KG, Beschluss vom 10.03.2016 - 2 Ws 53/16 - 141 AR 88/16
Fundstelle
openJur 2016, 9104
  • Rkr:

Zur Frage, ob Gründe früherer Beschlüsse einen Vertrauenstatbestand begründen und der späteren Fortdauer des Vollzuges der Sicherungsverwahrung entgegenstehen können.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Untergebrachten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 12. Januar 2016 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Das Landgericht Berlin verurteilte den Beschwerdeführer am 5. Mai 2008 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes, schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 17 Fällen, schweren sexuellen Missbrauchs eines Jugendlichen in neun Fällen sowie wegen Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. Gleichzeitig ordnete es die Sicherungsverwahrung an. Die Strafe war am 29. Dezember 2014 vollständig verbüßt. In der Folgezeit befand sich der Verurteilte bis zum Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 30. Juli 2015 in faktischer Sicherungsverwahrung. Die Beschlussformel der Kammer lautete wie folgt:

„1. Die Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird bis zum 1. Februar 2016 angeordnet.

2. Die Akten sind der Kammer spätestens drei Monate vor dem o.g. Termin zwecks Beschlussfassung über eine mögliche Aussetzung der Maßregel zur Bewährung erneut vorzulegen.“

Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde nahm der Verteidiger des Verurteilten mit Schriftsatz vom 31. August 2015 zurück. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. Januar 2016 hat die Strafvollstreckungskammer erstmals die Fortdauer der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die sofortige Beschwerde (§§ 463 Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 1 Satz 1 StPO) des Sicherungsverwahrten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

II.

Die Kriminalitätsentwicklung des Beschwerdeführers stellt sich, soweit sie die Begehung von Sexualdelikten betrifft, wie folgt dar:

Das Amtsgericht Aalen verurteilte ihn am 15. April 1993 (rechtskräftig seit dem 23. April 1993) wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Die Vollstreckung der Strafe wurde für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt und mit Wirkung vom 14. Juni 1996 erlassen. Dem Verfahren lagen folgende Taten zugrunde:

1. …

Für die unter 1. geschilderten Taten wurde eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten für die Tat zu 2. eine solche von sieben Monaten und für die Tat zu 3. eine Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten verhängt. Als „Bewährungsauflage“ wurde dem Angeklagten unter anderem aufgegeben, sich einer Psychotherapie zur Bekämpfung seiner pädophilen Neigungen zu unterziehen, solange wie der behandelnde Arzt dies für erforderlich halten würde. Dementsprechend nahm der Angeklagte im Februar 1994 eine Psychotherapie auf, die jedoch nach nur fünf Monaten Dauer im Juni 1994 beendet wurde, da der Therapeut der Ansicht war, ihre Ziele seien erreicht worden.

Im Februar 2000 kam es zu einer erneuten Sexualstraftat, derentwegen ihn das Amtsgericht Köln mit Urteil vom 24. September 2001 (rechtskräftig seit dem 2. Mai 2002) wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilte. Zugrunde lag folgender Sachverhalt:

Unmittelbar nach dieser Tat zog der Angeklagte nach Berlin. Erst mehr als ein Jahr später, am 5. März 2001, wurde er wegen der geschilderten Tat verhaftet und befand sich in dieser Sache knapp sieben Monate in Untersuchungshaft in Köln. Dort war er zunächst in einer speziellen Wohngruppe für Sexualstraftäter untergebracht, wo er seinen künftigen Mittäter, den gesondert Verfolgten G. kennen lernte. Der Angeklagte wandte sich dem damals Anfang zwanzigjährigen intensiv zu und es kam zu einer freundschaftlichen Beziehung, in deren Verlauf auch sexuelle Kontakte stattfanden. Beide blieben auch in Verbindung, nachdem der Angeklagte aus der Wohngruppe verwiesen worden war. Er hatte dort gegenüber den Mithäftlingen seine Unschuld beteuert und verbreitet, er habe die Taten nur vordergründig eingeräumt, um in diese Wohngruppe zu gelangen. Damit hatte er gegen das in dieser Wohngruppe geltende Grundprinzip der Offenheit verstoßen. Ein weiterer Grund für seine Verlegung war, dass die Betreuer der Ansicht waren, er würde den jüngeren G. manipulieren. Am Tage der erstinstanzlichen Urteilsverkündung, dem 24. September 2001 kam der Angeklagte auf freien Fuß und kehrte nach Berlin zurück. Die verhängte Strafe verbüßte er vom 3. Juni 2002 bis zum 2.September 2003. Die Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe wurde sodann bis zum 2. September 2006 zur Bewährung ausgesetzt.

