OLG Köln, Beschluss vom 15.10.2014 - 13 U 55/14
Fundstelle
openJur 2016, 10507
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 10 O 493/13
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 8.4.2014 (10 O 493/13) wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin schloss mit der Beklagten im Jahre 2010 zwei Bausparverträge ab, über deren Auslegung - konkret hinsichtlich der Frage, ob die Beklagte zur Entgegennahme monatlicher Zahlungen in Höhe von mehr als jeweils 1400 € verpflichtet ist - die Parteien streiten. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, Zahlungen i.H.v. 4250 € - wie sie ab Vertragsbeginn im Mai 2010 im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgt sind - zurückzuweisen, soweit sie den Betrag von 1400 € übersteigen. Das ergebe sich daraus, dass die Bausparverträge auf der Grundlage eines ihr, der Klägerin, unter dem 6.5.2010 unterbreiteten Vertragsangebotes geschlossen worden seien und nach den wirksam in die Verträge einbezogenen Allgemeinen Bausparbedingungen nur hinsichtlich der Entgegennahme von Sonderzahlungen ein Zustimmungsvorbehalt zu Gunsten der Beklagten bestehe. Bei den in Rede stehenden Zahlungen handele es sich aber nicht um Sonderzahlungen in diesem Sinne, sondern um höhere Sparbeiträge, die die Beklagte entgegenzunehmen verpflichtet sei.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 8.4..2014, auf das wegen der Einzelheiten der Feststellungen zum erstinstanzlichen Parteivortrag, der in erster Instanz gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO), als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Höhe des Regelsparbeitrages, den die Beklagte ohne gesondertes Zustimmungserfordernis entgegennehmen müsse, aus den Bausparurkunden und den allgemeinen Bausparbedingungen ergebe. Dort sei jedoch stets nur von einem Sparbeitrag i.H.v. 1400 €, nicht jedoch von einem solchen i.H.v. 4250 € die Rede. Dieser höhere Betrag werde in den Bausparverträgen lediglich im Rahmen der erteilten Einzugsermächtigung erwähnt und stelle deshalb - soweit er den Betrag von 1400 € übersteige - eine Sonderzahlung dar, deren Entgegennahme nach den allgemeinen Bausparbedingungen von einer Zustimmung der Beklagten abhänge, die diese in zulässiger Weise ab April 2013 verweigert habe.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Feststellungsantrag weiter. Sie rügt, dass das Landgericht den streitgegenständlichen Sachverhalt nicht zutreffend erfasst habe. Es sei nicht lediglich zwischen dem Regelsparbeitrag und Sonderzahlungen zu unterscheiden, sondern darüber hinaus - wie sich aus den Bausparurkunden ergebe - auch die Kategorie der höheren Sparbeiträge zu berücksichtigen, die schon begrifflich keine Sonderzahlungen seien und zu deren Entgegennahme die Beklagte unbefristet verpflichtet sei, weil sich aus den allgemeinen Bausparbedingungen eindeutig ergebe, dass nur Sonderzahlungen von der Zustimmung der Beklagten abhängig seien. Soweit nach den jeweiligen Bausparurkunden das Zustimmungserfordernis auch für solche Zahlungen gelten solle, die - wie die streitgegenständlichen - als höhere Sparbeiträge zu qualifizieren seien, sei dies zwischen den Parteien nicht wirksam vereinbart worden, weil es sich insoweit um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c BGB bzw. um eine gemäß § 307 Abs. 1 BGB den Bausparer unangemessen benachteiligende Regelung handele. Bei richtiger Bewertung sei die Beklagte also auch in Zukunft zur Entgegennahme der seit dem Vertragsschluss eingezogenen monatlichen Beträge verpflichtet. Das ergebe sich im Übrigen auch daraus, dass das Angebot vom 6.5.2010 Grundlage der Vertragsverhandlungen und eine Zahlung in dieser Höhe Vertragszweck gewesen sei, der in den Verhandlungen auch deutlich zum Ausdruck gebracht worden sei.

