50 mg pro Liter.

Die vorgenannten Feststellungen hat das Gericht getroffenen aufgrund der ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung erhobenen Beweismittel. Der Betroffene gab in der Hauptverhandlung an, er sei Auszubildender und erziele ein monatliches Nettoeinkommen von 470,-- Euro. Dem Vorwurf wolle er in der Sache nicht entgegentreten. Er habe sich fahrtüchtig gefühlt. Er habe zuvor mit anderen zusammen in S gefeiert und habe ca. 5 Bier, möglicherweise auch Wodka, Red Bull und Longdrinks zu sich genommen. Eine genaue Erinnerung habe er diesbezüglich nicht mehr. Er habe dann noch mit Kollegen eine Zeit von ca. 2 bis 3 Stunden in T verbracht, wo er zuvor sein Auto abgestellt hatte. Während dieser Zeit habe er keinen Alkohol mehr getrunken. Er habe sich dann auf dem Wege nach Hause befunden, als er von den Polizeibeamten angehalten worden sei. Er bereue dies heute außerordentlich.

Die als Zeugen vernommenen Polizeibeamten haben den Vorfall wie oben dargestellt geschildert. Der Zeuge I. äußerte u.a., der Betroffene sei ihm persönlich bekannt. Er, der Zeuge I., habe das Alkoholmessgerät bedient. Er sei an diesem Gerät auch ausgebildet worden. Die Messung habe keine Besonderheiten aufgewiesen. Auch sei der Betroffene von der Höhe des ermittelten Wertes nicht überrascht gewesen."

Diese Feststellungen sind im Ergebnis nicht zu beanstanden, so dass die Rechtsbeschwerde entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach § 349 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 OWiG zu verwerfen war.

Anlass zu den nachfolgenden Ausführungen gibt folgender Umstand: Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Verwerfungsantrag u.a. auch mit dem Hinweis auf die Entscheidung des OLG Hamm in BA 2002, 280 begründet. Dabei hat sie jedoch offensichtlich übersehen, dass es sich dabei um die Entscheidung des 3. Senats für Bußgeldsachen vom 2. Oktober 2001 (3 Ss OWi 989/01, veröffentlicht außerdem noch in VA 2002, 18 = VRS 102, 115 = NZV 2002, 1989) handelt, in der der hiesige 3. Senat für Bußgeldsachen von der Rechtsprechung des erkennenden Senats abgewichen ist. Während der 3. Senat für Bußgeldsachen nämlich der Auffassung ist, dass bei einer Verurteilung nach § 24 a StVG aufgrund einer Atemalkohol-Messung es grundsätzlich ausreicht, wenn in den Urteilsgründen lediglich Messmethode und Atemalkoholwerte mitgeteilt werden, die turnusmäßige Eichung des benutzten Gerätes und die Einhaltung der Verfahrensbestimmungen hingegen, wenn keine Einwände insoweit erhoben werden, nicht dargelegt werden müssen, vertritt der erkennende Senat eine strengere Auffassung. Er geht vielmehr davon aus, dass bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 24 a StVG dem tatrichterlichen Urteil nicht nur die Messmethode zu entnehmen sein muss, sondern auch, mit welchem bauartzugelassenen Messgerät die Messergebnisse gewonnen sind, dass dieses Messgerät gültig geeicht war und dass die Bedingungen für das Messverfahren gewahrt sind (vgl. OLG Hamm VA 2001, 112 = VRS 101, 53 = DAR 2001, 416 = zfs 2001, 428 = BA 2001, 373; siehe auch Beschluss des erkennenden Senats vom 6. Februar 2002 in VA 2002, 122 = ZAP EN-Nr. 474/2002 = VD 2002, 255[ Ls.] = zfs 2002, 401 = NJW 2002, 2485 = NZV 2002, 414 = VRS 103, 204; offen gelassen von OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Juni 2002, 2a Ss (OWi) 92/02 - (OWi) 33/02 III).

Der Senat hält nach nochmaliger Überprüfung an seiner strengeren Auffassung fest. Der Leitsatz der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. April 2001 (4 StR 507/00 - NZV 2001, 267) zwingt nach Auffassung des Senats zu den zusätzlichen Anforderungen an die Feststellungen. Der Bundesgerichtshof hat eindeutig formuliert, dass nur dann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, die von dem Messgerät gewonnenen Ergebnisse ohne Sicherheitsabschläge verwertbar sind.

Das angefochtene Urteil wird allerdings - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - diesen strengen Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen gerecht. Den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen lässt sich entnehmen, mit welchem bauartzugelassenen Messgerät die Messergebnisse gewonnen worden sind, dass dieses Messgerät gültig geeicht war und dass die Bedingungen für das Messverfahren gewahrt sind (siehe zu allem die angeführte Rechtsprechung des erkennenden Senats). Das gilt insbesondere auch hinsichtlich des Umstandes, dass zwischen Trinkende und Beginn der Messung mindestens 20 Minuten verstrichen sein müssen. Dazu hat das Amtsgericht zwar keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Dem Gesamtzusammenhang lässt sich aber entnehmen, dass der Betroffene nach dem Trinkende noch "ca. 2 bis 3 Stunden in T" verbracht hat, wo er zuvor sein Auto abgestellt hatte. Dem Gesamtzusammenhang lässt sich auch entnehmen, dass es sich bei dem vom Amtsgericht festgestellten Mittelwert um die Konzentration von Atemalkohol handelt. Die insoweit von der Rechtsbeschwerde erhobenen Einwände liegen, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist, neben der Sache.

Schließlich ist auch die Rechtsfolgenentscheidung des Tatrichters in keiner Weise zu beanstanden. Das gilt vor allem auch hinsichtlich der Rüge, das Amtsgericht habe es versäumt, mit der rechtskräftigen Verurteilung des Betroffenen vom 10. April 2002, der eine am 8. Dezember 2001 begangene Trunkenheitsfahrt zugrunde lag, eine "Gesamtstrafe" zu bilden. Die Rechtsbeschwerde übersieht, dass eine "Gesamtstrafenbildung" zwischen einer Geldbuße und einer (Kriminal)Strafe weder im Ordnungswidrigkeitenrecht noch im StGB vorgesehen ist.

III. Nach allem war damit die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 79 Abs. 3 OWiG zu verwerfen. Der Senat hat allerdings zur Klarstellung den Tenor der angefochtenen Entscheidung neu gefasst