OLG Schleswig, Urteil vom 27.07.2016 - 9 U 34/16
Fundstelle
openJur 2016, 9348
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Februar 2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Flensburg sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann eine Vollstreckung durch den Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.774,48 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist der Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 23. Januar 2013 am 11. April 2013 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der … mbH (nachfolgend Schuldnerin). Bei der Schuldnerin handelt es sich um eine Beteiligungsgesellschaft, die im Zeitpunkt des Eigenantrags mit einem Anteil von 50 % nur noch an der … GmbH (nachfolgend GmbH) beteiligt war, welche ein Restaurant in F betrieb. Über das Vermögen der GmbH wurde auf Antrag vom 4. (Bl. 2 d.A.) oder vom 10. Dezember 2012 (Bl. 57 R d.A.) am 1. April 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Verwalter bestellt. Durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 17. Januar 2013 war der Beklagte bereits zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden. Das Insolvenzgericht hatte ferner angeordnet, dass Zahlungen wirksam nur noch an den Beklagten geleistet werden können.

Die GmbH stand in geschäftlicher Beziehung zur X-Bank und erhielt von dieser regelmäßig Zahlungen aus Kreditkartenabrechnungen. Weil das Geschäftskonto der GmbH von einem Gläubiger gepfändet worden war, veranlasste der mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin personenidentische Geschäftsführer der GmbH die X-Bank dazu, die Zahlungen aus den Kreditkartenabrechnungen an die Schuldnerin zu leisten. Die Zahlungen gingen zunächst auf dem allgemeinen Geschäftskonto der Schuldnerin ein. Nachdem auch dieses gepfändet worden war, überwies die X-Bank die Gelder auf ein von dem Geschäftsführer für diesen Fall eröffnetes (Vorrats-) Konto bei der Y-Bank N. Als die erste Zahlung der X-Bank auf diesem Konto einging, befand sich das Konto mit 13,20 € im Soll, was auf (Soll-)Zinsen und Kontoführungsgebühren und einer Überweisung an die GmbH in Höhe von 5,00 € vom 2. November 2012 beruhte. In der Zeit vom 3. bis zum 24. Januar 2013 überwies die X-Bank in fünf Einzelbeträgen insgesamt 13.183,85 € auf das Konto. Nach Verrechnung mit dem Sollstand in Höhe von 13,20 € wurden 5.396,17 € an einen Lieferanten der GmbH gezahlt. Das restliche Kontoguthaben wurde am 17. Januar (5.461,89 €) und am 25. Januar 2013 (2.312,59 €) an den Beklagten überwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Kontoverlaufs wird auf die Anlage B1 (Bl. 46 ff d.A.) Bezug genommen.

Unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung verlangt der Kläger von dem Beklagten in dessen Funktion als Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH die Rückgewähr der an diesen – als vorläufigen Verwalter – geleisteten Zahlungen. Der Beklagte ist der Ansicht, er sei zur Rückgewähr nicht verpflichtet, weil es sich bei den zur Überweisung gelangten Geldern um zur Aussonderung berechtigendes Treugut gehandelt habe. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch aus Insolvenzanfechtung bestehe auch deshalb nicht, weil die Zahlungen der X-Bank an die Schuldnerin ihrerseits der Insolvenzanfechtung unterlegen hätten. Der Beklagte hat zudem hilfsweise die Aufrechnung erklärt mit einem Zahlungsanspruch über 8.527,55 €. Dabei handelt es sich um einen Betrag, den der Kläger nach mittelbarer Zuwendung aufgrund einer Schenkungsanfechtung von einem Gläubiger der GmbH erlangt hat und den der Beklagte aufgrund des Vorrangs der Deckungsanfechtung für sich beansprucht.

Das Landgericht hat sich nach zeugenschaftlicher Vernehmung des Geschäftsführers der Schuldnerin und der GmbH davon überzeugt, dass die Annahme eines Treuhandkontos gerechtfertigt sei. Es hat die Klage deshalb abgewiesen.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er verfolgt sein ursprüngliches Rechtsschutzziel in vollem Umfang weiter und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere meint er, das für die wirksame Einrichtung eines Treuhandkontos notwendige Offenkundigkeitsprinzip sei nicht gewahrt. Im Übrigen sei es zur einer Vermischung des Vermögens der Schuldnerin mit dem der GmbH auf dem Konto gekommen. Er beantragt,

unter Abänderung des Urteil des Landgerichts Flensburg vom 11. Februar 2016 zum Az. 7 O 54/15 den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 7.774,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 11. April 2013 zu zahlen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet. Der Kläger kann von dem Beklagten nicht Zahlung in Höhe von 7.774,48 € nebst Zinsen verlangen. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 143 Abs. 1 InsO in Verbindung mit den §§ 129 ff InsO. Es fehlt an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung als unabdingbare Voraussetzung einer jeden Insolvenzanfechtung (§ 129 Abs. 1 InsO).