Die Klägerin beantragt,

in Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Aachen vom 8.4.2014 (10 O 493/13)

1.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die gesamte Dauer der Bausparverträge mit den Nummern 5xx07xx9 und 5xx07xx5 monatliche Sparbeiträge in Höhe von jeweils 4250 € entgegenzunehmen.

2.

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Nebenforderung außergerichtliche Kosten i.H.v. 2118,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 25.10.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Berufung auf ihre bereits erstinstanzlich vorgetragenen rechtlichen Ausführungen. Nach ihrer Auffassung ist ein monatlicher Regelsparbeitrag i.H.v. 1400 € Vertragsinhalt geworden. Maßgeblich sei insoweit lediglich das jeweilige Vertragsangebot der Klägerin vom 12.5.2010 und ihre Annahmeerklärung vom 20.5.2010, mit der - in der jeweiligen Bausparurkunde - der insoweit maßgebliche Regelungsgehalt des Vertrages nochmals unmissverständlich festgestellt werde. Die vertragliche Regelung sei auch keineswegs überraschend oder habe eine die Klägerin unangemessen benachteiligende Wirkung. Der Umstand, dass seitens der Klägerin eine Einzugsermächtigung über einen höheren Betrag erteilt worden sei, ändere an der Eindeutigkeit der vertraglichen Regelung nichts. Das gelte schon deshalb, weil Akzeptanz und Ausübung einer solchen Einzugsermächtigung nicht die Erklärung enthielten, den dort genannten Betrag unwiderruflich und auf Dauer entgegenzunehmen bzw. dazu verpflichtet zu sein. Auch der zeitweiligen Entgegennahme des höheren Betrages könne keine dahingehende konkludente Vereinbarung entnommen werden, weil sie, die Beklagte, als Bausparkasse ein in der Natur der Sache begründetes Entscheidungsrecht über die Annahme von Sonderzahlungen habe. Das sei der Klägerin insbesondere auch aufgrund personeller Verflechtungen zwischen ihr und der Versicherungsagentur, die die streitgegenständlichen Verträge vermittelt habe, bekannt.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung unterliegt der Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO.

1.

Die Berufung der Beklagten ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 2.9.2014, die trotz der dagegen erhobenen Einwendungen die Zurückweisung der Berufung tragen.

Auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Klägerin im Schriftsatz vom 30.9.2014 zu den Umständen, unter denen die beiden streitgegenständlichen Bausparverträge zustande gekommen sein sollen, hat es dabei zu verbleiben, dass für die Bestimmung des Vertragsinhaltes allein der Antrag auf Abschluss eines Bausparvertrages vom 12.5.2010 und die Annahmeerklärung der Beklagten vom 20.5.2010 maßgeblich sind. Schon nach dem bisherigen Vortrag der Klägerin gab es vor dem Vertragsschluss Verhandlungen, in deren Verlauf der Klägerseite die Bausparberechnung vom 6.5.2010 (GA 8f) übermittelt worden ist. Das ändert aber nichts daran, dass diese auch dann, wenn der erläuternde Sachvortrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 30.9.2014 zugrundegelegt wird, nicht Inhalt der letztlich abgeschlossenen Verträge geworden ist. Soweit es für die Klägerin "klar" war, dass sie sich "für eines der Vertragsangebote, die mit der Mail vom 6.5.2010 übersandt worden sind, endgültig entscheiden kann und letztlich dieses Angebot dann auch so vertraglich umgesetzt wird" (S. 4 des genannten Schriftsatzes) bzw. die Klägerin sich "dann für die Annahme des Angebotes der Variante 3 vom 6.5.2010 entschieden" hat (S. 5 des genannten Schriftsatzes), betrifft dies allein die interne Willensbildung auf Seiten der Klägerin. Ein entsprechender Vertragsschluss und -inhalt lässt sich daraus - für sich genommen - nicht herleiten.

