LG Köln, Urteil vom 23.06.2015 - 5 O 488/05
Fundstelle
openJur 2016, 11055
  • Rkr:
Tenor

1.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 220.612,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.12.2004 zu zahlen, abzüglich geleisteter 100.000 € am 02.09.2008, weiterer 50.000 € am 26.11.2009 und weiterer 60.000 € am 01.12.2013.

2.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger eine Schmerzensgeldrente in Höhe von 250,- € pro Monat seit dem 03.10.2004 zu zahlen.

3.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger

a) 7.315 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.02.2006 für Krankenbesuche und unterstützende Pflege durch die Ehefrau während des Aufenthalts des Klägers in Duisburg in der Zeit vom 07.10.2004 bis 15.04.2005,

b) 5.335,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.02.2006 für Krankenbesuche und unterstützende Pflege durch die Ehefrau während weiterer Krankenhausaufenthalte bis zum 31.12.2009 sowie

c) 4.126,93 € für Aufwendungen für medizinische Produkte zu zahlen.

4.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 110.104,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.02.2006, abzüglich geleisteter 50.000,- € am 03.08.2011, für die Anschaffung und den Umbau eines geeigneten Fahrzeuges in ein behindertengerechtes Fahrzeug sowie 72,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.02.2006 für die Erlangung einer Fahrtauglichkeitsbescheinigung zu zahlen.

5.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 71.855,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.02.2006 für den behindertengerechten Umbau seines Hauses sowie weitere 24.500 € als Vorauszahlung für weitere erforderliche Umbaumaßnahmen zu zahlen.

6.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger eine Quartalsrente wegen pflegebedingter vermehrter Bedürfnisse in Höhe von 6.194,16 € seit dem 01.04.2015

und

wegen der pflegebedingten Mehraufwendungen seit dem 07.10.2004 bis 31.03.2015 einen rückständigen Betrag von 311.080,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 6.194,16 € seit jedem Ersten eines Quartals seit dem 01.07.2008, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 35.100,10 € seit dem 03.02.2006 und nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 12.388 € seit dem 01.01.2006, 01.04.2006, 01.07.2006, 01.10.2006, 01.01.2007, 01.04.2007, 01.07.2007, 01.10.2007, 01.01.2008 und 01.04.2008

zu zahlen.

7.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ab dem 01.04.2015 eine Quartalsrente in Höhe von 462,- € wegen vermehrter Bedürfnisse aufgrund von Getränkemehrbedarf, Mehrbedarf für Grundversorgung und Mehrbedarf für Hilfsmittel

sowie

19.404,- € (42 Quartale) Rückstand wegen vorgenannter Bedürfnisse für den Zeitraum vom 03.10.2004 bis 31.03.2015 zu zahlen.

8.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger

ab dem 01.04.2015 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers monatlich, jeweils zum Monatsende, einen Betrag in Höhe von 1.299,55 € sowie rückständigen Verdienstausfall in Höhe von 111.061,91 € zu zahlen,

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.03.2015 aus monatlich je 1.299,55 €,

für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.06.2008 aus monatlich je 186,20 €,

für den Zeitraum vom 01.07.2008 bis 30.09.2008 aus monatlich je 404,76 €,

für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis 31.12.2008 aus monatlich je 713,64 €,

sowie aus 2.420,06 € seit 03.02.2006.

9.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 113,53 € für die Erteilung einer Generalvollmacht zu zahlen.

10.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.612,54 € außergerichtliche Anwaltskosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 30 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 70 %.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche wegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung geltend.

Der am 07.06.1967 geborene und verheiratete Kläger ist Vater von vier Kindern. Er begab sich am Samstag, dem 02.10.2004, zusammen mit seiner Familie und einer Geburtstagsgesellschaft in den Indoorspielpark "Y" in Bergisch Gladbach. Der Beklagte zu 1) ist deren Inhaber, bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um die Geschäftsführerin, die vor Ort tätig ist und die Halle beaufsichtigt.

Der Kläger benutzte die in dem Spielpark vorhandene Trampolinanlage. Nach einem Überschlag vorwärts landete er nicht auf den Beinen, sondern auf dem Rücken. Bei dem Aufprall brach er sich das Genick. Er erlitt eine HWS-5/6-Luxationsfraktur mit zervikaler Querschnittssymptomatik in Höhe C 6 mit begleitender neurogener Blasen- und Mastdarmentleerungsstörung. Der Kläger wurde operiert. Es trat eine postoperative Ateminsuffizienz mit maschineller Langzeitbeatmung auf. Am 07.10.2004 wurde der Kläger zur Querschnittserstbehandlung in die berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Duisburg verlegt. Ab Anfang November wurde ein Querschnittserstbehandlungstraining aufgenommen. Dabei entwickelte sich komplizierend am rechten Hüftgelenk eine Mysitis ossificans. Am 15.04.2005 wurde der Kläger aus der stationären Querschnittserstbehandlung entlassen. Seitdem befand er sich überwiegend zu Hause, zum Teil auch zu weiteren Behandlungen in Kliniken. Der Kläger ist durch die Fraktur nach wie vor gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Er ist inzwischen imstande, seine Arme ansatzweise zu bewegen. Seinen Arbeitsplatz bei den Abfallwirtschaftsbetrieben der Stadt Köln verlor er.

Mit rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 27.02.2009 (Bl. 287ff. d.A.) wurde die Zahlungsklage des Klägers gegen die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner

a) dem Grunde nach zu 70 % für gerechtfertigt erklärt, soweit sie auf Ersatz materieller Schäden gerichtet ist, und

b) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, soweit sie auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gerichtet ist, dies jedoch mit der Maßgabe, dass bei der Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes ein Mitverschulden des Klägers von 30 % zu berücksichtigen ist.

Weiterhin wurde festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu 70 % zu ersetzen, welche diesem aufgrund des Unfalls vom 2. Oktober 2004 gegen 12.15 Uhr in der Freizeitanlage "Y" in Bergisch Gladbach, S-Straße, auf der Trampolinanlage entstanden sind und/oder noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen, soweit der Kläger mehr als 70 % der ihm entstandenen Schäden - sowohl materieller als auch immaterieller - geltend macht.

Bei dem Kläger gingen im Hinblick auf die in dem vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche folgende Zahlungen der Beklagten ein:

100.000,- € am 02.09.2008

50.000,- € am 26.11.2009

50.000,- € am 03.08.2011

60.000,- € am 01.12.2013

Die Zahlungen vom 02.09.2008, 26.11.2009 und 01.12.2013 erfolgten auf das geltend gemachte Schmerzensgeld, während die Zahlung vom 03.08.2011 unter Verrechnungsvorbehalt erfolgte.

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 280.000,- €, hilfsweise in Höhe von 220.612,- € zzgl. einer monatlichen Schmerzensgeldrente in Höhe von monatlich 300,- €, zu.

Die Beklagten seien darüber hinaus zur Übernahme von Heilbehandlungskosten, der Kosten für die Anschaffung und den Umbau eines behindertengerechten Fahrzeugs sowie der Kosten für den behindertengerechten Umbau des Hauses des Klägers verpflichtet. Aufgrund der Folgen des Unfalls seien die Beklagten weiterhin zur Erstattung der bereits entstandenen pflegebedingten Mehraufwendungen sowie zur Zahlung einer Quartalsrente wegen pflegebedingter Mehraufwendungen verpflichtet. Gleiches gelte für eine Quartalsrente wegen weiterer vermehrter Bedürfnisse. Schließlich sei die Beklagte zum Ersatz des Verdienstausfallschadens, des Haushaltsführungsschadens und der Kosten für eine Generalvollmacht verpflichtet.

