OLG Hamm, Urteil vom 19.07.2002 - 11 UF 432/01
Fundstelle
openJur 2011, 17839
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 32 F 199/01
Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 30.10.2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hamm wird zurückge-wiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist der Vater des am 21.12.1982 geborenen Beklagten. Dieser hat im Juni 2001 die allgemeine Schulausbildung abgeschlossen und nimmt seit dem 16.08.2001 an einem bis zum 31.07.2002 dauernden Berufsorientierungslehrgang in der D-Jugendwerkstatt I teil. Für seine Teilnahme an diesem Lehrgang, die er mit einer bestehenden Sprachstörung sowie dem angeblich aus gesundheitlichen Gründen (Mehlallergie) fehlgeschlagenen Versuch einer Ausbildung zum Bäcker begründet, erhält der Beklagte eine Aufwandsentschädigung monatliche von 180,00 DM.

Der Kläger ist Lagerist im St. N-Hospital in I und keinen weiteren Personen unterhaltspflichtig. Er hat sich mit Urkunde des Jugendamtes der Stadt I vom 12.01.2001 (UR.-Nr. /2001) verpflichtet, an den Beklagten Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 538,00 DM zu zahlen.

Mit seiner am 15.08.2001 zugestellten Klage hat der Kläger eine Abänderung der genannten Urkunde dahingehend begehrt, dass er mit Wirkung ab Rechtshängigkeit nur noch zur Unterhaltszahlung in Höhe von monatlich 322,00 DM verpflichtet ist. Er hat zur Begründung auf eigenes Einkommen des Beklagten sowie seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit verwiesen.

Der Beklagte ist dem entgegen getreten und unter näherer Darlegung eine zur Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 12.01.2001 rechtfertigende wesentliche Änderung der Verhältnisse in Abrede gestellt.

Das Amtsgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Es ist von einem anrechenbaren Einkommen des Klägers von monatlich 2.895,98 DM (Nettoeinkommen mtl. 2.899,72 DM zzgl. monatsanteilig 116,00 DM Steuererstattung ./. netto 10,00 DM vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers ./. 110,40 DM berufsbedingte Fahrtkosten) ausgegangen und hat bei Höherstufung um zwei Einkommensgruppen einen Bedarf des Beklagten von monatlich 770,00 DM ermittelt. Von diesem Bedarf hat es sodann das Kindergeld mit 270,00 DM sowie die dem Beklagten gezahlte Aufwandsentschädigung von monatlich 180,00 DM in Abzug gebracht.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung teilweise weiter. Er trägt vor, das vom Amtsgericht ermittelte Einkommen des Klägers sei noch um das bislang nicht berücksichtigte und mit monatsanteilig 100,00 DM anzusetzende Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu erhöhen und stelle sich danach auf monatlich 3.116,28 DM. Berufsbedingte Fahrtkosten des Klägers seien nur auf der Basis von 220 statt 230 Arbeitstagen und danach nur in Höhe von monatlich 105,60 DM abzusetzen, ebenso wie vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers mit netto 10,00 DM wie vom Amtsgericht veranschlagt. Es verbleibe dann ein anrechenbares Einkommen des Klägers von monatsdurchschnittlich rund 3.000,00 DM, das zu einer Eingruppierung des Klägers in die Einkommensgruppe 3 führe. Wegen unterdurchschnittlicher Unterhaltspflichten des Klägers sei eine Höherstufung um zwei Einkommensgruppen gerechtfertigt und der Unterhalt daher nach Einkommensgruppe 5, Altersstufe 4 zu bemessen, was zu einem Tabellenbetrag von 776,00 DM bis 31.12.2001 und 399,00 Euro ab 01.01.2002 führe. Hiervon abzusetzen sei allein das Kindergeld mit monatlich 270,00 DM bis Dezember 2001 und 154,00 Euro ab Januar 2002, während eine Anrechnung der ihm gezahlten Aufwandsentschädigung nicht gerechtfertigt sei, da er diese in vollem Umfang zur Deckung ausbildungsbedingter Fahrtkosten und sonstiger Aufwendungen einsetzen müsse. Es verbleibe danach ein vom Kläger geschuldeter Kindesunterhalt von monatlich 506,00 DM (776,00 DM ./. 270,00 DM) bis Dezember 2001 und monatlich 476,00 DM = 243,37 Euro (776,00 DM ./. 300,00 DM) ab Januar 2002.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit hiermit in Abänderung der Urkunde des Jugendamtes der Stadt I vom 12.01.2001 (UR.-Registernummer /2001) eine Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Klägers auf weniger als monatlich 506,00 DM = 258,71 EUR ab dem 05.08.2001 und weniger als 476,00 DM = 243,37 EUR ab dem 01.01.2002 verlangt wird.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er beanstandet hierbei allerdings seinerseits die ihm zugrunde liegende Einkommensberechnung des Amtsgerichts als zu seinen Lasten unrichtig und rügt daneben, dass der Beklagte bislang nicht nachvollziehbar dargetan habe, weshalb er nicht bereits zum 01.08.2001 eine Berufsausbildung aufgenommen habe. Der Vortrag des Beklagten sei zudem insgesamt unschlüssig, da jegliche Angaben zum Einkommen der Kindesmutter und deren Haftungsanteil fehlten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Feststelllungen des Amtsgerichts in seinem angefochtenen Urteil sowie den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 28.06.2002 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

