LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.07.2016 - L 5 KR 4217/14
Fundstelle
openJur 2016, 9963
  • Rkr:

Die (ambulante) Behandlung des Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs (AEG-Karzinom) durch (Elektro-)Hyperthermie und Tymustherapie in Kombination mit (schulmedizinischer) Chemotherapie ist vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen - auch unter Berücksichtigung der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs - nicht umfasst. Die Krankenkassen müssen ihren Mitgliedern die für die Beschaffung dieser Behandlung als privatärztliche Leistung entstehenden Kosten daher nicht erstatten.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.07.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Krebstherapie mit Hyperthermie, Vitamin-C-Infusionen und Thymuspräparaten.

Die Klägerin ist (neben ihrer Tochter) als Witwe (Gesamt-)Rechtsnachfolgerin (Erbin zu je ½ - Erbschein des Notariats S. vom 05.03.2013) des 1977 geborenen und am 30.01.2013 verstorbenen D. J. (im Folgenden: Versicherter). Sie hat zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten mit diesem in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Der Versicherte war bei der Sch. H. V. AG krankenversichert. Für die Leistungserbringung in Deutschland war die Beklagte zuständig.

Am 14.11.2011 diagnostizierte der Onkologe Dr. B. bei dem Versicherten ein fortgeschrittenes Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs (AEG-Karzinom) mit Leber- und Lymphknotenmetastasen (Arztbrief vom 18.11.2011). Am 23.11.2011 stellte sich der Versicherte zur Einholung einer Zweitmeinung im Klinikum r. der I. in M. vor. Dort wurde ihm wegen Inoperabilität des Tumors eine Chemotherapie nach dem PLF-Schema (Leukovorin, 5-FU sowie Cisplatin) empfohlen (Arztbrief vom 24.11.2011). Die Chemotherapie wurde im Dezember 2011 im H.-B.-Klinikum, S., aufgenommen (Arztbrief vom 21.12.2011).

Mit Schreiben vom 03.12.2011 beantragte der Versicherte die Übernahme der Kosten einer Hyperthermie-Behandlung. Da bei ihm wegen des fortgeschrittenen Stadiums der Krebserkrankung Aussicht auf Heilung nicht bestehe, habe ihm sein behandelnder Hausarzt Dr. Dr. R. die Durchführung einer Hyperthermie-Behandlung begleitend zur (schulmedizinischen) Chemotherapie angeraten. Dadurch sollten seine Beschwerden gelindert und sein Wohlbefinden solle aufrechterhalten werden. Dr. Dr. R. halte es auch für möglich, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen oder zumindest für einige Zeit aufzuhalten. Zur Stärkung des Immunsystems solle zusätzlich eine Thymus- und eine Misteltherapie durchgeführt werden.

Am 06.12.2011 nahm der Versicherte die ambulante Hyperthermie-Behandlung bei Dr. Dr. R. auf. Die Hyperthermie-Anwendung wurde vom 01.02.2012 bis 10.02.2012 und vom 03.07.2012 bis 11.07.2012 stationär in der B.-Klinik, Bad B., und im Übrigen ambulant in der F., F., und bei Dr. Dr. R. fortgeführt. In der F. ist der Versicherte darüber aufgeklärt worden, dass die lokoregionäre Tiefenhyperthermie als experimentelle Therapie von der Leistungspflicht der Krankenkassen nicht umfasst ist; ein entsprechendes Aufklärungsformular unterzeichnete der Versicherte am 03.04.2012. Die Hyperthermie-Behandlung wurde bis zum August 2012 durchgeführt. Bereits am 18.11.2011 hatte der Versicherte bei Dr. Dr. R. die (zusätzliche) Behandlung mit Thymuspräparaten aufgenommen. Ab 01.06.2012 wurden ihm von Dr. Dr. R. außerdem Vitamin-C-Infusionen verabreicht.

Dr. Dr. R. und Dr. H., F., stellten dem Versicherten für die als privatärztliche Leistungen erbrachte Hyperthermie-Behandlung, die Behandlung mit Thymuspräparaten und mit Vitamin-C- bzw. Seleninfusionen von November 2011 bis September 2012 Kosten von insgesamt 4.963,75 EUR bzw. 2.925,00 EUR und 220,14 EUR (Gesamtbetrag 8.108,89 EUR) in Rechnung (Rechnungen vom 27.12.2011, 03.04.2012, 09.05.2012, 05.06.2012, 02.07.2012, 13.08.2012 und 27.09.2012). Die Rechnungen sind bezahlt worden.

Mit Schreiben vom 22.12.2011 forderte die Beklagte den Versicherten auf, ihr weitere Informationen zur Hyperthermie-Behandlung von seinem behandelnden Arzt zukommen zu lassen.

Mit Bescheid vom 22.12.2011, der keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Thymus-Therapie ab. Diese gehöre nicht zum Leistungskatalog der Krankenkassen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe die Thymustherapie noch nicht bewertet.

Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) zur Hyperthermie-Behandlung des Versicherten.

Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 27.01.2012 führte Dr. W. aus, nach Feststellung primärer Inoperabilität der Krebserkrankung des Versicherten sei eine Chemotherapie eingeleitet und es sei ein Stent (Speiseröhre) gelegt worden. Die Hyperthermie solle die Tumorzellen durch „Hitzestress“ empfindlicher gegenüber natürlichen Abbauprozessen oder der Strahlen- und Chemotherapie machen. Sie stelle keine Standardbehandlung dar. Der GBA habe sich mit der Krebsbehandlung durch Hyperthermie am 18.01.2005 befasst und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Stellenwert dieser Therapieform bei der Behandlung des Mammakarzinoms im Vergleich zu Standardtherapien (Operation, Strahlen- und Chemotherapie sowie Hormontherapie) noch unklar sei. Keine der unterschiedlichen Methoden der Hyperthermie sei bisher ausreichend standardisiert in Bezug auf Temperatur, Einwirkdauer usw. Die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aufgestellten Voraussetzungen für die grundrechtsorientierte (erweiternde) Auslegung des Leistungskatalogs (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, in juris) seien vorliegend nicht erfüllt. Empfohlen werde die Anwendung der leitliniengerechten Therapie durch Onkologen bzw. Gastroenterologen.

Mit Bescheid vom 02.02.2012, der ebenfalls keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Hyperthermie-Behandlung des Versicherten ab.

Der Versicherte legte den Arztbrief des Onkologen Dr. St. (H.-B.-Klinikum) vom 01.02.2012 vor. Darin ist ausgeführt, die Krebserkrankung des Versicherten werde derzeit mit Chemotherapie und simultan mit Hyperthermie behandelt. Die computertomographische Zwischenuntersuchung vom 26.01.2012 habe eine Größenrückbildung des Primärtumors, der regionären Lymphknotenmetastasen und eine zunehmende Einschmelzung der Leberherde (Tumornekrosen) ergeben. Korrelierend hiermit sei der Tumormarker CEA rückläufig (Therapiebeginn 1.416, maximal 1.856, aktuell 343 ng/ml). Zusammenfassend habe durch die aktuelle Therapie ein Ansprechen am Verlauf des Tumormarkers und bildgebend im CT dokumentiert werden können. Die Anpassung der Chemotherapie erfolge in Absprache mit Dr. Dr. R., wobei konkret die Oxaliplatindosis auf 66 % der Standarddosierung zurückgenommen worden sei. Dadurch sei die chemotherapeutische Behandlung nebenwirkungsärmer und es bestehe im Prinzip die Möglichkeit einer Behandlungsverlängerung, sofern auch im weiteren Verlauf eine Tumorrückbildung erreicht werden könne.

Die Beklagte befragte erneut den MDK. In der Sozialmedizinischen Fallberatung (nach Aktenlage) vom 09.03.2012 führte Dr. W. aus, aus dem Arztbrief des Dr. St. vom 01.02.2012 gehe nicht hervor, ob der Rückgang des Primärtumors und der Metastasen Folge der Hyperthermie oder der Kombination aus Chemotherapie und Hyperthermie sei. Möglicherweise handele es sich auch um einen Effekt, der allein von der Chemotherapie ausgehe. Es bleibe bei der Einschätzung im MDK-Gutachten vom 27.01.2012.

Mit Bescheid vom 12.03.2012 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Hyperthermie-Behandlung des Versicherten erneut ab.

Am 16.03.2012 erhob der Versicherte Widerspruch. Wie aus dem Arztbrief des Dr. St. vom 01.02.2012 hervorgehe, habe die Hyperthermie-Behandlung bei ihm eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

Der Versicherte legte den Arztbrief des Dr. St. vom 19.03.2012 (mit Bericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis S. vom 16.03.2012) vor. Darin heißt es, bei guter Verträglichkeit habe unter der Chemotherapie nach dem FLOT-Protokoll in Kombination mit einer Hyperthermie-Behandlung ein sehr erfreuliches Therapieansprechen erreicht werden können. Am eindrucksvollsten zeige sich dies am Abfall des Tumormarkers CEA von max. 1.856 auf zuletzt 22 ng/ml. Auch in der bildgebenden Diagnostik mit CT-Abdomen nach 4 Zyklen Chemotherapie (einschmelzende Lebermetastasen) sowie nach 8 Zyklen (Größenregression > 50%, Referenzmetastase Segment V von 2,5 cm auf 1 cm) habe das Tumoransprechen bildmorphologisch dokumentiert werden können. In der ÖGD sei kein Primärtumor mehr nachweisbar. Man habe dem Versicherten vorgeschlagen, die Oxaliplatindosis, die vorübergehend (in den Chemotherapie-Zyklen 5 bis 7) auf 75 % erhöht worden sei, wieder auf 65 % (wie in den Zyklen 1 bis 4) zu reduzieren. Darunter sei unter der Hyperthermie ein optimales Therapieansprechen evaluiert worden. Durch die Oxaliplatin-Reduktion habe die Chemotherapie bisher nicht zu klinischen Zeichen einer Polyneuropathie geführt.

Die Beklagte befragte erneut den MDK, auch zur beim Versicherten angewandten Thymustherapie. Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 28.03.2012 führte der Arzt E. aus, die Krebsbehandlung durch Hyperthermie sei Gegenstand der medizinischen Forschung. Ein Wirksamkeitsnachweis stehe allerdings weiterhin aus. Die Behandlung mit Hyperthermie im Rahmen klinischer Studien wäre möglich, regelmäßig als stationäre oder teilstationäre Behandlung unter kontrollierten Bedingungen, einschließlich Temperaturmessung im Tumorbett. Außerhalb klinischer Studien könne die Übernahme der Kosten für eine Hyperthermie-Behandlung ohne kontrollierte Bedingungen jedoch nicht befürwortet werden. Thymus-Lysate seien als Wirkstoff lediglich als nicht-rezeptpflichtige, homöopathische Arzneimittel auf dem Markt. Diese könnten zulasten der Krankenkassen nicht verordnet werden.

