VG Düsseldorf, vom 09.12.2002 - 17 K 3291/01
Fundstelle
openJur 2011, 18659
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt als Abfallentsorgerin eine Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage in L und begehrt die Bestätigung eines Entsorgungsnachweises, den ein Abfallerzeuger vergeblich bei der Beklagten beantragt hatte.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft, deren Gesellschafterinnen die Stadtwerke L zu 51 % und die S AG zu 49 % sind. Nach Mitteilungen der Klägerin ist die S AG eine 00%-ige Tochtergesellschaft der S1 AG, deren Anteile wiederum zu rund 40 % in öffentlicher Hand liegen. Rechnerisch gehört die Klägerin zu rund 71 % der öffentlichen Hand.

Die Beklagte lehnte die Bestätigung des Entsorgungsnachweises für jährlich 1.000 t Aufsaug-, Filtermaterialien, Wischtücher und Schutzkleidung mit schädlichen Verunreinigungen der N GmbH & Co. KG, S2, ab. Der inhaltlich von der Klägerin nicht begründete Widerspruch blieb erfolglos. Er wurde am 14. Mai 2001 zugestellt.

Am 13. Juni 2001 hat die Klägerin Klage erhoben.

Die Klägerin hält die Klage wegen einer möglichen Verletzung der von Art. 12 Grundgesetz (GG) geschützten Berufsfreiheit für zulässig. Da die Abfälle bei ihr ordnungsgemäß und schadlos verwertet würden, meint sie zudem einen Anspruch auf Erteilung der Bestätigung zu haben.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 16. Januar 2001 und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2002 zu verpflichten, die Zulässigkeit der Entsorgung gemäß dem Entsorgungsnachweis Nr. 000000000000 zu bestätigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält den Entsorgungsnachweis für nicht bestätigungsfähig, weil Grenzwerte der Anlagengenehmigung überschritten würden (Kupfergehalt).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

I.

Das Gericht kann nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil es der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 84 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung

in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987) - im Folgenden: VwGO.

Nachdem das Gericht auf sein Urteil vom 25. Juni 2002 (17 K 9880/98) verwiesen hat, in dem es sich ausführlich mit der Frage der Klagebefugnis eines Entsorgers befasst hat, dessen Gesellschafterinnen ausschließlich juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erklärt.

II.

Die Klage bleibt ohne Erfolg, weil die gestellten Klageanträge unzulässig sind.

Die Klage ist unzulässig, weil der Klägerin die Befugnis fehlt, den Erlass einer Bestätigung einzuklagen, die ein Dritter beantragt hat und die nur diesem zu erteilen wäre. Sachurteilsvoraussetzung der erhobenen Verpflichtungsklage ist, dass der Kläger geltend macht, durch den unterlassenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein, § 42 Abs. 2 VwGO. Der Kläger muss vortragen, dass er einen öffentlichrechtlichen Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts hat. Dazu muss die in Frage kommende Anspruchsnorm zumindest auch dem Schutz der klägerischen Interessen zu dienen bestimmt sein,

vgl. nur Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. Juni 1993 - 3 C 3/89, in: BVerwGE 92, 313, 317.

Sie muss den Kläger als grundsätzlich möglichen Anspruchsberechtigten erfassen,

vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO (Stand: Januar 2002), § 42 Abs. 2 Rn. 53.

Dass mit einem Rechtssatz und einem darauf gestützten Verwaltungsakt Reflexwirkungen zu Gunsten des Klägers verbunden sind, genügt nicht, um die Klagebefugnis zu begründen,

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Mai 1999 - Az: 5 A 5682/97, in: NVwZ 2000, 335; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 1998 - 14 E 117/97, in: NZM 1999, 231.

