LG Köln, Beschluss vom 21.01.2002 - 29 T 91/01
Fundstelle
openJur 2011, 19699
  • Rkr:
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 22.02.2001 - Az. 202 II 252/00 - abgeändert und die Antragsgegnerin unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags verpflichtet an den Antragsteller EUR 1.189,46 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÓG seit dem 30.07.2000 zu zahlen.

Die Gerichtskosten werden dem Antragsteller zu 2/5 und der Antragsgegnerin zu 3/5 auferlegt. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft M-Straße in L für diese von der Antragsgegnerin als früheren Verwalterin Schadensersatz für Zinsen auf nicht für die Gemeinschaft eingenommene Mieterlöse für Stellplätze und Tiefgaragenplätze in Höhe von DM 39.469,21, die bereits an die Gemeinschaft erstattet worden sind, für den Zeitraum 1990 bis 1998.

Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin mit der angefochtenen Entscheidung, auf die für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, zur Zahlung von DM 3.685,19 antragsgemäß verpflichtet. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gelangten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt.

In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

Zum Haftungsgrund aus positiver Vertragsverletzung kann die Kammer allerdings auf die Erwägungen der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, gegen die im Ergebnis nichts Durchgreifendes vorgebracht ist.

Soweit im streitgegenständlichen Zeitraum Jahresabrechnungen bestandskräftig beschlossen worden sind, steht die damit nach herrschender Meinung verbundene Entlastungswirkung gegenüber dem Verwalter (vgl. nur Palandt/Bassenge, 61. Auflage, § 26 WEG Rz. 15) einer Inanspruchnahme der Antragsgegnerin nicht entgegen. Denn diese Entlastungswirkung beschränkt sich auf das Verwalterhandeln, das in der Abrechnung seinen Niederschlag gefunden hat (vgl. BayObLG, Beschluss vom 1.02.2001 - Az. 2Z BR 122/00 = NZM 2001, 388 = NJW-RR 2001, 731 = WuM 2001, 301 = ZMR 2001, 558). Daran fehlt es hier, da die Antragsgegnerin die nicht erzielten Erlöse aus der Vermietung von Stell- und Tiefgaragenplätzen eben nicht in die Jahresabrechnungen eingestellt hatte. Eine Entlastungswirkung wäre nur dann anzunehmen, wenn die Erlöse fehlerhaft in den Jahresabrechnungen eingestellt wären.

Eine weitergehende ausdrückliche Entlastung der Antragsgegnerin ist ausweislich der vorgelegten Protokollabschriften nicht erfolgt.

Da deshalb sich die Antragsgegnerin im Ergebnis nicht auf eine Entlastungswirkung von Jahresabrechnungen berufen kann, darf hier dahinstehen, dass die Annahme einer stillschweigenden Verwalterentlastung durch Billigung der Jahresabrechnung nach herrschender Meinung nicht im Einklang damit steht, dass die Jahresrechnung richtig sein kann, auch wenn Gründe für die Missbilligung der Verwaltertätigkeit und damit eine Trennung von Abrechnungsgenehmigung und Entlastung vorliegen, etwa wenn der Verwalter unberechtigte Ausgaben vorgenommen hat, diese aber in der Jahresabrechnung zutreffend dargestellt sind, oder umgekehrt der Verwalter pflichtwidrig Einnahmen nicht erzielt hat und dies in der Jahresabrechnung zutreffend nicht erscheint. Es bedarf auch keiner Vertiefung, dass Anhaltspunkte für eine unerlaubte Handlung der Antragsgegnerin, die von einer Entlastung nicht umfaßt sind, entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht bestehen.

Die Antragsgegnerin kann auch nicht mit Gegenansprüchen für die Verwaltung der Stell- und Tiefgaragenplätze, etwa aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht, aufrechnen. Denn der Verwaltervertrag vom 07.08.1989 erstreckt die Verwaltung in § 8 ausdrücklich auf die Verwaltung der zu den Wohnungen gehörenden Garagen und Pkw-Abstellplätze.

Zur Anspruchshöhe vermag die Kammer allerdings der Darstellung des Antragstellers nur teilweise zu folgen. Bei der hier - auch im streitigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - nur unter entsprechender Anwendung von § 287 ZPO möglichen Ermittlung eines Mindestschadens des Antragstellers geht die Kammer von folgenden Annahmen aus:

Bei ordnungsgemäßer Verwaltung wären die Erlöse zunächst auf einem Girokonto gutgeschrieben worden und damit unverzinst geblieben. Die Annahme, daß der Zahlungsverkehr einer Eigentümergemeinschaft über ein Sparbuch abgewickelt wird, ist lebensfremd. Eine Anlage der (Mehr-)Einnahmen wäre frühestens nach Rechnungsabschluss erfolgt, wobei dahinstehen kann, ob durch die Eigentümergemeinschaft oder die einzelnen Miteigentümer nach entsprechend höherer Guthabenausschüttung. Die Schadensberechnung hat daher davon auszugehen, dass die Erlöse erstmals zum ersten Januar des Folgejahres zur marktüblichen Sparzinsen angelegt worden wären. Da regelmäßig eine Ausschüttung der Erlöse mit der folgenden Jahresabrechnung erfolgt wäre, hätte keine Ansammlung von Erlösen aus der Vermietung von Stell- und Tiefgaragenplätzen stattgefunden, die das Erzielen höherer Zinsen etwa durch Festgeldanlage ermöglicht hätte. Die Kammer geht mangels weiterer Angaben davon aus, dass die insgesamt DM 39.469,21 an Mieterlösen in den Jahren 1990 bis 1998, also neun Jahren, gleichmäßig erzielt wurden, also jährlich DM 4.385,47. Daraus ergibt sich folgende Rechnung:

Von den somit bis zum Verzugsbeginn am 30.07.2000 mit DM 3.489,57 berechneten Zinsen ist bei der Feststellung des Mindestschadens der Wohnungseigentümer allerdings zu berücksichtigen, dass bei ordnungsgemäßem Verlauf die Mieterlöse bei der darauffolgenden Jahresabrechnung guthabenerhöhend an die einzelnen Wohnungseigentümer ausgezahlt worden wären und von diesen regelmäßig jedenfalls nicht in vollem Umfang einer Geldanlage zugeführt worden wären. Die Kammer nimmt im Hinblick darauf einen Abschlag von einem Drittel vor, so dass sich der Anspruch der Antragsteller auf DM 2.326.58 bzw. EUR 1.189,46 beläuft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entsprach billigem Ermessen, die gerichtlichen Kosten entsprechend dem wechselseitigen Obsiegen und Unterliegen zu verteilen. Anlass, abweichend vom gesetzlichen Regelfall, ausnahmsweise eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten anzuordnen, bestand vorliegend nicht. Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt nur in engen Ausnahmefällen in Betracht, etwa der mutwillig, aussichtslosen Rechtsverteidigung oder bei offensichtlichem Bestehen eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch (Wohngeldverfahren).

Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren: EUR 1.884,21

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