OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.07.2016 - 7 A 472/15
Fundstelle
openJur 2016, 11137
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den am 6.6.2013 beantragten planungsrechtlichen Vorbescheid für die Nutzungsänderung des Gebäudes F. Straße 74 in P. in ein Wohnhaus unter Ausklammerung der Anforderungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g) BauGB zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der der Beigeladenen im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten, die diese selbst trägt.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheids für die Nutzungsänderung eines Betriebswohnhauses in ein Wohnhaus.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung P. -L. , Flur 43, Flurstück 95 mit der postalischen Bezeichnung F. Straße 74 in P. . Das Grundstück ist von unbebauten bzw. mit Gewächshäusern eines ehemaligen Gartenbaubetriebs bebauten Grundstücken umgeben. Das Grundstück wird nicht von einem Bebauungsplan erfasst. Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen weist das Grundstück als Fläche für die Landwirtschaft aus. Das Grundstück liegt in einem Landschaftsschutzgebiet.

Der Kläger führte seit 1995 auf dem o. g. Grundstück sowie angrenzenden Grundstücken einen Gartenbaubetrieb als Vollerwerbsbetrieb mit einer Fläche von ca. 4 ha. Unter dem 1.3.1999 beantragte er beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Betriebswohnhaus mit Garage. Geänderte Bauvorlagen wurden dazu unter dem 12.11.1999 nachgereicht. Das Vorhaben war als "Neubau eines Betriebswohnhauses eines landwirtschaftlichen Betriebes" bezeichnet. In der Folgezeit holte der Beklagte u. a. eine Stellungnahme der Landwirtschaftskammer NRW vom 19.4.1999 ein, in der es heißt, die betriebene Gehölzvermehrung und die Produktion der Gehölze seien Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB, das beantragte Bauvorhaben diene einem Betrieb nach § 35 Abs. 1 BauGB. Unter dem 15.11.1999 bzw. 1.12.1999 unterzeichneten die Parteien einen öffentlichrechtlichen Vertrag, der u. a. Beschreibungen zu dem Vertragszweck, dem geänderten Umfang des Bauvorhabens, einer Verpflichtung zur Baulastübernahme und die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der Baugenehmigung auf dem o. g. Grundstück noch im Jahr 1999 zum Gegenstand hatte. Daraufhin erteilte die Beigeladene das gemeindliche Einvernehmen für das Vorhaben. Der Beklagte erteilte mit Bauschein vom 21.12.1999 im vereinfachten Verfahren nach § 68 BauO NRW eine Baugenehmigung für den "Neubau Betriebsleiterwohnhaus mit Garage". In den mit Grünstempel versehenen Bauvorlagen ist das Vorhaben als Neubau eines Betriebswohnhauses eines landwirtschaftlichen Betriebes bezeichnet. In der Folgezeit wurde das Betriebswohnhaus mit Garage errichtet. Mitte 2003 verringerte sich nach einer Kündigung des Pachtvertrags durch den Verpächter die Größe der Betriebsfläche des Betriebs des Klägers um etwa 3 ha, davon etwa 0,3 ha Gewächshausfläche. Das Betriebsgrundstück umfasste danach insgesamt ca. 1,24 ha, darauf befanden sich neben dem Wohnhaus und der Garage zwei Glasgewächshäuser, die eine Fläche von 1.500 qm hatten.

Unter dem 6.6.2013 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheids für die Nutzungsänderung eines "landwirtschaftlichen Betriebswohnhauses mit Garage in sonstiges Wohnen" auf dem o. g. Grundstück. Er machte hierzu geltend, dass der Teilprivilegierungstatbestand des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB auf sein Vorhaben Anwendung finde, da er ausgehend von § 201 BauGB einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt habe, den er aus gesundheitlichen aber auch wirtschaftlichen Gründen 2011 ruhend gestellt habe. Der Beklagte holte eine Stellungnahme der Landwirtschaftskammer NRW ein, die unter dem 11.10.2013 im Wesentlichen ausführte: Aus gartenbaufachlicher Sicht habe für die Zeit seit Antragstellung im Jahr 1999 nur eine fast ausschließlich gärtnerisch ausgerichtete Produktion in Kleincontainern bzw. Töpfen ohne Verwurzelung festgestellt werden können. Die Betriebsfläche habe nach 2003 wegen Rückgabe der Pachtflächen 1,24 ha betragen mit ca. 1.500 qm Gewächshausfläche bzw. 2010 2.500 qm Gewächshausfläche, das dabei berücksichtigte Foliengewächshaus sei inzwischen wieder abgebaut. Es habe sich um einen Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung gehandelt. Die mit Gebäuden und Gewächshäusern überbaute Fläche habe mehr als 20 % der Betriebsfläche betragen.