Nachdem der Kläger die von ihm gestellten Anträge mehrfach aktualisiert hat, beantragt er zuletzt,

I. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, mindestens jedoch in Höhe von 220.612 € (hilfsweise 280.000 € für den Fall, dass dem Antrag zu II. nicht stattgegeben werden sollte), nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.12.2004, abzüglich geleisteter 100.000 € am 02.09.2008, weiterer 50.000 € am 26.11.2009 und weiterer 60.000 € am 01.12.2013,

II. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, eine in das Ermessen des Gerichts gestellte angemessene Schmerzensgeldrente seit dem 03.10.2004 zu zahlen, wobei der Betrag der Schmerzensgeldrente mindestens 300 € monatlich erreichen sollte,

III. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger

1. Heilbehandlungskosten

b) 7.315 € für Krankenbesuche und unterstützende Pflege durch die Ehefrau während des Aufenthalts des Klägers in Duisburg in der Zeit vom 07.10.2004 bis 15.04.2005 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage,

c) weitere 5.335,40 € für Krankenbesuche und unterstützende Pflege durch die Ehefrau während weiterer Krankenhausaufenthalte bis zum 31.12.2009 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage,

d) Aufwendungen in Höhe von 4.126,93 € für medizinische Produkte und

e) 15.155 € für die Beaufsichtigung der Kinder durch die Großeltern zu zahlen.

f) Behindertengerechtes Fahrzeug

110.104,56 € für die Anschaffung und den Umbau eines geeigneten Fahrzeuges in ein behindertengerechtes Fahrzeug zu zahlen sowie Kosten für die Erlangung einer Fahrtauglichkeit in Höhe von 72,80 € zu erstatten, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage,

g) Umbau

2. 74.105,41 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für den behindertengerechten Umbau seines Hauses zu zahlen,

3. 24.500 € Vorauszahlung für weitere erforderliche Umbaumaßnahmen, wie unter IV.3.b der Klagebegründung näher beziffert, zu zahlen.

a) Vermehrte Bedürfnisse wegen unfallbedingter Pflege

An den Kläger eine Quartalsrente wegen pflegebedingter vermehrter Bedürfnisse in Höhe von 6.194,16 € seit dem 01.04.2014 nebst Zinsen auf jeweils 6.194,16 € seit jedem Ersten eines Quartals zu zahlen

und

wegen der pflegebedingten Mehraufwendungen seit dem 07.10.2004 bis 31.03.2015 einen rückständigen Betrag von 319.845,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf jeweils 6.194,16 € seit jedem Ersten eines Quartals seit dem 01.06.2008, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 35.100,10 € seit Rechtshängigkeit der Klage und weiteren Zinsen in der genannten Höhe jeweils auf 12.388 € seit dem 01.01.2006, 01.04.2006, 01.07.2006, 01.10.2006, 01.01.2007, 01.04.2007, 01.07.2007, 01.10.2007, 01.01.2008 und 01.04.2008.

b) Weitere vermehrte Bedürfnisse

Eine Quartalsrente ab 01.04.2015 in Höhe von 1.862 € wegen vermehrter Bedürfnisse aufgrund von Reisemehrbedarf, erhöhten Aufwendungen für Besuche, Getränkemehrbedarf, Wäschemehrbedarf, Mehrbedarf für Grundversorgung und behindertengerechte Einrichtung

sowie

78.000 € (42 Quartale) Rückstand auf Quartalsrente wegen o.g. Bedürfnissen für den Zeitraum vom 03.10.2004 bis 31.03.2015 zu zahlen.

4. Erwerbsschaden

5. Verdienstausfall

Seit dem 01.04.2015 monatlich bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers zum Monatsende 1.891 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem Ersten des jeweiligen Folgemonats zu zahlen,

nebst rückständigem Verdienstausfall in Höhe von 157.819,80 €

und

Zinsen für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf monatlich 1.891 €, auf je 186,20 € monatlich zum Beginn des Folgemonats seit dem 01.01.2005 bis zum 31.06.2008, sowie auf 578,23 € monatlich ab Juli bis September 2008, sowie auf 1.019 € ab Oktober bis Dezember 2008 monatlich, des weiteren auf 2.420,06 € seit Rechtshängigkeit der Klge und auf 1.891 € monatlich ab Januar 2009 bis März 2015, jeweils zum Ersten des Folgemonats zu zahlen,

6. Haushaltsführungsschaden

Zum Ersten eines Monats ab April 2015 einen Betrag von 201,60 € zu zahlen, zuzüglich eines Rückstandes für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2015 in Höhe von 26.409,60 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 201,60 € ab dem Zweiten eines Monats.

a) Die für die Erteilung einer Generalvollmacht entstandenen Kosten in Höhe von 113,53 € zu zahlen.

b) Außergerichtliche Anwaltskosten

5.612,54 € zur Erstattung der angefallenen außergerichtlichen Anwaltskosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2005 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, das geltend gemachte Schmerzensgeld sei übersetzt. Die von dem Kläger erlittenen Verletzungen rechtfertigten kein Schmerzensgeld in der beantragten Größenordnung. Der Kläger nehme, wenn auch eingeschränkt, am Familienleben teil. Es komme allenfalls - ohne Berücksichtigung des Mitverschuldens - ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 175.000 bis 200.000 € in Betracht. Die Voraussetzungen einer Schmerzensgeldrente seien nicht gegeben.

Die Besuchskosten der Ehefrau der Klägerin seien nicht in vollem zu erstatten; eine medizinische Notwendigkeit für einen täglichen Besuch habe nicht bestanden.

Die geltend gemachten Kosten für medizinische Mittel und Hilfsmittel seien nicht erstattungsfähig. Die Kosten seien von der Krankenkasse zu übernehmen. Die Anschaffung eines Sportrollstuhls diene nicht der Wiederherstellung der früheren Lebensqualität.

Die Kosten für Anschaffung und Umbau eines behindertengerechten Fahrzeugs seien nicht erstattungsfähig. Die Einschränkung der Lebensqualität sei schon durch das Schmerzensgeld ausgeglichen. Ein vermehrtes Bedürfnis im Sinne der Rechtsprechung bestehe nicht.

Der von dem Kläger vorgenommene Umbau seines Hauses sei nicht erforderlich und nicht angemessen, um dem Anspruch des Klägers auf behindertengerechtes Wohnen gerecht zu werden.

Die von dem Kläger geltend gemachten pflegebedingten Mehraufwendungen seien unbegründet. Im Gutachten zur Feststellung der erhöhten Pflegebedürftigkeit vom 29.06.2006 sei festgestellt worden, dass bei dem Kläger ein außergewöhnlich hoher Pflegebedarf nicht mehr gegeben sei. Der geltend gemachte Mehraufwand sei nicht gerechtfertigt. Auch der übrige unfallbedingte Mehraufwand sei übersetzt. Dies gelte insbesondere für Reisekosten, Wäscheverschleiß und zusätzliche Heiz-, Strom- und Wasserkosten.

Der Verdienstausfallschaden des Klägers sei fehlerhaft berechnet. Dieser beschränke sich auf den fiktiven Nettoverdienst. Es seien daher Steuern und Abgaben in Abzug zu bringen. Weiterhin sei die bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses erhaltene Abfindung in Höhe von 40.000,- € in Abzug zu bringen.

Schließlich seien die geltend gemachten Ansprüche teilweise gemäß § 116 SGB X auf den Versicherungsträger bzw. den Träger der Sozialhilfe übergegangen. Insoweit sei der Kläger nicht aktiv legitimiert.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten. Im Hinblick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. N2 vom 31.10.2012 (Bl. 506ff. d.A.), des Sachverständigen R vom 08.10.2014 (Bl. 799ff. d.A.) und der Sachverständigen Winandy vom 29.10.2014 (Bl. 815ff. d.A.) verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im zugesprochenen Umfang begründet.

Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des OLG Köln vom 27.02.2009 (Bl. 287 d.A.) steht fest, dass die Zahlungsklage gegen die Beklagten dem Grunde nach zu 70 % gerechtfertigt ist, soweit sie auf Ersatz materieller Schäden gerichtet ist, und dass dem Kläger dem Grunde nach ein Schmerzensgeldanspruch zusteht, bei dessen Bemessung jedoch ein 30%-iges Mitverschulden zu berücksichtigen ist.

