OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.05.2016 - 13 B 284/16
Fundstelle
openJur 2016, 10487
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 16 L 198/16
Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Inhaber und Betreiber einer Apotheke in W. . Anlässlich des im Jahre 2009 erfolgten Erwerbs der Apotheke brachte der Antragsteller an der Außenwand des Nieren- und Diabeteszentrums W. -E. einen Kasten zur Sammlung von Rezepten an. In diesen konnten Patienten Rezepte einwerfen, wenn sie eine Belieferung durch den Antragsteller wünschten. Der Antragsgegner sah hierin einen gegen § 24 ApBetrO verstoßenden Betrieb einer Rezeptsammelstelle und forderte den Antragsteller deshalb auf, den Betrieb der Rezeptsammelbox einzustellen. Dem kam der Antragsteller unter Protest nach und kündigte an, die Rezepte der im Nieren- und Diabeteszentrums behandelten Patienten nunmehr vor Ort persönlich, durch seine Mitarbeiter und im Einzelfall durch Personal der Dialysestation einzusammeln und die Arzneimittel über einen Boten in die Dialysestation zu liefern. Daraufhin untersagte der Antragsgegner dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung das Sammeln von Verschreibungen am und im Nieren- und Diabeteszentrum mit seinen drei Standorten und ordnete die sofortige Vollziehung an. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde dem Antragsteller ein Zwangsgeld angedroht.

Der Antragsteller, der der Auffassung ist, das Einsammeln der Rezepte sei von der ihm erteilten Versandhandelserlaubnis gedeckt, hat um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner gegen den Bescheid erhobenen Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen, abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung seiner Klage 16 K 541/16 (VG Düsseldorf) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 21. Januar 2016 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt (1.) und eine Interessenabwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse am Vollzug des Bescheides das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt (2.).

1. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 21. Januar 2016 genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Das mit dieser Vorschrift normierte Erfordernis einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts soll zwar - neben der Information des Betroffenen und des mit einem eventuellen Aussetzungsantrag befassten Gerichts - vor allem die Behörde selbst mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG zwingen, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu werden und die Frage des Sofortvollzuges besonders sorgfältig zu prüfen. Demgegenüber verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also auch inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2011 - 1 B 277/11-, juris, Rn. 8, m.w.N.

Diesen Anforderungen wird die Anordnung der sofortigen Vollziehung gerecht. Dass die Begründung ihrer Art nach auch zur Begründung des Sofortvollzugs anderer Verwaltungsakte herangezogen werden könnte, stellt nicht in Abrede, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der von ihm angeordneten sofortigen Vollziehung bewusst war.

2. Die gemäß § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides überwiegt das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung. Nach der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sachund Rechtslage ist davon auszugehen ist, dass die Untersagungsverfügung rechtmäßig ist (a) und ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides besteht (b).

a) Grundlage der angefochtenen Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach trifft der Antragsgegenerin als gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 der Verordnung über die Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Zu den Verstößen, die hiernach die zuständigen Behörden zum Eingreifen ermächtigen, gehört neben der Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften auch die Verletzung apothekenrechtlicher Bestimmungen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 27.07 -, juris, Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 7. November 2006 - 13 A 1314/06 -, juris, Rn. 33ff.

aa) Anders als der Antragsteller meint, fehlt es der Ziffer 1 des Bescheides nicht an der nach § 37 Abs. 1 VwVfG NRW erforderlichen Bestimmtheit. Entscheidend ist, dass für den Adressaten des Verwaltungsakts der Inhalt der getroffenen Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar wird, dass er in der Folge sein Verhalten hiernach zu richten vermag. Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts muss sich allerdings nicht unmittelbar und ausschließlich aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. November 2006 - 13 A 1314/06 -, juris, Rn. 30.