1. Die Klage ist allerdings zulässig. Die Regelung des § 87 InsO zwingt den Kläger nicht dazu, einen möglichen Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 InsO nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren zu verfolgen. Es ist daher nicht erforderlich, die Forderung zunächst zur Tabelle anzumelden (§ 174 InsO). Bestünde der geltend gemachte Rückgewähranspruch, berechtigte dieser zur Aussonderung.

a) Dass der Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 InsO in der Insolvenz des Anfechtungsgegners ein Aussonderungsrecht begründen kann, ist seit der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. Oktober 2003 (Az. IX ZR 252/01, ZIP 2003, 2307) anerkannt (vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - IX ZR 138/06, BGHZ 178, 171 Rn. 15; vom 2. April 2009 - IX ZR 236/07, ZIP 2009, 1080 Rn. 42 f). Maßgebend hierfür sind die Wertungen, die den einschlägigen Gesetzesnormen zugrunde liegen. Danach bewirkt das dem Insolvenzverwalter eingeräumte Anfechtungsrecht eine Änderung der Vermögenszuordnung. Gegenstände, die aufgrund einer in den §§ 129 ff InsO genannten Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden sind, müssen auf die Anfechtung des Verwalters hin der den Gläubigern haftenden Masse wieder zugeführt werden. Sie werden damit als ein dem Zugriff der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehendes Objekt der Vermögensmasse des insolventen Schuldners behandelt, obwohl sie schuld- und sachenrechtlich wirksam in das Eigentum des Anfechtungsgegners übergegangen sind. Diese Wertung findet ihre Bestätigung in § 145 Abs. 1 InsO und ist auch aufgrund der Interessenlage der Beteiligten rechtlich geboten. Es wäre nicht einzusehen, warum die Gläubiger des insolvent gewordenen Anfechtungsgegners von Rechtshandlungen sollten profitieren können, die – im Hinblick auf die beiderseitige Insolvenz – als ungerechtfertigte Vermehrung der Vermögensmasse des Empfängers erscheinen (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003, aaO S. 2310 f).

b) Die Aussonderungskraft des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs erlischt mit dem Untergang des auszusondernden Gegenstands (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - IX ZR 228/02, BGHZ 155, 199, 204). Der Bundesgerichtshof hat deshalb ein Aussonderungsrecht des anfechtenden Insolvenzverwalters verneint, nachdem nach Einziehung der anfechtbar abgetretenen Forderung, die noch vor Verfahrenseröffnung erfolgt war, nur ein Wertersatzanspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO zur Entstehung gelangt war. An die Stelle des Aussonderungsrechts könne ein Recht auf Ersatzaussonderung der Gegenleistung treten, soweit diese in der Insolvenzmasse unterscheidbar vorhanden sei. Ferner könne eine (Masse-)Forderung aus einer ungerechtfertigten Bereicherung entstehen (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO), wenn die Bereicherung nach Verfahrenseröffnung erfolge (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003, aaO 204 f).

c) Damit ist noch nicht geklärt, wie zu entscheiden ist, wenn der dem Vermögen des (künftigen) Schuldners durch die anfechtbare Rechtshandlung entzogene Gegenstand zu keinem Zeitpunkt in das Vermögen des Anfechtungsgegners gelangt. Der durch den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24. Juni 2003 (aaO) entschiedene Fall zeichnete sich dadurch aus, dass sich die anfechtbar abgetretene Forderung zunächst aussonderungsfähig im Vermögen des späteren Schuldners befand und deshalb infolge der Einziehung der Forderung ein Ersatzaussonderungsrecht zur Entstehung gelangt sein konnte oder eine Forderung gegenüber der Masse nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Der Bundesgerichtshof konnte deshalb dem Wertersatzanspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO die (primäre) Aussonderungskraft absprechen, ohne der von dem anfechtenden Insolvenzverwalter verwalteten Masse den mit der Annahme der Aussonderungskraft des Anfechtungsanspruch bezweckten Schutz (vgl. dazu oben unter a)) vollständig zu versagen.