Zu den dem hiesigen Verfahren zugrunde liegenden Taten hat das Landgericht Berlin im Urteil vom 5. Mai 2008 das Folgende festgestellt:

III.

Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die Fortdauer der Sicherungsverwahrung angeordnet. Eine Aussetzung der weiteren Vollstreckung zur Bewährung nach § 67d Abs. 2 StGB scheidet aus.

1. Entgegen der Ansicht der Verteidigung befindet sich der Untergebrachte nicht in faktischer Sicherungsverwahrung, denn die Strafvollstreckungskammer hat mit Beschluss vom 30. Juli 2015 die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung unbedingt angeordnet und gerade keine Entscheidung nach §§ 66c Abs. 2, 67d Abs. 2 StGB getroffen. Zwar hat die Strafvollstreckungskammer - gesetzlich nicht vorgesehen - die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung (zunächst) nur bis zum 1. Februar 2016 angeordnet. Zudem hat sie - wenn auch in der Sache nicht überzeugend - zu erkennen gegeben, dass eine unbefristete Vollziehung der Maßregel aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigt sei. Doch hat sie sich in der Folge eben nicht für Nichtvollziehung der Maßregel ausgesprochen. Ebenso wenig hat sie eine Entlassung zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt angeordnet, sondern dies im Beschluss letztlich offen gelassen. Damit hat die Kammer inhaltlich und auch aus der Beschlussformel ersichtlich, lediglich die Überprüfungsfrist abgekürzt. Nach alledem konnte dadurch ein schutzwürdiges Vertrauen des Beschwerdeführers darauf, nunmehr entlassen zu werden, nicht begründet werden.

Die Ausführungen der Beschwerde zu etwaigen Mängeln des Beschlusses vom 30. Juli 2015 mögen zwar zum Teil nachvollziehbar sein. Dies betrifft insbesondere die - auch von der JVA Tegel später zu Recht kritisierte - Darstellung des Behandlungsverlaufs und auch das Zustandekommen der schriftlichen Beschlussgründe, dabei insbesondere die Frage, ob zwei der drei Berufsrichter an der eigenhändigen Unterzeichnung tatsächlich gehindert waren. Doch ändert dies letztlich nichts daran, dass mit der Entscheidung vom 30. Juli 2015 der Vollzug der Sicherungsverwahrung gemäß § 67c StGB wirksam angeordnet wurde. Denn der Beschluss ist (nach Rücknahme des von dem damaligen Verteidiger eingelegten Rechtsmittels) am 31. August 2015 rechtskräftig geworden und entfaltetet und insoweit auch Bindungswirkung.

2. Hiernach hatte der Senat allein noch über das gegen den Beschluss vom 12. Januar 2016 eingelegte Rechtsmittel zu entscheiden. Dies hat keinen Erfolg.

Eine Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung nach § 67d Abs. 2 StGB scheidet aus. Diese Vorschrift ist aufgrund der in Art. 316f Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EGStGB getroffenen Übergangsregelung in der seit dem 1. Juni 2013 - nach Inkrafttreten des Gesetzes zur bundeseinheitlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) - geltenden Fassung anzuwenden, sodass als Rechtsgrundlage für eine Maßregelaussetzung sowohl § 67d Abs. 2 Satz 1 als auch § 67d Abs. 2 Satz 2 StGB in Betracht kommen. Keine der danach erforderlichen Voraussetzungen ist hier erfüllt.