Der Kläger hat am 24.2.2014 Klage erhoben.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 25.2.2014 die Erteilung des beantragten Vorbescheids ab. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus: Das Vorhaben habe in der Vergangenheit einem Gartenbaubetrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB und nicht einem auf Bodenertragsnutzung ausgerichteten Gartenbaubetrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und auch nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb gedient und könne daher die Teilprivilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht beanspruchen. Von 1995 bis 2003 habe der Betrieb über eine Fläche von 3,7 ha, davon 0,45 ha Gewächshausfläche verfügt, 2,5 ha seien Pachtfläche gewesen, davon 0,3 ha Gewächshausfläche. Nach Rückgabe der gepachteten Flächen habe der Betrieb bis zur Betriebsaufgabe im Jahr 2011 nur noch über ca. 1,2 ha Betriebsfläche, davon 0,15 ha Gewächshausfläche verfügt. Laut Stellungnahme der Landwirtschaftskammer NRW vom 11.10.2013 sei insbesondere die ackerbauliche Nutzung - soweit sie überhaupt vorhanden gewesen sei - wertmäßig gegenüber den gärtnerischen Kulturen zu vernachlässigen gewesen, sodass in der Vergangenheit kein auf Bodenertragsnutzung ausgerichteter Gartenbaubetrieb i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB bestanden habe. Unter diesen Voraussetzungen komme nach der Rechtsprechung des OVG NRW (Beschluss vom 31.3.2003 - 7 B 28/03) und des OVG Hamburg (Beschluss vom 25.11.1999 - 2 Bf 7/97) eine Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht in Betracht. Als sonstiges Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtige es öffentliche Belange. Es widerspreche nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB den Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen, der das Grundstück als Fläche für die Landwirtschaft ausweise. Darüber hinaus lasse ein entprivilegiertes Wohnen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB die Verfestigung bzw. Erweiterung einer vorhandenen Splitterbebauung befürchten. Dem Vorhaben könnte eine Vorbildwirkung für weitere städtebaulich unerwünschte Bauvorhaben zukommen.

Der Kläger hat zur Klagebegründung vorgetragen: Maßgeblich sei auf das den städtebaulich maßgeblichen Zusammenhang bildende Merkmal des Einnehmens eines untergeordneten Teils der Betriebsfläche abzustellen, so dass eine parallele Zuordnung von Betrieben der gartenbaulichen Erzeugung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BauGB möglich sei. Da das Betriebsleiterwohnhaus ohne Zweifel einen untergeordneten Teil der vormaligen Betriebsfläche einnehme, sei das Vorhaben einer Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB zugänglich. Auch die bodenunabhängige Erzeugung von Pflanzen unterfalle dem Begriff der gartenbaulichen Erzeugung und damit dem Landwirtschaftsbegriff des § 201 BauGB. Der Betrieb sei aufgrund des Verhältnisses von bebauter zu unbebauter Betriebsfläche stets nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu beurteilen gewesen.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 25.2.2014 zu verpflichten, dem Kläger auf seinen Antrag vom 6.6.2013 den beantragten Vorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat in Ergänzung zu der Begründung seines ablehnenden Bescheids geltend gemacht: Das 1999 genehmigte Betriebsleiterwohnhaus sei entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht im Wege einer Gesamtbetrachtung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB zulassungsfähig. Es habe sich vorliegend stets um einen Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB gehandelt.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28.1.2015 ohne mündliche Verhandlung abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die beantragte Nutzungsänderung sei als sonstiges Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB insbesondere auch nicht unter den erleichterten Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB zulässig. Vorliegend handele es sich bei dem genehmigten Betriebsleiterwohnhaus nicht um ein Gebäude im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, sondern um ein Gebäude eines Betriebs der gartenbaulichen Erzeugung i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Die vorzunehmende Auslegung ergebe, dass die Baugenehmigung für ein Wohnhaus erteilt worden sei, das einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zugeordnet gewesen sei. Die begehrte Nutzungsänderung beeinträchtige als sonstiges Vorhaben i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB. Zu Recht weise der Beklagte in seinem Bescheid darauf hin, dass das Vorhaben, mit dem die Entprivilegierung des Wohnhauses erfolgen solle, den nach wie vor aussagekräftigen Darstellungen des Flächennutzungsplanes widerspreche und zu einer unerwünschten Zersiedelung des Außenbereichs im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB führen würde.