Anders liegt der Fall, wenn ein aussonderungsfähiger Gegenstand zu keinem Zeitpunkt in das Vermögen des späteren Schuldners gelangt und deshalb weder ein Ersatzaussonderungsrecht noch eine Masseforderung entstehen können. Spräche man auch hier dem Wertersatzanspruch jegliche Aussonderungskraft ab, bliebe dem anfechtenden Insolvenzverwalter nur die Verfolgung einer einfachen Insolvenzforderung und würden die Gläubiger des insolvent gewordenen Anfechtungsgegners von Rechtshandlungen profitieren können, die – im Hinblick auf die beiderseitige Insolvenz – als ungerechtfertigte Vermehrung der Vermögensmasse des Empfängers erscheinen. Dieses Ergebnis sollte mit der Annahme der Aussonderungskraft des Anfechtungsanspruchs vermieden werden (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2003, aaO S. 2310 f).

d) Um einen Fall im vorstehenden Sinne handelt es sich bei der hier zu beurteilenden Übertragung von Buchgeld aus einem Kontoguthaben des späteren Schuldners. Infolge der Belastungsbuchung durch die Bank wird dessen Vermögen der Anspruch auf Auszahlung des entsprechenden Guthabens entzogen. Dieser Anspruch gelangt nicht in das Vermögen des Überweisungsempfängers. Nur sein Wert schlägt sich dort in Gestalt einer entsprechenden Erhöhung des Buchgeldbestands nieder. Die Gutschrift auf dem Konto des Überweisungsempfängers ist nicht im Sinne des § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben. Dies hat zur Folge, dass von vornherein nur ein Wertersatzanspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO entsteht.

Wollte man dem im Falle der Übertragung von Buchgeld nur in Betracht kommenden Wertersatzanspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO jegliche Aussonderungskraft versagen, könnte dieser von vornherein nur als einfache Insolvenzforderung geltend gemacht werden. Die daraus resultierende Lücke im Schutz der von dem anfechtenden Insolvenzverwalter verwalteten Masse wäre erheblich, weil die Begleichung von Forderungen durch die Übertragung von Buchgeld im geschäftlichen Verkehr abgesehen von den Bargeschäften des täglichen Lebens die Regel darstellt.

Zugleich entstünden mehr oder weniger dem Zufall geschuldete Ergebnisse. Übertrüge etwa der spätere Schuldner in anfechtbarer Weise eine Forderung zur Einziehung, könnten dem anfechtenden Insolvenzverwalter auch noch nach erfolgter Einziehung ein (Ersatz-)Aussonderungsrecht nach § 48 InsO oder eine Masseforderung nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO zustehen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2003, aaO). Veranlasste der Schuldner hingegen den Drittschuldner zur unbaren Begleichung der Forderung direkt an seinen Gläubiger, käme in dessen Insolvenz nur noch die Geltendmachung einer einfachen Insolvenzforderung in Betracht.

e) Die bestehende Schutzlücke ist dadurch zu schließen, dass unter den hier erörterten Umständen auch der Wertersatzanspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO Aussonderungskraft entfalten kann. Die in Betracht zu ziehende Aussonderungskraft des Wertersatzanspruchs nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO erstreckt sich jedoch nicht auf das gesamte Vermögen des in Insolvenz gefallenen Anfechtungsgegners. Im hier maßgeblichen Falle der Übertragung von Buchgeld besteht sie bis zur Höhe des in der Zeit nach der Gutschrift eingetretenen niedrigsten Tagessaldos. Geld, dass der Verwalter durch Einziehung einer fremden Forderung für die Masse vereinnahmt hat, bleibt grundsätzlich auch bei Einzahlung auf ein Konto des späteren Schuldners oder ein Konto des Verwalters aussonderungsfähig, weil es aufgrund der Buchungen und der dazugehörigen Belege von dem übrigen dort angesammelten Guthaben unterschieden werden kann. Dies ist für das Ersatzaussonderungsrecht anerkannt (BGH, Urteil vom 15. November 1988 - IX ZR 11/88, ZIP 1989, 118, 119; vom 11. März 1999 - IX ZR 164/98, BGHZ 141, 116 ff; vom 19. Januar 2006 - IX ZR 154/03, ZIP 2006, 959 Rn. 18 f) und erweist sich auch hier als geeigneter Maßstab.

