BGH, Beschluss vom 17.08.2016 - 4 StR 321/16
Fundstelle
openJur 2016, 8751
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 12. April 2016 zu gewähren, wird verworfen.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen (§ 349 Abs. 1 StPO).

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit einem am 10. Juni 2016 beim Landgericht eingegangenen Verteidigerschriftsatz hat der Angeklagte unter Hinweis auf ein Versehen des Verteidigers die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt und Revision eingelegt.

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht vorliegen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen. Entscheidend für den Fristbeginn ist dabei der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474; Beschluss vom 13. September 2005 - 4 StR 399/05, NStZ 2006, 54, 55). Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474; Beschluss vom 4. August 2010 - 2 StR 365/10).

Diesen Voraussetzungen wird der Wiedereinsetzungsantrag nicht gerecht. Denn er verhält sich nicht dazu, wann der Angeklagte Kenntnis davon erlangt hat, dass noch keine Revision eingelegt ist. Die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO ist auch nicht nach der Aktenlage offensichtlich. Danach wurde von Seiten des Landgerichts bereits am 3. Mai 2016 die Übersendung einer Urteilsabschrift mit Rechtskraftvermerk sowohl an den Verteidiger als auch an den Angeklagten verfügt. Diese Verfügung wurde noch am selben Tage ausgeführt. Einen Hinweis darauf, dass die Urteilsabschrift dem Angeklagten nicht zugegangen sein könnte, enthält die Akte nicht.

2. Die Revision des Angeklagten ist unzulässig, weil sie nicht binnen Wochenfrist eingelegt worden ist (§ 341 Abs. 1 StPO).

Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak Mutzbauer Quentin