OLG Hamm, Beschluss vom 14.02.2002 - 22 W 65/01
Fundstelle
openJur 2011, 19420
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 1 O 519/00
Tenor

Die Beschwerde der Klägerin vom 6.12.2001 gegen den Beschluß des Landgerichts Detmold vom 16.11.2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von bis zu 20.451,68 €.

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.

Zwar ist die Beschwerde zulässig: die Vergleichsregelung, daß das Gericht auch über die Kosten des Rechtsstreits 1 O 519/00 LG Detmold entsprechend §91 a ZPO entscheiden soll, enthält keinen Vorverzicht auf Rechtsmitteleinlegung für den Fall, daß sich eine Partei durch die Kostenentscheidung ungerechtfertigt beschwert fühlt. Für eine derartige Auslegung enthält die Vergleichsregelung keine Anhaltspunkte; eher liegt die Annahme nahe, daß beide Parteien darauf vertraut haben, das Landgericht werde eine - aus ihrer Sicht - angemessene Kostenentscheidung fällen.

Das Landgericht hat zu Recht der Klägerin unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Voraussichtlich wäre die Klägerin im Rechtsstreit vor dem Landgericht ohne den Vergleichsabschluß unterlegen.

Für die vor dem Landgericht Detmold erhobene Klage war das Landgericht nur unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gemäß §32 ZPO örtlich zustandig. Denn seinen allgemeinen Gerichtsstand hat der in Kohlberg wohnende Beklagte im Landgerichtsbezirk Amberg; auch unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes, §29 ZPO, war allein das Landgericht Amberg für eine Klage auf Rückgewähr des Kaufpreises zuständig.

Folge der auf den Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung beschränkten Zuständigkeit des Landgerichts Detmold ist, daß es bei der fehlenden schlüssigen Behauptung einer deliktischen Anspruchsgrundlage die weiteren mit der Sittenwidrigkeit der Verträge zusammenhängenden Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Verschulden bei Vertragsschluß nicht zu prüfen gehabt hätte und zu einer Klageabweisung hätte kommen müssen, bezüglich der deliktischen Ansprüche als unbegründet, hinsichtlich der übrigen als unzulässig (vgl. BGH NJW 1996, 1411).

Die Zuständigkeit nach §32 ZPO zieht nach hM (vgl. BGH NJW 1974, 410; NJW 1986, 2436; NJW 1988 1466; OLG Köln MDR 2000, 170; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., §32 Rdn 14) nämlich nicht die Zuständigkeit für die Prüfung anderer als deliktischer Ansprüche nach sich. Einen allgemeinen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs kennt die ZPO nicht. Entgegen der Gegenmeinung (OLG Hamburg MDR 1997, 884; Zöller - Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., §32 Rdn 20 m.w.N.) läßt sich die Neuregelung der Rechtswegzuständigkeit in §17 Abs. 2 S. 1 GVG nicht für eine Begründung eines allgemeinen örtlichen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs heranziehen: zu Recht weist der BGH in NJW 1996, 1411, wenn auch im Zusammenhang mit der Prüfung der internationalen Zuständigkeit, daraufhin, daß sich der Kläger ansonsten einen für ihn günstigeren Gerichtsstand für die weiteren Anspruchsgrundlagen selbst dann verschaffen könnte, wenn die Tatsachen für eine unerlaubte Handlung nicht schlüssig vorgetragen oder nicht beweisbar sind. Das würde zu einer ungerechtfertigten Ausdehnung des Deliktsgerichtsstandes zugunsten des Klägers führen, während er durch die Ablehnung einer Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs nicht entscheidend tangiert wird: will er nicht zwei Prozesse führen, muß er gegen die beklagte Partei von vornherein an ihrem Wohnsitzgerichtsstand Klage aus allen rechtlichen Gesichtspunkten erheben. Deshalb ist seine Lage nicht vergleichbar mit der unbefriedigenden des einen Rechtsweg falsch beschreitenden Klägers vor der Reform des §17 Abs. 2 GVG: der falsche Rechtsweg stellte sich angesichts bisweilen schwieriger Abgrenzung beispielsweise bürgerlicher von öffentlichrechtlichen Streitigkeiten möglicherweise erst in letzter Instanz heraus und führte dann günstigenfalls zu einer Verweisung in die erste Instanz des anderen Rechtsweges (vgl. Baumbach a.a.O. §17 a Rdn 2). Auch der Gesetzgeber hat in §32 der ab 1.1.2002 reformierten ZPO einen von der Gegenmeinung befürworteten Gerichtsstand des Sachzusammenhangs entsprechend §17 Abs. 2 S. 1 GVG nicht geregelt.

Zu Recht hat das Landgericht eine hinreichend schlüssige Darlegung einer Haftung des Beklagten aus unerlaubter Handlung verneint.

Diese erfordert, daß die Klägerin durch konkrete Umstände ausgefüllt und belegt vorgetragen hätte, daß der Beklagte im bewußten Zusammenwirken mit dem Makler ... oder als Anstifter oder Gehilfe vorsätzlich die Klägerin täuschte und sie durch den Verkauf der Wohnungen schädigte. Ein solche nachvollziehbares Zusammenwirken des in Süddeutschland wohnenden Beklagten, der an den Vertragsverhandlungen des in ... wohnenden Maklers ... nicht beteiligt war, ergibt sich nicht aus Angaben "die Klägerin fühle sich nachhaltig betrogen", GA 5, " ... habe ihr eine Visitenkarte als Repräsentant des Einzelhandelsverband Lippe überlassen (kein Vortrag, daß er nicht Repräsentant war); er habe gesagt, es würden selbstverständlich nur gute und preiswerte Wohnungen zur Verfügung stehen (allgemeine Anpreisung ohne Darlegung der Kenntnis, daß dieses nicht der Fall war)", GA 9, " ... habe erhebliche Provisionen vom Beklagten kassiert; es liege ein gemeinsam auf der Grundlage falscher Tatsachenbehauptungen begangener Betrug zum Nachteil der Klägerin vor", GA 10, 106.

Hinzu kommt, daß sich ein erheblicher Teil der Vorwürfe gegen den Makler auf Vermittlungsgespräche bezüglich Abschreibungsmodellen im Osten Deutschlands bezieht, GA 107. Daß die streitbefangenen Wohnungen nicht zum Bestand des Einzelhandelsverbandes, sondern dem Beklagten gehörten, wußte die Klägerin.

Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich auch nicht, daß der Beklagte von einem geringeren Wert der verkauften Wohnungen wußte. Er hatte die Immobilie nach dem Vortrag der Klägerin 1995 erworben, sie jedenfalls bezüglich Elektro-, Heizungsinstallation und Malerarbeiten- nach der unwiderlegten Darstellung des Beklagten auch mit Wärme - und Trittschalldämmarbeiten - renoviert, in 9 Eigentumswohnungen und Miteigentumsanteile aufgeteilt und diese veräußert. Angesichts der von ihm durchgeführten Investitionen kann der Beklagte durchaus von einer den Verkaufspreis rechtfertigenden Wertsteigerung ausgegangen sein. Die im Zwangsversteigerungsverfahren gegen die Klägerin eingeholten Gutachten Rebhan ergaben nach ihren eigenen Angaben, GA 117, mit 180.000,- DM und 185.000,- DM für die von der Klägerin zu Kaufpreisen 295.000,- DM und 300.000,- DM erworbenen Wohnungen Verkehrswerte, die den Bereich der Sittenwidrigkeit nicht erreichen.