Mit Schreiben vom 30.03.2012 teilte die Beklagte dem Versicherten (u.a.) mit, die Kosten der Thymustherapie und der Hyperthermie könnten nicht übernommen werden.

Im weiteren MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 11.05.2012 führte der Arzt E. ergänzend aus, Studien, aus denen sich eine verlängerte Überlebenszeit von Krebspatienten durch Thymustherapie ableiten lasse, seien bei der Literaturrecherche nicht gefunden worden. Die Ausschöpfung der Standardtherapie beim Versicherten sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. Für die Thymustherapie finde sich keine Empfehlung in den Leitlinien. Als Alternative stehe dem Versicherten die leitliniengerechte onkologische und gastroenterologische Behandlung zur Verfügung.

Mit Schreiben vom 18.05.2012 beantragte der Versicherte die Übernahme der Kosten für die Behandlung mit Selen- und Vitamin-C-Infusionen. Mit Bescheid vom 21.06.2012 lehnte die Beklagte (auch) diesen Antrag ab. Am 19.07.2012 legte der Versicherte dagegen Widerspruch ein.

Mit Schreiben vom 29.06.2012 lehnte die H. V. AG die Übernahme von Behandlungskosten für den Versicherten ab.

Die Beklagte befragte erneut den MDK. Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 21.08.2012 führte Dr. B.-N. (zur Misteltherapie) aus, bei dem Medikament Helixor P (wässriger Auszug aus Kiefernmistel) handele es sich um ein apothekenpflichtiges, aber nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Nach Maßgabe der Arzneimittelrichtlinien (AMR) könnten Mistelpräparate aperenteral auf Mistellektin normiert nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität zulasten der Krankenkassen eingesetzt werden. Helixor sei, ebenso wie andere Mistelpräparate der anthroposophischen Medizin, nicht auf Mistellektin normiert. Hintergrund sei, dass für die Behandlung aus anthroposophischer Sicht nicht der exakte Wirkstoffgehalt an Mistellektin, sondern der gesamte Gehalt des Mistelextraktes wichtig sei. Sowohl für allopathische, phytotherapeutische, nicht verschreibungspflichtige Mistelpräparate, wie Cefalektin, Eurixor und Lektinol, als auch für die anthroposophischen Mistelpräparate, wie Helixor, Abnoba viscum, Iscador, gelte, dass diese Arzneimittel bei malignen Tumoren für die palliative Therapie zulasten der Krankenkassen verordnet werden dürften. Das vom Versicherten begehrte Medikament sei daher zu gewähren.

Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 22.08.2012 führte Dr. B.-N. (zur Hyperthermie- und Thymusbehandlung) aus, zu den Hyperthermie-Verfahren gehörten verschiedene Methoden, die eine lokale, regionale oder systemische Erwärmung des Körpers über die normale Körpertemperatur hinaus erzeugten. Die Wirksamkeit der Hyperthermie werde auf molekulare und physiologische Effekte von Wärme auf Zell- und Gewebeebene zurückgeführt. Dabei werde u.a. eine Sensibilisierung von Tumorzellen gegenüber der Radiotherapie und/oder der Anwendung von Zytostatika postuliert, ebenso eine „physiologische Umstimmung im Tumorgebiet in Abhängigkeit von der speziellen Tumorbiologie und der erzielten Temperatur“. Unterschieden werde zwischen der lokalen (oberflächlichen) Hyperthermie, der regionalen Tiefenhyperthermie, der interstitiellen Hyperthermie, der Extremitätenperfusion (der regionalen Hyperthermie zuordenbar) und der Teilkörper- und Ganzkörperhyperthermie. Die wissenschaftlich fundierte Krebsbehandlung mit regionaler Tiefenhyperthermie innerhalb klinischer Studien werde an spezialisierten akademischen Zentren (z.B. in D., E., M. und T.) durchgeführt. Dabei würden technische Geräte eingesetzt, die neben der Temperaturdosisplanung eine Verifikation der tatsächlich erzielten Temperaturen über Temperaturmessungen ermöglichten. Das sei erforderlich, weil der Temperaturbereich, in dem Hyperthermie gegen Tumore nachgewiesenermaßen wirksam sei, nahe an der Grenze liege, an der auch gesundes Gewebe irreversibel geschädigt werde. Verglichen mit den wissenschaftlichen Verfahren problematisch seien demgegenüber Hyperthermieverfahren, denen sowohl eine wissenschaftlich-technisch begründete Therapieplanung, die Möglichkeit der Fokussierung der Energieverteilung im Zielgebiet wie auch eine valide Temperaturkontrolle im Zielvolumen fehle. Bei diesen Verfahren würden Niederfrequenzgeräte eingesetzt; die Behandler sprächen von „Elektro-Hyperthermie“ bzw. „Oncothermie“. Die Geräte verwendeten den niedrigsten und damit technisch und wirtschaftlich am einfachsten und kostengünstig darstellbaren Frequenzbereich, für den aufgrund erlaubter Störungen anderer Dienste keine aufwändigen Abschirmungsmaßnahmen erforderlich seien. Die offizielle Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft Hyperthermie der Deutschen Krebsgesellschaft, in der die wissenschaftlich orientierte Hyperthermie in Deutschland organisiert sei, habe diese Methode wiederholt scharf kritisiert und die (Geräte-)Hersteller aufgefordert, Belege für die behaupteten Effekte oder die klinische Wirksamkeit des Verfahrens beizubringen, was jedoch nicht erfolgt sei. Nach Maßgabe des Medizinproduktegesetzes könnten die Niederfrequenzgeräte ohne Wirkungsnachweis angeboten werden. Sie würden gut vermarktet und vorwiegend an komplementäronkologische Einrichtungen und an Heilpraktiker verkauft. Studien, die den Nutzen dieser Hyperthermie-Methode für den Patienten belegten, gebe es nicht. Beim Versicherten seien offenbar unterschiedliche Hyperthermie-Verfahren, teils ambulant, teils stationär, angewendet worden. Hinsichtlich der Thymustherapie fänden sich in den Behandlungsunterlagen keine genauen Angaben zu Art und Herstellung der verwendeten Thymuspräparate. Thymuspräparate seien in den AMR von der Verordnung zulasten der Krankenkassen ausgeschlossen worden.

Das beim Versicherten vorliegende metastasierende AEG-Karzinom stelle eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung dar. AEG-Karzinome würden wie Magenkarzinome behandelt. Mit verschiedenen Chemotherapieschemata seien Remissionen bis zu 40 % zu erreichen mit Verlängerung der Überlebenszeit. Dazu heiße es in der einschlägigen S3-Leitlinie „Magenkarzinom“, eine palliative medikamentöse Tumortherapie solle zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Diagnosestellung der lokal fortgeschrittenen inoperablen oder metastasierten Erkrankung eingeleitet werden. Die Kombinationstherapie sei der Monotherapie mit 5-FU bzw. oralem Fluoropyrimidin in Bezug auf die Überlebenszeit signifikant überlegen. Indiziert sei eine systemische platin-/fluoropyrimidinhaltige Kombinationstherapie. Eine Dreifachkombination mit Cisplatin, 5-FU und Docetaxel (DCF) führe bei einer jüngeren Patientenpopulation (median 55 Jahre) im Vergleich zu einer Zweifachtherapie mit Cisplatin/5-FU zu einem statistisch signifikanten Überlebensvorteil, sei jedoch mit einer höheren Rate an Toxizitäten verbunden. Patienten in gutem Allgemeinzustand solle eine Zweit-Chemotherapie angeboten werden bei Progress. Insgesamt stünden für das beim Versicherten verfolgte Behandlungsziel vertragliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Nach Aussagen der offiziellen Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft Hyperthermie hätten klinische Behandlungsprotokolle einen Nutzen der regionalen Tiefenhyperthermie bei lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinomen, kapselüberschreitenden Prostatakarzinomen, Hochrisiko-Weichgewebesarkomen, Gebärmutterhalskrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Harnblasen-karzinomen und bei Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen ergeben. Die Hyperthermie werde danach derzeit vor allem bei schwierigen Krebserkrankungen eingesetzt. Sie komme vor allem bei Tumoren in Frage, die schlecht oder gar nicht operabel seien und für Krebsgeschwülste, die trotz vorangegangener konventioneller Therapie ein- oder mehrfach wieder aufgetreten seien. In den Kliniken der Mitglieder der Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft Hyperthermie würden Hyperthermiepatienten in klinischen Studien erfasst. Deshalb werde die Überwärmungstherapie nur bei Indikationen angewendet, die gezielt wissenschaftlich erforscht würden. Dazu gehörten Magenkarzinome bzw. AEG-Tumore nicht. In der aktuell gültigen S3-Leitlinie „Magenkarzinom“ und in der entsprechenden amerikanischen Leitlinie würden Hyperthermie und Thymustherapie als Behandlung von AEG-Tumoren nicht erwähnt. Insgesamt ergäben sich nach Aktenlage keine neuen Erkenntnisse für Wirksamkeit und Nutzen der in Rede stehenden Krebsbehandlung. Viele Fragen zu Sicherheit, Wirksamkeit und Nutzen, wie Hitzeempfindlichkeit von Tumorzellen, methodisch-technische Aspekte, klinische Ansprechraten oder Überlebenszeiten, seien weiterhin offen. Aufgrund der Unterschiede bei den verschiedenen Systemen zur Erzeugung einer Hyperthermie und auch aufgrund der unzureichenden Standardisierung der Verfahren zur Anwendung am Patienten in einheitlichen und etablierten Protokollen sei es erforderlich, die postulierten Wirksamkeitseffekte durch Hyperthermie weiterhin unbedingt in kontrollierten klinischen Studien zu überprüfen. Die meisten der bei der Literaturrecherche aufgefundenen Arbeiten befassten sich mit der Anwendung von hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie in perioperativer Anwendung. Es gebe keine Studien, die Hinweise auf eine positive Einwirkung der Hyperthermie (Ganzkörperhyperthermie bzw. lokoregionale Tiefenhyperthermie) allein oder in Verbindung mit Chemotherapie auf den Krankheitsverlauf im vorliegenden Fall erbringen würden. Studien, die darauf hinweisen könnten, dass im Fall eines AEG-Karzinoms durch Thymustherapie eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf eingetreten sei, seien bei der Literaturrecherche ebenfalls nicht aufzufinden. Es gebe auch keine Hinweise auf eine positive Einwirkung der Thymustherapie auf den Krankheitsverlauf in Kombination mit Chemotherapie (und Hyperthermie). Zudem werde in vorliegenden Arztbriefen wiederholt erwähnt, dass Oxaliplatin nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt Dr. Dr. R. von Anfang an auf 65% (66 %) bzw. 75 % reduziert worden sei, ohne dass zuvor Nebenwirkungen wie Polyneuropathie aufgetreten wären. Darunter sei nach Auffassung des Dr. Dr. R. unter Hyperthermie ein optimales Therapieansprechen evaluiert worden. Bei der Literaturrecherche hätten sich indessen keine Hinweise auf Studien ergeben, in denen dies (auch bei Vorliegen eines Magenkarzinoms bzw. eines AEG-Karzinoms) habe belegt werden können bzw. untersucht worden sei.