Der Senat teilt die Einschätzung der Strafvollstreckungskammer, dass dem Beschwerdeführer - selbst bei Unterstützung mit strengen Maßnahmen im Rahmen der Führungsaufsicht - noch nicht die für die Aussetzung der Sicherungsverwahrung erforderliche günstige Legalprognose (§ 67d Abs. 2 Satz 1 StGB) gestellt werden kann.

a) Eine solche setzt die Erwartung voraus, der Untergebrachte werde außerhalb des Maßregelvollzugs keine im Sinne des § 66 StGB erheblichen - ihrer Art und ihrem Gewicht nach für die Anordnung der Maßregel ausreichenden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 - 2 Ws 1/15 -, 8. April 2014 - 2 Ws 133/14 - und 21. Oktober 2013 - 2 Ws 446/13 -; Fischer, StGB 63. Aufl., § 67d Rdn. 10; vgl. ferner [jeweils zu § 63 StGB] BVerfGK 2, 55; BVerfGE 70, 297; NJW 1995, 3048; Thür. OLG, Beschluss vom 22. Februar 2006 - 1 Ws 49/06 - [juris]) - rechtswidrigen Taten mehr begehen. Die Wahrscheinlichkeit künftigen straffreien Verhaltens muss größer sein als diejenige des Rückfalls (vgl. Thür. OLG a.a.O.; Senat NStZ-RR 2002, 138 [zu § 64 StGB]), wobei der erforderliche Wahrscheinlichkeitsgrad maßgeblich von dem Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgutes abhängt (vgl. BVerfGE 70, 297; Senat, Beschlüsse vom 10. Februar 2015 und 8. April 2014, jeweils a.a.O.; OLG Karlsruhe StV 1999, 385 [zu § 63 StGB]; Fischer a.a.O.), aber auch - im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - die bisherige Dauer des Maßregelvollzuges zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfGE 70, 297; Senat, Beschluss vom 29. Dezember 2006 - 5 Ws 619/06 - [zu § 63 StGB]).

Bei der Prognoseentscheidung nach § 67d Abs. 2 Satz 1 StGB ist zu berücksichtigen, dass der in der Sicherungsverwahrung liegende schwerwiegende Eingriff in das Freiheitsgrundrecht nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung und unter Wahrung strenger Anforderungen an die zugrunde liegenden Entscheidungen und die Ausgestaltung des Vollzuges zu rechtfertigen ist (vgl. BVerfGE 128, 326 ff.). Zwar ist vorliegend der Anwendungsbereich für die erhöhten Prognoseanforderungen nach Art 316f Abs. 2 Satz 2 EGStGB nicht eröffnet, da kein „Vertrauensschutzfall“ vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2013 - 1 StR 48/13 - [juris]; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 4. Juli 2013 - 3 Ws 136/13 und 137/13 - [juris Rdn. 7]). Jedoch ist ungeachtet dessen dem ultima-ratio-Prinzip Rechnung zu tragen:

Die Sicherungsverwahrung darf nur als letztes Mittel angeordnet werden, wenn andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht ausreichen, um dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG a.a.O. Rdn. 112; Senat, NStZ 2014, 273 [274]). Dieses ultima-ratio-Prinzip gilt nicht nur bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung, sondern - wie seine Umsetzung in § 66c Abs. 2, § 67a Abs. 2 Satz 2, 67c Abs. 1, 67d Abs. 2 StGB n.F. (vgl. BT-Drucks. 17/9874 S. 18 ff.) belegt - auch bei der Entscheidung darüber, ob der Zweck dieser Maßregel die Unterbringung im Anschluss an den Strafvollzug noch erfordert, und erst recht während des Vollzuges der Sicherungsverwahrung (vgl. BT-Drucks. 17/9874 S. 21). Es ist daher auch bei der Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung nach §§ 67d, 67e StGB zu beachten, die denselben materiellen Maßstäben wie die erstmalige Entscheidung über die Vollziehung der Sicherungsverwahrung gemäß § 67c Abs. 1 StGB unterliegt (vgl. BVerfGK 5, 67 = NStZ-RR 2005, 187, 188; Senat, Beschluss vom 24. März 2010 - 2 Ws 530/09 -). Danach darf die Unterbringung nur so lange vollstreckt werden, wie der Zweck der Maßregel es unabweisbar erfordert und zu seiner Erreichung den Untergebrachten weniger belastende Maßnahmen - im Rahmen der Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung (vgl. §§ 67d Abs. 2, 68a, 68b StGB) - nicht genügen (vgl. grundlegend BVerfGE 70, 297 [zu § 63 StGB]).