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er habe Anspruch auf den beantragten Vorbescheid. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB seien erfüllt. Die Baugenehmigung vom 21.12.1999 sei für ein Betriebsleiterwohnhaus im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB beantragt und erteilt worden. Abgesehen davon könne die Teilprivilegierung auch dann angewandt werden, wenn ein Gebäude - wie hier - materiell legal errichtet worden sei. Nach der gesetzgeberischen Konzeption sei eine parallele Zuordnung von § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB vorgesehen gewesen, mit der Folge, dass ein Betriebsleiterwohnhaus eines erwerbsgartenbaulichen Betriebs nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB solle umgenutzt werden können.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Münster vom 28.1.2015 zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 25.2.2014 den unter dem 6.6.2013 beantragten planungsrechtlichen Bauvorbescheid zur Nutzungsänderung eines landwirtschaftlichen Betriebsleiterwohnhauses mit Garage in ein sonstiges (nicht privilegiertes) Wohnhaus unter Ausklammerung der Anforderungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g) BauGB zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt er auf seinen Ablehnungsbescheid Bezug.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit am 17.3.2016 in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Terminsniederschrift verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung hat Erfolg.

Sie ist zulässig und begründet.

Die Klage ist zulässig.

Es fehlt insbesondere nicht etwa am Rechtsschutzbedürfnis für die Klage, weil dem begehrten Vorbescheid anderweitige Hindernisse in Gestalt eines landschaftsrechtlichen Verbots entgegenstehen könnten und deshalb die Erteilung des Vorbescheids für den Kläger nutzlos wäre.

Vgl. hierzu allg. OVG NRW, Urteil vom 23.4.2015 - 7 A 1779/13 -, juris.

Zwar liegt das Vorhabengrundstück in dem Landschaftsschutzgebiet 2.2.07 des Landschaftsplans P. -T. . Einem ausdrücklichen Verbot ist es durch die textlichen Festsetzungen des Landschaftsplans aber nicht unterworfen. Ob es von der allgemeinen Verbotsklausel unter Abschnitt B erfasst wird, die alle Handlungen betrifft, die den Charakter des Gebietes verändern können oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen - die Wirksamkeit dieser Klausel wird vom Senat unterstellt - bedarf keiner abschließenden Klärung. Ein solches rechtliches Hindernis für das Vorhaben erschiene jedenfalls nicht von vornherein unüberwindbar, denn eine Befreiung wäre nach Abschnitt G der textlichen Festsetzungen bzw. nach § 67 BNatSchG nicht offensichtlich ausgeschlossen.

Die Klage ist auch begründet.

Die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Vorbescheids sind erfüllt (vgl. §§ 71, 75 BauO NRW).

I. Das Vorhaben ist nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen.

1. Das Vorhabengrundstück wird von keinem Bebauungsplan erfasst und ist auch nicht Teil eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 BauGB. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner weiteren Darlegung. Insbesondere können die vorhandenen Gewächshäuser nicht als maßgebliche Bebauung gewertet werden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30.6.2015 - 4 C 5.14 -, BauR 2015, 1958.

2. Das Vorhaben ist nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert. Anhaltspunkte für eine solche Privilegierung sind weder vom Kläger aufgezeigt noch sonst ersichtlich.