Insgesamt stünden zur Behandlung der lebensbedrohlichen Erkrankung des Versicherten leitliniengerechte vertragsärztliche Behandlungsmethoden für die palliative Therapiesituation zur Verfügung. Belastbare Hinweise für eine Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf mit den hier durchgeführten Modalitäten der Hyperthermie sowie der Thymustherapie gebe es nicht. Die vom Versicherten im Rahmen privatärztlicher Behandlung gewählte experimentelle Therapie habe bislang keinen Wirksamkeitsnachweis anhand einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Fällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken erbracht. Eine Überlegenheit, ein medizinischer Nutzen oder die Wirtschaftlichkeit gegenüber anderen Standardverfahren seien nicht nachgewiesen.

Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 30.08.2012 führte Dr. B.-N. (zur Infusionstherapie) aus, bei Vitamin-C-Injektionslösungen handele es sich um apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Diese seien zugelassen zur Prophylaxe eines Vitamin-C-Mangels bei längerer parenteraler Ernährung sowie bei Methämoglobinämie im Kindesalter. Die Dauer der Anwendung richte sich laut Fachinformation nach dem klinischen Bild und nach den labordiagnostischen Parametern. In den Behandlungsunterlagen befänden sich keine Angaben zu Präparat, Dosierung, Häufigkeit der Anwendung sowie zu den Laborwerten. Der verordnete Wirkstoff sei in den AMR als Therapiestandard bei schwerwiegenden Erkrankungen wie folgt anerkannt: Wasserlösliche Vitamine, Benfotiamin und Folsäure als Monopräparate nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel, der durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann. Diese Fallgestaltung liege hier bei Anwendung in Kombination mit Hyperthermie, Thymustherapie und Selen-Infusionen jedoch nicht vor. Verschreibungspflichtige Selenpräparate zu Infusionszwecken seien in Deutschland zugelassen zur Behandlung von Patienten mit nachgewiesenem Selenmangel, der ernährungsgemäß nicht behoben werden könne. Zur Therapiekontrolle sei laut Fachinformation die Selenbestimmung im Vollblut bzw. im Serum sinnvoll. In den Behandlungsunterlagen fänden sich (auch insoweit) keine Angaben zu Präparat, Dosierung und Häufigkeit der Anwendung sowie zu den Laborwerten. Bei der Anwendung in Kombination mit Hyperthermie, Thymustherapie und Vitamin-C-Infusionen zur Behandlung der beim Versicherten vorliegenden Krebserkrankung handele es sich um einen indikationsüberschreitenden Off-Label-Use. Eine dafür in § 30 Abschnitt K AMR notwendige Empfehlung der Expertengruppe mit Zustimmung des pharmazeutischen Unternehmens bzw. die Übernahme der Empfehlung durch den GBA in die AMR liege nicht vor. Wie bereits im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 dargelegt, stünden für das Behandlungsziel vertragliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. AEG-Karzinome würden wie Magenkarzinome behandelt. Diese seien chemosensibel. Wirksam seien Taxane, 5-FU, Doxorubicin, Mitomycin C, Methotrexat, Cisplatin, Irinotecan und Nitrose-Harnstoffe. Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, dass ein wissenschaftlicher Konsens in Fachkreisen über den Einsatz von Selen-Infusionen zur Behandlung der Krebserkrankung des Versicherten bestehe. Ebenso wenig könne aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestätigt werden, dass mit dem in Rede stehenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Für die Zielindikation des Arzneimittels sei auch ein Zulassungsantrag in Deutschland bzw. Europa nicht gestellt; entsprechende Phase-III-Studien seien nicht publiziert. Die Anwendung von Vitamin-C-Infusionen und Selen-Infusionen im Fall des Versicherten sei nicht als Standard etabliert bzw. von nationalen oder internationalen Fachkreisen empfohlen, auch nicht als Begleittherapie zur Hyperthermie und Thymustherapie. Dr. St. habe die genannten Infusionen in seinen Arztbriefen auch nicht erwähnt. Entsprechendes gelte für die Arztberichte der Krankenhäuser, in denen der Versicherte untersucht bzw. behandelt worden sei. Im Hinblick auf die Regelung in § 2 Abs. 1a SGB V seien beim Versicherten die dem allgemein anerkannten Standard der medizinischen Erkenntnisse entsprechenden palliativen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft. Begehrt werde daher eine Leistung, die nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2012 (dem Versicherten am 06.11.2012 zugestellt) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Behandlung des Versicherten mit Hyperthermie, Thymus- und Infusionstherapie stelle keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Die Kosten hierfür könnten daher nicht übernommen werden.

Am 06.12.2012 erhob der Versicherte Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Nach dem Tod des Versicherten am 30.01.2013 führte die Klägerin (gemeinsam mit ihrer Tochter) das Klageverfahren fort. Zur Begründung wurde vorgetragen, die neben der Chemotherapie durchgeführte Hyperthermie-Behandlung habe eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf gehabt. Aus den vorliegenden Arztberichten gehe hervor, dass der Tumormarker CEA rückläufig gewesen und dass es zu einer größeren Rückbildung des Primärtumors und der regionären Lymphknotenmetastasen sowie zu einer zunehmenden Einschmelzung der Leberherde (Tumornekrosen) gekommen sei. Außerdem habe man die Chemotherapie unter verringerter Dosis und damit nebenwirkungsärmer durchführen können. Insgesamt habe durch Kombination der Chemotherapie mit Hyperthermie ein Behandlungserfolg erzielt werden können; schließlich sei der Primärtumor nicht mehr nachweisbar gewesen. Die Beklagte gewähre die in Rede stehende Behandlung vollumfänglich im stationären Bereich, lehne aber die Kostenübernahme für die ambulante Durchführung ab; das sei sachlich nicht gerechtfertigt. Aus Statistiken gehe hervor, dass die Hyperthermie-Behandlung in Fällen der vorliegenden Art eine lebensverlängernde Wirkung habe, die mit Chemotherapie allein nicht erreichbar sei. Die Kombinationsbehandlung mit Chemotherapie, Hyperthermie, Thymus- und Infusionstherapie verringere die Nebenwirkungen einer Behandlung allein mit Chemotherapie.

Die Klägerin trug ergänzend vor, der Versicherte habe ab Diagnosestellung dank der zusätzlichen Behandlung mit Hyperthermie, Thymus- und Infusionstherapie im Rahmen eines multimodalen Behandlungskonzepts 14,5 Monate überlebt; die durchschnittliche Überlebenszeit (bei männlichen Patienten) liege bei 9,2 Monaten. Im ersten Jahr würden 42,4 % der Erkrankten versterben. Außerdem hätten die Nebenwirkungen der Chemotherapie durch Dosisreduktion um die Hälfte deutlich vermindert werden können.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Das SG zog weitere Arztunterlagen bei und befragte behandelnde Ärzte.

Prof. Dr. H. (H.-B.-Klinik) führte im Bericht vom 15.08.2013 aus, beim Versicherten sei eine Chemotherapie mit 5-FU-Oxaliplatin und Taxotere angewandt worden. Da das Krebsleiden bereits primär metastasiert gewesen sei (Lebermetastasen) habe von vornherein kein kuratives Therapiekonzept bestanden.

Dr. H. (F.) gab im Bericht vom 20.08.2013 an, der Versicherte habe sich erstmals am 03.04.2012 vorgestellt; der letzte Kontakt habe am 28.06.2012 stattgefunden. An diesem Tag sei auch die letzte Hyperthermie-Behandlung vorgenommen worden. Der Versicherte habe sich in einer palliativen Situation befunden. Leitliniengerecht sei eine palliative Chemotherapie durchgeführt worden. Ergänzend habe man schon von Beginn an in der Praxis des Dr. Dr. R. eine begleitende Hyperthermie-Behandlung angewandt. Bei der ersten Zwischenuntersuchung habe sich ein überdurchschnittlich gutes Ansprechen der Therapie gezeigt. Insofern sei evident, dass bei dem Versicherten die Kombination zwischen Chemotherapie und Hyperthermie ein Optimum in der Behandlung dargestellt habe. Dementsprechend habe man auch die Fortsetzung der Therapie geplant. Auf Wunsch des Versicherten habe man den Hyperthermie-Teil der Behandlung in der Zeit von April bis Juni 2012 durchgeführt. Prinzipiell habe zwar eine palliative Situation vorgelegen, da der Tumor metastasiert gewesen sei. Im Hinblick auf das junge Alter und den guten Allgemeinzustand des Versicherten sei aber auch daran gedacht worden, ob nicht durch intensiviertes Ansprechen auf die Therapie eine eventuelle sekundäre Resektion des Primärtumors und der Metastasen möglich werden würde. Unter diesem Gesichtspunkt habe der Versicherte eine maximal effektive Chemotherapie erhalten. Ergänzend habe man Hyperthermie angewandt. Es gebe gute Daten, die sowohl eine Intensivierung der Wirksamkeit der Chemotherapie und der Hyperthermie, aber auch einen direkt immunstimulierenden Effekt der Hyperthermie belegten. Insofern sei das Konzept der Kombination einer potenten Chemotherapie in Verbindung mit Hyperthermie im Fall des Versicherten sicher eine medizinisch sehr sinnvolle Entscheidung gewesen. Durch ein maximales Ansprechen habe zumindest theoretisch die Option bestanden, die primär palliative Situation eventuell dann doch in eine kurative Option durch Operation und nachfolgende adjuvante Therapie überzuführen. Die schulmedizinische Standardtherapie sei federführend von der H.-B.-Klinik durchgeführt worden. Man habe sich dort für eine Chemotherapie nach dem FLOT-Schema entschieden. Diese Kombinationstherapie sei sicher nach aktueller Datenlage eine der potentesten Kombinationstherapien bei der in Rede stehenden Tumorentität, weshalb man die Entscheidung der Klinik als sehr vernünftig einstufen könne. Es gebe Daten, wonach die Wirksamkeit (der schulmedizinischen Behandlung) durch die Hyperthermie noch gesteigert werden könne. Insofern mache auch die Hinzunahme der Hyperthermie durchaus Sinn. Das gewählte Behandlungskonzept scheine ein durchaus sinnvolles Behandlungskonzept in der gegebenen Situation gewesen zu sein.