Die Kammer ist sich der tatsächlichen Lage bewusst, in der sich die Klägerin - vermutlich auch in anderen Fällen - befindet. Wenn ein Abfallerzeuger, der bestimmte Abfälle bei einem Abfallentsorger entsorgen will, den begehrten Entsorgungsnachweis nicht erhält, weil nach Auffassung der Beklagten der Entsorgung Gründe entgegenstehen, dient der Abfallerzeuger die Abfälle einem anderen Abfallentsorger an - mit allen damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Die Ablehnung des Bestätigungsnachweises trifft in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen also zuvörderst den Abfallentsorger und nicht den Abfallerzeuger, der sich angesichts der Vielzahl der am Markt tätigen Entsorgungsunternehmen einen anderen Vertrags- und Entsorgungspartner suchen kann. Aus wirtschaftlichen Gründen wird der Abfallerzeuger im Regelfall diesen Weg wählen und kaum je gegen einen Versagungsbescheid den ggfs. langwierigen Klageweg beschreiten. Auf Grund dieser tatsächlichen Gegebenheiten wird sich die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung aus rein faktischen Gründen regelmäßig durchsetzen.

Gleichwohl vermag die Kammer die Auffassung nicht zu teilen, dass es sich beim Entsorgungsnachweisverfahren um ein dreipoliges Verwaltungsverfahren handelt, in welchem dem Abfallentsorger neben dem Abfallerzeuger eine eigene Rechtsposition eingeräumt ist, die durch eine rechtswidrige Ablehnung der Bestätigung durch die zuständige Behörde verletzt werden könnte,

für eine eigene Rechtsposition des Abfallentsorgers unter nicht weiter begründetem Verweis auf § 6 Abs. 1 NachwV auch Fink/Fluck, in: Fluck, Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, Kommentar, Loseblatt (Stand Dezember 2001), § 5 NachwV Rn. 93, § 7 NachwV Rn. 12.

Eine solche Auffassung findet in der Verordnung über Verwertungs- und Beseitigungsnachweise

vom 10. September 1996 (BGBl I S. 1382, berichtigt BGBl I 1997, S. 2860), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung abfallrechtlicher Nachweisbestimmungen vom 25. April 2002 (BGBl I, S. 1488) (im Folgenden: NachwV)

keine Stütze. Aus Wortlaut und Systematik der §§ 3 ff. NachwV ergibt sich vielmehr, dass die Bestätigungsvorschriften allein den Rechten des Abfallerzeugers zu dienen bestimmt sind. Denn die Pflicht zur Führung des Nachweises, um dessen Bestätigung es geht, obliegt gemäß § 3 Abs. 1 NachwV allein dem Abfallerzeuger,

ebenso zur Vorgängernorm des § 8 Abs. 1 Abfall- und Reststoffüberwachungsverordnung vom 3. April 1990 (BGBl I S. 648) Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 10 S 2599/95, in: DVBl 1998, 601 (LS); Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig- Holstein, Urteil vom 17. Juni 1996 - 4 M 37/96 (juris).

Folgerichtig wird der Entsorgungsnachweis auch nicht an den Entsorger adressiert. Die (gesetzmäßige) Adressierung eines Verwaltungsakts kann jedoch ein gewichtiges Indiz dafür sein, wer von ihm materiell betroffen ist. Jedenfalls erzeugt sie einen so starken behördlich veranlassten Rechtsschein des Betroffenseins im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO, dass der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts stets klagebefugt ist,

Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl. (1998), § 42 Rn. 69,

Der fehlenden Adressierung des Abfallentsorgers - der Klägerin - kommt deswegen große Bedeutung zu, weil der Verordnungsgeber den Ablauf des Entsorgungsnachweisverfahrens in §§ 3 - 9 NachwV bis in die Einzelheiten geregelt hat und dabei auch immer auf die Stellung des Entsorgers Bedacht genommen hat. Er hat ihn aber ausdrücklich nicht als Adressaten vorgesehen. Er ist vielmehr nur ein sonstiger Beteiligter des Bestätigungsverfahrens, der durch Übersendung einer Kopie (vgl. § 7 NachwV) die tatsächliche Möglichkeit zur Kenntnisnahme erhält, dem aber keine eigene Rechtsstellung eingeräumt wird.

ebenso Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 10 S 2599/95, in: DVBl 1998, 601; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. Juni 1996 - 4 M 37/96 (juris): nur „reflexartig" betroffen.