1.

Die Abänderungsklage des Klägers ist zulässig. Bei der abzuändernden Urkunde des Jugendamtes der Stadt I vom 12.01.2001 (UR.-Nr. ##/2001) handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, in der sich der Kläger zu Leistungen der in § 323 I ZPO bezeichneten Art verpflichtet hat. Nach Vortrag des Kläger verfügt der Beklagte seit Beginn des von ihm seit dem 16.08.2001 besuchten Berufsorientierungs-Lehrgangs des Caritasverbandes der Stadt I über eigenes Einkommen in Form der ihm gezahlten Aufwandsentschädigung, durch das er seinen Bedarf teilweise selbst decken kann. Daneben stellt der Kläger in Abrede, dass der Beklagte weiterhin privilegiert unterhaltsberechtigt ist, was bei Errichtung der Jugendamtsurkunde vom 12.01.2001 unstreitig noch der Fall war, da sich der volljährige Beklagte sich - jedenfalls - damals noch in der allgemeinen Schulausbildung befand, § 1603 II 2 BGB. Der Kläger macht damit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse geltend, die ihn berechtigt, eine Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 12.01.2001 zu verlangen.

2.

Das Abänderungsverlangen des Klägers ist auch in der Sache begründet.

a)

Voraussetzungen und Umfang einer möglichen Abänderung richten sich bei bestehender Titulierung der Unterhaltspflicht im Rahmen einer Jugendamtsurkunde - wie hier - allein nach materiellem Recht und nicht nach § 323 Abs. 1 ZPO (Wendl/Staudigl-Thalmann, 5. Aufl. § 8 Rz. 168 f; OLG Hamm, OLGR 1998, 347; OLG Karlsruhe, OLGR 2000, 227, 228 m.w.N.; OLG Köln, OLGR 2000, 88, 89). Da Geltungsgrund von ein- oder zweiseitig - freiwillig - errichteten Urkunden allein der Parteiwille ist (BGH MDR 1983, 189 = FamRZ 1983, 22 ff, 24), beurteilt sich die Frage nach der Bindungswirkung der abzuändernden Urkunde in erster Linie nach der Reichweite des Bindungswillens der Partei(en). Entscheidend ist mithin, ob in den Verhältnissen, die die Partei(en) zur Grundlage des Titels gemacht hatte(n), derart gewichtige Änderungen eingetreten sind, dass nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ein unverändertes Festhalten an den vereinbarten Leistungen gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen würde und daher nicht mehr zumutbar wäre (OLG Stuttgart, OLGR 2001, 129 ff, 131 m.w.N).