Dr. Dr. R. teilte unter dem 28.08.2013 mit, er habe den Versicherten vom 18.03.2011 bis 02.12.2012 hausärztlich behandelt. Nach der Diagnose der Krebserkrankung sei der Versicherte über die infauste Prognose bei allein schulmedizinischer Behandlung informiert worden. Deshalb sei in Absprache mit den Ärzten der H.-B.-Klinik ein Konzept für die onkologische komplementäre Begleitung entwickelt worden. Dieses habe eine vorsichtige Reduktion der schulmedizinischen Standardtherapie und die Ergänzung der Therapie durch parallele Hyperthermie und begleitende Infusionen mit Selen und Vitamin C sowie eine Thymustherapie umfasst. Diese Therapie habe einen kurativen Anspruch; er habe sie in jüngster Vergangenheit mehrfach erfolgreich durchgeführt. Nach der ersten Serie der Chemotherapie und der komplementären Begleittherapie habe sich der Versicherte im Stadium der partiellen Remission bei einem erstaunlich guten Allgemeinzustand befunden. Leider habe sodann über einen längeren Zeitraum eine weitere Behandlung nicht stattgefunden, da sich die Option der lokalen Operation oder der Embolisation der Lebermetastasen ergeben habe. Die partielle Remission habe bis Juli 2012 angehalten; sodann sei eine Progression der Lebermetastasen festgestellt worden. Trotz verschlechterter Ansprechbarkeit (der Chemotherapie) sei die Begleittherapie weitergeführt worden. Leider sei es zu einer deutlichen hepatischen und ossären Metastasierung gekommen, weshalb man auf ein weiteres Protokoll (der Chemotherapie) umgestellt habe. Auch dies habe nicht den gewünschten Erfolg erbracht. Die komplementäre Begleittherapie habe Anfang Dezember 2012 nicht mehr zufriedenstellend angesprochen und sei abgebrochen worden. Zur Thymustherapie existiere eine Fülle von Studien mit positivem Erfolg. Er wende diese Behandlung seit 25 Jahren erfolgreich bei Krebserkrankungen und bei schweren chronischen Erkrankungen an.

Die Beklagte legte das MDK-Gutachten des Dr. T. vom 09.12.2013 (Fachreferat Onkologie) vor. Darin ist ausgeführt, im Hinblick auf das von Dr. H. erwähnte überdurchschnittlich gute Ansprechen des Versicherten auf die Therapie bleibe unklar, ob dies Folge der komplementären Hyperthermie-Behandlung gewesen sei. Auch bei Einsatz der Chemotherapie gebe es Patienten, die überdurchschnittlich bzw. unterdurchschnittlich auf die Behandlung reagierten. Insofern habe das überdurchschnittliche Therapieansprechen nicht die Bedeutung eines Wirksamkeitsnachweises für die Hyperthermie-Behandlung. Die Ansicht des Dr. H., der das (überdurchschnittliche) Therapieansprechen des Versicherten auf die Kombination von Chemotherapie und Hyperthermie zurückführe, sei aus wissenschaftlich-methodischer Sicht nicht gerechtfertigt. Nur eine vergleichende Studie könne einen entsprechenden symbiotischen Effekt belegen. Auch die Aussage, es gebe gute Daten, die sowohl die Intensivierung der Wirksamkeit der Chemotherapie durch Hyperthermie wie einen direkt immunstimulierenden Effekt der Hyperthermie belegten, könne aus sozialmedizinischer Sicht nicht nachvollzogen werden. Wie bereits in vorausgegangenen MDK-Gutachten dargelegt, gebe es hinsichtlich der Hyperthermie in Deutschland zwei verschiedene medizinische Strömungen. Die wissenschaftliche Hyperthermie organisiere sich in einer Interdisziplinären Arbeitsgruppe Hyperthermie der Deutschen Krebsgesellschaft (Atzelsberger Kreis) und in der Arbeitsgruppe Hyperthermie der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie. Der Atzelsberger Kreis habe im Jahr 2012 erstmals eine Leitlinie zum Qualitätsmanagement bei der regionalen Tiefenhyperthermie herausgegeben. Die zweite Strömung stelle die Deutsche Gesellschaft für Hyperthermie dar. Diese sei Mitglied im Dachverband der Ärztegesellschaft für Naturheilkunde und Komplementärmedizin. Dort würden für die Hyperthermie typischerweise andere Geräte als bei der wissenschaftlichen Hyperthermie eingesetzt. Die komplementäre Form der Hyperthermie werde auch als Elektro-Hyperthermie bezeichnet. Neben unterschiedlichen Leistungsmerkmalen der Geräte unterscheide sich die auf diese Weise betriebene Form der Hyperthermie vor allem in wichtigen Aspekten des Qualitätsmanagements. So erfolge in der komplementären Hyperthermie im Gegensatz zur wissenschaftlichen Hyperthermie z.B. keine Temperaturdosisplanung und keine Bestimmung der tatsächlich erreichten Temperatur im Zielgewebe. Insoweit gebe es zwischen den Hyperthermie-Konzepten der Schulmedizin und des komplementären Ansatzes Unterschiede, auch substantieller Art, nachdem in der komplementären Hyperthermie auch und sogar überwiegend (zu 80%) auf den Aufbau elektrischer Felder und deren Wirkung abgestellt werde. Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, mit welchen Geräten die Hyperthermie-Behandlung beim Versicherten durchgeführt worden sei. Indizien sprächen allerdings für die Anwendung der komplementären Elektro-Hyperthermie; davon sei auszugehen. Zum Wirkungsnachweis der in der komplementären Hyperthermie angewandten Methode seien bei der Literaturrecherche keine klinischen Studien gefunden worden. Für die Angaben des Dr. H. gebe es aus sozialmedizinischer Sicht keine objektivierbaren wissenschaftlichen Belege. Für die Methode der Elektro-Hyperthermie liege derzeit indikationsunabhängig keinerlei Evidenz für einen Wirksamkeitsnachweis vor. Insbesondere bleibe unklar, ob die Elektro-Hyperthermie zusätzlich zur durchgeführten Chemotherapie mit einer spezifischen Wirksamkeit verbunden sei. Hinsichtlich des Berichtes des Dr. Dr. R. könne nicht nachvollzogen werden, wie für ein nicht evidenz-basiertes Therapiekonzept eine kurative Wirkung bei einem an einem metastasierenden AEG-Karzinom erkrankten Patienten postuliert werden könne. Die nicht weiter belegten Angaben des Dr. Dr. R. hinsichtlich des Erfolges der Thymustherapie könnten die Anforderungen der evidenz-basierten Medizin nicht ersetzen.

Die Klägerin trug hierzu vor, Dr. T. habe nicht hinreichend bedacht, dass unkonventionelle Behandlungsmethoden auf den Grundsätzen der Erfahrungsmedizin und nicht der Schulmedizin beruhten. Er hätte das diesen Methoden zugrunde liegende therapeutische Konzept bzw. die besondere Therapierichtung und die darauf bezogene Binnenanerkennung der in Rede stehende Behandlungsmethoden in die Beurteilung einbeziehen müssen (vgl. Bundessozialgericht , Urteil vom 16.09.1997, - 1 RK 28/95 -; Urteil vom 08.09.1993, - 14a RKa 7/92 -; Urteil vom 11.05.2011, - 6 KA 25/10 R -, alle in juris). Fallbeispiele zeigten, dass die Thymustherapie als Teil der Organotherapie die Reaktion des Immunsystems bei Krebspatienten verbessere. Dem Versicherten seien bei infauster Prognose durch die Dosisreduktion der Chemotherapie belastende Nebenwirkungen (wie Übelkeit, Erbrechen oder Polyneuropathie) erspart geblieben.

Vorgelegt wurde außerdem der Bericht des Dr. St. vom 31.03.2014. Darin ist (u.a.) ausgeführt, bei der Erstlinienchemotherapie habe durch begleitende Hyperthermieanwendungen ein erstaunlicher Verlauf mit Abfall des Tumormarkers CEA von 1.416 auf 5 ng/ml und eine partielle Regression mit Rückbildung sowohl des Primärtumors als auch der Lebermetastasen ohne höhergradige Nebenwirkungen erreicht werden können. Deswegen sei in der Universitätsklinik F. sogar eine erweiterte Hemihepatektomie als Empfehlung diskutiert worden. Wegen eines zwischenzeitlichen Progresses sei indessen die Therapiealternative mit einer Zweitlinienchemotherapie durchgeführt worden, im ersten und zweiten Zyklus mit, im dritten Zyklus ohne Hyperthermie. Hierunter sei es zu einer Progression mit CEA-Anstieg von 43 auf 334 ng/ml und auch zu einer deutlichen Progression der hepatischen Metastasen gekommen. Insgesamt habe unter der Erstlinientherapie in Kombination mit Hyperthermie und dadurch möglicher Reduktion der Oxaliplatindosis auf 65 % bis 75 % ein sehr gutes Therapieansprechen ohne relevante Nebenwirkungen erreicht werden können. Mit der Zweitlinientherapie sei dies allerdings nicht mehr gelungen, weder mit der Chemotherapie allein noch mit zusätzlicher Hyperthermie. Das belege, dass die Kombination von Oxaliplatin in reduzierter Dosierung mit Hyperthermie eine effektive Therapiekombination darstelle.

Dr. Dr. R. teilte im Bericht vom 09.04.2014 mit, der Versicherte habe sowohl lokoregionale Hyperthermie wie (bei ihm) moderate Ganzkörperhyperthermie erhalten. Das neue Behandlungsverfahren sei im Hinblick auf die infauste Prognose des Versicherten (Lebenserwartung unter 1 Jahr) angewandt worden. Das von ihm praktizierte Verfahren - Reduktion der Oxaliplatindosis in Kombination mit Hyperthermie - sei recht neu und er habe es bislang nur bei Patienten mit infauster Prognose in weit fortgeschrittenem Tumorstadium angewandt. Zur Thymustherapie als Teil der Erfahrungsheilkunde gebe es seines Wissens keine neueren Studien, die den wissenschaftlichen Kriterien entsprächen, jedoch eine große Sammlung von positiven Erfahrungsberichten und Fallbeschreibungen.