b) Die Aussetzung der Sicherungsverwahrung kommt auch unter Berücksichtigung dieses strengen Prüfungsmaßstabes nicht in Betracht. Die Strafvollstreckungskammer ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die von dem Verurteilten ausgehende Gefahr nach wie vor so hoch ist, dass sie den mit der Sicherungsverwahrung verbundenen schweren Eingriff in seine Freiheitsrechte rechtfertigt.

Der Verurteilte hat im Laufe der Zeit seine kriminelle Energie und die in seinen Taten zutage getretene Gefährlichkeit erheblich gesteigert. Aus seinen Vorstrafen hat er nichts gelernt. Bei den ersten, seinen Vorstrafen zugrundeliegenden Taten, hat er von seinen Opfern zumindest noch abgelassen, wenn diese sich seinem Willen widersetzten. Dies war später überwiegend nicht mehr der Fall. Im vorliegenden Verfahren hat er nicht nur seine sexuellen Aktivitäten gesteigert, indem er mit den Kindern den Oral- und Analverkehr durchführte und sie dazu sogar zwang, sondern er hat seinen Opfern sogar damit gedroht, Videos über ihre sexuellen Aktivitäten ins Internet zu stellen, beziehungsweise die Eltern über das Vorgefallene zu unterrichten, falls diese den weiteren Geschlechtsverkehr verweigern würden. Mit beiden Opfern hat er zudem „Verträge“ abgeschlossen, in denen diese sich für eine finanzielle Gegenleistung zum Geschlechtsverkehr „verpflichteten“ und er bestand auf der unbedingten Erfüllung dieser „Verträge“. Zudem liegen die dem hiesigen Verfahren begangenen Taten zum Teil nur kurze Zeit nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft wegen einer einschlägigen Vorstrafe und zum anderen Teil nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe deren Rest der Vollstreckung aufgrund einer günstigen Prognose zur Bewährung ausgesetzt war. Damit hat der Beschwerdeführer mehrmals bewiesen, dass er durchaus in der Lage ist, einen günstigen Eindruck zu erwecken, aber entweder nicht willens oder imstande ist, sich von Kindern fernzuhalten und diese nicht zu missbrauchen. Gegenüber dem Sachverständigen konnte er dies in seinem Gutachten vom 23. Dezember 2015 nicht erklären, sondern meinte, er hätte das Gefühl, nichts Unrechtes getan zu haben.

Die Gefährlichkeit des Verurteilten besteht unverändert fort, da es an einer Aufarbeitung der Ursachen der Taten völlig fehlt. Gegenüber dem Sachverständigen A. hat der Verurteilte angegeben, seine erste Verhaftung sei schrecklich gewesen, er habe sich damals auf Anraten seiner Verteidigerin entschuldigt. Es sei nur um die Aufhebung des Haftbefehls gegangen. Dieses für ihn angeblich einschneidende Erlebnis beeindruckte ihn offensichtlich wenig, denn er setzte seine - einschlägigen - Taten unmittelbar fort. Auch dem Sachverständigen konnte er dieses Verhalten nicht erklären. Zu den hiesigen Taten gab der Beschwerdeführer ausweislich des Gutachtens vom 5. November 2014 an, das Urteil stimme nicht, da der Sex mit den Opfern freiwillig gewesen sei. Auch in diesem Fall habe ihm die Verteidigung gesagt, dass er die Schuld auf sich nehmen und den Richter „nicht sauer“ machen solle. Auch in dem späteren Gutachten beharrte der Beschwerdeführer darauf, dass die Urteilsfeststellungen nicht zuträfen. Der Sachverständige führt aus, dass der Untergebrachte nun an der Oberfläche einen Perspektivwechsel vornehmen könne. Allerdings bestehe eine deutlich Tendenz des Beschwerdeführers, die Schuld auf die Opfer zu verschieben und seine eigenen Tatanteile auszublenden. Da der Untergebrachte nahezu unbehandelt sei, bestehe eine Gefährlichkeit unverändert fort.