Für die Beurteilung der Frage, ob Änderungen der maßgebenden Verhältnisse als wesentlich anzusehen sind, kommt es im übrigen nicht auf das Ausmaß der Änderung einzelner Umstände, sondern allein darauf an, ob die für die Unterhaltsverpflichtung als solche und für die Bemessung der Unterhaltsleistung maßgebenden Verhältnisse insgesamt eine wesentliche Änderung erfahren haben (BGH FamRZ 1985, 53 ff; Wendl/Staudigl-Thalmann, 5. Aufl. § 8 Rz. 166).

b)

Im Rahmen der Abänderungsklage nach § 323 ZPO trifft grundsätzlich den jeweiligen Kläger die Darlegungs- und Beweislast für alle Faktoren, die für die Festsetzung der titulierten Unterhaltsrente maßgebend waren und hinsichtlich derer eine im Ergebnis wesentliche Änderung geltend gemacht wird, aus der die Unzumutbarkeit der Fortzahlung des titulierten Unterhalts hergeleitet wird (BGH FamRZ 1987, 259; KG, KGR 1994, 22 = FamRZ 1994, 765 f; OLG Stuttgart, aa0. m.w.N.; Wendl/Staudigl-Thalmann, 5. Aufl. § 8 Rz. 166; Wendl/Staudigl-Haußleiter, aa0. § 6 Rz. 726).

Anders ist es dagegen nach in Rechtsprechung und Schrifttum verbreiteter und auch vom Senat geteilter Auffassung (vgl. Urteil vom 27.04.2001 - 11 UF 155/00 - m.w.N.) z.B. dann, wenn die Abänderungsklage den Unterhaltsanspruch eines nach Titulierung volljährig gewordenen Kindes betrifft. Hier wird der Unterhaltsberechtigte als darlegungs- und beweispflichtig für das Fortbestehen seines Unterhaltsanspruchs in titulierter Höhe angesehen.

Entsprechendes muss auch dann gelten, wenn - wie hier - durch den abzuändernden Titel Unterhaltsansprüche eines als Schüler nach § 1603 II 2 BGB privilegiert unterhaltsberechtigten volljährigen Kindes geregelt werden, das nach Abschluss der allgemeinen Schulausbildung dann Ausbildungsunterhalt gemäß § 1610 II BGB verlangt. Denn auch hier liegen der jeweiligen Unterhaltsverpflichtung des in Anspruch genommenen Elternteils völlig unterschiedliche Lebenssachverhalte zugrunde.

aa)

Der Beklagte kann insoweit nicht mit Erfolg einwenden, auch der von ihm derzeit besuchte Berufsorientierungslehrgang sei noch als Fortsetzung der allgemeinen Schulausbildung anzusehen.

Der Begriff der allgemeinen Schulausbildung in § 1603 II 2 BGB ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2002, 815f, 816; vgl. auch Graba, FamRZ 2002, 715) unter Heranziehung der zu § 2 I Nr. 1 BAföG entwickelten Grundsätze auszulegen und danach nur unter folgenden Voraussetzungen erfüllt: Zum einen muss Ziel des Schulbesuchs - im Gegensatz zu einer auf ein konkretes Berufsbild bezogenen Ausbildung - der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule sein. In zeitlicher Hinsicht muss der Schulbesuch die Arbeitskraft des Kindes voll oder doch zumindest überwiegend in Anspruch nehmen, so dass eine Erwerbstätigkeit zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts daneben nicht möglich ist. Schließlich muss eine Teilnahme an einem kontrollierten Unterricht vorliegen, d.h. eine stetige und regelmäßige, nicht der Entscheidung des Schülers überlassene Ausbildung.