Die weitere Behauptung, der von der Klägerin so bezeichnete "Vermittler", der Zeuge Legler, habe die Beklagte vor dem Ausfüllen des Antrags auf Abschluss eines Bausparvertrages (GA 10) telefonisch darüber informiert, "dass sich die Klägerin für die Annahme des Angebots vom 6.5.2010 entschieden hat", führt zu keinem anderen Ergebnis. Anders als die Klägerin meint, ist auch aufgrund dieser (unterstellten) telefonischen Information nicht ein entsprechender Bausparvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen. Die - nicht unterzeichnete - Bausparberechnung der Beklagten vom 6.5.2010 stellt schon - wie der Senat in Abgrenzung zu seinen Ausführungen im Hinweisbeschluss klarstellt - kein Angebot zum Abschluss eines Bausparvertrages dar, denn sie ist der Klägerin erkennbar nur als bloßes Berechnungsbeispiel, nicht aber als bereits verbindliches Vertragsangebot übersandt worden. Das ergibt sich schon daraus, dass das Schriftstück vom 6.5.2010 nicht einmal einen konkreten Vertragsbeginn, sondern auf S. 1 oben lediglich einen Berechnungsbeginn ("Beginn Berechnung Monat/Jahr) ausweist und der Berechnung im Übrigen bloße Unterstellungen zugrunde liegen (S. 2: "...In der vorliegenden Berechnung haben wir unterstellt, dass ein Freistellungsauftrag ...vorliegt".). Die Bausparverträge sollten ersichtlich erst - schriftlich - durch Unterzeichnung der jeweiligen Antragsformulare der Beklagten zustande kommen. Dies folgt letztlich aus dem eigenen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 30.9.2014 (S. 5 - GA 216), wonach der Mitarbeiter Holzbrecher der Beklagten den Vermittler Legler anlässlich des Telefonats darum gebeten hat, die Antragsformulare - wie in der Folgezeit geschehen - vom Vorstand der Klägerin unterzeichnen zu lassen und der Beklagten zu übersenden. Vor diesem Hintergrund haben die Parteien eine konkludente Schriftformabrede getroffen, die bei - wie hier - wichtigen und langfristigen Verträgen ohnehin widerleglich zu vermuten ist (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl. § 154 Rz. 4 m.w.N.) und die die Wirksamkeit etwa mündlich getroffener Vereinbarungen nach Maßgabe des § 154 Abs. 2 BGB ausschließt. Das - von der Klägerin selbst ausgefüllte (GA 216) - Vertragsformular vom 12.05.2010 enthält aber - wie dargelegt - einen Regelsparbeitrag in Höhe von nur 1.400,00 €. Dass es sich dabei - wie die Klägerin meint - lediglich um die "weitere vertragliche Umsetzung" der zuvor angeblich zustande gekommenen Einigung gehandelt habe, ist angesichts der offenkundigen Abweichungen zwischen den behaupteten mündlichen Absprachen und der Bausparurkunde - unabhängig von der Rechtsfolge des § 154 Abs. 2 BGB - nicht nachvollziehbar und aus Sicht des Senats ausgeschlossen. Deshalb kommt es auch nicht mehr entscheidend darauf an, dass in der vorgelegten Bausparberechnung nicht von einem "Regelsparbeitrag", sondern von einem "monatlichen Sparbeitrag" die Rede ist, sich dem Angebot also eine Unterscheidung zwischen Zahlungen, die die Beklagte entgegenzunehmen verpflichtet war und zustimmungspflichtigen Sonderzahlungen nicht entnehmen läßt.

2.

Wie ebenfalls im Hinweisbeschluss des Senats ausgeführt, hat die Sache auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.

3.

Schließlich erscheint auch eine mündliche Verhandlung angesichts des gegebenen Sach- und Streitstands und der relevanten rechtlichen Fragen nicht geboten, so dass die Berufung - wie bereits im Beschluss vom2.9.2014 angekündigt - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen ist.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 2 iVm § 711 ZPO.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren - und für das erstinstanzliche Verfahren - wird auf 100.327,52 € festgesetzt.