Für diese Auslegung spricht weiterhin, dass der Verordnungsgeber trotz Veröffentlichung der diesbezüglichen oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die Nachweisverordnung insofern nicht geändert hat, wiewohl dazu in der jüngst erlassenen Verordnung zur Änderung abfallrechtlicher Nachweisbestimmungen vom 25. April 2002 Gelegenheit gewesen wäre. Die novellierte Nachweisverordnung stützt vielmehr in ihrem neuen § 5 Abs. 4 Satz 2 die hier vertretene Auslegung. § 5 Abs. 4 Satz 2 NachwV lautete bisher: „Der Abfallerzeuger muss den Auflagen nachkommen.". In der geänderten - hier wegen fehlenden Streits um Auflagen nicht unmittelbar anwendbaren - Fassung heißt es jetzt: „Der Abfallerzeuger und der Abfallentsorger müssen den Auflagen nachkommen." Träfe es zu, dass auch der Abfallentsorger Adressat der Bestätigung des Entsorgungsnachweises ist, wäre eine solche Sonderregelung für Auflagen unnötig. Da der Abfallentsorger aber nicht Adressat der Bestätigung ist, muss die Geltung der Auflagen für ihn besonders angeordnet werden. Dies verkennt die Begründung der Bundesregierung zur Änderungsverordnung (Bundestags-Drucksache Nr. 14/8461 vom 8. März 2002), wenn es dort zu § 5 Abs. 4 NachwV n. F. heißt: „Diese nunmehrige Gleichstellung von Abfallerzeuger und Abfallentsorger in § 5 Abs. 4 Satz 2 ist notwendig und gerechtfertigt, da der Abfallentsorger ebenso wie der Abfallerzeuger Adressat der behördlichen Bestätigung ist".

Aus der Formulierung der Begründung lässt sich schließen, dass der Verordnungsgeber davon ausgeht, dass die Bestätigung des Entsorgungsnachweises auch an den Abfallentsorger gerichtet ist. Dieser Auffassung schließt sich die erkennende Kammer nicht an.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass Auslegung der Nachweisverordnung durch den Verordnungsgeber das Gericht nicht bindet. Das Bundesverfassungsgericht stellte bereits kurz nach seiner Gründung Folgendes zum Verhältnis zwischen dem Willen des historischen Gesetzgebers und dem Gesetzestext fest: „Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers."

seit Bundesverfassungsgericht, Beschl. vom 21. Mai 1952 - 2 BvH 2/52, in: BVerfGE 1, 299, 312.

Es kommt also nicht auf den subjektiven Willen des Gesetzgebers, des Gesetzesverfassers, an. Er bietet nur einen Anhaltspunkt für die Auslegung. Entscheidend ist, welchen Ausdruck der Wille des historischen Gesetzgebers objektiv in der Gesetzesformulierung gefunden hat.

Kritisch steht Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. (1991) S. 328-333, 344 der historischen Auslegung gegenüber. Er wendet ein, dass es sich bei den Materialien um die Normvorstellungen der an der Vorbereitung und Abfassung des Gesetzes beteiligten Personen (der Ministerien, Ausschüsse, einzelner Abgeordneter) handelt, die aber nicht den Willen des Gesetzgebers darstellen und deswegen für die Auslegung unverbindlich seien.

Objektiv kommt im Normtext des § 5 Abs. 4 Satz 2 NachwV n. F. nur zum Ausdruck, dass Auflagen, die einer Bestätigung beigegeben werden, auch den Abfallentsorger binden. Über die Frage, wer Adressat des Grundverwaltungsakts ist, also der Bestätigung, der die Auflagen beigegeben werden, verhält sich die angeführte Norm nicht. Noch viel weniger geht aus § 5 Abs. 4 Satz 2 NachwV n. F. hervor, welche Rechtswirkungen die Ablehnung der Bestätigung eines abgelehnten Entsorgungsnachweises im Hinblick auf den Abfallentsorger entfaltet. Die Tatsache, dass Auflagen zu einer Bestätigung auch den Abfallentsorger binden und ihm insofern Klagebefugnis verschaffen dürften, lässt nicht den Schluss zu, dass Gleiches für die Ablehnung einer Bestätigung gilt. Denn im Fall der Auflagenerteilung ist eine Bestätigung ergangen. Deswegen wird der Abfallentsorger mit den Abfällen des Abfallerzeugers in Berührung kommen. Es ist in dieser Konstellation sinnvoll, dass nicht nur der Abfallerzeuger, sondern auch der Abfallentsorger an die Auflagen der Bestätigungsbehörde gebunden ist. Hierdurch kann die Behörde ihn unmittelbar - ohne Erlass eines eigenen Verwaltungsakts - zur Einhaltung der Auflagen veranlassen. Eine solche Einwirkungsmöglichkeit ist aber nur bei der Bestätigung des Entsorgungsnachweises vonnöten, nicht bei seiner Ablehnung. Im Fall der Klägerin ist aber gerade keine Auflage erlassen worden, sondern es fehlt an der Bestätigung insgesamt.

Der Auffassung der Kammer, dass der Klägerin die Klagebefugnis fehlt, steht auch nicht der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen vom 18. Dezember 1998 entgegen,

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 18. Dezember 1998 - 20 B 1388/98, in: NVwZ-RR 1999, 731.

Hierin stellt - im summarischen Verfahren - der 20. Senat zunächst klar, dass aus der Nachweisverordnung keine eigene Rechtsstellung des Abfallentsorgers abzuleiten ist, da Zuordnungssubjekt der Nachweispflicht allein der Erzeuger ist. Die Frage, ob die §§ 43 Abs. 1, 46 Abs. 1 KrW-/AbfG die Auslegung der rangniedrigeren Nachweisverordnung in der Weise gebieten, dass der Abfallentsorger eine eigene Rechtsposition erhält, hat das nordrheinwestfälische Obergericht ausdrücklich nicht entschieden,

ebenso Beckmann, Entscheidungsanmerkung, in: AbfallPrax 1999, 112, 113.

Es begründete die Antragsbefugnis des Abfallentsorgers vielmehr mit einem Eingriff in dessen Grundrecht der Berufsfreiheit, Art. 12 GG. In der Versagung der Bestätigung des Entsorgungsnachweises erblickte der beschließende Senat einen mittelbaren Eingriff mit objektiv berufsregelnder Tendenz.

Ein Eingriff in Art. 12 GG kommt bei der Klägerin indes nicht in Betracht, weil sie keine Grundrechtsträgerin ist. Die Klägerin ist als GmbH & Co. KG zwar eine juristische Person des Privatrechts. Ihre Gesellschaftsanteile liegen sind aber (letztlich) zu fast 71 % in öffentlicher Hand, also bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Nach Art. 19 Abs. 3 GG „gelten Grundrechte für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind". Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich nicht auf Grundrechte stützen, da sie keine Rechte, sondern Kompetenzen wahrnehmen. Ihnen fehlt die grundrechtstypische Gefährdungslage. Der Staat (in allen Erscheinungsformen) ist Verpflichteter der Grundrechte, nicht Berechtigter. Beide Rechtsstellungen können vom Staat nicht gemeinsam eingenommen werden. Ausnahmen gelten nur hinsichtlich der Justizgrundrechte sowie solcher juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die unmittelbar dem Lebensbereich der Bürger zugeordnet werden (Rundfunkanstalten, Universitäten; grundrechtsfähig unabhängig von ihrer Organisationsform sind die Kirchen und Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften). Diese Ausnahmefälle sind bei der Abfallentsorgung nicht gegeben.

Bei der Klägerin handelt es sich zwar nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts, gleichwohl kann sie sich nicht auf Individualgrundrechte mit der Begründung berufen, sie sei eine Gesellschaft des Privatrechts. Andernfalls wäre die Frage der Grundrechtsfähigkeit der öffentlichen Hand in nicht geringem Umfang abhängig von der (frei) wählbaren Organisationsform,

vgl. zur fehlenden Grundrechtsfähigkeit einer Gesellschaft des Privatrechts, die vollständig in öffentlicher Hand ist, Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 7. Juni 1977 - 1 BvR 108/73 u. a., in: BVerfGE 45, 63, 78 ff; keine Grundrechtsträgerschaft eines privatrechtlichen Unternehmens, das zu 72 % in öffentlicher Hand ist, Bundesverfassungsgericht, Beschl. vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88, in: NJW 1990, 1783.