Die Beklagte legte hierzu abschließend das MDK-Gutachten des Dr. T. vom 19.05.2014 vor. Darin heißt es (u.a.), in den bislang eingeholten MDK-Gutachten sei nicht behauptet worden, dass die Hyperthermie „keinen Erfolg bringe“. Man habe vielmehr darauf hingewiesen, dass der wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweis bislang nicht erbracht sei, was aber zur Begründung der Leistungspflicht der Krankenkassen erforderlich wäre, weil die Hyperthermie vom GBA aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen worden sei. Für die Anwendung von Hyperthermie allein oder in Kombination mit Chemotherapie bei Patienten mit metastasiertem Magenkarzinom sei bislang kein wissenschaftlich-basierter Wirksamkeitsnachweis erbracht worden. Daran ändere die Einschätzung des Dr. Dr. R. nichts. Auch besondere Therapierichtungen (vgl. § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) müssten sich an den einschlägigen Qualitätsstandards messen lassen (BSG, Urteil vom 21.03.2013, - B 3 KR 2/12 R -, in juris). Aus dem Bericht des Dr. St. vom 31.03.2014 gehe nicht hervor, ob er die in Rede stehende Kombination von Chemotherapie und Hyperthermie generell als effektive Therapiekombination einstufe oder dies nur für den Fall des Versicherten annehmen wolle. Ungeachtet der subjektiven Einschätzung behandelnder Ärzte bleibe unklar, inwieweit der Hyperthermie im vorliegenden Fall ein spezifischer Anteil am Therapieeffekt zugesprochen werden könne. Aus wissenschaftlicher Sicht werde diese Unklarheit auch nicht dadurch ausgeräumt, dass eine dosisreduzierte Chemotherapie durchgeführt worden sei. Der vorliegende Fall belege die Notwendigkeit der Begutachtung ex-ante. Aus sozialmedizinischer Sicht erscheine grundsätzlich problematisch, den Therapieeffekt im Nachhinein über den Verlauf bei einem einzigen Patienten zu definieren, zumal, wenn eine anerkannte Methode (Chemotherapie) gemeinsam mit einer neuen Methode (Hyperthermie) verabreicht werde. Das könne dazu führen, dass die Behandlungskosten bei Versicherten, bei denen im Nachhinein ein Nutzen nicht ausgeschlossen werde, erstattet würden, bei anderen Versicherten, bei denen die jeweilige Behandlungsmethode erfolglos angewandt worden sei, jedoch nicht („pay for performance“).

Mit Urteil vom 17.07.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte müsse die Aufwendungen für die (alternative) Krebsbehandlung des Versicherten gem. § 13 Abs. 3 SGB V nicht erstatten; sie habe die Gewährung dieser Behandlung als Sachleistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Die Anwendung von Tiefenhyperthermie als Begleitbehandlung zur (herkömmlichen) Chemotherapie stelle eine neue Behandlungsmethode i.S.d. § 135 Abs. 1 SGB V dar, die von den Krankenkassen nur zu gewähren sei, wenn der GBA eine positive Empfehlung zu deren therapeutischem Nutzen abgegeben habe. Dass die Behandlung nach eigener Einschätzung des Versicherten oder seiner behandelnden Ärzte positiv verlaufen sei oder von einzelnen Ärzte befürwortet werde, genüge nicht (BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 6/11 R -, in juris). Der GBA habe aber nicht nur eine positive Empfehlung zur Krebsbehandlung durch Hyperthermie nicht abgegeben, sondern diese Behandlungsmethode (u.a.: Ganzkörperhyperthermie, regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie) ausdrücklich als nicht anerkannte Behandlungsmethode aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgeschlossen (Anlage II Nr. 42 der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung - Method-RL -; Beschluss des GBA vom 18.01.2005, BAnz 2005, S. 7485). Ein Systemversagen liege nicht vor, da sich der GBA mit der Krebsbehandlung durch Hyperthermie befasst habe. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch könne auch nicht auf die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, in juris, bzw. seit 01.01.2012 § 2 Abs. 1a SGB V) gestützt werden, wenngleich der Versicherte (unstreitig) an einer regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung gelitten habe. Die Frage, ob die Krankenkasse die Kosten einer alternativen Behandlungsmethode übernehmen müsse, könne nicht losgelöst davon beurteilt werden, was die anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zu leisten vermöge und was die alternative Behandlung zu leisten vorgebe (BVerfG, Beschluss vom 26.02.2013, - 1 BvR 2045/12 -, in juris). Hierfür müsse zunächst das konkrete Behandlungsziel geklärt werden. Biete die Schulmedizin nur palliative Behandlungsmöglichkeiten an, weil sie jede Möglichkeit einer kurativen Behandlung als aussichtslos betrachte, komme ein Anspruch auf eine alternative Behandlungsmethode allerdings nur dann in Betracht, wenn eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausreichenden Erfolg bestehe. Die Versicherten dürften nicht auf eine nur auf die Linderung von Krankheitsbeschwerden abzielende Standardtherapie verwiesen werden, wenn durch eine Alternativbehandlung eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung bestehe. Rein experimentelle Behandlungsmethoden, die nicht durch hinreichende Indizien gestützt werden könnten, reichten allerdings nicht aus (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.07.2012, - L 11 KR 2435/14 ER-B -, in juris). Hier könne offen bleiben, ob mit der ausschließlichen Chemotherapie nach dem PLF-Schema, wie vom Klinikum r. der I. empfohlen (Arztbrief vom 24.11.2011), eine Standardtherapie vorhanden gewesen sei, die den Rückgriff auf alternative und nicht anerkannte Behandlungsmethoden ausschließe. Für die Krebsbehandlung durch Hyperthermie fehle es nämlich zumindest an einer auf Indizien gestützten, nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Maßgeblich hierfür sei der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Behandlung (BSG, Urteil vom 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -, in juris), hier also die Zeit von Dezember 2011 bis August 2012. Die ambulante Hyperthermie sei, wie bereits dargelegt, durch Beschluss des GBA vom 18.01.2005 (a.a.O.) aus der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich ausgeschlossen worden und könne von den Krankenkassen schon deshalb auch nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs nicht gewährt werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012, - L 4 KR 5054/10 -, beide in juris). Die Beurteilung einer Behandlungsmethode durch den GBA als nicht anerkannt sei nämlich nach der dem zugrunde liegenden gesetzlichen Konzeption auf der Grundlage einer umfassenden Analyse des hierzu vorhandenen Wissenschaftsstandes erfolgt und daher sei die Frage nach hinreichenden Anhaltspunkten für die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode vorgreiflich geprüft und verneint worden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012, - L 4 KR 5054/10 -, in juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Beschluss des GBA vom 18.01.2005 (a.a.O.) auf einer fehlerhaften Grundlage beruhen würde oder zwischenzeitlich an Validität eingebüßt hätte, gebe es nicht. Neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Krebsbehandlung durch Hyperthermie seien (bis August 2012) nicht gewonnen worden. Auch die F., in der der Versicherte behandelt worden sei, spreche (nach wie vor) von einer experimentellen Therapie. Dr. Dr. R. bezeichne die von ihm angewandte Form der Hyperthermie als neues Verfahren, das bislang nur bei einigen Patienten mit infausten Prognosen und weit fortgeschrittenem Tumorstadium angewandt worden sei und das nicht mit der Hyperthermiebehandlung, die Gegenstand von Studien gewesen sei, übereinstimme. Wissenschaftliche Studien über die von diesem Arzt angewandte Hyperthermie-Methode, vor allem direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, seien weder ersichtlich noch dargetan. Gleiches gelte für Meinungen anerkannter Experten oder Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen, die eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung durch die in Rede stehende Hyperthermiebehandlung beim Krankheitsbild des Versicherten begründen könnten. Zwar hätten sich Dr. Dr. R. und Dr. St. für die Weiterführung bzw. Wirksamkeit der Therapie ausgesprochen, wissenschaftliche Anknüpfungspunkte für die Wirksamkeit der Behandlung lägen indessen nicht vor und könnten auch aus dem Einzelfall des Versicherten nicht hergeleitet werden. Dessen überdurchschnittlich gutes Ansprechen auf die Behandlung könne auch auf die Chemotherapie für sich allein zurückzuführen sein. Vergleichsstudien fehlten insoweit. Die Beklagte müsse auch die Kosten für die Thymustherapie nicht erstatten. Thymuspräparate seien gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V als nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Arzneimittelversorgung durch die Krankenkassen ausgeschlossen (§ 31 SGB V). Die Präparate seien außerdem nicht in der Richtlinie des GBA aufgeführt, in der festgelegt werde, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gälten, ausnahmsweise verordnet werden könnten (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die genannten Regelungen seien verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom 12.12.2012, - 1 BvR 69/09 -; BSG, Urteil vom 06.11.2008, - B 1 KR 6/08 R -, beide in juris). Sollte man die Verabreichung der Thymuspräparate als ärztliche Behandlung einstufen, fehle es für diese (dann) neue Behandlungsmethode an der (positiven) Bewertung durch den GBA. Im Hinblick auf die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs fehle es an wissenschaftlichen Anknüpfungspunkten für die Wirksamkeit der Thymustherapie (als Teil der Erfahrungsheilkunde) zur Behandlung der Erkrankung des Versicherten und damit an der auf Indizien gestützten, nicht ganz entfernt liegenden Aussicht auf Heilung bzw. spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Die Übernahme der Kosten für die Infusionsbehandlung (Vitamin-C-Infusionen) scheitere schon daran, dass diese Behandlung am 01.06.2012 und damit vor Ergehen des Ablehnungsbescheids der Beklagten am 21.06.2012 aufgenommen worden sei; es fehle daher am Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Eine unaufschiebbare Behandlung stehe nicht in Rede. Der Versicherte habe die Kostenübernahme für die Infusionsbehandlung nämlich am 18.05.2012 beantragt, mit der Behandlung jedoch erst zwei Wochen später (am 01.06.2012) begonnen. Ob die später durchgeführten Vitamin-C-Infusionen Teil eines einheitlichen Behandlungsvorgangs oder selbstständige Behandlungen darstellten, könne offen bleiben, da die in Rede stehenden Behandlungsmaßnahmen ohnehin von den Krankenkassen nicht zu gewähren seien. Bei Vitamin-C-Injektionslösungen handele es sich um apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen seien. Eine Ausnahme für die Anwendung in Kombination mit Hyperthermie, Thymustherapie und Selen-Infusionen bei AEG-Karzinom sei, wie Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 30.08.2012 dargelegt habe, nicht vorgesehen.