II. Das Vorhaben ist gemessen an § 35 Abs. 2 BauGB im beantragten Umfang zulässig.

Nach § 35 Abs. 2 BauGB kann ein sonstiges Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Diese Voraussetzungen sind hier in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfüllt. Die von dem Beklagten angeführten öffentlichen Belange (Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans und Zersiedlung des Außenbereichs) können dem Vorhaben ebenso wie weitere öffentliche Belange (Widerspruch zu Darstellungen des Landschaftsplans und Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft) mit Blick auf § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB nach Maßgabe des Tenors nicht entgegen gehalten werden (dazu 1.); das Vorhaben beeinträchtigt keine von dieser Vorschrift nicht erfassten anderen öffentlichen Belange (dazu 2.); die ausreichende Erschließung ist gesichert (dazu 3.).

1. Dass das Vorhaben der Darstellung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen "Fläche für die Landwirtschaft" widerspricht und die Verfestigung einer Splittersiedlung im Außenbereich befürchten lässt, hat der Beklagte im angefochtenen Ablehnungsbescheid näher dargelegt; dem Vorhaben können diese Belange aber ebenso wie die weiteren genannten Belange mit Blick auf § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB nach Maßgabe des Tenors nicht entgegen gehalten werden.

Einem Vorhaben können die öffentlichen Belange der Darstellungen eines Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans, der Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft, sowie der Erweiterung, Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung nicht entgegen gehalten werden, wenn es im Sinne von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB "teilprivilegiert" ist.

Vgl. zur Bedeutung dieser "Teilprivilegierung" allg.: BVerwG; Urteil vom 17.2.2011 - 4 C 9.10 -, BRS 78 Nr. 121 = BauR 2011, 1146.

Nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB kann den nachfolgend bezeichneten Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB nicht entgegen gehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB sind. Nach der nachfolgenden Nr. 1 des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB gilt dies für die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unter folgenden Voraussetzungen: Das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz (Buchst. a), die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt (Buchst. b), die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als 7 Jahre zurück (Buchst. c), das Gebäude ist vor mehr als 7 Jahren zulässigerweise errichtet worden (Buchst. d), das Gebäude steht im räumlichfunktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes (Buchst. e), im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Abs. 1 Nr. 1 zulässigen Wohnungen höchstens drei Wohnungen je Hofstelle (Buchst. f), und es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Sinne des Abs. 1 Nr. 1 erforderlich (Buchst. g).

Die Voraussetzungen der Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB sind in dem hier maßgeblichen Umfang - vorbehaltlich der antragsgemäß ausgeklammerten Anforderungen nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g) BauGB - erfüllt. Das Vorhaben betrifft die erstmalige Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (dazu a) und es liegen auch die weiteren Voraussetzungen des Teilprivilegierungstatbestands vor (dazu b).

a) Das Vorhaben betrifft die erstmalige Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes im Sinne des Abs. 1 Nr. 1, d. h. eines Gebäudes, das einem landwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt.

Es kann dahinstehen, ob das Gebäude mit Garage als Betriebswohnhaus eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB oder von § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB genehmigt worden ist. Denn ein Vorhaben fällt auch dann unter § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB, wenn es einem Landwirtschaftsbetrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB diente, aber mit einer anderen Nutzung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB - wie hier nach Meinung des Beklagten - genehmigt wurde.

Vgl. dazu allg. Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 35, Rn. 129 (Stand Mai 2012) sowie Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35, Rn. 137/143 (Stand November 2015).

Allerdings spricht mit Blick auf den Inhalt der mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen, die im Tatbestand im Einzelnen bezeichnet sind, auch Vieles dafür, dass die Baugenehmigung vom 21.12.1999 als Genehmigung eines Betriebswohnhauses für einen Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB auszulegen ist.

Das Gebäude wurde nach Errichtung jedenfalls als Betriebswohnhaus eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB genutzt.

Nach der Rechtsprechung ist für die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 (Nr. 1) BauGB über die bloße Genehmigung hinaus auch eine tatsächliche Nutzung erforderlich.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 31.5.1983 - 4 C 16.79 -, BRS 40 Nr. 94 = BauR 1983, 448, OVG NRW, Urteil vom 18.12.2003 - 10 A 1574/01 -, juris; Kuschnerus/Bischopink/Arnold, Das zulässige Bauvorhaben, 7. Auflage 2016, Rn. 664.