Die vorgenannten Anforderungen werden durch den vom Beklagten besuchten Berufsorientierungslehrgang der D erkennbar nicht erfüllt.

bb)

Allerdings ist der Kläger dem Beklagten weiterhin nach § 1610 II BGB zum Unterhalt verpflichtet. Nach dem Gegenseitigkeitsprinzip steht zwar der Verpflichtung der Eltern, dem Kind eine angemessene Berufsausbildung zu ermöglichen (§ 1610 II BGB, die Ausbildungsobliegenheit des Kindes gegenüber. Dieses ist daher gehalten, alsbald nach der Schule eine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen und sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden (Wendl/Staudigl-Scholz, aa0 § 2 Rz. 65). Gegen diese Ausbildungsobliegenheit hat der Beklagte jedoch nicht verstoßen. Seine Teilnahme an einem Berufsförderlehrgang, durch den ihm die Fertigkeit vermittelt werden soll, einen seinen Fähigkeiten und Interessen entsprechenden Lehrberuf zu ergreifen und eine Ausbildung hierin mit Erfolg abzuschließen, ist sachgerecht und nicht zu beanstanden. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der Schulabschluss des Beklagten ausweislich seines vorgelegten Abschlusszeugnisses eher mäßig war und seine zunächst unternommene Bemühungen um eine angestrebte Ausbildung zum Bäcker aus gesundheitlichen Gründen scheiterten, während eine anderweitige Ausbildungsstelle nach Vortrag des Beklagten nicht zur Verfügung stand. Bei dieser Ausgangssituation stellt der Berufsorientierungslehrgang der D dem Beklagten nicht nur eine sinnvolle Überbrückung dar, sondern eröffnet dem Beklagte neben einer beruflichen Orientierungshilfe die Möglichkeit, bestehende Defizite im Vergleich zu Mitbewerbern um eine Ausbildungsstelle auszugleichen und so den Anschluss an den allgemeinen Ausbildungsmarkt zu finden.

cc)

Zu Recht verweist der Kläger indes auf die gleichrangige Barunterhaltspflicht auch der Kindesmutter. Diese ist nach dem Ergebnis der Erörterungen vor dem Senat auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 28.06.2002 wird insoweit Bezug genommen - wiederverheiratet und geht derzeit einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit nach. Die genaue Höhe des hieraus erzielten Einkommens ist dabei nur teilweise belegt, während Angaben zum Erwerbseinkommen des Ehemanns und seiner Fähigkeit, der Kindesmutter hieraus einen auskömmlichen Familienunterhalt zu gewähren, der sie ggfs. in die Lage versetzen würde, ihren eigenen Verdienst in voller Höhe - ohne Abzug eines Selbstbehalts - zum Unterhalt der Beklagten einzusetzen (BGH NJW 1987, 1549 ff; OLG Hamm, FamRZ 1997, 835 f), fehlen.

Die insoweit bestehenden Unklarheiten gehen zu Lasten des für den jeweiligen Haftungsanteil des in Anspruch genommenen Elternteils darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. Wendl/Staudigl-Scholz, aa0., § 2 Rz. 451), dessen Unterhaltsbegehren sich danach - soweit es über die vom Amtsgericht errechneten Beträge hinausgeht - bereits als unschlüssig erweist.

Abweichendes ergibt sich hier auch etwa nicht aus dem Umstand, dass der Kläger sich bei Errichtung der Jugendamtsurkunde vom 12.01.2001 in voller Höhe zur Unterhaltszahlung verpflichtet hat, obwohl der am 21.12.1982 geborene Beklagte schon damals volljährig und eine anteilige Barunterhaltsverpflichtung auch der Kindesmutter nach § 1606 III 1 BGB damit auch seinerzeit bereits jedenfalls dem Grunde nach gegeben war. Abgesehen davon, dass zum damaligen Zeitpunkt in Rechtsprechung und Schrifttum noch nicht abschließend geklärt war, ob auch bei privilegiert unterhaltsberechtigten volljährigen Kindern eine Barunterhaltspflicht beider Eltern gegeben ist, was inzwischen durch die bereits angesprochene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 2002, 815 ff, 817) in diesem Sinne entschieden ist, liegt eine, zur völligen Neuberechnung des Unterhalts zwingende wesentliche Änderung der Verhältnisse auch darin, dass der Beklagte in dem hier streitbefangenen Zeitraum ab August 2001 aus den dargelegten Gründen nicht mehr als gemäß § 1603 II BGB privilegiert unterhaltsberechtigt anzusehen ist, sondern nur noch Unterhalt nach § 1610 II BGB beanspruchen kann.