Gegen das ihnen am 08.09.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin gemeinsam mit ihrer Tochter am 08.10.2014 Berufung eingelegt. Die Berufung der Tochter der Klägerin ist am 11.03.2016 zurückgenommen worden. Die Klägerin führt das Berufungsverfahren (allein) fort. Sie bekräftigt das bisherige Vorbringen. Ergänzend wird vorgetragen, die Durchführung der (palliativen) Chemotherapie mit Oxaliplatin führe wegen schwerwiegender Nebenwirkungen (regelmäßig Polyneuropathie) zu einer Verschlechterung der Lebensqualität. Beim Versicherten hätten die Neurotoxikation und die dadurch verursachten Schmerzen mit der simultan durchgeführten Hyperthermie verhindert werden können, weil die Dosis des Chemotherapeutikums um bis zu einem Drittel habe reduziert werden können. Außerdem habe man die Chemotherapie dreimal durchführen können, was bei der infausten Prognose des Versicherten üblicherweise nicht möglich sei. Das SG hätte nach Maßgabe des § 2 Abs. 1a SGB V eine Einzelfallbeurteilung an Hand der vom behandelnden Arzt angewandten Behandlungsmethode vornehmen müssen. Im Unterschied zur ambulanten Anwendung würden die Kosten für Hyperthermie, Thymustherapie, Selen und Vitamin C bei stationärer Behandlung regelmäßig übernommen. Das sei sachlich nicht gerechtfertigt. Für die regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung des Versicherten habe es zur Linderung der Symptome keine schulmedizinische Behandlungsmethode gegeben. Bei ausschließlicher Anwendung von Chemotherapie (durch Oxaliplatin) wären stärkere Nebenwirkungen aufgetreten und der Versicherte wäre wesentlich früher verstorben. Außerdem habe die Kombination aus Chemotherapie und Hyperthermie zu einer Verkleinerung des Primärtumors und der Metastasen geführt, weshalb man sogar über eine Operation diskutiert habe. Das wäre bei alleiniger Chemotherapie nicht möglich gewesen. Es liege auch ein Systemversagen vor. Der GBA habe die Parallelbehandlung moribunder Krebspatienten mit Hyperthermie und Chemotherapie bei infauster Prognose nicht bewertet, weil es sich dabei um eine neue Behandlungsmethode handele, für die es derzeit noch keine verwertbaren klinischen Ergebnisse mit wissenschaftlichen Statistiken gebe. Die aus der Erfahrungsmedizin stammenden Erkenntnisse des Dr. Dr. R. seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 17.07.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 22.12.2011, 02.02.2012, 12.03.2012 und 21.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.11.2012 zu verurteilen, ihr die Kosten für die Behandlung des Versicherten mit Hyperthermie, Thymustherapie und Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen in der Zeit von November 2011 bis September 2012 i.H.v. 8.108,89 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft. Streitgegenstand des Klage- und des Berufungsverfahrens ist die Erstattung der Aufwendungen, die dem Versicherten für die ambulante Behandlung seiner Krebserkrankung durch Hyperthermie, Thymustherapie und Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen entstanden sind. Die Aufwendungen für die begleitende Misteltherapie sind nicht Streitgegenstand; die Beklagte hat die Kosten hierfür übernommen. Die Kosten, die dem Versicherten von Dr. Dr. R. für die streitgegenständliche Behandlung als privatärztliche Leistung in Rechnung gestellt worden sind, belaufen sich, wie im Klage- und Berufungsverfahren (unter Vorlage privatärztlicher Rechnungen) vorgetragen worden ist, auf 4.963,75 EUR (Hyperthermie), 2.925,00 EUR (Thymustherapie) und 220,14 EUR (Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen), insgesamt auf 8.108,89 EUR. Das ist unter den Beteiligten nicht streitig. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist damit überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher auch im Übrigen gem. § 151 SGG zulässig. Die Klägerin macht den Erstattungsanspruch zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Sie ist hierfür gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten (als mit ihm zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt lebende Ehegattin) prozessführungsbefugt. Da der Erstattungsanspruch über mehrere Zeitabschnitte selbst beschaffte Leistungen zum Gegenstand hat, stellt er (in jedem Fall) einen Anspruch auf laufende Geldleistungen i.S.d. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I dar (dazu BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 6/11 R -, in juris). Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 22.12.2011 die Übernahme der Kosten für die Thymus-Therapie abgelehnt; das Schreiben vom 30.03.2012 enthält insoweit nur eine wiederholende Verfügung, nicht jedoch einen erneuten Ablehnungsbescheid. Mit Bescheiden vom 02.02.2012 und (nach erneuter Prüfung) vom 12.03.2012 hat die Beklagte die Übernahme der Kosten für die Hyperthermie-Behandlung abgelehnt. Die Übernahme der Kosten für die Selen- und Vitamin-C-Infusionen ist mit Bescheid vom 21.06.2012 abgelehnt worden.

II.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat in seinem Urteil eingehend und zutreffend dargelegt, welche Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze für das Erstattungsbegehren der Klägerin maßgeblich sind, und dass sie die Erstattung der in Rede stehenden Aufwendungen nicht beanspruchen kann, weil die Beklagte die Gewährung der (zusätzlichen) ambulanten Behandlung der Krebserkrankung des Versicherten mit Hyperthermie, Thymuspräparaten und Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen durch Dr. Dr. R. und in der F. als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu Unrecht abgelehnt hat; die Ablehnungsbescheide der Beklagten entsprechen dem geltenden Recht und sind daher rechtmäßig. Der Senat nimmt auf die entsprechenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:

1.)

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Das Gesetz sieht damit in Ergänzung des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) ausnahmsweise Kostenerstattung vor, wenn der Versicherte sich eine Leistung auf eigene Kosten selbst beschaffen musste, weil sie von der Krankenkasse als Sachleistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt worden ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 02.11.2007, - B 1 KR 14/07 R -; Urteil vom 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -, beide in juris). Der Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 (Fall 1 und 2) SGB V reicht daher nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse (etwa auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V). Die Krankenkasse muss Aufwendungen des Versicherten nur erstatten, wenn die selbst beschaffte Leistung (nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Rechts, BSG, Urteil vom 08.03.1995, - 1 RK 8/94 -, in juris) ihrer Art nach oder allgemein von den Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen ist oder nur deswegen nicht erbracht werden kann, weil ein Systemversagen die Erfüllung des Leistungsanspruchs im Wege der Sachleistung gerade ausschließt (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Die Selbstbeschaffung der Leistung muss außerdem zu einer (zivil-)rechtlich wirksamen Kostenlast des Versicherten geführt haben. Daran kann es insbesondere bei Verstößen gegen das einschlägige öffentlich-rechtliche Preisrecht fehlen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - zur Gebührenordnung für Ärzte und zum Preisrecht für Krankenhausleistungen; auch etwa jurisPK-SGB V Schlegel/Voelzke, § 33 Rdnr. 49).

Der regelmäßig im Vordergrund stehende Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V (rechtswidrige Leistungsablehnung) setzt die rechtswidrige Ablehnung der Leistung durch die Krankenkasse und außerdem einen Ursachenzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Leistungsablehnung und der dem Versicherten durch die Selbstbeschaffung der Leistung entstandenen Kostenlast voraus. Dieser Ursachenzusammenhang fehlt, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (BSG, Urteil vom 30.06.2009, - B 1 KR 5/09 R -, in juris; vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sowie ab 01.01.2013 die Beschleunigungsvorschrift in § 13 Abs. 3a SGB V) oder wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat und fest entschlossen ist, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte. Das mit einer Entscheidung der Krankenkasse abzuschließende Verwaltungsverfahren stellt weder einen „Formalismus“ in dem Sinne dar, dass es ganz entbehrlich ist, noch in dem Sinne, dass es zwar durchlaufen werden muss, aber der Versicherte nicht gehalten ist, die Entscheidung der Krankenkasse in seine eigene Entscheidung inhaltlich einzubeziehen, sondern den Abschluss des Verwaltungsverfahrens nur „formal“ abwarten muss, jedoch schon vorbereitende Schritte einleiten darf, die Ausdruck seiner Entschlossenheit sind, sich die Leistung in jedem Fall endgültig zu verschaffen. § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V will dem Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Sachleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke festgestellt wird. Diese Feststellung zu treffen, ist nicht Sache des Versicherten, sondern der Krankenkasse. Nur sie hat in der Regel einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vorhandenen Versorgungsstrukturen und kann mit Hilfe dieser Informationen zuverlässig beurteilen, ob die begehrte Behandlung überhaupt zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehört und wenn ja, wie sie in dem bestehenden Versorgungssystem realisiert werden kann. Eine vorherige Prüfung durch die Krankenkasse, verbunden mit der Möglichkeit einer Beratung des Versicherten, ist sachgerecht; sie liegt gerade auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Behandlungskosten gegebenenfalls selbst tragen zu müssen, wenn ein zur Erstattungspflicht führender Ausnahmetatbestand nicht vorliegt (so: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Dem steht nicht entgegen, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 19.03.2009, - 1 BvR 316/09 -, in juris) nicht in der Weise ausgelegt werden darf, dass er für einen bestehenden Leistungsanspruch die Funktion eines anspruchsvernichtenden Tatbestands entwickelt.

Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V (unaufschiebbare Leistung) setzt voraus, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder z.B. wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist. Es kommt nicht (mehr) darauf an, ob es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten; die gegenteilige Rechtsprechung hat das BSG im Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris) aufgegeben. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Beschaffungsvorgang aus der Natur der Sache heraus eines längeren zeitlichen Vorlaufs bedarf und der Zeitpunkt der Entscheidung der Krankenkasse nicht abzusehen ist. § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V erfasst auch die Fälle, in denen der Versicherte zunächst einen Antrag bei der Krankenkasse stellte, aber wegen Unaufschiebbarkeit deren Entscheidung nicht mehr abwarten konnte (BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R - m.w.N., in juris). Liegt hingegen nicht nur ein Eilfall in diesem Sinne, sondern (sogar) ein (medizinischer) Notfall i.S.d. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, muss also ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden, ist der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V nicht einschlägig, sondern ausgeschlossen. Der Leistungserbringer erhält seine Vergütung für Notfallleistungen nicht vom (erstattungsberechtigten) Versicherten, sondern bei ambulanter Leistungserbringung von der Kassenärztlichen Vereinigung (aus der Gesamtvergütung, § 85 SGB V) und bei stationärer Leistungserbringung von der Krankenkasse. Der Erstattungstatbestand des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V kann daher (gerade) auch dann erfüllt sein, wenn zwischen der erstmaligen Anfrage des Versicherten bei einem Behandler, einer etwaigen Voruntersuchung und dem eigentlichen Behandlungsbeginn längere (Warte-)Zeiten, ggf. auch mehrere Wochen, verstreichen (auch dazu: BSG, Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris).

2.)