Mit der Behauptung, zu Unrecht verurteilt worden zu sein, kann der Beschwerdeführer im Vollstreckungsverfahren nicht gehört werden; denn bei der prognostischen Beurteilung darf die Schuldfrage nicht neu aufgeworfen werden. Die Vollzugsanstalten und die Vollstreckungsgerichte - die keine Wiederaufnahmegerichte sind - sind an die Urteilsfeststellungen gebunden und gehindert, zu Beweisergebnissen zu gelangen, die den Erkenntnissen des Tatgerichts widersprechen (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 346; OLG Braunschweig StV 1983, 338; Senat ZfStrVo 1996, 247 und Beschlüsse vom 19. August 2008 - 2 Ws 418/08 - und vom 24. Februar 2005 - 5 Ws 74/05 -; Volckart, Praxis der Kriminalprognose S. 23, 24; Bock/Schneider NStZ 2003, 337, 339). Im Übrigen verkennt der Verurteilte, dass auch ein „einvernehmlicher“ Oral- und Analverkehr mit Kindern strafbar ist.

Zwar steht weder das Leugnen der Tat, noch eine unzureichende Tataufarbeitung einer günstigen Kriminalprognose grundsätzlich entgegen, da die Ursachen hierfür mannigfaltig sein können (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2010, 187; OLG Karlsruhe StV 2008, 314). Etwas anderes gilt jedoch, wenn - wie hier - die mangelnde Tataufarbeitung ihre Ursache in einem fortbestehenden krankheits- oder emotionalbedingten Persönlichkeitsdefizit hat und sich hierauf die Besorgnis gründet, ohne eine Überwindung dieser Störung könne es zu erneuter Straffälligkeit nach der Haftentlassung kommen (vgl. OLG Karlsruhe VRS 108, 260). In solchen Fällen ist grundsätzlich eine aktive Auseinandersetzung des Verurteilten mit der Tat erforderlich, wobei sich dieser. damit beschäftigen muss, welche persönlichen Defizite zu seinem Versagen geführt haben (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2010, 187; OLG Karlsruhe StV 2008, 314). So liegen die Dinge hier. Solange er die Ursachen hierfür nicht erkennt und anerkennt, ist er gefährlich.

3. Die Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist auch nicht gemäß § 67d Abs. 2 Satz 2 StGB zur Bewährung auszusetzen, weil die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre.

Nach § 67d Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 StGB ist die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB angeboten worden ist. An einer derartigen Fristsetzung aber fehlt es hier bislang, so dass eine Aussetzung zur Bewährung schon deshalb nicht in Betracht kommt (vgl. BT-Drucks. 17/9874 S. 21; Senat NStZ 2014, 273 [274]).

Unabhängig davon sind relevante Betreuungsdefizite derzeit nicht ersichtlich, so dass auch die Bestimmung einer Frist durch den Senat - die diesem als Beschwerdegericht nach § 309 Abs. 2 StPO grundsätzlich möglich ist (vgl. Senat a.a.O. [275]) - nicht veranlasst ist.