c)

Allein zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass die Berufung des Beklagten auch bei Bemessung seiner Unterhalts allein nach Maßgabe des Einkommens des Klägers - ohne Berücksichtigung einer Mithaftung der Kindesmutter - als unbegründet zurückzuweisen wäre.

aa) Einkommen des Klägers

(1) 2001:

Nach im Berufungsverfahren unwidersprochenem Vortrag des Klägers erhält er über die in den vorgelegten Gehaltsmitteilungen ausgewiesene steuerpflichtige Vergütung hinaus keine steuerfreien Bezüge. Es ergibt sich daher auf der Grundlage der in der Gehaltsmitteilung für Dezember 2001 (Bl. 118 GA) ausgewiesenen Jahreszahlen (die vorgelegte Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2001 Bl. 107 GA weist demgegenüber eine etwas höhere Belastung durch Sozialabgaben aus) folgende Einkommensberechnung:

Gesamtbrutto 47.422,69 DM ./. Lohnsteuer (StKl. 1/0,5) - 6.992,77 DM ./. Kirchensteuer - 544,01 DM ./. SolZ. - 332,45 DM ./. Krankenversicherung - 3.274,41 DM ./. Pflegeversicherung - 394,77 DM ./. Rentenversicherung - 4.435,55 DM ./. Arbeitslosenversicherung - 1.509,50 DM Nettoeinkommen 29.939,23 DM = monatsdurchschnittlich 2.494,94 DM

Von dem vorstehend ermittelten Nettoeinkommen abzusetzen sind die vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers von monatlich 13,00 DM mit einer Nettoquote von 63,13 % = 8,21 DM.

Abzusetzen sind weiterhin auch die berufsbedingten Fahrtkosten des Klägers in vom Beklagten zugestandener Höhe von monatsdurchschnittlich 105,60 DM (6 x 2 x 220 x 0,48 DM). Den Anfall höherer Fahrtkosten hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargetan. Andererseits steht einer Berücksichtigung der berufsbedingten Fahrtkosten nicht entgegen, dass diese bereits bei Errichtung der Jugendamtsurkunde vom 12.01.2001 anfielen, jedoch weder dargetan noch ersichtlich ist, dass und in welcher Form sie bei Schaffung des Titels in Rechnung gestellt wurden. Auch insoweit entfaltet die Jugendamtsurkunde wegen der eingetretenen wesentlichen Änderung der Verhältnisse und der hierdurch notwendig gewordenen völligen Neuberechnung des Kindesunterhalts keine Bindungswirkung.

Dem Einkommen des Klägers hinzu zu rechnen ist dagegen die ihm im Jahr 2001 auf der Grundlage des Steuerbescheides vom 09.07.2001 (Bl. 113 f GA) für das Jahr 2000 gewährte Steuererstattung von 1.470,15 DM mit monatsanteilig 122,51 DM.

Die vorstehenden Überlegungen führen letztlich zu einem anrechenbaren Nettoeinkommen des Klägers im Jahr 2001 von

2.494,94 DM ./. vwL. AG (Nettoquote 63,13 % von mtl. 13,00 DM) - 8,21 DM ./. berufsbedingte Fahrtkosten - 105,60 DM zzgl. Steuererstattung für 2001 (Bl. 113: 1.470,15 DM : 12 122,51 DM 2.503,64 DM

(2) 2002:

Für das Jahr 2002 kann das für 2001 ermittelte Einkommen des Klägers fortgeschrieben werden; die für die Monate Januar - Mai 2002 vorgelegten Gehaltsmitteilungen lassen keine wesentlichen Änderungen erkennen.

Eine - insoweit unwesentliche - Änderung ergibt sich allein hinsichtlich der berufsbedingten Fahrtkosten, bei denen ab dem 01.01.2002 eine km-Pauschale auf 0,24 EUR pro km zugrunde zu legen ist. Daneben hat der Kläger nach seinen glaubhaften Angaben vor dem Senat im Jahr 2002 nur mit einer Steuererstattung von 500,00 DM zu rechnen, was einem monatsanteiligen Betrag von 41,67 DM 21,30 EUR entspricht.

