OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.07.2002 - 13 B 1186/02
Fundstelle
openJur 2011, 18016
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Rechtszüge auf jeweils 6.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO i.d.F.d. RmBereinVpG nur im Rahmen der von der Antragstellerin dargelegten Gründe. Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit dem Ziel, der Antragsgegnerin die Erteilung eines Feststellungsbescheides über die Aufnahme des Krankenhauses der Beigeladenen mit einer Fachabteilung für Hämatologie mit 20 Betten zu untersagen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Der Antrag hat schon deshalb keinen Erfolg, weil bereits aus gegenwärtiger Sicht ein Sicherungsbedürfnis der Antragstellerin für einen eventuellen eigenen inhaltsgleichen Planaufnahmeanspruchs für ihr Krankenhaus oder einen Anspruch auf fehlerfreie Auswahl unter mehreren insoweit qualifizierten, d.h. leistungsfähigen, bedarfsgerechten, eigenverantwortlich und kostengünstig wirtschaftenden Krankenhäusern, nicht bejaht werden kann.

Es spricht nämlich bei realistischer Beurteilung der prozessualen Situation sehr viel dafür, dass der von der Antragstellerin geltend gemachte Planaufnahmeanspruch jedenfalls künftig nicht durchsetzbar ist und für ein solches lediglich theoretisches Recht eine Sicherung durch Untersagung der Planaufnahme des Krankenhauses der Beigeladenen nicht erforderlich ist. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 31. Januar 2001 - 3 K 4579/98 - erkannt, dass die Antragsgegnerin - Beklagte jenes Verfahren - zur Bescheidung des Planaufnahmeantrages der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet sei, ein - direkter - Planaufnahmeanspruch der Antragstellerin jedoch nicht bestehe und die Antragsgegnerin im Wege einer Ermessensentscheidung unter den insoweit Planaufnahme begehrenden grundsätzlich qualifizierten Krankenhäusern einschließlich des Krankenhauses der Antragstellerin das geeignetste auszuwählen habe. Das Verwaltungsgericht hat hingegen nicht feststellen können, dass das Ermessen der Antragsgegnerin dahin reduziert sei, dass das Krankenhaus der Antragstellerin als das geeignetste auszuwählen sei.

Die Antragsgegnerin führt gegen das o.a. Urteil, soweit es sie beschwert, Berufung vor dem erkennenden Gericht - 13 A 1172/01 -; die Antragstellerin hat, soweit sie beschwert ist, insoweit "unselbständige" Anschlussberufung eingelegt. Die Antragsgegnerin wird ihrer durch das erstinstanzliche Urteil ausgesprochenen Verpflichtung spätestens mit Zugang des beabsichtigten Feststellungsbescheids zu Gunsten der Beigeladenen nachgekommen sein, womit ihre Berufung erledigt sein und aller Voraussicht nach von ihr beendet werden wird. Damit wird aber zugleich auch die Anschlussberufung der Antragstellerin beendet sein. Dies hat zur Folge, dass ein Planaufnahmeanspruch der Antragstellerin rechtskräftig versagt sein wird und auch ihr Vortrag abgeschnitten sein wird, ihr Krankenhaus sei das geeignetere, weil es über qualifizierte Fachkräfte verfüge, woraus unter Reduzierung des Ermessens der Antragsgegnerin ihr Planaufnahmeanspruch folge. In dieser Situation ist eine Sicherungsbedürftigkeit des weiter verfolgten Planaufnahmeanspruchs der Antragstellerin nicht mehr zuzuerkennen.

Überdies ist bei der im vorliegenden Verfahren gegebenen Prüfungsdichte auch unter Berücksichtigung der Darlegungen der Antragstellerin eine Reduzierung des Auswahlermessens der Antragsgegnerin im Sinne des Planaufnahmebegehrens der Antragstellerin nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat die Auswahl zugunsten des Krankenhauses der Beigeladenen unter anderem deshalb getroffen, weil dieses Krankenhaus im Vergleich mit dem der Antragstellerin über das günstigere Disziplinenspektrum verfügt. Hierbei handelt es sich um einen sachlichen, aus gegenwärtiger Sicht nicht zu beanstandenden Gesichtspunkt. Demgegenüber ist der Einwand der Antragstellerin, ihr Krankenhaus verfüge anders als das der Beigeladenen bereits über eine hochkompetent besetzte Abteilung für die Behandlung hämatologischer Erkrankungen und behandele nachweislich die größere Zahl von Patienten mit onkologischen Erkrankungen in der Gynäkologie und in der Strahlentherapie, nicht geeignet, allein ihr Krankenhaus als das der Landeskrankenhausplanung am besten gerecht werdende darzustellen. Dieser Gesichtspunkt kann schon deshalb kein durchschlagendes Gewicht beanspruchen, weil nach einer Planaufnahme des konkurrierenden Krankenhauses auch dieses die Möglichkeit hat, eine grundsätzlich gleichqualifizierte Abteilung wie die im Krankenhaus der Antragstellerin aufzubauen, und ihm nicht negativ angelastet werden kann, was betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, nämlich mit dem kostenintensiven Aufbau einer solchen Abteilung erst nach gesicherter Planaufnahme zu beginnen. Zudem kann ein Krankenhausträger nicht durch Schaffung vollendeter Tatsachen die Planungsbehörde in ihrem Ermessen vorab festlegen und unterfällt es seinem Risikobereich, wenn er in Kenntnis des Zusammenspiels zwischen der Krankenhausplanung nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und der GKV-Versorgung nach dem Sozialgesetzbuch V eine Klinik oder Abteilung ohne vorherige Planaufnahme oder Abstimmung mit der Krankenhausplanungsbehörde aufbaut und unterhält; die auf einen solchen Betrieb gründende Grundrechtsposition ist weniger gewichtig.