Im Hinblick auf die einzelnen geltend gemachten Schadenspositionen ergibt sich Folgendes:

1) Schmerzensgeld und Schmerzensgeldrente

Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie einer Schmerzensgeldrente aus §§ 823 Abs. 1, 840 Abs. 1, 253 BGB zu.

Bei der Bemessung der Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes ist zunächst von der Doppelfunktion des Schmerzensgeldes auszugehen (vgl. BGH NJW 1955, 1675). Dieses soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind, und zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung schuldet für das, was er ihm angetan hat. Dabei steht der Ausgleichsgedanke im Vordergrund, d. h. der für einen Ausgleich erforderliche Geldbetrag hängt in erster Linie von der Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden, mithin vom Ausmaß der Lebensbeeinträchtigung ab. In zweiter Linie sind entsprechend der Genugtuungsfunktion auch alle anderen Umstände wie der Grad des Verschuldens und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall stellen sich die für das Ausmaß der Lebensbeeinträchtigung des Klägers wesentlichen Umstände, nämlich seine Verletzungen, der Heilungsverlauf, die Dauerschäden und die sich daraus sonst ergebenden Nachteile gemäß den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Dr. N2, denen sich die Kammer anschließt, wie folgt dar:

Der zur Zeit des Unfalls 37 Jahre alte Kläger erlitt bei dem Unfall vom 02.10.2004 eine äußerst schwerwiegende Verletzung, nämlich einen Bruch der Halswirbelsäule mit nachfolgender funktionell kompletter Querschnittlähmung unterhalb des 6. Halswirbels mit einer fortbestehenden Blasen- und Mastdarmlähmung. Er erlitt eine querschnitttypische Komplikation mit Ausbildung von Muskelverkalkungen (Ossifikationen), die eine operative Behandlung notwendig machten. Er erlitt aufgrund der lebenslang fortbestehenden Blasenentleerungsstörungen rezidivierende Harnwegsinfekte. Er hat wegen der verbliebenen Lähmungen eine Gebrauchsunfähigkeit der Langfinger, eine komplette Lähmung des Rumpfes, eine komplette Lähmung der Beine und ist demzufolge für viele Verrichtungen des täglichen Lebens auf Fremdhilfe angewiesen. Der Kläger hat aufgrund der veränderten Atemtechnik eine respiratorische Teilinsuffizienz, da jeder Patient mit einer Halsmarklähmung aufgrund der gelähmten Bauchmuskulatur ein erschwertes Abhusten hat; ebenfalls ist eine forcierte Ein- und Ausatmung aufgrund der fehlenden Bauchmuskulatur nicht möglich. Definitionsgemäß liegt danach medizinisch eine Tetraplegie vor.

Als Dauerschäden verbleiben dem Kläger die hochgradige Teillähmung der oberen Extremität mit funktionell kompletter Lähmung der Langfinger und deshalb deutlich eingeschränkten Handfunktionen, die komplette Lähmung des Rumpfes und der Blase, die Mastdarmlähmung und die komplette Lähmung der unteren Extremitäten. Mit einer durchgreifenden Verbesserung des Gesundheitszustands ist nicht zu rechnen.

Aufgrund der vorstehend genannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hält die Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000,- € für angemessen. Unter Berücksichtigung der dem Kläger anzulastenden Mitverschuldensquote von 30 % ergibt sich ein Betrag von 280.000,- €.

Im vorliegenden Fall liegen darüber hinaus die Voraussetzungen für die Zahlung einer Schmerzensgeldrente vor.

Eine Schmerzensgeldrente kommt nach der Rechtsprechung des BGH bei schweren Dauerschäden in Betracht, insbesondere wenn sich die Beeinträchtigung der Lebensführung ständig schmerzlich fortsetzt (BGH NJW 1994, 1592). Diese Voraussetzung ist zur Überzeugung der Kammer erfüllt, da der Kläger nach den bisherigen Feststellungen im Prozess, insbesondere den Ausführungen der Sachverständigen Dr. N2 gemäß Gutachten vom 31.10.2012, bis an sein Lebensende unter den Folgen des Unfalls zu leiden haben wird. Der Anspruch auf Zahlung einer Schmerzensgeldrente ist daher begründet.

Die Beklagten weisen in diesem Zusammenhang indes zutreffend darauf hin, dass die Schmerzensgeldrente im Rahmen der Gesamtberechnung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen ist, d.h. dass Kapitalbetrag und kapitalisierte Rente in etwa dem insgesamt angemessenen Kapitalbetrag entsprechen müssen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 156; OLG Brandenburg, BeckRS 2010, 00932). Das bedeutet, dass sich durch eine zusätzliche Schmerzensgeldrente insgesamt keine höhere Schmerzensgeldzahlung ergibt. Für die Ermittlung des Einsatzbetrages für die Schmerzensgeldrente sind die Kapitalisierungsgrundsätze bei einer Kapitalabfindung anzuwenden. Maßgeblich sind dabei die an die statistische Lebensdauer angelehnte Laufzeit sowie der Kapitalisierungszins (OLG Hamm, NZV 2003, 192). Der so ermittelte Kapitalbetrag der Rente ist von dem angemessenen Schmerzensgeldbetrag in Abzug zu bringen.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts erachtet die Kammer eine monatliche Schmerzensgeldrente von 250,- € für angemessen.

Unter Zugrundelegung eines Gesamtschmerzensgeldes von 280.000,- €, aufgeteilt in einen Kapitalbetrag und eine kapitalisierte Rente, ergibt sich daher Folgendes:

Der Jahreswert der Rente beträgt 3.000,- € (250,- € x 12). Dieser Betrag ist mit dem Kapitalisierungsfaktor 19,796 (nach Geigel, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl. 2011, Anhang 1) zu multiplizieren, so dass sich ein Barwert der Schmerzensgeldrente von 59.388,- € ergibt. Dieser Betrag ist von dem angemessenen Schmerzensgeldgesamtbetrag von 280.000,- € in Abzug zu bringen, so dass ein Kapitalbetrag von 220.612,- € verbleibt. Auf diesen Betrag haben die Beklagten am 02.09.2008 eine Zahlung in Höhe von 100.000,- €, am 26.11.2009 eine Zahlung in Höhe von 50.000,- € und am 01.12.2013 eine Zahlung in Höhe von 60.000,- € geleistet, was im Urteilstenor entsprechend zu berücksichtigen war.

Die zugesprochene Zinsforderung folgt aus Verzug, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

2) Heilbehandlungskosten

Der Kläger hat gegen die Beklagten weiterhin einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Heilbehandlungskosten.

Dies gilt zunächst für die Besuchskosten der Ehefrau des Klägers. Hierbei handelt es sich um einen eigenen Anspruch des Geschädigten (vgl. BGHZ 106, 28, 20; Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 249 Rn. 9; Oetker in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 249 Rn. 411 m.w.N.). Aufgrund der Schwere der Verletzungen bestehen nach Auffassung der Kammer keine Zweifel an der Notwendigkeit der Besuche. Fahrtkosten von nahen Angehörigen für Krankenbesuche gehören zu den Heilungskosten und damit zu den Kosten, die der Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB zu ersetzen hat. Bei einem ernsten Zustand des Verletzten sind tägliche Besuche nicht zu beanstanden (vgl. OLG Frankfurt a.M., VersR 1981, 239). Bei Pkw-Fahrten können 0,25 € pro Kilometer angesetzt werden (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 249 Rn. 9). Das diesbezügliche pauschale Bestreiten der Besuche durch die Beklagten ist unsubstantiiert. Der Kläger hat diesbezüglich substantiiert zu den Besuchen seiner Ehefrau während der ersten Behandlungsphase in Duisburg vom 07.10.2004 bis 15.04.2005 vorgetragen. Die Beklagten sind dem Kläger daher für diesen Zeitraum zum Ersatz der seiner Ehefrau entstandenen Fahrtkosten in Höhe von 5.700,- € (190 Tage x 120 km x 0,25 €) verpflichtet. Weiterhin steht dem Kläger zusätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Beeinträchtigung der Haushaltsführung durch die Ehefrau zu, wobei das Gericht diesbezüglich von einer Besuchszeit von 5 Stunden und einem - angesichts der heutigen Verhältnisse in jedem Fall angemessenen - Stundensatz von 5,- € (vgl. hierzu OLG München VersR 1995, 1506) ausgeht, § 287 ZPO. Dem Kläger steht damit ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 4.750,- € zu (190 Tage x 5 Stunden x 5 €). Es ergibt sich insgesamt ein Erstattungsanspruch in Höhe von 10.450,- €. Hiervon haben die Beklagten 70 %, d.h. 7.315,- € zu ersetzen.