Eine Aufnahme der Nutzung ist tatsächlich erfolgt; diese Nutzung war rechtlich auch als eine Nutzung eines Betriebswohnhauses im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu werten; dieser Wertung steht nicht etwa entgegen, dass der Betrieb zugleich unter die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB fiel (dazu aa)); der Einordnung als Betriebsgebäude nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB steht ferner nicht entgegen, dass der Betrieb nicht auf eine unmittelbare Bodenertragsnutzung, sondern weitgehend auf Pflanzenproduktion in Kleincontainern ausgerichtet war (dazu bb)); ferner ist nicht zweifelhaft, dass das Gebäude im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dem Betrieb "diente" (dazu cc)) und dass die Voraussetzung der Unterordnung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfüllt war (dazu dd)).

aa) Der Einordnung der Nutzung als Betriebswohnhaus im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB steht nicht entgegen, dass es sich - unstreitig - auch um ein Betriebswohnhaus für einen Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB handelte.

Betriebe der gartenbaulichen Erzeugung konnten auch nach der zum 1.1.1998 erfolgten Einführung der Privilegierung in § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 zugleich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert sein.

Vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 136 (Stand Juni 2013); Rieger, in Schrödter, BauGB, Kommentar, 8. Auflage, § 35 Rn. 172; Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 35 Rn. 45 zu (Stand Februar 2012); Schulte, BauR 2016, 945, 947; Gröhn/Hellmann-Sieg, NordÖR 2008, 369, ebenso der Außenbereichserlass des Landes NRW vom 27.10.2006, MinBl. NRW 2006, 786, Nr. 3.2.; vgl. zu der gegenteiligen Auffassung: OVG Hamburg, Urteil vom 25.11.1999 - 2 Bf 7/97 -, BauR 2000, 1853 und OVG Koblenz, Beschluss vom 28.10.2002 - 8 A 11501/02 -, BRS 65 Nr. 104 = BauR 2003, 222; offen dazu BVerwG, Beschluss vom 15.6.2000 - 4 B 30.00 -, BRS 63 Nr. 116 = BauR 2000, 1852, nachgehend zu dem Urteil des OVG Hamburg sowie Beschluss vom 25.6.2009 - 4 B 42.09 -, BRS 74 Nr. 105 und OVG NRW, Beschluss vom 11.12.2003 - 22 A 4171/00 -, AUR 2004, 289.

Der Zweck der neuen Regelung bestand darin, Betriebe der gartenbaulichen Erzeugung, die nach der Legaldefinition des § 201 BauGB in der seit 1987 geltenden Fassung "Landwirtschaft" im Sinne des BauGB betreiben, auch dann zu privilegieren, wenn die Voraussetzung der untergeordneten Fläche eines Gebäudes in Bezug auf den gesamten Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht erfüllt ist.

Vgl. hierzu die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Bau- und Raumordnungsgesetz 1998, BT-Drs. 13/6392, S. 58.

Dem steht nicht entgegen, dass nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zugleich mit der zusätzlichen Privilegierungsregelung in § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ein Planungsvorbehalt für Betriebe der gartenbaulichen Erzeugung nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB eingeführt worden ist. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollten damit gerade diejenigen Betriebe der gartenbaulichen Erzeugung, die durch die Neuregelung privilegiert werden sollten, in die Regelung über den Planvorbehalt einbezogen werden.

Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Bau- und Raumordnungsgesetz 1998, BT-Drs. 13/6392, S. 58.

Dies betraf die Betriebe, die wegen großer Gewächshausbestände die Anforderung der Unterordnung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht erfüllten und deshalb durch die neue Privilegierung begünstigt waren. Dieser in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehene Vorbehalt der Darstellung von entsprechenden Konzentrationszonen für solche Betriebe mit einer Ausschlusswirkung für andere Bereiche beschränkt sich mithin nach der gesetzlichen Systematik auf solche Betriebe, die ausschließlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB privilegiert sind, weil die zum Betrieb gehörenden Gebäude nicht lediglich einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche in Anspruch nehmen und für die - wegen der großflächigen Inanspruchnahme des Außenbereichs durch bauliche Anlagen - die Möglichkeit einer planerischen Steuerung durch die Gemeinde ohne das Erfordernis verbindlicher Bebauungspläne geschaffen werden sollte.

Vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 49 (Stand November 2015); ebenso der Außenbereichserlass des Landes NRW vom 27.10.2006, MinBl. NRW 2006, S. 786 Nr. 3.2.