Vgl. hierzu auch Beschluss des Senats vom 10. Juni 2002 - 13 B 568/02 -.

Dass das von der Antragsgegnerin zur Planaufnahme ausersehene Krankenhaus der Beigeladenen im Gegensatz zu dem der Antragstellerin über keine urologische Abteilung verfügt, ist ebenfalls kein Gesichtspunkt, der zwingend zur besseren Eignung des letzteren Krankenhauses führt, weil aus dem insgesamt zahlenmäßig größeren Krankengut des ersteren Krankenhauses - das ebenfalls auf umfangreiche Behandlungsfälle in der internistischen Onkologie und Hämatologie und auch bei bösartigen Neubildungen an den männlichen Geschlechtsorganen verweisen kann - ein Ausgleich an hämatologischen Behandlungsfällen für aus einer nicht vorhandenen Urologie nicht rekrutierende Fälle erwartet werden kann.

Schließlich wäre selbst ein einmal unterstellter Planaufnahmeanspruch der Antragstellerin auch nicht sicherungsbedürftig. Ein die Planaufnahme anstrebendes qualifiziertes Krankenhaus hat nämlich nach der Rechtsordnung grundsätzlich die Möglichkeit, seinen Planaufnahmeanspruch unabhängig von einem die Planaufnahme eines konkurrierenden Krankenhauses feststellenden Bescheid gerichtlich weiter zu verfolgen. Die Planaufnahme eines konkurrierenden Krankenhauses führt nicht zur Verneinung der Bedarfsgerechtigkeit des ebenfalls Planaufnahme verfolgenden anderen Krankenhauses. Bedarfsgerecht ist ein Krankenhaus, das nach Fachrichtung, Größe, Konzeption, Ausstattung usw. grundsätzlich in der Lage ist, einen bestehenden Bedarf nach klinischen Betten - ggf. gemeinsam mit anderen Krankenhäusern - zu decken. Diese Eigenschaft entfällt nicht durch die Planaufnahme eines anderen Krankenhauses. Andernfalls hätten in den Plan nicht aufgenommene, aber dafür qualifizierte Krankenhäuser nie eine Auswahlchance, was verfassungsrechtlichen Bedenken unterläge.

Soweit das Bundessozialgericht einen Anspruch eines Krankenhauses auf Abschluss eines Versorgungsvertrages verneint, wenn der Bedarf gedeckt und das Krankenhaus deshalb für eine bedarfsgerechte stationäre Behandlung der GKV- Versicherten nicht erforderlich ist,

vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2000 - B 3 KR 20/99/ R -, Urteil vom 19. November 1997 - 3 RK 6/96 -, MedR 1999, 43, Urteil vom 29. Mai 1996 - 3 RK 23/95 -, BSGE 78, 233,

findet das seine Rechtsgrundlage in §§ 108, 109 SGB V und ist das nicht auf die Grundsätze der Aufnahme in den Landes-Krankenhausplan nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und dem Landes-Krankenhausgesetz übertragbar.

Vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. November 2001 - 9 S 1572/01 - (den Parteien bekannt).

Jene abweichende Sichtweise rechtfertigt sich bereits daraus, dass die Ziele des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und des Sozialgesetzbuches V nicht identisch sind, der Abschluss eines Versorgungsvertrages ein anderes Institut der Mitwirkung eines Krankenhauses an der gesetzlichen Krankenversorgung als die Aufnahme in den Landes-Krankenhausplan darstellt und die vertraglich begründete Mitwirkung eines Vertragskrankenhauses bei eingetretener Bedarfsüberdeckung nicht jederzeit wie nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz im Wege der Fortschreibung des Krankenhausplans korrigiert werden kann.