Davon ausgehend kann die Klägerin die Erstattung der dem Versicherten für die ambulante Behandlung seiner Krebserkrankung durch Dr. Dr. R. und die F. entstandenen Aufwendungen nicht beanspruchen. Unaufschiebbare Leistungen i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V stehen unstreitig nicht in Rede, so dass nur ein Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V in Betracht kommt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nicht erfüllt. Die Beklagte hat die Gewährung der - im Vordergrund des Leistungs- bzw. Erstattungsbegehrens stehenden - ergänzenden ambulanten Krebsbehandlung durch Hyperthermie (zusätzlich zu der dem Versicherten gewährten schulmedizinischen Chemotherapie) nicht zu Unrecht abgelehnt (unten a). Gleiches gilt für die Gewährung der Behandlung mit Thymuspräparaten bzw. mit Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen (unten b). Der Leistungsanspruch des Versicherten hat diese Behandlungsleistungen nicht umfasst. Sie können von der Krankenkasse nicht als (Sach-)Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt werden. Für die Kosten ihrer Beschaffung als privatärztliche Behandlungsleistung kann (und darf) die Versichertengemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten nicht aufkommen. Mangels rechtswidriger Leistungsablehnung kommt es auf Fragen des Beschaffungswegs oder der Ursächlichkeit der Leistungsablehnung für die Selbstbeschaffung nicht mehr an.

a)

Die ambulante Krebsbehandlung durch Hyperthermie (hier Elektro-Hyperthermie) als Ergänzung einer (schulmedizinischen) Chemotherapie ist nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der Krankenkassen.

Die sozialgerichtliche Rechtsprechung hat sich mit der Behandlung von Krebserkrankungen durch Hyperthermie (in Kombination mit anderen Behandlungsmethoden) mehrfach befasst und regelmäßig entschieden, dass diese Behandlungsmethode vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nicht umfasst ist (vgl. beispielhaft nur etwa: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.11.2015, - L16 KR 677/15 B ER - < Hyperthermie- und Laserbehandlung bei Pankreaskarzinom>; LSG Saarland, Urteil vom 21.10.2015, - L 2 KR 189/14 - ; Bayerisches LSG, Urteil vom 10.03.2015, - L 5 KR 52/12 - ; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.06.2014, - L 11 KR 3597/13 - ; Thüringer LSG, Urteil vom 01.10.2013, - L 6 KR 751/11 - ; anders etwa bei einem CUP-Syndrom, einer Krebserkrankung bei unbekanntem Primärtumor, bei dem es innerhalb kürzester Zeit trotz Chemotherapie und experimenteller Antikörpertherapie zu einer fortschreitenden Metastasierung in Leber, Lunge, Milz, Bauchspeicheldrüse, Magen, Magenwand und Lymphknoten gekommen war, LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.12.2014, - L 1 KR 21/13 -; alle in juris). Auch im vorliegenden Fall hat ein Leistungsanspruch des Versicherten auf Gewährung einer Hyperthermie-Behandlung nicht bestanden.

Als Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Krebsbehandlung durch Hyperthermie kommen, wie das SG in seinem Urteil zutreffend dargelegt hat, weder die Vorschriften des § 27 Abs. 1 SGB V noch die Rechtsgrundsätze zum so genannten Systemversagen der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern nur die in der Rechtsprechung des BVerfG entwickelten Rechtsgrundsätze zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. für die Zeit ab 01.01.2012 die diese Rechtsgrundsätze kodifizierenden und nach deren Maßgaben auszulegenden Regelungen in § 2 Abs. 1a SGB V in Betracht. In seinem grundlegenden Beschluss vom 06.12.2005 (- B 1 BvR 347/98 -, in juris) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne`sche Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Danach - so etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -; Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 7/05 R -, beide in juris - verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige GBA diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das Grundgesetz, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es liegt (1.) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Krankheit (BSG, Urteil vom 16.12.2008, - B 1 KN 3/07 KR R -; Übersicht etwa bei BSG, Urteil vom 5.5.2009, - B 1 KR 15/08 R -, alle in juris) vor. Für diese Krankheit steht (2.) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. Beim Versicherten besteht (3.) hinsichtlich der ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Es muss eine durch nahe Lebensgefahr gekennzeichnete individuelle Notlage gegeben sein (vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 10.11.2015, - 1 BvR 2056/12 - und vom 26.03.2014, - 1 BvR 2415713 -, beide in juris), wobei das BVerfG es in einer speziellen Situation (Apharesebehandlung in einem besonderen Fall) hat ausreichen lassen, dass die Erkrankung voraussichtlich erst in einigen Jahren zum Tod führt (BVerfG, Beschluss vom 06.02.2007, - 1 BvR 3101/06 -; zu alledem auch Senatsurteil vom 18.03.2015, - L 5 KR 3861/12 -, in juris).

Einem auf diese Rechtsgrundsätze bzw. auf die Vorschrift in § 2 Abs. 1a SGB V gestützten Leistungsanspruch des Versicherten hat hier schon entgegen gestanden, dass der GBA die Krebsbehandlung durch Hyperthermie (auch in Kombination mit Chemotherapie) durch Richtlinienentscheidung - in Anlage II Nr. 42 Method-RL - ausdrücklich aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen ausgeschlossen hat. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, ist für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs aber kein Raum mehr, wenn der GBA zu einer negativen Bewertung gelangt ist (BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 -R -; vgl. auch BSG, Beschluss vom 05.10.2015, - B 1 KR 69/15 B -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.04.2012, - L 4 KR 5054/10 -; für vorläufige Rechtsschutzverfahren anders etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.02.2007, - L 5 B 8/07 KR ER - oder LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.07.2011, - 5 KR 99/11 B ER -; diese Frage offen lassend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.06.2014,- L 11 KR 3597/13 -; alle in juris); stichhaltige Gründe, aus denen der maßgebliche Beschluss des GBA beanstandet werden könnte, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

Auch wenn man ungeachtet der genannten Richtlinienentscheidung des GBA einen verfassungs- bzw. grundrechtsunmittelbaren Leistungsanspruch (vgl. dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 10.11.2015, - 1 BvR 2056/12 - und vom 26.03.2014, - 1 BvR 2415713 -, beide in juris) bzw. einen auf § 2 Abs. 1a SGB V gestützten Leistungsanspruch des Versicherten nicht von vornherein ausschließen wollte, wären die Voraussetzungen eines solchen Leistungsanspruchs jedenfalls nicht erfüllt gewesen. Es hat an der auf Indizien gestützten nicht ganz fernliegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf gefehlt (dazu näher, insbesondere zur abstrakten und konkret-individuellen Prüfung und Abwägung von Risiken und Nutzen der Behandlungsmethode, BSG, Urteil vom 02.09.2014, - B 1 KR 4/13 R -, in juris Rdnr. 16). Dieses Erfordernis darf einerseits zwar nicht überspannt werden, etwa durch die Forderung eines Wirksamkeits- und Nutzennachweises durch evidenzbasierte Studien (vgl. etwa Senatsurteil vom 19.03.2014, - L 5 KR 1496/13 - , nicht veröffentlicht). Im Unterschied zur Anwendung von Arzneimitteln im Off-Label-Use (dazu BSG, Urteil vom 03.07.2012, - B 1 KR 25/11 R -; Urteil vom 08.11.2011, - B 1 KR 19/10 R -, beide in juris) genügen nämlich schon (Wirksamkeits-)Indizien, die sich auch außerhalb von Studien oder vergleichbaren Erkenntnisquellen oder von Leitlinien der ärztlichen Fachgesellschaften finden können (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 02.09.2014, a.a.O.: wissenschaftliche Verlaufsbeobachtung anhand von 126 operierten Menschen, unterstützt durch Parallelbeobachtungen von Tierversuchen und untermauert durch wissenschaftliche Erklärungsmodelle). Steht in den Fallgestaltungen des § 2 Abs. 1a SGB V (lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche bzw. wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung) eine nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethode generell nicht zur Verfügung oder scheidet sie im konkreten Einzelfall (nachgewiesenermaßen) aus, sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen „je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften Hinweise (so BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, - 1 BvR 347/98 -, in juris Rdnr. 66) auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg. Andererseits darf die in Rede stehende und im Einzelfall vielfach maßgebliche Voraussetzung für die grundrechtsorientierte (erweiternde) Auslegung des Leistungskatalogs auch nicht (gänzlich) aufgelöst werden. Das subjektive Empfinden des Versicherten, ggf. gestützt durch die entsprechende Einschätzung oder Empfehlung behandelnder Ärzte oder deren Erfahrungen bei Behandlungen der in Rede stehenden Art im Einzelfall, genügt für sich allein genommen nicht (vgl. dazu auch etwa BSG, Urteil vom 07.11.2006, - B 1 KR 24/06 R -, in juris Rdnr 32 f.).

Aus den vorliegenden MDK-Gutachten geht für den Senat überzeugend hervor, dass die vorstehend genannte Voraussetzung für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs nicht erfüllt gewesen ist. Der Senat entnimmt dies insbesondere den fundierten und schlüssigen Darlegungen des Dr. T. (Fachreferat Onkologie des MDK) in dessen Gutachten vom 09.12.2013 und vom 19.05.2014. Danach muss im Ausgangspunkt unterschieden werden zwischen dem Verfahren der wissenschaftlichen Hyperthermie, deren Anwender sich in einer Interdisziplinären Arbeitsgruppe der Deutschen Krebsgesellschaft (Atzelsberger Kreis) und der Arbeitsgruppe Hyperthermie der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie organisiert haben, und dem Verfahren der so genannten Elektro-Hyperthermie, deren Anwender organisiert sind in der Deutschen Gesellschaft für Hyperthermie als Mitglied des Dachverbands der Ärztegesellschaft für Naturheilkunde und Komplementärmedizin. Dr. Dr. R. und die F. haben bei dem Versicherten ersichtlich das Verfahren der Elektro-Hyperthermie angewendet. Bei diesem Verfahren werden andere Geräte eingesetzt als bei den Verfahren der wissenschaftlichen Hyperthermie, von denen sich die Elektro-Hyperthermie nicht zuletzt deswegen hinsichtlich des Qualitätsmanagements substantiell unterscheidet. Bei der Elektro-Hyperthermie fehlt - so Dr. T. - vor allem die Temperaturdosisplanung bzw. die Bestimmung der im Zielgewebe tatsächlich erreichten Temperatur. Dr. T. hat demzufolge überzeugend dargelegt, dass für die Methode der Elektro-Hyperthermie indikationsunabhängig keinerlei Evidenz für einen Wirksamkeitsnachweis vorliegt (dazu auch etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.06.2014, - L 11 KR 3597/13 -, in juris Rdnr. 36). Klinische Studien zum Wirksamkeitsnachweis der in der komplementären Elektro-Hyperthermie angewandten Methode (Elektro-Hyperthermie in Kombination mit schulmedizinischer Chemotherapie) hat Dr. T. nicht auffinden können. Deshalb bleibt namentlich auch unklar, ob die Elektro-Hyperthermie zusätzlich zu der beim Versicherten durchgeführten Chemotherapie mit einer speziellen Wirksamkeit verbunden gewesen ist. Für die abweichenden Annahmen der behandelnden Ärzte des Versicherten, des Dr. H. und des Dr. Dr. R., fehlen daher die evidenzbasierten medizinischen Grundlagen. Diese Ärzte stützen sich auf (auch nicht weiter wissenschaftlich substantiierte und für die sozialmedizinische Beurteilung nachvollziehbar dokumentierte) persönliche Erfahrungen in ihrer Behandlungspraxis. Für die Begründung eines Leistungsanspruchs aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung genügt das nicht. Das gilt auch für die ersichtlich positiven Feststellungen, die im Verlauf der Behandlung des Versicherten getroffen worden sind. Auch wenn daraus möglicherweise im Nachhinein Anhaltspunkte für ein Ansprechen der Behandlung im Einzelfall abzuleiten wären, würde das im Hinblick auf die eingangs dargestellten Anforderungen an die verfassungs- bzw. grundrechtsunmittelbare Begründung krankenversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche nicht genügen können. Die Gutachter des MDK haben außerdem schlüssig dargelegt, dass das von den behandelnden Ärzten beschriebene Ansprechen der Behandlung (etwa durch die Beobachtung des Verlaufs des Tumormarkers oder durch bildgebende Verfahren - Arztbriefe des Dr. St. vom 01.02.2012, 19.03.2012 und Bericht vom 31.03.2014; Berichte des Dr. H. vom 20.08.2013 und des Dr. Dr. R. vom 28.08.2013 und vom 09.04.2014) nicht ohne Weiteres auf die Anwendung der Elektro-Hyperthermie zusätzlich zur schulmäßigen Chemotherapie bzw. auf einen Synergieeffekt beider Behandlungsmethoden zurückgeführt werden kann; die bereits dargestellte Erkenntnislage in der medizinischen Wissenschaft kann diese Annahme nicht stützen. Dr. T. hat im MDK-Gutachten vom 09.12.2013 demzufolge überzeugend dargelegt, dass unklar ist, ob das genannte Therapieansprechen Folge der Kombination von Elektro-Hyperthermie und Chemotherapie gewesen ist oder ob es nur auf der Chemotherapie beruht hat, die auch ohne Elektro-Hyperthermie teils unter- teils aber auch überdurchschnittlich ansprechen kann (so auch Dr. W. im MDK-Gutachten vom 09.03.2012).

Die weiter vorliegenden MDK-Gutachten stützen und bestätigen die Auffassung des Dr. T. zusätzlich. So hat vor allem Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 unter Abgrenzung der wissenschaftlichen Hyperthermie, die in klinischen Studien an speziellen Zentren (Universitätskliniken) durchgeführt wird, von der Elektro-Hyperthermie (weiter präzisierend) dargelegt, dass bei der wissenschaftlichen Hyperthermie anders als bei der Elektro-Hyperthermie technische Geräte eingesetzt werden, die neben der Temperaturdosisplanung eine Verifikation der tatsächlich erzielten Temperatur über Temperaturmessungen ermöglichen. Dies ist mit den bei der Elektro-Hyperthermie genutzten (einfacheren) Geräten nicht möglich, weshalb bei diesem Verfahren eine wissenschaftlich-technische Therapieplanung, die Möglichkeit der Fokussierung der Energieverteilung im Zielgebiet und eine valide Temperaturkontrolle im Zielvolumen nicht möglich ist. Deswegen hat die Arbeitsgemeinschaft Hyperthermie der Deutschen Krebsgesellschaft an der Elektro-Hyperthermie auch wiederholt (- so Dr. B.-N.: scharfe -) Kritik geäußert. Dr. B.-N. hat in Übereinstimmung mit Dr. T. betont, dass es keine Studien gibt, die (insbesondere) einen Nutzen der Elektro-Hyperthermie für die Krebsbehandlung belegen könnten. Es gibt - so Dr. B.-N. - keine Studien, die Hinweise auf eine positive Einwirkung der Hyperthermie (Ganzkörperhyperthermie bzw. lokoregionale Tiefenhyperthermie) allein oder in Verbindung mit Chemotherapie auf den Krankheitsverlauf im vorliegenden Fall erbringen würden. Die für die Behandlung des (wie ein Magenkarzinom zu behandelnden) AEG-Karzinoms einschlägige S3-Leitlinie „Magenkarzinom“ der zuständigen deutschen Fachgesellschaft und ebenso die entsprechende Leitlinie der zuständigen amerikanischen Fachgesellschaft erwähnen die Hyperthermie als Methode zur Behandlung dieser Krebserkrankung nicht.

Damit kann die - wissenschaftliche - Hyperthermie ggf. in klinischen Studien zur Behandlung schwieriger und fortgeschrittener Krebserkrankungen (worauf Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 ebenfalls hingewiesen hat) in spezialisierten (universitären) Zentren (etwa in D., E., M. und T.) auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden, nicht jedoch die (ambulante) Elektro-Hyperthermie, auch nicht in Kombination mit anderen Behandlungsverfahren, wie der Chemotherapie. Angesichts der medizinisch und technisch begründeten Unterschiede beider Behandlungsmethoden kann die Klägerin den geltend gemachten Erstattungsanspruch auf Gründe der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) ebenfalls nicht stützen.

b)

Die Beklagte hat auch die Gewährung der (ergänzenden) Thymustherapie und der Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen zu Recht abgelehnt. Hierfür gilt das Vorstehende weitgehend entsprechend.

Bei der Thymustherapie handelt es sich ersichtlich um eine Pharmakotherapie (zur Abgrenzung der Pharmakotherapie von der ärztlichen Behandlung näher Senatsurteil vom 18.03.2015, - L 5 KR 3861/12 -, in juris Rdnr. 39 m.w.N.). Das beim Versicherten angewandte Thymus-Präparat ist - so der Arzt E. im MDK-Gutachten vom 28.03.2012 - ein nicht verschreibungspflichtiges (homöopathisches) Arzneimittel. Es kann daher gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. mit den einschlägigen Vorschriften der AMR zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnet werden (§ 12 Abs. 1 SGB V i.V.m. Anlage I AMR; zur Verfassungsmäßigkeit des Leistungsausschlusses etwa BSG, Urteil vom 15.12.2015, - B 1 KR 30/15 R -, in juris). Die dargestellten Grundsätze für die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung führen auch hier nicht weiter. Wie Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012 dargelegt hat (ebenso der Sache nach der Arzt E. im MDK-Gutachten vom 11.05.2012), gibt es keine Studien, die darauf hinweisen könnten, dass im Fall des AEG-Karzinoms durch Thymustherapie eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bewirkt werden kann, und es gibt auch keine Hinweise auf eine positive Einwirkung durch Thymustherapie in Kombination mit Chemotherapie und Hyperthermie. Die Literaturrecherche hat Hinweise auf Studien, die die von Dr. Dr. R. postulierten Therapieerfolge belegen oder dies (auch nur) untersuchen würden, nicht ergeben. Auch in der bereits erwähnten deutschen S3-Leitlinie „Magenkarzinom“ und in der entsprechenden amerikanischen Leitlinie wird die Thymustherapie als Behandlung von AEG-Tumoren nicht erwähnt (so Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 22.08.2012). Dr. Dr. R. hat im Bericht vom 09.04.2014 ebenfalls eingeräumt, dass es für die in Rede stehende Krebsbehandlung den Kriterien der medizinischen Wissenschaft entsprechende Studien nicht gibt.

Die Behandlung mit Vitamin-C- bzw. Selen-Infusionen stellt ebenfalls eine Pharmakotherapie dar. Die beim Versicherten angewandte Injektionslösung ist wie das verabreichte Thymuspräparat ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel und kann aus den bereits zur Thymustherapie dargestellten Gründen zu Lasten der Krankenkassen nicht verordnet werden; die Ausnahmeindikation des schwerwiegenden, durch eine entsprechende Ernährung nicht behebbaren Vitaminmangels hat beim Versicherten (unstreitig) nicht vorgelegen. Dr. B.-N. hat das im MDK-Gutachten vom 30.08.2012 näher dargelegt. Auch hier führen die Grundsätze zur grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung nicht weiter. Wie Dr. B.-N. im MDK-Gutachten vom 30.08.2012 ausgeführt hat, hat es nach der Datenlage an einer begründeten Aussicht auf die Erzielung eines Behandlungserfolgs bei der Krebserkrankung des Versicherten gefehlt. Dr. B.-N. hat seine Einschätzung unmittelbar zwar auf die Anwendung des in Rede stehenden Arzneimittels im (richterrechtlichen) Off-Label-Use (dazu etwa Senatsurteil vom 08.03.2015, - L 5 KR 3861712 -, in juris Rdnr. 44) bezogen. Seine Ausführungen belegen zugleich aber das Fehlen einer durch Indizien gestützten nicht ganz fernliegenden Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf der Krebserkrankung. Die Anwendung der in Rede stehenden Infusionen (ebenso der Thymus-Präparate) hat außerdem ersichtlich eine Begleitbehandlung der - ganz im Vordergrund stehenden - Hyperthermie-Behandlung des Versicherten (als Hauptbehandlung) dargestellt, die dadurch hat unterstützt werden sollen. Die Infusionsbehandlung kann damit in leistungsrechtlicher Hinsicht (bezogen auf die grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungskatalogs) letztendlich nicht wesentlich anders beurteilt werden als die genannte Hauptbehandlung selbst.

Die Klägerin stützt sich für ihr Kostenerstattungsbegehren insgesamt (nachvollziehbar) im Kern auf die positive Selbsteinschätzung des Versicherten hinsichtlich eines für ihn spürbaren Behandlungserfolgs, auch durch die Möglichkeit, die Dosis der weiterhin angewandten Chemotherapeutika herabzusetzen und deren Nebenwirkungen abzumildern. Wie eingangs dargelegt, genügt das für die Aufnahme der in Rede stehenden Methoden zur Behandlung des AEG-Karzinoms in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung indessen ebenso wenig wie die Einschätzung der behandelnden Ärzte, die die Entscheidung des Versicherten zur Durchführung (vor allem) der Hyperthermie-Behandlung als in seiner Lage medizinisch sinnvoll angesehen haben.

Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen in medizinischer Hinsicht nicht auf.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).