Das unterhaltsrelevante Einkommen des Klägers im Jahr 2002 stellt sich danach wie folgt dar:

1.275,64 EUR ./. vwL. AG (Nettoquote 63,13 % von mtl. 13,00 DM) - 4,20 EUR ./. berufsbedingte Fahrtkosten - 52,80 EUR zzgl. Steuererstattung für 2001 (Bl. 113: 1.470,15 DM : 12 21,30 EUR 1.239,94 EUR

bb)

Der Unterhaltsbedarf des Beklagten bemisst sich dann wie folgt:

(1) 15.08. - 31.12.2001:

Bei einem anrechenbaren Einkommen des Klägers von mtl. 2.503,64 DM wäre der Unterhalt des Beklagten an sich der Einkommensgruppe 1, Altersstufe 4, zu entnehmen. Wegen unterdurchschnittlicher Unterhaltslasten des Klägers ist eine Höherstufung um 2 Einkommensgruppen gerechtfertigt, was zu einem Unterhalt nach Einkommensgruppe 3, Altersstufe 4 von monatlich 691,00 DM führt.

(2) ab 01.01.2002:

Bei einem anrechenbaren Einkommen des Klägers von monatlich netto 1.239,94 EUR wäre der Unterhalt des Beklagte an sich der Einkommensgruppe 1 zu entnehmen, ist angesichts der weiterhin gebotenen Höherstufung aber auch hier nach der Einkommensgruppe 3, Altersstufe 4 zu bemessen und beläuft sich danach auf monatlich 355,00 EUR.

cc)

Auf seinen Unterhaltsanspruch muss sich der Beklagte - wie bereits das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat - die ihm von der D im Rahmen seines Berufsorientierungslehrgangs gezahlte Aufwandsentschädigung als bedarfsdeckendes Einkommen anrechnen lassen. Anfall und ggfs. Höhe abzugsfähiger ausbildungsbedingter Aufwendungen hat der Beklagte nur unzureichend dargetan. Die behauptete Anschaffung von Arbeitskleidung ist ebenso wenig spezifiziert oder durch aussagekräftige Unterlagen belegt wie ausbildungsbedingte Fahrtkosten, die der Beklagte mit dem Einsatz eines Motorrollers für die Wege zur Lehrwerkstatt und zum Berufskolleg begründet. Abgesehen davon, dass sich das Vorhandensein eines Rollers im Besitz des Beklagten anhand der überreichten Versicherungsbescheinigung nach dem dort ausgewiesenen Versicherungsbeginn erst ab 01.03.2002 feststellen lässt, fehlt auch hier nachvollziehbarer Vortrag des Beklagten zur Notwendigkeit einer Benutzung des Rollers für Fahrten von und zur Ausbildungsstelle.

dd)

Schließlich ist bei der Ermittlung des vom Kläger aufzubringenden Zahlbetrages auch insoweit folgt der Senat im Ergebnis der Einschätzung des Amtsgerichts - das für den Beklagten gezahlte Kindergeld von monatlich 270,00 DM im Jahr 2001 und monatlich 154,00 EUR ab 01.01.2002 zu berücksichtigen, wenn auch nicht bedarfsdeckend anzurechnen (Wendl/Staudigl-Scholz, aa0 § 2 Rz. 356 ff).

ee)

Für die Zeit vom 15.08. - 31.12.2001 errechnet sich danach ein Unterhaltsanspruch des Beklagten von 241,00 DM (691,00 DM ./. 180,00 DM ./. 270,00 DM), ab dem 01.01.2002 ein solcher von 109,00 EUR (355,00 EUR ./. rund 92,00 EUR ./. 154,00 EUR), der damit jeweils unter dem vom Amtsgericht nach Maßgabe der Antragstellung des Klägers zuerkannten Unterhaltsanspruch von monatlich 322,00 DM liegt.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.