Stellte sich deshalb auf eine Verpflichtungsklage des erfolglosen Planaufnahme begehrenden qualifizierten Krankenhauses heraus, dass dieses und nicht das zuvor durch Feststellungsbescheid planaufgenommene Krankenhaus als das geeignetste hätte ausgewählt werden müssen, wäre die zuständige Behörde zum Erlass eines die Planaufnahme des klagenden Krankenhauses feststellenden Bescheids zu verpflichten, selbst wenn dies zu einer Bedarfsüberdeckung führen sollte.

Vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. November 2001 - 9 S 1572/01 -.

Zwar ist absehbar, dass die Antragstellerin ihren weiter verfolgten Planaufnahmeanspruch in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht mit Erfolg wird durchsetzen können, weil mit Erledigung der Berufung der Antragsgegnerin im Verfahren 13 A 1172/01 OVG NRW ihrem in der Anschlussberufung anhängigen Verpflichtungsbegehren auf Planaufnahme die Entscheidungsgrundlage entzogen und die diesbezügliche erstinstanzliche Klageabweisung rechtskräftig werden wird. Doch war der Antragstellerin in jenem Hauptsacheverfahren grundsätzlich die Weiterverfolgung ihres Verpflichtungsbegehrens unter Beachtung der Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung, insbesondere des § 67 Abs. 1 VwGO, in einem selbständigen Berufungszulassungsverfahren und danach in einer selbständigen Berufung möglich. Dies hat die Antragstellerin jedoch versäumt, was ihrer Verantwortung unterfällt. Im Ergebnis hat sie damit ihren verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz hinsichtlich der von ihr beanspruchten Auswahl als das am besten geeignete Krankenhaus auf eine Instanz beschränkt, so dass der von ihr gleichwohl weiter verfolgte Auswahlanspruch nicht deshalb sicherungsbedürftig ist, weil er vom Verwaltungsgericht versagt worden ist und dies absehbar rechtskräftig werden wird.

Auf die Frage, ob die Antragstellerin den angekündigten Feststellungsbescheid zu Gunsten des Krankenhauses der Beigeladenen anfechten und insoweit vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 80, 80 a VwGO erlangen könnte, so dass ihr für einen Antrag nach § 123 VwGO, wie das Verwaltungsgericht meint, bereits das Rechtsschutzbedürfnis oder der Anordnungsgrund fehlte, kommt es zwar nicht an. Doch sei auf folgendes hingewiesen: Eine Auswahlentscheidung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG zu Gunsten des einen von mehreren konkurrierenden Krankenhäusern hat keine Rechtswirkung gegenüber dem nicht ausgewählten Krankenhaus. Dieses kann, wie ausgeführt, seinen Auswahlanspruch gerichtlich weiterverfolgen. Die Planungsbehörde ist selbst bei Bedarfsüberdeckung nicht gezwungen, das andere Krankenhaus erst dann in den Krankenhausplan aufzunehmen, wenn das erstere aus dem Plan herausgenommen ist. So gesehen handelt es sich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung und liegt nicht etwa die Situation einer Konkurrentenklage vor, in der mit der Besetzung einer Stelle deren weitere Besetzung ausscheidet und der Auswahlanspruch des erfolglosen Konkurrenten zwingend untergeht. Ausgehend vom Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 KHG verfolgen diese Regelungen jedenfalls nicht den Schutz des Planaufnahmeinteresses des jeweiligen Krankenhauses, sondern allenfalls seines Interesses an ermessensfehlerfreier Auswahl unter grundsätzlich qualifizierten Krankenhäusern. Dieses letztere Interesse ist nur schutzwürdig, wenn das erfolglose Krankenhaus geltend machen kann, "den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht" zu werden und im Wege einer Ermessensreduzierung ein Recht auf Planaufnahme zu haben. Mit einer isolierten Aufhebung der zu Gunsten des anderen Krankenhauses erfolgten Planaufnahme im Wege der Anfechtungsklage und mit einer Aussetzung des Feststellungsbescheides nach §§ 80, 80a VwGO wäre dem erfolglosen Krankenhaus und, wegen der infolge dessen langjährigen Unterversorgung an Betten, auch den öffentlichen Interessen nicht gedient. Vielmehr erscheint lediglich das im Wege der Verpflichtungsklage zu verfolgende durch Ermessensreduzierung erstarkte Recht des erfolglosen Krankenhauses auf Planaufnahme schutzbedürftig. Ein solches Recht ist jedoch nicht vorläufig sicherungsfähig im Wege des Verfahrens nach §§ 80, 80a VwGO, sondern im Wege des § 123 VwGO. Insoweit erscheint ein Rechtsschutzbedürfnis des erfolglosen Krankenhauses für den vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Weg zumindest zweifelhaft.