Diesen Anforderungen genügt Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller das Sammeln von Verschreibungen am und im Standort Nieren- und Diabeteszentrum mit den Standorten W. -E. , L.---weg 21, W. O. -M. , T. L1.----weg 1, und Allgemeines Krankenhaus (AKH)-W. , I.---------weg 63, untersagt. In seinem Bescheid (Seite 5) erläutert er, dass von der Untersagungsverfügung sowohl das bisherige Sammeln der Rezepte über den Briefkasten als auch die zukünftig beabsichtigte persönliche Einsammlung vor Ort auf den Dialysestationen durch den Antragsteller, seine Mitarbeiter und gegebenenfalls im Einzelfall über das Personal der Dialysestationen auf Wunsch der dort behandelten Patienten unzulässig sei. Damit hat er klar zum Ausdruck gebracht, dass alle Sachverhalte von der Untersagungsverfügung erfasst sind, die im Rahmen des vom ihm angekündigten Einsammelns von Verschreibungen vor Ort entstehen. Da Gegenstand der Untersagungsverfügung nur das Sammeln von Verschreibungen, nicht aber die Belieferung des Kunden mit Arzneimitteln ist, ist für die Bestimmtheit des Bescheides ohne Belang, dass der Bescheid sich nicht dazu verhält und auch nicht danach differenziert, ob Lieferungen vom Patienten veranlasst wurden und an welchen Ort eine Lieferung erfolgen soll.

bb) Das Beschwerdevorbringen führt auch nicht zur Annahme, das Einsammeln von Verschreibungen über eine Rezeptsammelbox oder durch Aufsuchen der Räumlichkeiten der Dialysestation stehe im Einklang mit apothekenrechtlichen Vorschriften.

Das Apothekengesetz und die Apothekenbetriebsordnung gehen vom Grundsatz aus, dass der Apotheker in seinen Apothekenbetriebsräumen (§ 4 ApBetrO) tätig wird und er Arzneimittel nur in der Apotheke bei gleichzeitiger Anwesenheit von Kunden und Apotheker in den Verkehr bringt (§ 17 Abs. 1a ApBetrO, § 43 Abs. 1 und 3 AMG). Dem liegt die Vorstellung des Gesetz- und Verordnungsgebers zu Grunde, dass es sich bei Arzneimitteln um erklärungsbedürftige Waren handelt und die sichere und sachverständige Abgabe am ehesten in der Apotheke gewährleistet ist. Der Betrieb einer Rezeptsammelstelle (§ 24 ApBetrO), welche den räumlichgegenständlichen Geltungsbereich der Präsenzapotheke erweitert,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. November 2006 - 13 A 1314/06 -, VG Köln, Urteil vom 16. Februar 2016 - 7 K 947/14 -, juris.

und die Zustellung durch Boten (§ 17 Abs. 2 ApBetrO) sind aus diesen Gründen nur ausnahmsweise unter besonderen Voraussetzungen zulässig. Der Gesetzgeber hat durch die Zulassung des Versandhandels durch das GKV-Modernisierungsgesetz (BGBl. 2003, 2190) zum 1. Januar 2004 seine Vorstellungen zwar aufgeweicht und eine Form der Arzneimittelabgabe zugelassen, bei der das Arzneimittel zwar aus einer Apotheke heraus abgegeben werden muss, der Kunde aber nicht mehr gehalten ist, die Apotheke zu betreten.

Vgl. dazu Pfeil/Pieck/Blume, Apothekenbetriebsordnung, § 17 Rn. 20.

Allerdings hat er die Eröffnung eines neuen Vertriebsweges nicht zum Anlass genommen, von dem grundsätzlichen Verbot von Rezeptsammelstellen abzurücken oder die an das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu stellenden Anforderungen zu lockern. Er hält vielmehr weiterhin davon fest, dass mit der Präsenzapotheke und dem Versandhandel nur diese zwei voneinander abzugrenzenden Versorgungssysteme existieren und Arzneimittel auf sonstige Weise nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen.

Dies zu Grunde gelegt, ist dem Antragsteller das Sammeln von Verschreibungen über die an der Außenwand des Dialysezentrums angebrachte Rezeptsammelbox ebenso wenig erlaubt, wie das von ihm beabsichtigte Einsammeln oder Einsammelnlassen von Verschreibungen auf den Dialysestationen.

(1) Über eine nach § 24 ApBetrO erforderliche Erlaubnis zum Betrieb einer Rezeptsammelstelle, die ihn zum Sammeln der Verschreibungen berechtigen würde, verfügt der Antragsteller nicht. Dabei kann dahinstehen, ob der Erlaubnisvorbehalt nicht nur für klassische Rezeptsammelstellen in einen engen institutionellen Sinn, sondern auch dann gilt, wenn ein Apotheker auf sonstige Weise gezielt Rezepte einsammelt oder einsammeln lässt.

Vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 1981 - 1 ZP150/79 -, juris; OLG Saarland, Urteil vom 25. September 2013 - 1 U42/13 -, juris, Rn. 35.

Der Antragsteller hat jedenfalls keinen Anspruch auf die Erteilung einer solchen. Abgesehen davon, dass Rezeptsammelstellen nicht - wie hier wohl der Fall - bei Angehörigen der Heilberufe unterhalten werden dürfen (§ 24 Abs. 2 ApBetrO), um jeglichen Anschein einer wirtschaftlichen Verbindung der Apotheke mit anderen Angehörigen der Heilberufe zu verhindern,

vgl. Rixen/Krämer, ApoG Kommentar 2014, § 24 ApBetrO, Rn. 20,

ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht vorgetragen, dass das Sammeln der Rezepte zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheke erforderlich ist (§ 24 Abs. 1 ApBetrO).

(2) Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihm das Sammeln der Verschreibungen wegen der ihm erteilten Versandhandelserlaubnis (§ 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG) erlaubt ist. Zwar sind nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 27.07 -, Rn. 34, Sammelbesteller seit jeher typisches Element des Versandhandels, weshalb § 24 ApBetrO für die Entgegennahme von Arzneimittelbestellungen im Versandhandel keine Geltung beanspruche. Dahinstehen kann, ob die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts nach der zwischenzeitlichen Änderung der ApoBetrO durch die Vierte Verordnung zur Änderung der ApoBetrO vom 5. Juni 2012 (BGBl. I 2012, 1254) noch Geltung beanspruchen, was zweifelhaft sein könnte, weil der Gesetz- und Verordnungsgeber die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zum Anlass genommen hat, § 24 ApBetrO oder § 11a ApBetrO zu ändern.

So OLG Hamm, Urteil vom 12. Mai 2015 -, I-4 U 53/15, 4 U 53/15-, juris, Rn. 51; Pfeil/Pieck/Blume, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, § 24 Rn. 9 (Stand 11. Ergänzungslieferung 2014).

Jedenfalls stellt sich das Einsammeln der Verschreibungen im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht als Bestandteil eines vom Antragsteller betriebenen Versandhandels dar. Anders als der Antragsteller meint, liegt ein Versandhandel nicht schon dann vor, wenn die Abgabe der Arzneimittel außerhalb der Apotheke nicht nur im Einzelfall, sondern regelmäßig erfolgt. Typisch für den Betrieb eines Versandhandels sind, weil sich Kunde und Apotheker nicht persönlich begegnen und der Kundenkreis regelmäßig weder eingeschränkt ist noch vorab feststeht, jedermann zur Verfügung stehende Beststellmöglichkeiten per E-Mail, Telefon oder Telefax sowie für die Belieferung die Einbindung eines in den Vertrieb eingeschalteten Logistikunternehmens. Den aus diesen Besonderheiten resultierenden Gefahren trägt der Gesetz- und Verordnungsgeber dadurch Rechnung, dass er die Tätigkeit des Versandhändlers hinsichtlich der Übermittlung der Arzneimittel erheblich strengeren Bedingungen unterwirft als die Rezeptsammelstelle (vgl. §§ 11 a, 21 ApoG i. V. m. § 17 Abs. 2a ApBetrO und § 24 Abs. 4 ApBetrO).

Dies zu Grunde gelegt, ist das Einsammeln der Verschreibungen in der vom Antragsteller in der Vergangenheit praktizierten und künftig beabsichtigten Weise nicht dem Versandhandel zuzuordnen: Es besteht der für eine Präsenzapotheke typische persönliche Kontakt zwischen Kunden, Apotheker oder Mitarbeitern des Apothekers. Dadurch, dass Rezepte abgeholt werden, entfällt beim Kunden der (Zeit-)Aufwand, der ansonsten für die von ihm vorzunehmende Übermittlung der Verschreibung an die Versandapotheke anfiele. Zudem richtet sich das "Serviceangebot" des Antragstellers nicht, wie bei einer Versandapotheke typisch, an einen unbestimmten Personenkreis, sondern nur an die Patienten des Nieren- und Diabeteszentrums, gegebenenfalls noch an Besucher und Beschäftigte. Dass sich die Tätigkeit des Antragstellers bzw. seiner Mitarbeiter nur in der persönlichen Entgegennahme von Rezepten erschöpfen soll und diese auch nur entgegengenommen werden sollen, wenn ein zeitlich früher angesiedelter, schriftlich erteilter Auftrag des jeweiligen Patienten vorliegt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Schließlich erfolgt auch die Arzneimittelzustellung, wie für die Präsenzapotheke, nicht aber für einen Versandhandel typisch, durch einen Botendienst, der der Weisungs- und Organisationsbefugnis des Antragstellers unterliegt.

(3) Das Beschwerdevorbringen führt auch nicht zur Annahme, angesichts der Einführung des Arzneimittelversandhandels sei ein Verbot des Sammelns von Rezepten jedenfalls in Fällen, in denen der Apotheker über eine Versandhandelserlaubnis verfügt und einen Botendienst anbietet, verfassungswidrig.

Vgl. hierzu Thüringer OVG, Beschluss vom 27. Juni 2006 - 2 EO 793/05 -, juris, Rn. 32.; Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, § 24 Rn. 29 ff. (Stand September 2012).

Dem Antragsteller dürfte zwar zuzugestehen sein, dass die Entgegennahme von Verschreibungen durch ihn oder seine Mitarbeiter und die anschließende Belieferung der Patienten durch Boten ebenso oder gar deutlich sicherer sein dürfte als eine Belieferung im Wege des Versandhandels. Dies führt allerdings nicht zur Annahme, eine solche Verfahrensweise müsse ihm wegen Art. 12 Abs. 1 GG oder Art. 3 Abs. 1 GG erlaubt sein. Die Zulassung der vom Antragsteller praktizierten bzw. beabsichtigten Form der Rezeptsammlung und Belieferung birgt die Gefahr, dass die Erhaltung bzw. Neuerrichtung von Präsenzapotheken erheblich erschwert werden könnte, weil sich Apotheker durch ein gezieltes Abschöpfen von Verschreibungen an hierfür ausgewählten und als besonders lukrativ befundenen Örtlichkeiten einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten. Dies liefe aber dem Anliegen, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung flächendeckend und zu jeder Tag- und Nachtzeit durch Präsenzapotheken sicherzustellen, zuwider. Jedenfalls im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes lässt sich deshalb nicht feststellen, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber sein gesetzgeberisches Ermessen dadurch verletzt hat, dass er bislang daran festhält, mit der raumgebundenen Präsenzapotheke und dem Versandhandel nur diese zwei voneinander abzugrenzenden Versorgungssysteme zuzulassen.

Diese Erwägungen treffen insbesondere auf den Antragsteller zu. Das Aufsuchen der Dialysestation zielt darauf ab, sich gezielt Verschreibungen zuführen zu lassen und das Einlösen von Rezepte bei anderen Apotheken zu verhindern. Dem steht die mehrfach wiederholte Erklärung des Antragstellers, die Initiative ginge allein von den Patienten aus, er fordere diese insbesondere nicht zur Abgabe ihrer Verschreibungen auf, nicht entgegen. Die bloße Anwesenheit des Antragstellers bzw. des Apothekenpersonals in den Räumen des Nieren- und Diabeteszentrums provoziert die Zuführung von Verschreibungen. Der Antragsteller kann damit rechnen, dass die von ihm angebotenen Serviceleistungen auch ohne ein gezieltes Ansprechen der Patienten in Anspruch genommen werden, weil es diesen vielfach egal sein wird, von welcher Apotheke sie Arzneimittel beziehen und das Aufsuchen einer Präsenzapotheke häufig als lästig und zeitaufwendig empfunden wird.

b) Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers besteht schließlich ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der in Rede stehenden Maßnahmen. Der Antragsteller bringt Arzneimittel auf eine Art und Weise in den Verkehr, die nicht mit den Vorgaben des ApoG, des AMG und der ApBetrO im Einklang stehen. Er verschafft sich durch das Sammeln der Rezepte in den Räumlichkeiten, die von Angehörigen der Heilberufe genutzt werden, einen gezielten Wettbewerbsvorteil. Unter dem Aspekt der Vermeidung einer negativen Vorbildwirkung kann ein solches Vorgehen nicht hingenommen werden, auch wenn damit unmittelbar drohende Gefährdungen der Arzneimittelsicherheit nicht einhergehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.