Eine andere Beurteilung des Verhältnisses von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB wäre im Übrigen auch mit der Legaldefinition des Begriffs der Landwirtschaft in § 201 BauGB nicht zu vereinbaren, der auch die gartenbauliche Erzeugung erfasst und im Zuge der Einführung der Regelung des § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 nicht geändert wurde.

Soweit der Senat in einer früheren Besetzung in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine andere vorläufige Einschätzung vertreten und geäußert hat, ein nach Nr. 2 privilegierter Betrieb könne sich auf § 35 Abs. 4 BauGB auch dann nicht berufen, wenn er nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB genehmigt worden sei,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31.3.2003 - 7 B 28/03 -, RdLH 2003, 116 = juris,

hält er daran nicht fest.

bb) Der Beurteilung als Gebäude eines Betriebs nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB stand im Übrigen auch nicht entgegen, dass es sich bei der gartenbaulichen Erzeugung in dem Betrieb des Klägers weitgehend nicht um unmittelbare Bodenertragsnutzung, sondern um Produktion von Pflanzen in Containern handelte, was sich aus den vorliegenden Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer NRW ergibt. Denn auch solche Produktionsweisen sind seit der 1987 erfolgten Einbeziehung des Begriffs der "gartenbaulichen Erzeugung" in die Legaldefinition des § 201 BauGB "Landwirtschaft" und können demnach nach Maßgabe weiterer Voraussetzungen auch Gegenstand eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sein.

Vgl. grundlegend Gelzer, BauR 1987, 485 f. und Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 201 Rn. 3 und 19 (Stand September 2013) mit Nachweisen zur Entstehungsgeschichte sowie OVG NRW, Beschluss vom 11.12.2003 - 22 A 4171/00 -, juris, und Kuschnerus/Bischopink/Arnold, Das zulässige Bauvorhaben, 7. Aufl. 2016, Rn. 584; a. A. noch Dürr, in Brügelmann, BauGB, § 35 Rn. 27 (Stand Februar 2012).

cc) Ferner "diente" das Gebäude auch im Sinne des Gesetzes diesem Betrieb.

Nach den einschlägigen Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts "dient" ein Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn ein vernünftiger Landwirt auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 23.4.2015 - 7 A 1779/13 -, juris, m. w. N.

Es fehlte danach nicht an dem Erfordernis des "Dienens", aus dem sich auch Anforderungen an die Größe eines im Grundsatz erforderlichen Betriebsleiterwohnhauses eines landwirtschaftlichen Betriebs ergeben. Zulässig ist danach nur ein Wohnhaus angemessener Größe für den Betriebsinhaber bzw. Betriebsleiter und seine jeweilige Familie.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15.2.2013 - 10 A 1606/11 -, AUR 2014, 70.

Eine unangemessene Größe der Wohnfläche kann nicht festgestellt werden. Die Wohnfläche von etwa 160 qm erscheint für ein nicht unterkellertes Betriebsleiterwohnhaus eines landwirtschaftlichen Betriebs nicht zu groß.

dd) Es fehlte auch nicht an der Voraussetzung der Unterordnung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.

Die Betriebsfläche betrug bis Mitte 2003 nach den Feststellungen der Landwirtschaftskammer NRW und den Annahmen des Beklagten 3,7 ha. Die bebaute Fläche umfasste hinsichtlich des Betriebswohnhauses und des Garagengebäudes ausweislich der Baugenehmigung vom 21.12.1999 etwa 250 qm. Zu berücksichtigen ist allerdings darüber hinaus bei der Beurteilung der Unterordnung im Sinne des Gesetzes mit Blick auf die gesetzgeberische Intention bei Einführung der Privilegierung der Betriebe nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB wohl auch auch der sonstige bereits vorhandene Gebäudebestand des Betriebs.

Vgl. etwa Gröhn/Hellmann-Sieg, NordÖR 2008, 369, 371, m. w. N.

Unter Berücksichtigung des Bestands der Glasgewächshäuser auf dem Grundstück des Klägers (1.500 qm) und dem Pachtland (3.000 qm) mit 4.500 qm war mithin eine Fläche von ca. 4.750 qm mit Gebäuden überbaut. Der bebaute Flächenanteil belief sich danach auf gut ein Zehntel der Gesamtbetriebsfläche.