f) Nach diesen Grundsätzen besäße der mit der Klage geltend gemachte Rückgewähranspruch Aussonderungskraft. Die angefochtenen Zahlungen sind auf dem von dem Beklagten in seiner Funktion als vorläufiger Insolvenzverwalter eingerichteten Konto eingegangen und dort aufgrund der Buchungen und der dazugehörigen Belege von dem übrigen Guthaben zu unterscheiden. Der Beklagte ist zudem der - jedenfalls schlüssig erhobenen - Behauptung des Klägers nicht entgegengetreten, dass der aufgrund der beiden Gutschriften eingetretene Kontostand den streitgegenständlichen Rückgewähranspruch gedeckt hat und nachfolgend bis heute nicht unterschritten worden ist.

2. Die Klage ist unbegründet. Durch die angefochtenen Überweisungen vom 17. (5.461,89 €) und 25. Januar 2013 (2.312,59 €) von dem bei der Y-Bank N geführten Konto der Schuldnerin an den Beklagten sind die Gläubiger der Schuldnerin nicht benachteiligt worden (§ 129 Abs. 1 InsO).

a) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 25.4.2013 - IX ZR 235/12, ZIP 2013, 1127 Rn. 16 mwN, st. Rspr.).

Vor diesem Hintergrund fehlt es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung in Gestalt einer Verkürzung der Aktivmasse immer dann, wenn die angefochtene Rechtshandlung nicht das den Gläubigern haftende Schuldnervermögen vermindert hat. Dies ist dann der Fall, wenn und soweit der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung zur Veräußerung, Weggabe oder Aufgabe von Vermögen ebenso verpflichtet gewesen wäre wie es durch die angefochtene Rechtshandlung bereits erfolgt ist. Nicht anfechtbar ist deshalb die Weggabe einer Sache, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Aussonderung unterlegen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 Rn. 22; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 Rn. 10 f). Dabei handelt es sich nicht etwa um einen insolvenzrechtlich unbeachtlichen hypothetischen Kausalverlauf (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 Rn. 28). Es geht nicht um die Frage, ob die angefochtene Rechtshandlung auf anderem, insolvenzanfechtungsrechtlich unbedenklichem Wege hätte vorgenommen werden können. Entscheidend ist vielmehr, ob der Gegenstand der Insolvenzanfechtung dem Schuldnervermögen zugerechnet werden kann.

b) Im Streitfall wäre die GmbH zur Aussonderung der streitbefangenen Gelder berechtigt gewesen, wenn es sich bei diesen um Treugut im Sinne des § 47 InsO gehandelt hätte (vgl. HK-InsO/Lohmann, 8. Aufl., § 47 Rn. 22 ff). Nach den vorstehend unter 1. aufgezeigten Grundsätzen hätte sie Aussonderung aber auch dann verlangen können, wenn die Schuldnerin das zur Überweisung an den Beklagten gebrachte Kontoguthaben bei der Y-Bank N in anfechtbarer Weise erlangt gehabt hätte.

aa) Der Senat kann offenlassen, ob es sich bei den streitbefangenen Geldern um zur Aussonderung berechtigendes Treugut gehandelt hat. Die insoweit notwendige Verwaltungstreuhand hat allerdings das Landgericht auf der Grundlage der Aussage des Geschäftsführers der Schuldnerin und der GmbH mit Recht festgestellt. Zweifel im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellung bestehen nicht.

Das Bestehen eines Treuhandverhältnisses ist zwar notwendige, für sich genommen aber nicht ausreichende Bedingung für die Entstehung eines Aussonderungsrechts in der Insolvenz des Verwaltungstreuhänders. Jedenfalls das Vermögenstrennungsprinzip ist zusätzlich zu wahren. Welche Anforderungen an das Vermögenstrennungsprinzip im Einzelnen zu stellen sind und ob das Aussonderungsrecht weiteren Voraussetzungen – wie etwa dem Offenkundigkeitsprinzip – unterliegt, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt (vgl. HK-InsO/Lohmann, aaO Rn. 23). Dem muss auch im Streitfall nicht weiter nachgegangen werden.

bb) Die GmbH wäre zur Aussonderung des zur Überweisung an den Beklagten gebrachten Kontoguthabens bei der Y-Bank N jedenfalls deshalb berechtigt gewesen, weil die Schuldnerin dieses in anfechtbarer Weise erlangt hatte. Darauf hat sich der Beklagte ausdrücklich berufen (Bl. 44 und 268 d.A.).