Die zugesprochene Zinsforderung folgt aus Verzug, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Gleiches gilt für die anschließenden Klinikaufenthalte des Klägers in den Krankenhäusern Köln-A, Köln-B, im Klinikum C sowie in den Kliniken in Mönchengladbach und Dortmund in den Jahren 2005 bis 2009. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Übernachtungskosten sind gemäß § 249 BGB ebenfalls zu ersetzen. Diesbezüglich steht dem Kläger ein Erstattungsanspruch in Höhe von insgesamt 5.335,40 € zu. Im Hinblick auf die Berechnung der Einzelpositionen wird auf die zutreffende Berechnung des Klägers im Schriftsatz vom 25.02.2010 (Bl. 334ff. d.A.) Bezug genommen.

Die zugesprochene Zinsforderung folgt aus Verzug, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Weiterhin steht dem Kläger gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 4.126,93 € für medizinische Produkte zu. Hierbei handelt es sich um 70 % der Kosten für einen Sportrollstuhl in Höhe von 5.625,47 € sowie diverse Apothekenrechnungen. Im Hinblick auf die einzelnen Positionen wird auf die Auflistung im klägerischen Schriftsatz vom 25.02.2010 (Bl. 337-338 d.A.) Bezug genommen. Diesbezüglich ist ein Anspruchsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X nicht ersichtlich. Der Kläger hat substantiiert dargelegt, dass diese Kosten nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wurden. Im Hinblick auf die mit Abstand größte Position in diesem Bereich, dem Sportrollstuhl, folgt dies aus der Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund vom 20.06.2001 (Az. S 44 KR 94/01, vgl. Bl. 430 d.A.). Danach hat die Krankenkasse die Kosten für einen Rollstuhl, der ausschließlich sportlichen Zwecken dient, nicht zu übernehmen. An der unfallbedingten Verursachung der Kosten bestehen keine Zweifel. Auch liegt ein Bedürfnis des Klägers für einen derartigen Rollstuhl vor, da hierdurch die Teilhabe des Klägers an einem normalen Leben gefördert wird.

Im Hinblick auf die geltend gemachten Kosten in Höhe von 15.155,- € für die Beaufsichtigung der Kinder des Klägers durch die Großeltern war die Klage hingegen abzuweisen. Es fehlt diesbezüglich an substantiiertem Vortrag des Klägers. Der Anspruch wurde erstmals im Schriftsatz vom 04.07.2013 (Bl. 637 d.A.), der der Vorbereitung des Vergleichsvorschlags der Kammer vom 11.07.2013 diente, aufgeführt. Es fehlt jedoch an substantiiertem Vortrag zu der angeblich durch die Großeltern erfolgten Betreuung. Weiterhin sind die Kosten für die Betreuung eines Kindes nur zu erstatten, soweit diese tatsächlich aufgewendet wurden; ein Ersatz fiktiver Betreuungskosten findet nicht statt (vgl. BGH VersR 1989, 1308; OLG Frankfurt a.M. VersR 1981, 239).

3) Kosten für behindertengerechtes Fahrzeug und Umbau des Hauses

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung und den Umbau eines behindertengerechten Fahrzeugs und den behindertengerechten Umbau seines Hauses gemäß § 843 Abs. 1, 3 BGB zu.

Es handelt sich bei diesen Positionen um unfallbedingte Mehraufwendungen. Die Beklagten sind dem Kläger zum Ersatz derjenigen Kosten verpflichtet, die unter den Begriff der unfallbedingt vermehrten Bedürfnisse i.S. von § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB fallen. Der Begriff der "Vermehrung der Bedürfnisse” umfasst nach der Rechtsprechung alle unfallbedingten Mehraufwendungen, die den Zweck haben, diejenigen Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen (BGH VersR 1958, 454; VersR 1970, 899). Es muss sich demnach grundsätzlich um Mehraufwendungen handeln, die erforderlich sind und die zudem nicht - wie etwa Heilungskosten - der Wiederherstellung der Gesundheit dienen. Zudem umfasst der Begriff "vermehrte Bedürfnisse” in § 843 BGB nur solche Mehraufwendungen, die dem Geschädigten im Vergleich zu einem gesunden Menschen erwachsen und sich daher von den allgemeinen Lebenshaltungskosten unterscheiden, welche in gleicher Weise vor und nach einem Unfall anfallen (BGH NJW-RR 1992, 791). So kommen als ersatzpflichtige Kosten zum Beispiel erhöhte Ausgaben für Verpflegung und Ernährung (Diät), Aufwendungen für Kuren und orthopädische Hilfsmittel sowie Pflegekosten und Kosten für Haushaltshilfen in Betracht (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, Rdnr. 264; Drees, VersR 1988, 784, jeweils m.w. Nachw.).

Neben diesen wiederkehrenden Aufwendungen können aber auch einmalige Kosten zu ersetzen sein. So kann in besonders gelagerten Fällen ein Schaden nach §§ 249, 251 BGB auszugleichen sein, wenn durch die einmalige Anschaffung eines Hilfsmittels für den Verletzten dessen erhöhtes Bedürfnis für die Zukunft in ausreichendem Maße befriedigt werden kann. Diese Voraussetzung kann etwa bei der Anschaffung eines Rollstuhls für einen Gehunfähigen oder einer elektronischen Schreibhilfe für einen Querschnittgelähmten erfüllt sein (BGH NJW 1982, 757). Im Einzelfall können auch die Aufwendungen für den Bau oder Ausbau eines der Behinderung angepassten Eigenheims (BGH NJW 1982, 757) oder die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs ersatzpflichtig sein (vgl. BGH VersR 1970, 899; OLG München VersR 1984,245; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, Rn. 264). Zu den typischen Aufwendungen, die in § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB unter dem Begriff "Vermehrung der Bedürfnisse” zusammengefasst sind, können auch verletzungsbedingt erforderliche Mehraufwendungen für Kraftfahrzeuge gehören, z.B. die Kosten für den Einbau von Sonderausrüstungen oder die Ausstattung mit einem automatischen Getriebe (BGH NJW-RR 1992, 792). Ob derartige Aufwendungen im Einzelfall vom Schädiger zu ersetzen sind, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, die gemäß § 287 ZPO der tatrichterlichen Würdigung unterliegt (BGH NJW-RR 1992, 792).

a) Kosten für Anschaffung und Umbau eines behindertengerechten Fahrzeugs

Die Kosten im Zusammenhang mit der Anschaffung und dem Umbau eines geeigneten behindertengerechten Fahrzeugs beruhen auf dem Mobilitätsbedürfnis des Klägers. Da der Kläger auch vor dem Unfall über ein Fahrzeug verfügte, ist durch den Unfall ein verletzungsbedingter Mehrbedarf entstanden. Die Kosten für die Anschaffung und den Umbau eines behindertengerechten Fahrzeugs sind daher von den Beklagten zu erstatten.

Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten in diesem Zusammenhang auf die angeblich fehlende Befähigung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen. Aufgrund des von Klägerseite vorgelegten Gutachtens des TÜV D vom 24.09.2007 (vgl. Anlagenheft II. Bl. 90ff.) nebst Nachtrag vom 01.08.2014 (Bl. 770ff. d.A.) steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger unter Beachtung der in den vorgenannten Gutachten genannten Auflagen und Beschränkungen grundsätzlich zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Dieser Feststellung sind die Beklagten nicht substantiiert entgegen getreten.

Das Gericht geht sodann aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen R vom 08.10.2014 (Bl. 799ff. d.A.) davon aus, dass sich die Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Fahrzeugs auf 40.461,28 € und für den notwendigen Umbau auf 116.830,95 € belaufen. Der Sachverständige R führt in seinem Gutachten vom 08.10.2014 nachvollziehbar und überzeugend aus, dass ein Fahrzeug der Marke Mercedes Sprinter der Firma Q GmbH aufgrund seiner Ausstattungsmerkmale (u.a. Notbedienelemente, Sicherheitsschaltungen) für den Kläger am besten geeignet ist. Alle wesentlichen Funktionen dieses Fahrzeugs sind fernbedienbar, und es verfügt über das notwendige Zubehör (vgl. Bl. 768 d.A.). Demgegenüber sind Fahrzeuge aus der Klasse der "Mini-Vans" oder "Utilities" ungeeignet. Im Rahmen des Umbaus sind sodann insbesondere ein Kassettenlift, ein Minilenkrad mit den wichtigsten Betriebsfunktionen und ein entsprechender Rollstuhl nötig (vgl. Bl 765ff. d.A.).

Insgesamt ergeben sich daher Kosten in Höhe von 157.292,23 €. Hiervon haben die Beklagten 70%, mithin 110.104,56 €, zu übernehmen. Von diesem Betrag ist indes die von Beklagtenseite erbrachte Zahlung in Höhe von 50.000,- € vom 03.08.2011 in Abzug zu bringen. Zwar erfolgte die Zahlung unter Verrechnungsvorbehalt. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Zahlung unter Verrechnungsvorbehalt eine Zahlung, der die Erklärung beigefügt ist, es bleibe vorbehalten, die Verrechnung auf die Forderungen des Gläubigers noch zu bestimmen. Eine Zahlung unter Verrechnungsvorbehalt führt (noch) nicht zur Erfüllung, weil nicht feststeht, was getilgt sein könnte, wenn eine Verrechnung auf unterschiedliche Forderungen oder Forderungsteile möglich ist (vgl. BGHZ 51, 157, 161). In dem vorliegenden Rechtsstreit haben die Beklagten, insbesondere in den Schriftsätzen vom 19.06.2013 (Bl. 629 d.A.) und 25.03.2015 (Bl. 876 d.A.), eine hinreichende Tilgungsbestimmung dahingehend getroffen, dass die Zahlung auf die Anschaffungs- bzw. Umbaukosten für das Fahrzeug geleistet wurde.

Im Hinblick auf die Kosten für Anschaffung und Umbau eines behindertengerechten Fahrzeugs ist ein Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X nicht erfolgt. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen einen Sozialleistungsträger auf Übernahme der Kosten für ein solches Fahrzeug. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 SGB V nicht vor. Nur in Ausnahmefällen - beispielsweise im Falle einer Wachkomapatientin, deren Transport zu Ärzten erst durch die Benutzung des Fahrzeugs ermöglicht wird - fällt die Anschaffung bzw. der Umbau eines Fahrzeugs in den Anwendungsbereich der erforderlichen Hilfsmittel, die die Krankenversicherung nach § 33 SGB V zu übernehmen hat (vgl. BSGE 93, 176). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Weiterhin sind die Beklagten dem Kläger zum Ersatz der Kosten für die Erlangung einer Fahrtauglichkeitsbescheinigung in Höhe von 72,80 € verpflichtet.

Die zugesprochene Zinsforderung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

b) Kosten für Hausumbau

Die Kosten für den Hausumbau folgen ebenfalls aus den vermehrten Bedürfnissen des Klägers. Ein unfallbedingt Geschädigter hat Anspruch auf behindertengerechtes Wohnen. Hierzu gehören Kosten für höheren Raumbedarf, behindertengerechte Gestaltung der von dem Geschädigten genutzten Räume und erforderliche Zusatzausstattungen (vgl. Küppersbusch, Rn. 268 m.w.N.). Beim Umbau eines Hauses hat der Verletzte daher grundsätzlich Anspruch auf die hierfür erforderlichen und angemessenen Kosten (vgl. BGH VersR 1982, 238; OLG Stuttgart VersR 1998, 366).

Es bedarf nach Auffassung des Gerichts keiner näheren Erörterung, dass das von dem Kläger im Zeitpunkt seines Unfalls bewohnte Haus an die neue Lebenssituation des Klägers angepasst werden musste. Dies betrifft sowohl die durch die Pflege- und Therapiemaßnahmen bedingte Vergrößerung der vorhandenen Wohnfläche als auch den Einbau von Hilfsmitteln wie z.B. Rampen bzw. Hebebühnen. Aufgrund der schwerwiegenden Verletzungen des Klägers bestand zur Überzeugung der Kammer ein vermehrtes Wohnraumbedürfnis für die Pflege, da die 6-köpfige Familie des Klägers zuvor auf einer Fläche von lediglich 89 qm gelebt hat. Nach Auffassung der Kammer ist eine Erweiterung der Wohnfläche um 50 qm vor diesem Hintergrund angemessen. Weiterhin sind auch der Einbau von Rampen, einer Hubbühne und die Pflasterung von Wegen zur Befahrbarkeit mit einem Rollstuhl nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Verbreiterung von Türen und die Entfernung von Trennwänden, um den Bewegungsraum in den kleinen Räumen des Altbaus zu vergrößern.

Im Hinblick auf die Höhe der notwendigen Umbaukosten folgt das Gericht den ausführlichen und nachvollziehbaren Erläuterungen der Sachverständigen Winandy gemäß Gutachten vom 29.10.2014 (Bl. 816ff. d.A.). Danach sind die bisher angefallenen Kosten in Höhe von 99.664,87 € (vgl. Schriftsatz vom 25.02.2010, S. 20ff. = Bl. 342ff. d.A., sowie Aufstellung Anlagenheft II, Bl. 123ff.) angemessen und zutreffend ermittelt. Die Sachverständige hat Vergleichspreise zur Prüfung herangezogen und festgestellt, dass die geltend gemachten Kosten plausibel sind. Gleiches gilt für den vorübergehenden Einbau einer Rampe, für den Kosten in Höhe von 6.200,- € angefallen sind. Bis zur Fertigstellung des Anbaus und der behindertengerechten Zuwegung war ein Übergang zu schaffen, um den Höhenunterschied von etwa 1 m zu überwinden. Dieser Höhenunterschied konnte nur mit einer Hubbühne überwunden werden.

Im Hinblick auf diese Kosten steht dem Kläger daher zunächst ein Anspruch in Höhe von 74.105,41 € ((6.200,- € + 99.664,87 €) x 70 %) zu. Eine anzurechnende allgemeine Wertsteigerung liegt nicht vor, da die Umbauten speziell auf die (Pflege-) Bedürfnisse des Klägers zugeschnitten sind. Von dem genannten Betrag ist jedoch der Betrag von 2.250,22 € abzuziehen, den der Kläger unstreitig als Zuschuss für den Umbau gemäß § 40 Abs. 4 SGB XI von der zuständigen Pflegekasse erhalten hat (vgl. Bl. 424 d.A.). Darüber hinausgehende Ansprüche gegen die Pflegekasse stehen dem Kläger nicht zu (vgl. BSG NZS 2000, 355). Dementsprechend ist der Anspruch um 2.250,22 € zu kürzen, so dass ein Zahlungsanspruch in Höhe von 71.855,19 € verbleibt.