Nach der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt B. war der Verurteilte wegen der vornotierten Sicherungsverwahrung zunächst in der TA V untergebracht und nahm ab dem 18. November 2013 am Gruppentraining soziale Kompetenzen teil, besuchte eine Glaubensgruppe und absolvierte eine Ausbildung zum Mediengestalter, die er auch erfolgreich abschloss. Seit September 2009 führte der Beschwerdeführer regelmäßige Gespräche bei der PTB. Richtig ist, dass der Psychologische Dienst seine Verlegung in die SothA mehrmals nicht befürwortet hat. In der Stellungnahme vom 15. November 2011 führt er aus, der Verurteilte habe berichtet, dass ihm die Gespräche bei der PTB - dem Therapeuten H. - gut täten, aber noch nicht über seine Straftaten gesprochen worden sei. Da bei dem Psychologischen Dienst eine umfassende Verdrängung der Täterschaft und kein innerpsychisches Konflikterleben sowie die notwendige Einsicht festgestellt werden konnte, wurde keine Empfehlung zur Verlegung ausgesprochen. Ähnlich verhält es sich mit der Stellungnahme des Psychologischen Dienstes zur Einweisung in die SothA vom 8. Mai 2013. Auch darin wird auf das fehlende innerpsychische Konflikterleben und die umfassende Verdrängung der Täterschaft abgestellt. Weiter wird ausgeführt, dass die Sexualstraftaten nicht thematisiert werden würden, diese Bearbeitung aber für die Aufnahme in die SothA erforderlich sei. Erst am 17. Februar 2014 wagte der Psychologische Dienst eine vorsichtig positive Prognose hinsichtlich der Verlegung in die SothA, da nun ein bedingt innerpsychisches Konflikterleben erkennbar sei. Ausweislich des Vollzugs- und Eingliederungsplans vom 29. Januar 2015 befindet sich der Beschwerdeführer seit dem 16. Mai 2014 im Zugangsbereich der SothA und nimmt dort an einer Gruppe des therapeutischen Behandlungsprozesses teil, wobei eine Aufarbeitung der tatbedingenden Delikte noch nicht stattgefunden hat. Seit dem 12. Juni 2015 erhält er regelmäßig Gespräche in der Einzeltherapie. Am 11. September 2015 stellte die Justizvollzugsanstalt klar, dass die alle zwei Wochen durchgeführten Gespräche mit der PTB auch der Vorbereitung einer Aufnahme in die SothA gedient hätten.

In der Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans vom 1. September 2015 schildert die JVA das Vollzugs- und Arbeitsverhalten des Untergebrachten als beanstandungsfrei und benennt als Ziel der weiteren Behandlung, den Untergebrachten dazu zu motivieren, genauer über seine Taten zu sprechen und will explorieren, welche Hindernisse der Auseinandersetzung mit der eigenen Schuld entgegen stehen. Gleichwohl verlief der Aufenthalt in der SothA bislang wenig erfreulich. In einem Schreiben vom 12. Oktober 2015 teilt der Untergebrachte erneut mit, dass die damaligen Zeugen massiv übertrieben hätten. Er habe mit seinem Therapeuten H. sehr wohl über die Taten gesprochen, werde diesen aber nicht von seiner Schweigepflicht entbinden. Insgesamt sei die Behandlung in der SothA „konzeptionslos“. Er wolle ausschließlich mit seinem ehemaligen Therapeuten Herrn H. zusammenarbeiten. Gleichzeitig wirft er dem Leiter der SothA vor, dass dieser eine Zusammenarbeit mit seinem früheren Therapeuten (Herrn H.) unbedingt verhindern wolle. Bereits am 9. November 2015 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er mit seinem neuen Therapeuten nicht weiter zusammen arbeiten wolle. Denn dieser Therapeut ignoriere seine eigene Darstellung, wie zum Beispiel die Beweisanträge seiner Verteidigung und seine abweichende Darstellung von den Urteilsfeststellungen. Im Übrigen habe dieser verlangt, dass er mit ihm über seine Straftaten spreche, woraus sich ergebe, dass dieser Therapeut unter dem Druck der Leitung der SothA stehe. Deshalb wolle er aus der SothA herausverlegt werden.

