OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.10.2015 - 9 U 133/14
Fundstelle
openJur 2016, 9795
  • Rkr:

1. Die Verpflichtung zur Versicherung an Eides statt gemäß § 259 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass der Beklagte zur Erteilung der Auskunft, deren Richtigkeit im Streit steht, verpflichtet war.

2. Erteilt der Beklagte eine Auskunft, deren Gegenstand einer titulierten Auskunftspflicht nicht entspricht (hier: Vorlage einer Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung statt Anfertigung einer Aufstellung über Einnahmen und Ausgaben), ergibt sich aus § 259 Abs. 2 BGB - auch bei Zweifeln an der Richtigkeit der Auskunft - kein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Dem Kläger bleibt es jedoch unbenommen, aus dem Auskunftstitel die Vollstreckung zu betreiben.

Hinweis: Die Berufung des Klägers wurde mit weiterem Beschluss des Senats vom 06.10.2015 zurückgewiesen.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 19.09.2014 - 3 O 110/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Entscheidung des Senats ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Zurückweisung der Berufung beruht auf § 522 Abs. 2 ZPO. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die in § 522 Abs. 2 Ziffer 2, 3, 4 ZPO genannten Gesichtspunkte stehen einer Zurückweisung durch Beschluss nicht entgegen. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf die den Parteien bekannten Ausführungen im Beschluss vom 21.07.2015. Auf diesen Beschluss wird auch wegen des Sachverhalts verwiesen (vgl. I der Gründe im Beschluss vom 21.07.2015).

Zu den Einwendungen des Klägers in den beiden Schriftsätzen vom 14.09.2015 und vom 21.09.2015 weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:

1. Der Senat hat - entgegen der Auffassung des Klägers im Schriftsatz vom 14.09.2015 - berücksichtigt, dass die Beklagte mit Teil-Anerkenntnis-Urteil des Landgerichts Konstanz vom 19.07.2013 rechtskräftig zur Auskunftserteilung verurteilt worden ist. Einer Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung steht nicht etwa eine fehlende Auskunftspflicht der Beklagten entgegen; vielmehr fehlt eine dem Teil-Anerkenntnis-Urteil vom 19.07.2013 entsprechende Auskunft der Beklagten. Nur auf eine Auskunft, deren Gegenstand der titulierten Verpflichtung entspricht, könnte sich gemäß § 259 Abs. 2 BGB die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung beziehen. Darauf hat der Senat bereits im Beschluss vom 21.07.2015 Seite 8 f. hingewiesen.

2. Die Beklagte ist nach dem Teil-Anerkenntnis-Urteil vom 19.07.2013 verpflichtet, dem Kläger für einen bestimmten Zeitraum Auskunft zu erteilen über „die Einnahmen und Ausgaben“ der von den Parteien geführten GbR. Damit ist eine übersichtliche Aufstellung gemeint, aus der sich für den von der GbR geführten Restaurant-Betrieb für jeden einzelnen Tag insbesondere die jeweilige Summe der Einnahmen entnehmen lässt (vgl. Seite 7 des Senatsbeschlusses vom 21.07.2015). Der Kläger meint, aus von der Beklagten übergebenen Buchhaltungsunterlagen und vorgelegten Belegen seien Einnahmen und Ausgaben ersichtlich. Die übergebenen Unterlagen entsprächen mithin gegenständlich der titulierten Auskunftsverpflichtung. Daher ergebe sich aus § 259 Abs. 2 BGB eine Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hinsichtlich der Angaben in diesen Unterlagen.

Es kann dahinstehen, ob und inwieweit sich aus von der Beklagten übergebenen Unterlagen Einnahmen und Ausgaben der GbR im Sinne der titulierten Auskunftspflicht entnehmen lassen. Denn der Antrag des Klägers im Berufungsverfahren bezieht sich allein auf den „von dem Steuerberater M. am 04.07.2014 erstellten Abschluss der W. GbR Restaurant „L.“ zum 31.10.2012“. Dieser im Verfahren vorgelegte Abschluss enthält jedoch keine Aufstellung „über die Einnahmen und Ausgaben“ der GbR. Da der Berufungsantrag des Klägers sich nicht auf „Buchhaltungsunterlagen“ und „Belege“ bezieht, kann dahinstehen, auf welche Weise ggf. die „Buchhaltungsunterlagen“ und „Belege“ im Antrag in vollstreckungsfähiger Form zu konkretisieren wären.

3. Es trifft nicht zu, dass der von der Beklagten vorgelegte Jahresabschluss mit dem Gegenstand der titulierten Auskunftspflicht „vergleichbar“ wäre. Entscheidend ist, dass sich aus dem Jahresabschluss keine Einzelaufstellung von Einnahmen und Ausgaben ergibt. Wenn eine Auskunft erteilt wird, die gegenständlich dem Auskunftsurteil nicht entspricht, kommt kein Anspruch auf eidesstattliche Versicherung in Betracht; vielmehr muss der Gläubiger zunächst die Vollstreckung aus dem Auskunftstitel betreiben (vgl. dazu beispielsweise auch die vom Kläger zitierte Entscheidung OLG Köln, FamRZ 1990, 1128, 1129).

4. Die Auffassung des Klägers, eine Verpflichtung zur Versicherung an Eides statt bestehe auch dann, wenn eine Auskunft „freiwillig“ erteilt werde, trifft nicht zu. Eine rechtliche Anspruchsgrundlage für die Versicherung an Eides statt besteht nur, wenn es einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Auskunftserteilung gibt, oder wenn die Auskunftsverpflichtung tituliert ist. Darauf hat der Senat bereits im Beschluss vom 21.07.2015 hingewiesen.

5. Entgegen der Auffassung des Klägers käme im Übrigen ein Anspruch auf Versicherung an Eides statt gemäß § 259 Abs. 2 BGB nur bezüglich der Aufstellung über die Einnahmen in Betracht, und nicht bezüglich der Ausgaben (vgl. den Senatsbeschluss vom 21.07.2015, Seite 10). Eine Erstreckung der Verpflichtung gemäß § 259 Abs. 2 BGB auf die Ausgaben ergibt sich auch aus der vom Kläger im Schriftsatz vom 21.09.2015 zitierten Rechtsprechung und Literatur nicht. Vielmehr hat die Rechtsprechung eine über den Wortlaut des § 259 Abs. 2 BGB hinausgehende Verpflichtung nur in Sonderfällen anerkannt, deren Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 02.11.1960 - V ZR 124/59 -, = BGHZ 33, 373, Rn. 13 für den Fall einer Auskunft gemäß § 260 BGB; BGH, Urteil vom 03.07.1984 - X ZR 34/83 -, = BGHZ 92, 62, Rn. 13, 14 für die Rechnungslegungspflicht eines Schutzrechtsverletzers). Ein Bedürfnis für eine eidesstattliche Versicherung, die - über den Wortlaut von § 259 Abs. 2 BGB hinaus - auch Auskünfte über die Ausgaben der GbR umfasst, besteht schon deshalb nicht, weil dem Kläger zur Berechnung eines eventuellen Auseinandersetzungsanspruchs andere rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Darauf hat der Senat bereits im Beschluss vom 21.07.2015 (Seite 9, 10) hingewiesen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

8. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3 ZPO.

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