Die zugesprochene Zinsforderung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

Weiterhin steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für weitere notwendige Umbaukosten in Höhe von 24.500,- € zu. Zur Überzeugung der Kammer sind die diesbezüglichen Umbaumaßnahmen (Treppenlift vom Erdgeschoss in das Obergeschoss, Erhöhung der Raumlufttemperatur, wettergeschützter Zugang vom Wohngebäude zum Parkplatz und eine Umweltsteuerungseinheit) ebenfalls notwendig und angemessen. Die Heizung ist an die vergrößerte Wohnfläche anzupassen. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass er aufgrund der fehlenden Muskelbewegung auf eine erhöhte Raumtemperatur angewiesen ist. Die Notwendigkeit eines Treppenlifts liegt auf der Hand. Auch gegen die Schaffung eines wettergeschützten Zugangs vom Wohngebäude zum Parkplatz und den Einbau einer Umweltsteuerungseinheit, die es dem Kläger ermöglicht, die elektrischen Geräte und Lichtquellen in seinem Haus zu bedienen, bestehen keine Bedenken. Die Sachverständige Winandy kommt zu dem Schluss, dass der hierfür angesetzte Betrag in Höhe von insgesamt 35.000,- € in jedem Fall angemessen ist (vgl. Bl. 837 d.A.). Dementsprechend ergibt sich ein Zahlungsanspruch in Höhe von 24.500,- € (35.000,- € x 70 %).

4) Vermehrte Bedürfnisse wegen unfallbedingter Pflege

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz der Kosten wegen der unfallbedingten Pflege aus §§ 843 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB zu. Grundsätzlich sind die Kosten zu ersetzen, die für die konkrete Pflege anfallen, wie sie der Geschädigte im Rahmen des erforderlichen und zumutbaren gewählt hat. Die Höhe des Schadensersatzes bestimmt sich nach dem Bedarf, wie er in der vom Geschädigten in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt (BGH VersR 1978, 149; Küppersbusch, a.a.O., Rn. 265). Erfolgt die Pflege in der Familie kostenlos, wird der Schädiger hierdurch nicht entlastet. Die zusätzliche Mühewaltung der Familienangehörigen ist angemessen auszugleichen (st. Rspr., vgl. BGH VersR 1973, 1067; VersR 1978, 149; VersR 1986, 173; VersR1986, 391).

Die hiergegen von den Beklagten vorgebrachten Einwände vermögen nicht zu überzeugen. Dass der Kläger zunächst eine Pflegekraft nicht eingestellt hat und stattdessen seine Ehegattin bzw. die Zeugin L die Pflege übernahmen, steht der Zahlung einer Pflegegeldrente nicht entgegen. Wird nämlich die Pflege von einem Familienangehörigen erbracht, so ist dessen Mühewaltung angemessen auszugleichen und "marktgerecht" zu bewerten (s.o., BGH VersR 1978, 149; BGH VersR 1986, 174). Maßgebend ist also diejenige Vergütung, die üblicherweise für eine Pflegekraft hätte bezahlt werden müssen. Gegen den von Klägerseite in Ansatz gebrachten Betrag von 12,29 € pro Stunde bestehen keine Bedenken (§ 287 ZPO). Bereits mit Urteil vom 02.08.1991 (Az. 11 U 277/90, VersR 1992, 506ff.) hat das OLG Köln entschieden, dass ein Stundensatz von 20,- DM angemessen und nicht überhöht erscheint. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Ehefrau des Klägers und die Zeugin L keine ausgebildeten Krankenpfleger sind. Die Leistungen der Hilfspersonen sind damit nicht überbewertet, da der Kläger einer äußerst intensiven Pflege bedarf; er kann sich nicht allein an- und ausziehen und bedarf bei der medizinischen Versorgung, wie bei der Blasen- und Stuhlentleerung der Hilfe. Dass eine solche anspruchsvolle und schwierige Pflege mit 12,29 € je Stunde zu vergüten ist, erscheint angemessen und nicht überhöht.

Auch im Hinblick auf den Zeitaufwand folgt das Gericht den Ausführungen des Klägers in der Klageschrift und dem Schriftsatz vom 25.02.2010. Für den Zeitraum vom 07.10.2004 bis 15.04.2005, in dem sich der Kläger in stationärer Behandlung im Krankenhaus in Duisburg befand, geht das Gericht von einem täglichen Pflegeaufwand durch die Ehefrau von 3 Stunden aus. Hieraus ergibt sich ein Betrag in Höhe von 6.931,56 € (3 x 12,29 € x 188 Tage). Hiervon haben die Beklagten 70 %, mithin 4.852,09 €, zu erstatten.

Im Hinblick auf den anschließenden Zeitraum vom 16.04.2005 bis zum 12.08.2008 geht die Kammer von einem Pflegeaufwand von 16 Stunden pro Tag aus. Dies ergibt sich aus den Feststellungen der Gutachten zur Pflegebedürftigkeit vom 29.06.2006 (Bl. 11 ff. des Anlagenhefts II) und 05.11.2012 (Bl. 579 ff. d.A.), in denen die Pflegemaßnahmen im Einzelnen beschrieben werden und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, sowie aus dem Schreiben der Stadt Köln vom 13.08.2008, mit dem dem Kläger eine persönliche Assistenz in einem Umfang von täglich 16 Stunden gewährt wurde (vgl. Bl. 161 d.A.). Es ist davon auszugehen, dass die Pflege durch die Ehegattin, die keine ausgebildete Krankenpflegerin ist, mindestens denselben Zeitaufwand erforderte wie die Pflege durch eine professionelle Assistenz. Für den Zeitraum vom 16.04.2005 bis 12.08.2008 ist damit ein Betrag in Höhe von 164.761,32 € von den Beklagten zu erstatten.

Von diesem Betrag sind die unstreitig im Hinblick auf diese Pflege erhaltenen Pflegegeldleistungen in Höhe von 24.300,- € abzuziehen (vgl. Bl. 345 d.A.), da insoweit ein Anspruchsübergang gemäß § 116 Abs. 1 SGB X eingetreten ist. Es verbleibt danach ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 140.461,32 €.

Ab dem 13.08.2008 erhielt der Kläger eine persönliche Assistenz (vgl. Schreiben der Stadt Köln vom 13.08.2008, Bl. 161 des Anlagenhefts II), so dass sich der Pflegeaufwand für die Ehefrau des Klägers reduzierte. Die Kammer geht dabei davon aus, dass sich der notwendige Pflegeaufwand für die Klägerin hierdurch auf 8 Stunden täglich halbierte. Die diesbezüglich vorgetragenen Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch. Sie übersehen zunächst, dass die Pflege des Klägers in den Nachtstunden (u.a. Veränderung der Position des Klägers zur Vermeidung eines Dekubitus, Wechseln des Katheters, Kleiderwechsel) weiterhin allein durch die Ehefrau des Klägers erbracht wird. Auch während des Tages, d.h. während der Anwesenheit der Pflegekraft, ist von zusätzlichen Pflegeleistungen der Ehefrau auszugehen. Der Zeitraum des Pflegeaufwands durch die Ehegattin ergibt sich zur Überzeugung der Kammer ebenfalls aus der Bewilligung der Persönlichen Assistenz durch die Stadt Köln gemäß Schreiben vom 13.08.2008. Mit diesem Schreiben bewilligte die Stadt Köln dem Kläger eine persönliche Assistenz in einem Umfang von 16 Stunden und für den Fall der Abwesenheit der Ehefrau des Klägers eine persönliche Assistenz von 24 Stunden (vgl. Bl. 161 d.A.). Auch nach Auffassung des Fachdienstes der Stadt Köln beläuft sich der auf die Ehefrau des Klägers entfallende Zeitraum der Pflege damit auf 8 Stunden.

Demnach geht die Kammer für den Zeitraum ab dem 13.08.2008 von einem täglichen Pflegeaufwand von 8 Stunden, d.h. 98,32 € (8 x 12,29 €) aus. Für das Quartal (90 Tage) ergibt sich damit ein Betrag von 8.848,80 €. Hiervon haben die Beklagten 70 %, mithin 6.194,16 €, zu ersetzen.

Ein Anspruchsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X ist nicht eingetreten. Insbesondere ergibt sich kein Anspruchsübergang im Hinblick auf das von Beklagtenseite angeführte sog. Persönliche Budget, welches der Kläger mit dem Landschaftverband Rheinland (LVR) vereinbart hat (vgl. hierzu die Zielvereinbarung Bl. 1ff. des Anlagenhefts). Der Kläger erhält durch den LVR ein sog. Trägerübergreifendes Persönliches Budget in Höhe von 13.815,- € pro Monat. Davon entfallen 10.995,- € auf die Finanzierung der persönlichen Assistenz und 2.478,- € auf Leistungen der Behandlungspflege. Es handelt sich daher bei den Leistungen aus dem Persönlichen Budget des LVR um andere Leistungen, als der Kläger in dem vorliegenden Rechtsstreit geltend macht. Die vorliegend streitigen Pflegeleistungen wurden bzw. werden durch die Ehefrau und die Zeugin L erbracht. Diese sind nicht Bestandteil des Persönlichen Budgets. Vielmehr ist es dem Kläger sogar untersagt, mit Familienangehörigen Arbeitsverträge abzuschließen und diese aus dem vorgenannten Budgetanteil zu bezahlen (vgl. Schreiben des LVR vom 08.10.2013, Bl. 680 d.A.). Mangels Kongruenz zu den Leistungen des LVR hat im Hinblick auf die streitgegenständlichen Kosten ein Anspruchsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X nicht stattgefunden.

Für das restliche Quartal vom 13.08.2008 bis 30.09.2008 ergibt sich damit ein Betrag von 4.719,36 €. Für die folgenden Quartale bis zum 31.03.2015 (26 Quartale) ergibt sich ein Betrag von 161.048,16 €, so dass sich für den gesamten Zeitraum vom 07.10.2004 bis zum 31.03.2015 ein rückständiger Betrag von 311.080,93 € ergibt.

6) Weitere vermehrte Bedürfnisse

Im Hinblick auf die von Klägerseite weiter vorgetragenen weiteren vermehrten Bedürfnisse steht dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch Zahlung einer Quartalsrente in Höhe von 462,- € aus §§ 843 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB zu.

Unter dieser Position macht der Kläger einen Anspruch aufgrund vermehrter Bedürfnisse im Hinblick auf Reisemehrbedarf, erhöhte Aufwendungen für Besuche, Getränkemehrbedarf, Wäschemehrbedarf, Mehrbedarf für Grundversorgung und behindertengerechte Einrichtung und Hilfsmittel geltend.

Im Hinblick auf den geltend gemachten Mehraufwand im Hinblick auf Reisekosten ist der klägerische Vortrag unsubstantiiert. Zwar trägt der Kläger dazu vor, welche Reisen in der Vergangenheit unternommen wurden (vgl. Bl. 394 d.A.). Inwieweit durch die Verletzung des Klägers jedoch ein jährlicher Mehrbedarf von 5.000,- € entstehen soll, ist für die Kammer nicht nachvollziehbar. Die von Klägerseite in diesem Zusammenhang angeführten Kosten für eine Pflegeperson sind bereits durch die zugesprochene Rente aufgrund pflegebedingter Mehraufwendungen der Ehefrau abgedeckt (s.o. Ziffer 5).

Gleiches gilt im Ergebnis für die geltend gemachten Kosten für erhöhten Bedarf beim Besuch von Freunden. Es fehlt substantiierter Vortrag zu Anzahl und Umfang der Besuche, zur Notwendigkeit der Buchung eines Hotels und zur Höhe der in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten.

Die Mehrkosten für den erhöhten Getränkebedarf des Klägers in Höhe von 105,- € pro Quartal sind unstreitig (vgl. Bl. 348 und Bl. 377 d.A.).

Im Hinblick auf den angeblich erhöhten Wäscheverschleiß ist der Vortrag des Klägers wiederum unsubstantiiert. Es fehlen jegliche konkrete Anhaltspunkte für eine Schätzung der diesbezüglichen Kosten.

Im Hinblick auf die Mehrkosten für den Mehrbedarf bei der Grundversorgung geht die Kammer von einem Mehrbedarf von 210,- € pro Quartal aus, § 287 ZPO. Bereits im Zusammenhang mit den Kosten für den Hausumbau (s.o. Ziffer 3 b) hat der Kläger substantiiert dargelegt, dass das Haus aufgrund der fehlenden Muskelbewegung des Klägers auf eine erhöhte Raumtemperatur von 23 Grad Celsius geheizt werden muss. Weiterhin besteht ein pflegebedingt erhöhter Aufwand für Vollbäder und Kleiderwäsche. Die Kammer geht vor diesem Hintergrund von angemessenen Mehrkosten in Höhe von 100,- € pro Monat aus, so dass sich für das Quartal unter Berücksichtigung der Haftungsquote von 70 % ein zu ersetzender Betrag von 210,- € ergibt.

Im Hinblick auf die behindertengerechte Einrichtung des Hauses ist der klägerische Vortrag wiederum nicht hinreichend substantiiert. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu beachten, dass die Kosten für den behindertengerechten Umbau des Hauses bereits zugesprochen wurden (s.o. Ziffer 3 b). Zu einem darüber hinausgehenden Aufwand hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Die Kammer sieht sich daher zu einer Schätzung gemäß § 287 ZPO nicht in der Lage.

Schließlich geht die Kammer im Hinblick die sonstigen von Klägerseite vorgetragenen Hilfsmittel von einem Mehraufwand von 147,- € pro Quartal aus, § 287 ZPO. Der Kläger hat substantiiert vorgetragen, dass ihm insbesondere durch die Anschaffung von Rollstuhlfahrerhandschuhen, Bettschutzeinlagen und Einmalhandschuhen Mehrkosten in dieser Höhe entstehen (vgl. Bl. 350 und 396 d.A.).

Insgesamt ergibt sich damit ein weiterer Mehrbedarf von 462,- € pro Quartal. Der von den Beklagten zu erstattende Rückstand beläuft sich auf 19.404,- € (42 Quartale x 462,- €).

7) Verdienstausfall und Haushaltsführungsschaden

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz seines Verdienstausfallschadens nach §§ 249, 842, 843 BGB. Der Geschädigte ist zu stellen, wie er ohne Eintritt des haftungsbegründenden Umstands stünde (Geigel, Haftpflichtprozess, Kapitel 4 Rn. 90). Auf ein bestimmtes Erwerbsalter darf nicht schlicht hochgerechnet werden (BGH NZV 2002, 268). Maßgebend ist vielmehr nach den konkreten Verhältnissen der Lohn- bzw. Gehaltsausfall des Geschädigten bis zum Zeitpunkt des altersbedingten Ausscheidens aus dem Erwerbsleben nach den aktuellen gesetzlichen oder tarifvertraglichen (regelmäßigen) Vorgaben. Die Kammer geht davon aus, dass der Kläger in Anbetracht der Schwere seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen, auf die bereits im Rahmen des Schmerzensgeldanspruchs eingegangen wurde, einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen kann. Zwar mag es - so versteht die Kammer letztlich die Ausführungen der Sachverständigen Dr. N2 - wünschenswert sein, dass der Kläger wieder in das Berufsleben integriert wird. Tatsächlich liegen gegenwärtig jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger nochmals einer Erwerbstätigkeit wird nachgehen können. Nach den Ausführungen der Abfallwirtschaftbetriebe in dem vor dem Arbeitsgericht Köln geführten Rechtsstreit (dazu sogleich) kam eine anderweitige Beschäftigung im Bürobereich, beispielsweise in der Telefonzentrale, aus gesundheitlichen Gründen nicht in Betracht.

Der von den Parteien geführte Streit, ob der Verdienstausfallschaden auf Grundlage des Brutto- oder Nettoverdienstes berechnet wird, kann im Ergebnis dahinstehen, da nach Auffassung des BGH beide Theorien im Wesentlichen zu demselben Ergebnis führen (BGH VersR 2000, 65). Bei unselbständigen Arbeitnehmern wird in der Praxis regelmäßig die modifizierte Nettolohntheorie angewendet, die auf das Nettoeinkommen des Geschädigten nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen abstellt (vgl. BGH, VI. Senat, VersR 1970, 640; VersR 1980, 529; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, Rn. 96 und 99). Bei dieser Berechnungsweise sind die von Beklagtenseite vorgetragenen pauschalen Abzüge wegen Steuern und Sozialversicherungsabgaben nicht vorzunehmen.

Danach ergibt sich folgende Berechnung:

Nach den von Beklagtenseite nicht substantiiert bestrittenen Ausführungen des Klägers in der Klageschrift (Bl. 27-28 d.A.) und in den Schriftsätzen vom 25.02.2010 (Bl. 351ff. d.A.), 05.07.2010 (Bl. 396ff. d.A.) und 04.07.2013 (Bl. 640 ff. d.A.) verdiente der Kläger im Jahr 2004 32.421,09 € brutto, was einem Betrag von 22.278,- € netto entspricht. Dies entspricht einem monatlichen Nettoverdienst von 1.856,50 €.

Der Kläger erhielt zunächst Krankengeld in Höhe von 1.590,- €. Es entstand daher ein Verdienstausfallschaden von monatlich netto 266,- €. Hiervon haben die Beklagten 70 % zu ersetzen, mithin 186,20 € pro Monat. Für den Zeitraum bis zur Klageerhebung im Dezember 2005 belief sich der Schaden damit auf 2.420,06 € (13 x 186,20 €).

Für den folgenden Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2008 ergibt sich ein Betrag von 7.820,40 € (42 Monate x 186,20 €). Der Kläger legt seiner Berechnung insoweit irrtümlich 48 Monate (48 x 186,20 € = 8.937,60 €) zugrunde.

In der Zeit vom 01.07.2008 bis 30.09.2008 bezog der Kläger monatliche Leistungen nach SGB II in Höhe von 2.123,53 € und vom 01.10.2008 bis 31.12.2008 in Höhe von 1.682,27 €. Damit beläuft sich der Erwerbsschaden vom 01.07.2008 bis 30.09.2008 auf 1.214,28 € und vom 01.10.2008 bis 31.12.2008 auf 2.140,92 €. Für den Zeitraum 01.07.208 bis 31.12.2008 beläuft sich der Schaden damit insgesamt auf 3.355,20 €.

Seit dem 01.01.2009 erhält der Kläger keine Leistungen mehr, so dass sich der zu ersetzende monatliche Verdienstausfallschaden auf 1.299,55 € netto beläuft (1.856,50 € netto x 70 %). Bis einschließlich März 2015 ergeben sich daher 97.466,25 € (75 Monate x 1.299,55 €).

Insgesamt ergibt sich damit ein rückständiger Verdienstausfall in Höhe von 111.061,91 €.

Die Abfindung in Höhe von 40.000,- €, die der Kläger aufgrund des in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Köln, Az. 12 Ca 1160/08, am 18.11.2008 geschlossenen Vergleich erhalten hat (vgl. Bl. 623 ff. d.A.), ist hierauf nicht anzurechnen. Nach der Rechtsprechung des BGH muss sich der Geschädigte, dem sein Arbeitgeber wegen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit gekündigt hat, eine im Kündigungsschutzprozess vereinbarte Abfindung grundsätzlich nicht auf den Ersatzanspruch im Hinblick auf seinen Verdienstausfallschaden anrechnen lassen (BGH NZV 1990, 225). Der Kläger hat seinen Arbeitsplatz bei den Abfallwirtschaftsbetrieben der Stadt Köln verloren, da er aufgrund der Unfallfolgen nicht mehr in seiner ursprünglichen Tätigkeit als Straßenreiniger bzw. Mülllader eingesetzt werden konnte und ein Arbeitsplatz, auf dem der Kläger unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen eingesetzt werden konnte, nicht vorhanden war. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Abfallwirtschaftsbetriebe in dem Kündigungsschutzverfahren wird insoweit Bezug genommen (vgl. Bl. 603 ff. d.A.). Die von den Abfallwirtschaftsbetrieben gezahlte Abfindung ist zwar eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. BAG NJW 1989, 1381, 1382). Sie ist jedoch nicht dazu bestimmt, den mit der Klage geltend gemachten Verlust des Arbeitseinkommens auszugleichen (vgl. BGH NZV 1990, 225). Eine Anrechnung der Abfindung kommt daher nicht in Betracht.

Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens besteht nicht. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist unsubstantiiert. Der Kläger muss darlegen und - im Rahmen der Beweiserleichterung des § 287 ZPO - beweisen, welche Tätigkeiten er ohne den Unfall im Haushalt ausgeübt hätte und welche er nicht mehr ausüben kann (vgl. OLG München SVR 2006, 180; OLG Düsseldorf VersR 2004, 120). Für eine schlüssige Darlegung des Haushaltsführungsschadens genügt es nicht, wenn - wie hier (vgl. Bl. 353 d.A.) - ein Zeitaufwand in Stunden nur behauptet und eine abstrakte Berechnung vollzogen wird. Die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung entbindet den Kläger nicht von der Darlegung des konkreten Schadens (vgl. nur KG Berlin, Urt. vom 04.05.2006 - 12 U 42/05 - KGR 2006, 749; OLG München, Urt. vom 01.07.2006 - 10 U 2544/05 - SVR 2006, 180; OLG Koblenz, Urt. vom 07.11.2005 - 12 U 1240/04 - OLGR 2006, 385; OLG Celle, Urt. vom 14.12.2006 - 14 U 73/06 - OLGR 2007, 41). Zum schlüssigen und der Schadensschätzung zugänglichen Klagevortrag gehört daher, welche konkreten Tätigkeiten in welchem Umfang vor dem Schadensereignis ausgeübt wurden und welche schadensbedingt nicht mehr ausgeübt werden (OLG Düsseldorf, Urt. vom 29.08.2003 - 8 U 190/01 - VersR 2004, 120). An diesem Vorbringen fehlt es im vorliegenden Fall, worauf die Beklagten mit Recht hinweisen. Die Kammer geht darüber hinaus davon aus, dass die Tätigkeiten, die der Kläger im Haushalt zuvor erbracht hat und nun nicht mehr erbringen kann, durch die ihm zur Verfügung gestellte Hilfskraft ausgeglichen wird. Ein darüber hinausgehender Haushaltsführungsschaden besteht zur Überzeugung der Kammer nicht.

8) Kosten für notarielle Generalvollmacht und vorgerichtliche Anwaltskosten

Die Beklagten sind dem Kläger schließlich zum Ersatz der Kosten für die notarielle Generalvollmacht in Höhe von 113,53 ³ und der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 5.612,54 € verpflichtet.

An der Notwendigkeit der im Jahr 2005 erteilten notariellen Generalvollmacht bestehen keine Zweifel. Die Ehefrau des Klägers benötigte gerade in der ersten Zeit nach dem Unfall, in der der Kläger sich in einer kritischen Phase fand, eine solche Vollmacht, um den Kläger gegenüber Dritten, insbesondere Behörden, vertreten zu können.

Angesichts des Umfangs und der rechtlichen Schwierigkeiten des vorliegenden Falles bestehen auch keine Zweifel an der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Die von den Beklagten zu ersetzenden außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten belaufen sich auf 5.612,54 €.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Streitwert: bis 24.02.2010: 874.393,06 €

vom 25.02.2010

bis 12.03.2015: 961.212.85 €

ab 13.03.2015: 1.283.531,30 €