Das Bundesverfassungsgericht hat weiter festgestellt, dass Grundrechte für juristische Personen des privaten Rechts grundsätzlich nicht gelten, soweit diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen.

Bundesverfassungsgericht, Beschl. vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88, in: NJW 1990, 1783 mit weiteren Nachweisen der älteren Rechtsprechung des Gerichts.

Bei der Abfallentsorgung handelt es sich um eine öffentliche Aufgabe, wie sich aus § 15 KrW-/AbfG ergibt, in dem diese den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern zugewiesen wird. Ausdrücklich bestimmt § 16 KrW-/AbfG, dass selbst in Fällen der Drittbeauftragung die Verantwortlichkeit bei den Entsorgungsträgern verbleibt. Der mögliche Einwand, dass in diesem Bereich mittlerweile eine Wettbewerbssituation entstanden sei, ist vor diesem Hintergrund unerheblich.

Zur Verwendung des Begriffs der öffentlichen Aufgabe in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Literatur s. Schulte, Rettungsdienst durch Private (1999), S. 62-71.

Weiterhin erstrebt die Klägerin die Begünstigung eines Dritten, sodass die abwehrrechtliche Schutzfunktion des Art. 12 GG ihr gegenüber höchstens mittelbar betroffen sein kann. Die für mittelbare Eingriffe erforderliche berufsregelnde Tendenz oder Schwere liegt nicht vor. Die Klägerin hat eine Existenzbedrohung, die der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zu Grunde lag, nicht vorgetragen. Eine solche ist auch nicht ersichtlich, da die Gesamtabfallmenge, die sie im Jahr 2000 verbrannte bei 331.320 t lag. Die versagten zusätzlichen 1.000 t jährlich machen also nur einen Anteil von 0,302 % der behandelten Gesamtabfallmenge aus.

Die Klagebefugnis ebenfalls verneinend: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 25. April 2002 - 8 K 5290/97.

Eine wehrfähige eigene Rechtsposition der Klägerin - eines Abfallentsorgers - ergibt sich auch nicht aus denjenigen Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, die dem Abfallentsorger eine Nachweisführungs- und -vorlagepflicht auferlegen. Diese Pflichten sind zwar in den §§ 43 Abs. 1 und 46 Abs. 1 KrW-/AbfG statuiert. Hieraus folgt aber noch nicht, dass ein Abfallentsorger in seinen Rechten verletzt ist, wenn die zuständige Behörde die Bestätigung eines Entsorgungsnachweises ablehnt. In diesen Fällen treffen den (beabsichtigten) Abfallentsorger nämlich gar keine Pflichten, da er weder beseitigen noch verwerten darf. Die (durchgeführte) Beseitigung oder Verwertung ist aber tatbestandliche Voraussetzung dafür, dass die Nachweis- und -vorlagepflichten nach §§ 43 Abs. 1 und 46 Abs. 1 KrW-/AbfG überhaupt entstehen. Im Übrigen erhält der Anfallentsorger Kopien von allen Bescheiden, die an den Abfallerzeuger gerichtet sind, sodass er ohne weiteres in der Lage ist, evtl. aus §§ 43 Abs. 1, 46 Abs. 1 KrW-/AbfG folgende Pflichten zu erfüllen.

III.

Die Berufung war gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Rechtsmittelverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Frage des materiellen oder formellen Rechts aufwirft, die über ihre Bedeutung für den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Auslegung und Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Juni 1997 - 11 B 1136/97, in: NVwZ 1998, 306; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Februar 1998 - 18 B 286/98.

Die Frage, ob der Abfallentsorger neben dem Abfallerzeuger befugt ist, gegen die Versagung der Bestätigung des Entsorgungsnachweises vorzugehen, ist für die Zulässigkeit der Klage entscheidend und kann über den Einzelfall hinaus in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden. Eine obergerichtliche Klärung der Frage hat - wie dargelegt - erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für die Abfallentsorger.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 und 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.