Nach Mitte 2003 änderte sich der Flächenanteil der Gebäude im Verhältnis zur Gesamtbetriebsfläche in gewissem Umfang durch den Wegfall von angepachteten Flächen und durch Errichtung von Foliengewächshäusern. Nach Abgabe der benachbarten Pachtflächen und Errichtung weiterer Foliengewächshäuser (1.000 qm) stand eine Gewächshausfläche von 2.500 qm neben der Fläche des Betriebswohnhauses und des Garagengebäudes (250 qm) und eine Gesamtbetriebsfläche von 1,24 ha zur Verfügung. Dies ergibt sich aus den Stellungnahmen der Landwirtschaftskammer NRW aus den Jahren 2010 und 2013, den vorliegenden Luftbildern sowie den Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren. Unter Einbeziehung der Gewächshäuser, die der Senat zu Lasten des Klägers als in vollem Umfang geboten unterstellt, belief sich der Anteil der bebauten Fläche danach auf maximal etwa 2.750 qm (1.500 qm Glasgewächshäuser, 1.000 Foliengewächshäuser und etwa 250 qm Gebäude und Garage). Dies entspricht bezogen auf das auch nach der Bewertung des Beklagten 1,24 ha große Gesamtbetriebsgrundstück einem Anteil von knapp über einem Fünftel.

Bei dieser Relationen kann bei der gebotenen qualitativen Betrachtung noch eine Unterordnung angenommen werden.

Das nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zulässige Verhältnis von Vorhabenfläche zu Betriebsfläche kann nicht schematisch mit einem bestimmten Anteil angegeben werden, sondern muss im Hinblick auf die jeweilige Zuordnung der Anlage zum Außenbereich und den gesetzlich gebotenen Außenbereichsschutz beurteilt werden, wobei Art und Intensität der jeweiligen Tätigkeit zu berücksichtigen sind. Bei Betrieben der gartenbaulichen Erzeugung und in noch stärkerem Maße bei Betrieben der berufsmäßigen Imkerei oder der Binnenfischerei sind vielfach kleinere Betriebsflächen anzutreffen. Hier kann sich die Relation deutlich anders darstellen als bei landwirtschaftlichen Betrieben der Acker- und Weidewirtschaft. Es muss berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber des BauGB mit der Privilegierung der Betriebe der gartenbaulichen Erzeugung, der berufsmäßigen Imkerei und der Binnenfischerei von ihrer grundsätzlichen Zuordnung zum Außenbereich ausgeht und sich damit die Schutzfunktion, die das Erfordernis des "Untergeordnetseins" bezweckt, anders darstellt als bei anderen Betrieben mit in der Regel größeren Flächen.

Vgl. Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 37 f. (Stand November 2015).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze genügen die soeben beschriebenen tatsächlichen Verhältnisse mit einer Vorhabenfläche, die etwa ein Zehntel bzw. knapp über einem Fünftel der Gesamtbetriebsfläche ausmachte, noch dem gesetzlichen Erfordernis der Unterordnung.

b) Die weiteren Voraussetzungen für die Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a)-f) BauGB sind ebenfalls erfüllt.

Das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz. Die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt. Soweit nach Buchst. c) die Aufgabe der bisherigen Nutzung nicht länger als sieben Jahre zurückliegen darf, ist die Frist - unabhängig von der gemäß § 245 b Abs. 2 BauGB erlassenen landesrechtlichen Regelung des Gesetzes zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum BauGB vom 18.12.2014 GV. NRW. S. 929 - nicht verstrichen.

Das Gebäude ist auch vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden. Die geringfügigen Abweichungen des errichteten Gebäudes (hinsichtlich des Garagengebäudes bzw. der Anordnung der Büronutzung) waren nicht von maßgeblicher Bedeutung. Abgesehen davon genügt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die - nach den vorstehenden Ausführungen hier gegebene - materielle Legalität.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.7.1994 - 4 B 48.94 -, BRS 56 Nr. 85 = BauR 1994, 738, und Beschluss vom 16.1.2014 - 4 B 32.13 -, juris,

zu der entsprechenden Formulierung in weiteren Regelungen des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB.

Das Gebäude steht in einem räumlichfunktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebs. Ein funktionaler Zusammenhang mit der Hofstelle setzt nicht ein Fortbestehen des Betriebs voraus, ausreichend ist auch ein Bezug auf den bisherigen, inzwischen aufgegebenen Betrieb. Mit dem Erfordernis eines räumlichfunktionalen Zusammenhangs mit der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebs wird die Verbindung zu der bisherigen privilegierten Nutzung hergestellt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.5.2001 - 4 C 13.00 -, BRS 64 Nr. 103 = BauR 2001, 1560.

Es entstehen auch neben bisher nach Abs. 1 Nr. 1 zulässigen Wohnungen nicht mehr als 3 Wohnungen je Hofstelle.

Es liegt auch die weitere Teilprivilegierungsvoraussetzung vor, dass das Vorhaben im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB ist. Diese Regelung hat lediglich klarstellende Bedeutung in dem Sinne, dass die weiteren Belange, die in der Vorschrift nicht genannt, sondern exemplarisch in Absatz 3 Satz 1 aufgeführt sind, für Vorhaben im Sinne des Abs. 4 Satz 1 sehr wohl zur Unzulässigkeit führen können.

Vgl. hierzu Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35, Rn. 131, 134 (Stand Juni 2013), m. w. N.

Dass nach Aufgabe des Betriebs möglicherweise eine andere, nicht privilegierte Nutzung zu Wohnzwecken aufgenommen worden war, die dann zum Gegenstand des hier zu beurteilenden Nutzungsänderungsvorhabens gemacht worden ist, steht der Teilprivilegierung nicht entgegen. Die Anwendung des § 35 Abs. 4 BauGB hängt nicht davon ab, dass die Nutzungsänderung in dem Zeitpunkt, in dem die bauaufsichtliche Genehmigung beantragt wird, noch nicht vollzogen ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 7.2.1986 - 4 C 28.84 -, BRS 46 Nr. 140 = BauR 1986, 315 zu § 35 Abs. 4 BBauG.

2. Andere öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB werden nicht in entscheidungserheblicher Weise beeinträchtigt. Der Beklagte hat solche Belange nicht benannt. Auch der Senat vermag solche Belange nicht zu erkennen. Hierzu ist lediglich folgendes zu bemerken:

Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, die durch das Vorhaben beeinträchtigt würden, sind nicht ersichtlich. Auf die förmliche Unterschutzstellung nach dem Landesnaturschutzrecht kommt es insoweit nicht entscheidend an.

Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 23.4.2015 - 7 A 1779/13 -, juris, m. w. N.

Auch eine maßgebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbilds ist nicht gegeben. Bei der Ortsbesichtigung hat der Berichterstatter des Senats den Eindruck gewonnen, dass die Landschaft in der maßgeblichen Umgebung vorhabenbedingt optisch nicht in maßgeblicher Weise beeinflusst wird. Diesen Eindruck hat er dem Senat in der Beratung vermittelt.

3. Die ausreichende Erschließung ist im Sinne des Bauplanungsrechts gesichert.

Vgl. zu den Anforderungen allg. BVerwG, Urteil vom 31.10.1990 - 4 C 45.88 -, BRS 50 Nr. 86 = BauR 1991, 55; Urteil vom 4.6.1993 - 8 C 33.91 -, BRS 55 Nr. 104 = BauR 1993, 591; und Beschluss vom 20.5.2010 - 4 B 20.10 -, BRS 76 Nr. 95.

Dies gilt insbesondere in wegemäßiger Hinsicht. Das Grundstück, auf dem sich das Gebäude befindet, verfügt über eine in tatsächlicher Hinsicht ausreichende Zufahrtmöglichkeit von der nahe gelegenen öffentlichen Straße (Kreisstraße 9, F. Straße) her. Anhaltspunkte dafür, dass deren rechtliche Benutzbarkeit nicht hinreichend gesichert wäre, sind nicht ersichtlich. Davon ging der Beklagte im Übrigen im Rahmen der ursprünglichen Baugenehmigung selbst aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, denn sie hat keinen prozessualen Antrag gestellt und sich mithin selbst einem Prozessrisiko nicht ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 132 Abs. 2 VwGO; Zulassungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.