OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2002 - 24 U 142/01
Fundstelle
openJur 2011, 19509
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 O 415/00
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 31. Mai 2001 verkündete

Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg teilweise

abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.195,17 EUR nebst

4 % Zinsen seit dem 1. März 2000 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Sie hat den von ihr errechneten und in der Höhe vom Beklagten nicht beanstandeten Anspruch in Höhe von 12.784,35 DM = 6.536,53 EUR (14.072,53 DM abzüglich vom Landgericht zuerkannter 1.288,18 DM) auf Erstattung von weiteren Guthaben aus Nebenkostenabrechnungen nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 1. März 2000. Der Anspruch folgt aus dem Mietvertrag der Parteien. Denn der Beklagte darf von den gezahlten Vorschüssen für Nebenkosten nur das behalten, was ihm nach dem Mietvertrag zusteht. Dazu gehören nicht die in Rechnung gestellten Kontoführungs- und Verwaltungsgebühren.

1.

Die Klägerin beanstandet zu Recht, dass die streitige Nebenkostenregelung in § 8.7 des Mietvertrags unklar ist. Die Klausel lautet:

"Vermieter trägt die Kosten für die Gebäude-Feuerversicherung für das Mietobjekt sowie die Grundsteuer. Alle übrigen Unkosten sind vom Mieter zu tragen. Dazu gehören insbesondere die Kosten für: (es folgen diverse Umlagepositionen) ... sowie alle hier nicht gesondert aufgeführten Kosten in Ansehung des Mietobjekts."

Diese Regelung lässt nicht erkennen, welche Kosten unter die "hier nicht gesondert aufgeführten Kosten in Ansehung des Mietobjekts" fallen könnten. Die unter den "insbesondere dazu gehörenden Kosten" aufgeführten Positionen lassen jedenfalls nicht erkennen, dass auch Kostenarten erfasst werden sollen, die nicht unter die Anlage 3 zu § 27 II. Berechnungsverordnung fallen. Kosten, die dem Vermieter infolge der Verwaltung des Mietobjekts entstehen, fallen nicht unter die Kostenarten der Anlage 3 und sind im übrigen ohne besondere ausdrückliche Vereinbarung auch nicht umlagefähig, weil sie gemäß § 546 BGB a.F. = § 535 Abs. 1 S. 3 BGB n.F. vom Vermieter getragen werden. Sollten solche Kosten folglich ausnahmsweise auf den Mieter überwälzt werden, so hätte es insoweit einer Regelung bedurft, an der es hier fehlt. Die Klausel, der Mieter habe neben bestimmten im einzelnen unter 8.7 a) bis h) aufgeführten Kosten "alle hier nicht gesondert aufgeführten Kosten in Ansehung des Mietobjekts" zu tragen, ist nicht bestimmt genug (vgl. hierzu Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Auflage, Rdnr. 504; OLG Düsseldorf NJW - RR 1991, 1354 zu ähnlichen Klauseln).

Eine andere Rechtslage mag für Räume gelten, die ein Mitglied einer Wohnungs-/Teileigentümergemeinschaft vermietet, wenn im Mietvertrag auf Kosten gemäß der Abrechnung des Gemeinschaftsobjekts Bezug genommen ist (vgl. OLG München ZMR 1997, 233; OLG Frankfurt WuM 1985, 91). Zum einen bedarf es dort aber einer ausdrücklichen gesonderten Vereinbarung (so auch Fritz, Gewerberaummietrecht, 3. Auflage, Rdnr. 172), die es im vorliegenden Falle nicht gibt. Zum anderen ist dort eine ausdrückliche Bezugnahme auf bestimmte Kostenarten gegeben, an der es hier ebenfalls fehlt. Deshalb ist die hier zu beurteilende Klausel mangels ausreichender Bestimmtheit unwirksam.

Wäre dies anders zu sehen, könnte der Vermieter beliebig viele weitere Kosten durch Einschaltung von bezahlten Hilfspersonen entstehen lassen und für den Mieter unvorhersehbar auf ihn überwälzen. Bei einem solchen Verständnis der Klausel stünde es dem Vermieter auch frei, solche Kostenarten lange nach Mietvertragsbeginn neu ins Leben zu rufen und den Mieter hiermit zu belasten. Dadurch wäre für ihn die Höhe des Mietzinses, dessen Teil die Nebenkosten sind, nicht mehr kalkulierbar. Diese mangelnde Klarheit und Vorhersehbarkeit kann auch nicht damit zugunsten des Vermieters gerechtfertigt werden, dass die Klägerin Vollkaufmann ist. Die unbestimmten Regelungen bestehen nach den obigen Erwägungen objektiv und damit für jeden Mieter, gleichgültig ob Kaufmann oder Privatperson.

2.

Sind die streitigen Positionen schon nach den vorstehenden Überlegungen (kein Anhaltspunkt für eine Überwälzung auch von Kontoführungs- und Verwaltungskosten auf den Mieter) nicht umlagefähig, so ergibt sich dies jedenfalls aus der weiteren Erwägung, dass bei unklaren Regelungen die jahrelange Handhabung durch die Vertragsparteien in einem bestimmten Sinne einen entscheidenden Anhaltspunkt dafür geben kann, wie die Parteien selbst die Regelung verstanden haben, was wiederum einen Rückschluss auf den Inhalt der entsprechenden vertraglichen Regelung zulässt (BGH ZIP 1998, 106, 107 f.).

Hier haben die Mietvertragsparteien die Nebenkostenabrechnung unstreitig von 1977 an in der Weise praktiziert, dass der Vermieter die Verwaltungsgebühren und die Kontoführungsgebühren nicht in Rechnung gestellt und die Mieterin sie nicht bezahlt hat, bis der Beklagte erstmals in der Abrechnung von 1993 zu der streitigen Kostenüberwälzung überging. Eine derart lange Praktizierung einer unklaren Regelung in einem Sinne, die ohnehin eher dem objektiven Verständnis der Klausel und auch der gerechten Grenzziehung der Überwälzungsmöglichkeiten von Kostenpositionen auf den Mieter entspricht, erscheint dann als entscheidendes Element zur Beseitigung der Unklarheit.

Die Vertragsklausel des § 14.2 steht dem nicht entgegen, weil die tatsächliche Handhabung hier zur Auslegung des Vertragsinhalts herangezogen und nicht als bewusst geübter Verzicht des Vermieters angesehen wird.

Die Richtigkeit der hier vorgenommenen Auslegung wird im übrigen deutlich gestützt durch das Schreiben des Beklagten vom 11. April 1995, das eine Bestätigung einer Einigung über den Abrechnungsmodus enthält und ausdrücklich u.a. die Umlagefähigkeit der Verwaltungskosten ausschließt. Angesichts der früheren jahrelangen Übung und der anschließenden gleichgearteten Klärung im Jahre 1995 erschiene es geradezu widersinnig, dem beklagten Vermieter für die Folgejahre eine Überwälzung der Verwaltungs- und Kontoführungskosten zu gestatten. Das behauptet der Beklagte auch nicht. Vielmehr sei es - so der Beklagte - bei dem Gespräch vom 10. April 1995 ausschließlich um die Vergangenheit gegangen.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.

Streitwert für die Berufungsinstanz, zugleich Höhe der Beschwer für den Beklagten: 6.536,53 EUR = 12.784,35 DM.

E T