LG Neuruppin, Beschluss vom 29.06.2016 - 13 Qs 42/16
Fundstelle
openJur 2016, 9112
  • Rkr:
Tenor

Die Gegenvorstellung der Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen den Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 25.04.2016 – 13 Qs 42/16 – wird als unzulässig kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 25.04.2016 auf die Beschwerde der drittbetroffenen XXX GmbH festgestellt, dass der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 14.08.2015 – 89 Gs 1027/15 – rechtswidrig ist. Mit diesem hatte es die Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma XXX GmbH in LXXX angeordnet, die am 17.09.2015 durchgeführt worden ist.

Mit ihrer Gegenvorstellung vom 10.05.2016 macht die Staatsanwaltschaft Neuruppin geltend, dass die Durchsuchung nicht allein dem Zweck diente, bei der Beschwerdeführerin entlastende Beweismittel zu finden, da in der vorliegenden Fallkonstellation drei Varianten der Tatbestandsverwirklichung in Betracht kämen, nämlich 1. die Zahlung an die Kinder des Beschuldigten sind erfolgt, ohne dass diese überhaupt Arbeitsleistungen erbracht haben; 2. die Kinder des Beschuldigten haben Arbeitsleistungen erbracht, die nach Qualität und Quantität in keinem angemessenen Verhältnis zu den erfolgten Zahlungen stehen; und 3. die Kinder haben Arbeitsleistungen erbracht und sind hierfür entsprechend entlohnt worden, so dass hier das Verschaffen einer Möglichkeit zur Erzielung eines Einkommens einen Vorteil darstellen kann. Zudem sei bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung der Zeitpunkt des Erlasses und nicht der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung maßgeblich.

II.

Die Gegenvorstellung der Staatsanwaltschaft Neuruppin ist unzulässig.

Gegenvorstellungen sind – als Ausfluss des Petitionsrechts – grundsätzlich statthaft gegen Entscheidungen, die das Gericht selbst wieder aufheben darf. Die auf eine einfache Beschwerde ergangene letztinstanzliche Entscheidung schließt jedoch das Beschwerdeverfahren ab und erwächst in formeller Rechtskraft. Diese Entscheidungen sind grundsätzlich nicht mehr angreifbar, da andernfalls die Rechtskraft durchbrochen wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn mit der Entscheidung grobes prozessuales Unrecht im Sinne von schwerwiegenden Verfahrensfehlern einhergeht, sie eine Grundrechtsverletzung beinhaltet oder auf einem offensichtlichen bzw. ohne weiteres erkennbaren Irrtum beruht (Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, 2015, Vor § 296 Rn. 24 f.; Frisch in SK-StPO, 4. Auflage, 2013, Vor §§ 296ff Rn. 33 f.; Allgayer in Münchner Kommentar StPO, 2016, § 296 Rn. 13). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Entscheidung der Kammer enthält weder offensichtliche Unrichtigkeiten noch wird durch diese erkennbar in ein Grundrecht der Beteiligten eingegriffen. Die Staatsanwaltschaft ist schon kein Grundrechtsträger, der Beschuldigte wird durch die Entscheidung der Kammer nicht in seinen Grundrechten berührt und die fehlende Rechtfertigung für den angefochtenen Grundrechtseingriff der Drittbetroffenen wird durch die Kammerentscheidung gerade bestätigt. Sie kann mithin keinen neuen Grundrechtseingriff darstellen. Auch ein schwerwiegender Verfahrensfehler, wie beispielsweise die Verletzung rechtlichen Gehörs, ist nicht ersichtlich.

Die Gegenvorstellung wäre im Übrigen auch unbegründet. Die Kammer ist sich der mit der Ermittlung in Korruptionsverfahren einhergehenden Schwierigkeiten bewusst, die sich vielfach und auch im konkreten Fall aus etwaigen Verschleierungshandlungen ergeben können.

Nach dem Inhalt des angegriffenen Durchsuchungsbeschlusses diente die Durchsuchung jedoch im hier konkret zu entscheidenden Fall der Auffindung von entlastenden Beweismitteln. In dem Beschluss werden zunächst Verdachtsmomente geschildert und sodann wird ausgeführt, dass insoweit der Verdacht bestehe, dass die Einstellung der Kinder und die entsprechenden Zahlungen an diese als verdeckte Studienunterstützungen von der Firma XXX GmbH in Hinblick auf die Tätigkeit des Beschuldigten beim LUGV erfolgt seien, um dessen Wohlwollen zu erhalten. Insoweit ist bereits fraglich, ob diese Ausführungen überhaupt den Anforderungen entsprechen, die an die Umschreibung des Tatvorwurfs nach § 105 StPO zu stellen sind. Als erlangten Vorteil im Sinne des § 331 StGB wird hier die „verdeckte Studienunterstützung“ benannt. Was darunter zu verstehen ist, wird nicht dargelegt. Ebenso fehlt es an Ausführungen zur Unrechtsvereinbarung. Aus den im Beschluss zuvor geschilderten Verdachtsmomenten kann abgeleitet werden, dass dem Beschuldigten wohl vorgeworfen wird, die Zahlungen an seine Kinder seien ohne Gegenleistung erfolgt. Dieser Verdacht kann aber durch die aufgezählten Durchsuchungsgegenstände gerade nicht erhärtet werden. Hätte der Beschluss den möglichen Vorteil – wie in der Gegendarstellung der Staatsanwaltschaft erfolgt – konkret benannt, wäre gegebenenfalls anders zu entscheiden gewesen.

Die Kammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Durchsuchungsanordnung gemäß § 105 StPO neben der Darlegung der wesentlichen Verdachtsmomente den Tatvorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht genau zu umschreiben hat. Das Verhalten des Täters oder die sonstigen Umstände müssen mit Hilfe aussagekräftiger Tatsachenangaben bzw. konkreter Darstellung von Lebenssachverhalten so geschildert werden, dass sie den gesetzlichen Tatbestand erfüllen (Tsambikakis in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Auflage 2014, § 105 Rn. 47 - zitiert nach juris). In der Regel wird zunächst der Tatvorwurf zu benennen sein und erst im Anschluss hieran haben Ausführungen zu den Verdachtsmomenten zu erfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.