OLG Hamburg, Beschluss vom 12.05.2016 - 8 W 49/16
Fundstelle
openJur 2016, 9454
  • Rkr:
Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16.04.2016, Az. 327 O 197/15, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 899,58 Euro.

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist richtig.

Die zugunsten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr für das Abmahnverfahren war nicht anteilig auf die Verfahrensgebühr des Verfügungsverfahrens anzurechnen.

Zwar kann eine Anrechnung einer vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr im Rahmen der in § 15a Abs. 2 RVG geregelten Fällen stattfinden (Hanseatisches OLG, Beschluss vom 10.03.2016, Az. 4 W 20/16; vgl. auch BGH AGS 2010, 263; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl. 2015, § 15a, Rn. 29 ff.). Zu diesen Fällen zählt aber nur scheinbar auch der vorliegende Sachverhalt im Hinblick auf eine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG. Nach § 15a Abs. 1 RVG kann sich ein Dritter dann auf die Anrechnung berufen, wenn er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wenn wegen eines der beiden Ansprüche ein Vollstreckungstitel gegen ihn besteht oder beide Gebühren im selben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.

Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner neben dem vorliegenden Verfügungsverfahren und dem ihm vorausgehenden Abmahnverfahren nämlich auch ein dem einstweiligen Verfügungsverfahren folgendes Hauptsacheverfahren angestrengt. Der Antragsteller hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, in dem Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht zu dem Aktenzeichen 327 O 307/15 für die Kosten der Abmahnung nicht eine 1,3 Geschäftsgebühr erstattet verlangt und zugesprochen erhalten zu haben, sondern wegen der vorzunehmenden Anrechnung nur eine 0,65 Gebühr zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale.

Verdient der Rechtsanwalt im Abmahnverfahren eine Geschäftsgebühr gemäß VV RVG 2300, so ist diese gemäß VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 zur Hälfte, maximal aber mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr im einstweiligen Verfügungsverfahren bzw. im Hauptsacheverfahren anzurechnen (Gerold/Schmidt-Müller.Rabe, RVG, 22. Aufl. 2015, Anhang II Rn. 133 mwN, Hanseatisches OLG, Beschluss vom 05.10.2015, 4 W 110/15). Da die Anrechnung aber lediglich verhindern soll, dass die gleiche oder annähernd gleiche Tätigkeit zweimal honoriert wird, wenn sie hinsichtlich unterschiedlicher Angelegenheiten anfällt, z.B. zunächst als außergerichtliche und später als gerichtliche (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 22. Auflage 2015, Vorb. 3 VV RVG Rn. 245), ist die vom Antragsgegner zur Anrechnung postulierte Geschäftsgebühr für das Abmahnverfahren aber bereits dadurch „verbraucht“, dass dort lediglich eine 0,65 Geschäftsgebühr geltend gemacht worden ist. Findet nämlich wegen des selben Unterlassungsanspruchs ein Eil- und ein Hauptsacheverfahren statt, ist zwar der Gegenstand der Abmahnung derselbe. Dennoch findet eine doppelte Anrechnung nicht statt, weil das Gesetz eine doppelte Anrechnung nicht kennt (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl. 2015, Anhang II Rn. 137). Eine erneute Anrechnung würde nicht eine doppelte Honorierung verhindern, sondern das Honorar des Rechtsanwalts auf Antragstellerseite unverdient doppelt mindern.

Schließlich macht der Antragsteller im vorliegenden Verfahren auch nicht beide Gebühren gegen den Antragsgegner geltend.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beschwerdewert entspricht der Differenz zwischen einer 1,3 und einer 0,65 Verfahrensgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG, Nr. 31 00 VV RVG nach einem Streitwert im Verfügungsverfahren von 50.000 Euro.

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