(1) Alle fünf Überweisungen der X-Bank an die Schuldnerin haben zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 Abs. 1 InsO geführt. Durch die Überweisungen der X-Bank an die Schuldnerin sind die Ansprüche der GmbH gegen die Bank gemäß § 362 Abs. 2, 185 BGB erfüllt worden. Die GmbH hat sich daher finanzieller Mittel entäußert, ohne hierfür eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Der Herausgabeanspruch der GmbH gegen die Schuldnerin gemäß §§ 675, 667 BGB aus dem Treuhandverhältnis war kein gleichwertiges Surrogat der abgeflossenen Zahlungsmittel. Gläubiger der GmbH hätten das Treuhandguthaben nicht wie deren Bankguthaben aufgrund eines Vollstreckungstitels pfänden können, so dass ein Zugriffshindernis entstanden war (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 Rn. 12; vom 10. September 2015 - IX ZR 215/13, ZIP 2015, 2083 Rn. 10).

(2) Der Anfechtungsgrund folgt aus § 133 Abs. 1 InsO. Die erforderliche Schuldnerhandlung liegt in der Veranlassung der X-Bank zur Leistung an die Schuldnerin durch den Geschäftsführer der GmbH. Sämtliche Überweisungen der X-Bank auf das Konto der Beklagten bei der VR-Bank N sind nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH erfolgt, weshalb die Anfechtungsfrist des § 133 Abs. 1 InsO gewahrt ist. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die GmbH schon im Sommer des Jahres 2012 zahlungsunfähig war. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die GmbH zwischenzeitlich wieder zahlungsfähig geworden sein könnte. Die Pfändung ihres Kontos durch einen Gläubiger, die Anlass für die Umleitung der Gelder an die Beklagte gewesen ist, spricht vielmehr für die Fortdauer der Zahlungsunfähigkeit. Die Zahlungsunfähigkeit der GmbH kann dem mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin personenidentischen Geschäftsführer der GmbH nicht verborgen geblieben sein. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis der Schuldnerin von diesem folgen zudem daraus, dass durch die Umleitung der Gelder ein Zugriffshindernis für die Gläubiger der GmbH bewusst gewollt gewesen oder jedenfalls billigend in Kauf genommen worden ist.

(3) Nach den vorstehend unter 1) aufgezeigten Grundsätzen hätte der Anfechtungsanspruch der GmbH auch Aussonderungskraft besessen. Die Zahlungen der X-Bank sind auf dem Konto bei der Y-Bank N eingegangen. Aufgrund der Buchungen und der dazugehörigen Belege waren die Zahlungen weiterhin erkennbar. Weiteres Guthaben gab es nicht. Ohne die streitgegenständlichen Überweisungen an den Beklagten hätte das Kontoguthaben den Rückgewähranspruch der GmbH in der hier maßgeblichen Höhe der Klagforderung gedeckt.

3. Der Kläger kann Zahlung in Höhe von 7.774,48 € auch nicht aus anderem Grund verlangen. Mangels Gläubigerbenachteiligung fehlt es an einem Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 InsO und deshalb auch an einem Aussonderungsrecht, welches der Beklagte mit der Folge einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO hätte vereiteln können (vgl. HK-InsO/Lohmann, 8. Aufl., § 55 Rn. 3). Es fehlt auch an einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse und damit an einer sonstigen Masseforderung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO.

4. Über die von dem Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit einem Zahlungsanspruch über 8.527,55 € ist mangels Bedingungseintritts (Hauptforderung des Klägers) nicht zu entscheiden.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 97 Abs. 1 ZPO und aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

IV.

Die Revision ist zuzulassen. Der Senat hält die Frage, ob ein Wertersatzanspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO unter den hier gegebenen Umständen Aussonderungskraft entfalten kann, für höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt und misst ihr grundsätzliche Bedeutung zu. Sollte der Wertersatzanspruch kein Aussonderungsrecht begründen, wäre die Klage zwar ebenfalls abzuweisen. Es erginge jedoch ein Prozessurteil, was dem Kläger die Möglichkeit eröffnete, die geltend gemachte Forderung nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren zu verfolgen (§ 87 InsO). Die vom Senat für grundsätzlich erachtete Frage ist also entscheidungserheblich.