Am 27. November 2015 berichtete die JVA, dass sich der Untergebrachte nach wie vor nicht auf eine ihm angebotene therapeutische Zusammenarbeit eingelassen habe und prognoserelevante Faktoren nicht hätten besprochen werden können. Mit Schreiben vom 9. November 2015 teilte der ehemalige Therapeut H. mit, dass er keineswegs - entgegen den Angaben des Untergebrachten - eine Fortführung der therapeutischen Arbeit mit diesem zugesagt habe. Er werde ihn künftig auch nicht behandeln. In der mündlichen Anhörung teilte der Untergebrachte mit, dass er nun nicht mehr auf einen externen Therapeuten bestehe, sondern bereit sei, sich innerhalb der JVA therapieren zu lassen. Der Sachverständige erläuterte ergänzend, dass der neue Therapeut fachlich in der Lage sei, den Beschwerdeführer zu behandeln. Allerdings brauche der Untergebrachte eine längere Zeit, ehe er sich öffnen und Vertrauen fassen könne.

Angesichts dieses Verlaufes ist dem Beschwerdeführer zumindest seit dem Jahre 2013 die erforderliche Behandlung zuteil geworden. Es liegt insbesondere an ihm, sich auf einen neuen Therapeuten einzulassen und diesen nicht von vornherein abzulehnen. Wie oben dargelegt, verharrt der Beschwerdeführer in einer Verweigerungshaltung, die ein stabiles Arbeitsbündnis mit den Therapeuten vereitelt. Offensichtlich ist er bereits mit der peripheren Bearbeitung seiner charakterlichen Defizite, die seine Gefährlichkeit begründen, überfordert. Denn der Erfolg des therapieorientierten Vollzuges hängt nicht nur von den objektiven Rahmenbedingungen und den Bemühungen der Justizvollzugsanstalt, sondern maßgeblich von der Bereitschaft des Beschwerdeführers ab, das dortige Therapieangebot anzunehmen (vgl. Senat NStZ 2014, 273). Hieran fehlt es völlig, sobald der Untergebrachte einen Therapeuten ablehnt. Der Vollzug ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass der Beschwerdeführer taktierend die Aufnahme in die SothA verlangt, dann aber wieder den Therapeuten ablehnt und behauptet, der dortige Anstaltsleiter wolle ihn in eine Falle locken. Ein ähnliches Verhalten hat die erkennende Strafkammer bereits in ihrem Urteil vom 8. Mai 2008 beschrieben. So führte sie aus, dass der (damals) Angeklagte die Taten nicht in einer Lebenskrise verübt und die Situationen stets selbst geschaffen hat. Bereits zuvor hatte er einen erfahrenen Sexualtherapeuten getäuscht und die im erkennenden Verfahren tätige Sachverständige Dr. Luther immer dann als nicht neutral bezeichnet, wenn diese ihm (dem Angeklagten) Widersprüche vorgehalten habe. An dieser Verhaltensweise hat sich nichts geändert. Seit November 2015 hat er die Gespräche mit dem Therapeuten eingestellt, möglicherweise weil dieser die von den Urteilsfeststellungen abweichenden Darstellungen des Untergebrachten nicht mit ihm diskutieren will. Es liegt auf der Hand, dass nach einem Abbruch der Therapie, wie ihn der Verwahrte vorgenommen hat, anschließend wieder ein Vertrauensverhältnis hergestellt werden muss. Allein die anerkennenswerte Tatsache, dass der Beschwerdeführer die ihm anvertraute Arbeit verantwortungsbewusst ausführt und in diesem Zusammenhang auch mit Kritik umgehen kann, genügt für eine günstige Prognose nicht.

Nicht zu beanstanden war, dass der Leiter der SothA an dem Anhörungstermin teilgenommen hat. Denn da die dem Beschwerdeführer angebotenen Behandlungsmöglichkeiten in dem Beschluss vom 30. Juli 2015 jedenfalls in Teilen falsch wiedergegeben wurden, gebot es die Aufklärungspflicht, hierzu einen kompetenten Mitarbeiter zu hören. Gleiches gilt zu der Behauptung des Untergebrachten, dass viele Gefangene vor ihm vom Zugangs- in den Behandlungsbereich verlegt wurden. Hier hat der Leiter dargelegt, dass bei Sicherungsverwahrten eine längere Eingangsdiagnostik stattfindet. Im Übrigen liegt auf der Hand, dass die Aufenthaltsdauer von den individuellen Besonderheiten des Einzelfalles abhängig ist.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO.