LAG Hamm, Beschluss vom 24.04.2002 - 10 TaBV 142/01
Fundstelle
openJur 2011, 17641
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 BV 44/01
Tenor

Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss

des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.08.2001 - 9 BV 44/01 -

wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Beteiligten streiten um die zutreffende Eingruppierung eines Mitarbeiters des Arbeitgebers.

Der antragstellende Arbeitgeber betreibt zahlreiche Baumärkte, unter anderem den Baumarkt in K3xxx. Im Betrieb des Arbeitgebers in K3xxx ist ein Betriebsrat gebildet, der bislang aus fünf Personen bestand, seit der Betriebsratswahl 2002 aus drei Personen.

Im Baumarkt in K3xxx war im März 2001 eine Stelle im Bereich des Warenlagers zu besetzen, nachdem der bisherige Stelleninhaber ausgeschieden war. In einer innerbetrieblichen Ausschreibung vom 29.06.2000 (Bl. 24 d.A.) war diese Stelle als "Wareneingangsleiter/in" bezeichnet. Auch in anderen innerbetrieblichen Formularen wurde die Stelle als "Wareneingangsleiter" bezeichnet (Bl. 25, 26 d.A.).

Der Arbeitgeber entschied sich schließlich, die freie Stelle im Betrieb K3xxx mit dem Mitarbeiter P4xxx S4xxxxxxxxxxx zu besetzen, der seit März 1997 im Markt 81x, in D2xxxxxx, tätig gewesen war und dort nach Angaben des Arbeitgebers aufgrund eines dortigen Haustarifvertrages als "Lagererster" eingesetzt war. Mit Schreiben vom 06.03.2001 (Bl. 3 d.A.) teilte der Arbeitgeber dem Betriebsrat mit, dass beabsichtigt sei, den Mitarbeiter P4xxx S4xxxxxxxxxxx auf der freien Stelle im Wareneingang als "Lagerersten" zum 15.03.2001 zu beschäftigen und ihn in die Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen - GTV - einzugruppieren. Mit Schreiben vom 13.03.2001 (Bl. 4 d.A.) und vom 12.04.2001 (Bl. 5 d.A.) stimmte der Betriebsrat der Einstellung des Mitarbeiters zu, widersprach jedoch ausdrücklich der vorgesehenen Eingruppierung mit dem Hinweis darauf, dass eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe IV GTV zu erfolgen habe.

Am 11.04.2001 schloss der Arbeitgeber daraufhin mit dem Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx einen Arbeitsvertrag (Bl. 6 ff.d.A.) ab, wonach der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx seit dem 01.04.2001 als Lagererster unter Eingruppierung in die Gehaltsgruppe II GTV zu einem monatlichen Tarifentgelt von 3.556,00 DM zuzüglich einer freiwilligen übertariflichen Zulage von 407,00 DM eingestellt wurde.

Im Rahmen seiner Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers in K3xxx ist der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx zuständig für die Überprüfung des Wareneingangs, für das Versenden von Reparaturen, für den wöchentlichen Abgleich der Reparaturbelege, für das Versenden von Retouren und die damit verbundene Belegerstellung sowie für die gesamte Durchführung der Be- und Entladetätigkeiten im Lager. Herr S4xxxxxxxxxxx arbeitet regelmäßig mit drei Mitarbeitern im Wareneingangsbereich zusammen. Sein direkter Vorgesetzter ist der Geschäftsstellenleiter Herr N1xxxxxxx.

Mit dem am 24.04.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag machte der Arbeitgeber die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx geltend.

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, Herr S4xxxxxxxxxxx sei zu Recht in die Gehaltsgruppe II GTV eingruppiert worden, da er als Lagererster tätig werde. Herr S4xxxxxxxxxxx übe im Wesentlichen solche Arbeiten aus, die auch von allen anderen Mitarbeitern im Wareneingang bewerkstelligt werden müssten. Die zusätzlichen Verwaltungsaufgaben, wie der manuelle Vergleich der Daten der Bestellung/Auftrag mit den kontrollierten Lieferscheinen sowie die Erstellung des Belegwesens bei Retouren und die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sauberkeit im Wareneingangsbereich führten nicht zu einem eigenständigen Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum; es handele sich vielmehr um erweiterte Fachkenntnisse.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Herrn P4xxx S4xxxxxxxxxxx in die Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel NRW zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber habe Herrn S4xxxxxxxxxxx unzutreffenderweise in die Gehaltsgruppe II GTV eingruppiert; zutreffend sei eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe IV GTV. Herr S4xxxxxxxxxxx sei als Leiter der Warenannahmeabteilung anzusehen. Zu seinen Arbeitsaufgaben gehöre die Kontrolle der Warenausgänge und der Wareneingänge, die Bearbeitung und das Einbuchen von entsprechenden Belegen mit Hilfe der EDV sowie die Bearbeitung der Reparaturbelege. Hinzu komme die Verantwortlichkeit für die übrigen drei Mitarbeiter, die ihm nachgeordnet seien und denen er Anweisungen erteile. Der Leiter der Warenannahme habe die volle Verantwortung für seinen Tätigkeitsbereich, das gesamte Gebiet der Warenannahme einschließlich der Lagerverwaltung unterliege seiner persönlichen Verantwortung. Auch die bisherigen Stelleninhaber seien als Wareneingangsleiter tätig gewesen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen S4xxxxxxxxxxx. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, so wie es in der Sitzungsniederschrift vom 15.08.2001 (Bl. 43 ff.d.A.) niedergelegt ist, wird Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 15.08.2001 hat das Arbeitsgericht sodann den Antrag des Arbeitgebers als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx in die Gehaltsgruppe II GTV könne nicht ersetzt werden, weil der Mitarbeiter nicht die Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe II, sondern diejenigen der Gehaltsgruppe III GTV erfülle. Für den Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx treffe das Tätigkeitsbeispiel "Verwalter von Warenannahme und/oder Versand" im Sinne der Gehaltsgruppe III GTV zu. "Verwalter" in diesem Sinne seien Arbeitnehmer, die für die Erledigung sämtlicher Aufgaben in ihrem Aufgabenbereich zuständig seien, ohne eine leitende Stellung im Sinne der Gehaltsgruppe IV GTV inne zu haben. Demgegenüber müsse der Lagererste im Sinne der Gehaltsgruppe II GTV lediglich erweiterte Fachkenntnisse und damit verbunden eine größere Verantwortung für die fachliche Erledigung der übertragenen Arbeitsaufgaben aufweisen, während der "Verwalter" eine umfassendere Verantwortung für einen Tätigkeitsbereich ausübe, der Spielraum für eigene Entscheidungen im Sinne einer selbständigen Tätigkeit lasse. In diesem Sinne sei der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx als "Verwalter" des Wareneingangsbereiches und des Lagers anzusehen. Aus der durchgeführten Beweisaufnahme ergebe sich, dass der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx für den gesamten organisatorischen Ablauf im Wareneingangsbereich zuständig sei. Er gebe den Arbeitnehmern, die ständig mit ihm zusammen arbeiteten, täglich Arbeitsanweisungen. Er gebe regelmäßig Lieferscheindaten und Auftragsdaten in das EDV-System ein. Die Abwicklung von Reparaturaufträgen versehe Herr S4xxxxxxxxxxx eigenständig. Er sei auch dazu beauftragt worden, für die Sicherheitsmaßnahmen im Lager Sorge zu tragen. Nach den Bekundungen des Zeugen und dem Vorbringen der Beteiligten gebe es keinen einzigen Arbeitsvorgang im Bereich der Warenannahme und des Lagers, dessen Ablauf nicht Herr S4xxxxxxxxxxx, sondern ein anderer Mitarbeiter beeinflusse. Insoweit stehe Herrn S4xxxxxxxxxxx auch ein erheblicher Spielraum für eigene Entscheidungen zu.

Gegen den dem Arbeitgeber am 22.10.2001 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Arbeitgeber am 20.11.2001 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 21.01.2002 mit dem am 18.01.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Arbeitgeber ist weiter der Auffassung, der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx übe keine Tätigkeiten im Sinne der Gehaltsgruppe III GTV aus, er sei vielmehr als Lagererster im Sinne der Gehaltsgruppe II GTV tätig. Insbesondere habe der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx keine Verantwortung für seinen Tätigkeitsbereich im Sinne der Vergütungsgruppe III GTV. Verantwortlich für die Tätigkeit der übrigen drei Mitarbeiter im Wareneingangsbereich dem Lager sei der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx nicht; die Verantwortung hierfür trage vielmehr der Marktleiter selbst. Allein der Marktleiter, Herr N1xxxxxxx, zeige die Verantwortung für den Bereich der Warenannahme und des Versandes. Eine Verantwortlichkeit von Herrn S4xxxxxxxxxxx bestehe insoweit nicht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme. Auch aus den Einlassungen des Zeugen ergebe sich allenfalls, dass er als Lagererster tätig sei. Als Zeuge habe der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx klargestellt, dass im Lager ein Team, das zusammen arbeite, tätig sei. Auch die Urlaubsplanung und insbesondere die Urlaubsgewährung erfolge ausschließlich von Seiten der Geschäftsleitung. Bestellungen dürfe der Zeuge selbst nicht vornehmen. Diese erfolgten vielmehr von Mitarbeitern der einzelnen Fachabteilungen bzw. zentral. Insgesamt sei der Zeuge nur ausführendes Organ von Weisungen der Geschäftsleitung. Im Rahmen seiner Vernehmung habe der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx auch einräumen müssen, das letztlich das gesamte Tagesgeschäft von selbst laufe, da die übrigen drei Mitarbeiter bereits lange im Lagerbereich tätig seien und ihnen deshalb bekannt sei, wer was wie zu tun habe. Auch für die Personalplanung sei der Zeuge S4xxxxxxxxxxx nicht zuständig. Im Übrigen bestünden auch für den Wareneingangsbereich und für das Lager bis ins einzelne gehende Organisationsanweisungen, die sich aus schriftlichen Organisationsregeln des Arbeitgebers ergäben. Tägliche Arbeitsanweisungen gebe der Zeuge S4xxxxxxxxxxx nicht. Herr S4xxxxxxxxxxx habe auch keine sammelnde oder verteilende Funktion inne; eine Beeinflussung oder gar Verantwortlichkeit für das Lagerwesen habe Herr S4xxxxxxxxxxx nicht. Insbesondere stehe ihm auch nicht der vom Arbeitsgericht angenommene erhebliche Spielraum für eigene Entscheidungen zu. Aus den Organisationsanweisungen des Arbeitgebers (Bl. 95 ff.d.A.) sei vielmehr zu entnehmen, dass jeder einzelne Arbeitsablauf im Einzelnen detailliert geregelt sei.

Der Arbeitgeber beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.08.2001 - 9 BV 44/01 - abzuändern und die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Herrn P4xxx S4xxxxxxxxxxx in die Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel NRW zu ersetzen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und weist darauf hin, dass allein die Bezeichnung der Tätigkeit im Arbeitsvertrag für die Frage der Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx nicht ausschlaggebend sei. Entscheidend sei vielmehr die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Das Arbeitsgericht habe aber zutreffend ausgeführt, dass der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx die Verantwortung für das im Wareneingangsbereich arbeitende Team habe. Er habe auch Einfluss auf die Urlaubsgestaltung und die Urlaubsplanung im Wareneingangs- bzw. Lagerbereich. Dass die letzte Entscheidung hierüber bei der Marktleitung liege, stehe der Verantwortlichkeit des Zeugen nicht entgegen. Darüber hinaus würden alle Arbeitsvorgänge im Bereich der Warenannahme und des Lagers ausschließlich von Herrn S4xxxxxxxxxxx gesteuert und nicht von irgend einem anderen Mitarbeiter des Arbeitgebers. Auch bei seiner Vernehmung vor dem Arbeitsgericht habe der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx ausdrücklich bekundet, dass er Anweisungen erteile und die Befolgung seiner Anweisungen notfalls erzwingen würde. Der Umstand, dass dies bislang nicht nötig gewesen sei, sondern seine Anweisungen auch ohne Zwang befolgt würden, ändere nichts an dem Umstand, dass der Zeuge kraft seiner Organisations- und Weisungsbefugnis für das Arbeitsergebnisverantwortlich sei.

Auch aus den vom Arbeitgeber vorgelegten Organisationsregeln ergebe sich nichts anderes. Trotz dieser Regelungen seien täglich Arbeitsanweisungen von ihm erforderlich, auch wenn der tägliche Arbeitsablauf eingespielt sei. Soweit der Arbeitgeber behaupte, der Marktleiter bestimme im Einzelnen darüber, wie die Arbeit in den Bereichen Warenannahme und Lager vonstatten gehe, sei dies unsubstantiiert. Der Marktleiter könne diese Anweisungen schon nicht erteilen, weil er nicht regelmäßig anwesend sein könne.

Auch der Vorgänger des Zeugen S4xxxxxxxxxxx sei Warenannahmeleiter gewesen.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Die zulässige Beschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet.

Der Arbeitgeber kann die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx in die Vergütungsgruppe II GTV nicht verlangen.

I.

Der Antrag des Arbeitgebers ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1, 81 ArbGG zulässig. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 99 BetrVG, nämlich die zutreffende Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx, streitig.

Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis des Arbeitgebers und des Betriebsrates ergibt sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Der betroffene Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx war im vorliegenden Beschlussverfahren nicht zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 22.03.1983 - AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 17.05.1983 - AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 03.12.1985 - AP Nr. 31 zu § 99 BetrVG 1972; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 99 Rz. 235; Germelmann/Matthes/ Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 83 Rz. 47 m.w.N.).

II.

Der Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers ist nicht nach § 99 Abs. 4 BetrVG begründet. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu der begehrten Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx zu Recht verweigert.

1. Der Arbeitgeber bedarf der Zustimmung des Betriebsrates zu der beabsichtigten Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx in die Vergütungsgruppe II GTV.

a) Nach § 99 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zustimmung des Betriebsrates zu einer geplanten Eingruppierung oder Umgruppierung einzuholen.

Die Voraussetzungen, unter denen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates entsteht, sind erfüllt. Im Betrieb des Arbeitgebers sind mehr als 20 zum Betriebsrat wahlberechtigter Arbeitnehmer beschäftigt. Die geplante Maßnahme ist eine Eingruppierung. Die Festlegung der für den Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx zutreffenden Vergütungsgruppe betrifft die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit und kann die Lohnfindung beeinflussen. Dabei hat der Betriebsrat, wenn auch kein Mitgestaltungsrecht, so doch ein Mitbeurteilungsrecht (BAG, Beschluss vom 22.03.1983 - AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 28.01.1986 - AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 12.08.1997 - AP Nr. 14 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung; BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP Nr. 23 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung m.w.N.).

Der Arbeitgeber hat das Zustimmungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet. Er hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 06.03.2001 hinreichend informiert. Das Schreiben vom 06.03.2001 enthält die für den Betriebsrat erforderlichen Informationen bezogen auf die Tätigkeit des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx sowie die Auffassung des Arbeitgebers, welche Gehaltsgruppe hieraus folgt.

b) Die Zustimmung des Betriebsrates zu der Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx in die Gehaltsgruppe II GTV gilt auch nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Es liegt eine beachtliche Zustimmungsverweigerung vor. Die Zustimmungsverweigerung vom 13.03.2001 ist form- und fristgerecht erfolgt, § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Der Betriebsrat hat die Zustimmungsverweigerung auch hinreichend begründet. Die Zustimmungsverweigerung hat er unter anderem darauf gestützt, dass nach seiner Auffassung für die Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx die Gehaltsgruppe IV GTV die zutreffende sei. Diese Zustimmungsverweigerung lässt es als möglich erscheinen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgezählten Gründe geltend gemacht wird (BAG, Beschluss vom 26.01.1988 - AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP Nr. 23 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung). Mit der gegebenen Begründung hat der Betriebsrat den Widerspruchsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG in Anspruch genommen. Dieser Zustimmungsverweigerungsgrund ist immer dann zu prüfen, wenn der Betriebsrat - wie hier - geltend macht, die vorgesehene Eingruppierung entspreche nicht den im Tarifvertrag vorgesehenen Tätigkeitsmerkmalen (BAG, Beschluss vom 28.01.1986 - AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972).

2. Die geplante Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx in die Gehaltsgruppe II GTV ist tarifwidrig. Sie entspricht nicht der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx.

a) Nach § 2 Abs. 1 des Gehaltstarifvertrages des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen - GTV - sind die Angestellten nach der von ihnen tatsächlich verrichteten Tätigkeit in eine der nachstehenden Beschäftigungsgruppen einzugliedern. Hiernach ist nicht die im Arbeitsvertrag bezeichnete Tätigkeit und die vereinbarte Eingruppierung entscheidend, maßgeblich ist vielmehr die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx. Dies stellt auch der Arbeitgeber nicht in Abrede.

Werden mehrere Tätigkeiten tatsächlich und auf Dauer ausgeübt, ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 MTV von der überwiegenden ausgeübten Tätigkeit auszugehen. Überwiegend ist diejenige Tätigkeit, die mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Arbeitnehmers in Anspruch nimmt (BAG, Urteil vom 28.04.1982 - AP Nr. 62 zu § 22, 23 BAT 1975; BAG, Urteil vom 07.11.1990 - AP Nr. 41 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; BAG, Urteil vom 29.07.1992 - AP Nr. 32 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel).

Nimmt ein Arbeitnehmer überwiegend Tätigkeiten der in § 3 GTV genannten Richtbeispiele war (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GTV), erfüllt er damit die Tätigkeitsmerkmale der entsprechenden Vergütungsgruppe. Bestimmen nämlich Tarifvertragsparteien Beispiele für typische Tätigkeiten, bringen sie damit zum Ausdruck, dass sie die abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsgruppe als erfüllt ansehen, wenn diese Tätigkeit in der Vergütungsgruppe als Richtbeispiel aufgeführt ist (BAG, Urteil vom 08.02.1984 - AP nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung; BAG, Urteil vom 07.11.1984 - AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; BAG, Urteil vom 14.05.1986 - AP Nr. 119 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG, Urteil vom 25.09.1991 - AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel; BAG, Urteil vom 29.07.1992 - AP Nr. 32 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; BAG, Urteil vom 13.11.1996 - ZTR 1997, 174 m.w.N.).

b) Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx überwiegend Tätigkeiten wahrnimmt, die der Gehaltsgruppe III GTV entsprechen. Er übt keine Tätigkeiten aus, die unter die Gehaltsgruppe II GTV einzuordnen sind. Dieser Beurteilung in dem angefochtenen Beschluss folgt auch die erkennende Beschwerdekammer.

Nach § 3 B. GTV sind in die Gehaltsgruppe II einzugruppieren "Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung" erfordert. Als Richtbeispiel ist insoweit der "Lagererste" sowie "erste Kräfte in ... Warenannahme, Lager, Versand usw." genannt.

Demgegenüber sind in die Gehaltsgruppe III GTV einzugruppieren "Angestellte mit selbständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und entsprechender Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich". Als Richtbeispiel ist insoweit der "Verwalter von Warenannahme und/oder Versand" angeführt.

Von diesen Begriffen ist auch das Arbeitsgericht ausgegangen und hat sie im angefochtenen Beschluss zutreffend definiert.

Unter Lagererster oder Erste Kraft im Sinne der Gehaltsgruppe II GTV sind Arbeitnehmer mit besonderen außergewöhnlichen Aufgaben zu verstehen, deren Tätigkeiten sich aus den einfachen Tätigkeiten nach der Gehaltsgruppe I GTV deutlich hervorhebt. Eine Tätigkeit als Erste Kraft im Sinne der Gehaltsgruppe II GTV setzt zudem stets das Vorhandensein weiterer Arbeitnehmer voraus (BAG, Urteil vom 04.08.1993 - AP Nr. 38 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). Inwieweit sich allerdings die erste Kraft von sonstigen Mitarbeitern hervorheben muss, wird durch den Begriff "Erster" nicht näher bestimmt. Die Richtbeispiele "Erste Verkäufer", "Lagererster", "Erste Kraft" können nicht aus sich heraus ausgelegt werden, was zur Folge hat, dass bei der Prüfung der Eingruppierung insoweit auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale, auf die Oberbegriffe zurückgegriffen werden muss (BAG, Urteil vom 07.11.1984 - AP Nr. 6 zu § 1 Tarifverträge: Einzelhandel; BAG, Urteil vom 04.08.1993 - AP Nr. 38 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel).

Demgegenüber sind "Verwalter" von Warenannahmen und/oder Versand im Sinne der Gehaltsgruppe III GTV Arbeitnehmer, die für die Erfüllung sämtlicher Aufgaben in ihrem Bereich zuständig sind, ohne dass eine leitende Stellung im Sinne der Gehaltsgruppe IV GTV vorliegt (LAG Hamm, Urteil vom 28.08.1997 - 4 Sa 1926/96 - NZA-RR 1998, 490; Decruppe/Rzaza, Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Teil II, 3. Aufl., G III Rz. 24). Ein "Leiter" im Sinne der Gehaltsgruppe IV GTV ist jemand, der etwas leitet und der damit verantwortlicher Vorgesetzter ist. Ein "Verwalter" im Sinne der Gehaltsgruppe III GTV ist demgegenüber jemand, der etwas verantwortlich führt und alle damit zusammenhängenden Angelegenheiten erledigt.

Der Lagererste muss lediglich erweiterte Fachkenntnisse und damit verbunden eine größere Verantwortung für die fachliche Erledigung der übertragenen Arbeitsaufgaben aufweisen, während der "Verwalter" eine umfassendere Verantwortung für seinen Tätigkeitsbereich ausübt, der Spielraum für eigenständige Entscheidungen im Sinne einer selbständigen Tätigkeit lässt. Der Verwalter bestimmt - im Rahmen allgemeiner Anweisung - die Arbeitsabläufe in dem ihm übertragenen Bereich, während der Lagererste lediglich seine erweiterten Fachkenntnisse in die Aufgabenerfüllung einfließen lässt.

In diesem Sinne ist der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx für die Erledigung sämtlicher Aufgaben in dem ihm übertragenen Bereich, dem Wareneingang und dem Lager, zuständig. Seine gesteigerte Verantwortung ergibt sich nicht lediglich aus einer erweiterte Fachkenntnisse erfordernden Tätigkeit. Er übt vielmehr - im Rahmen allgemeiner Anweisung - eine selbständige Tätigkeit mit entsprechender Verantwortung für seinen Tätigkeitsbereich aus. Dies ergibt sich aus der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme, die das Arbeitsgericht zutreffend gewürdigt hat.

Der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx ist insoweit für den gesamten organisatorischen Ablauf im Wareneingangsbereich zuständig. Dies hat Herr S4xxxxxxxxxxx bei seiner Vernehmung als Zeuge ausdrücklich bekundet. Er gibt den Arbeitnehmern, die ständig mit ihm zusammenarbeiten, täglich Anweisungen. Herr S4xxxxxxxxxxx macht Vorgaben im Hinblick auf die gesamte Lagerhaltung. Er gibt regelmäßig Lieferscheindaten und Auftragsdaten in das EDV-System ein. Die Abwicklung von Reparaturaufträgen versieht Herr S4xxxxxxxxxxx eigenständig. Er ist auch beauftragt worden, für die Sicherheitsmaßnahmen im Lager Sorge zu tragen. Jedenfalls für den Lagerbereich ist er für die Sicherheit verantwortlich. All dies ergibt sich aus den Bekundungen des als Zeugen vernommenen Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx sei lediglich ausführendes Organ, von Weisungen der Geschäftsleitung abhängig. Die Beweisaufnahme erster Instanz hat etwas anderes ergeben. Auch soweit behauptet wird, der Marktleiter bestimme im Einzelnen darüber, wie die Arbeit in den bereichen Warenannahme und Lager vonstatten gehe, hat dies die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme nicht ergeben. Hierfür ist vielmehr der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx zuständig.

Auch aufgrund der vom Arbeitgeber herausgegebenen Organisationsanweisungen (Bl. 94 f. d.A.) ergibt sich nichts anderes. Diese stehen der entsprechenden verantwortlichen Tätigkeit des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx nicht entgegen. Sie stellen lediglich allgemeine Anweisungen im Sinne der Gehaltsgruppe III GTV dar. Dass der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx lediglich nach Einzelanweisungen des Marktleiters tätig wird, behauptet der Arbeitgeber selbst nicht. Voraussetzung für eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III GTV ist auch keine völlige Selbständigkeit, d.h. keine Tätigkeit ohne Einflussnahme Dritter (BAG, Urteil vom 26.02.1986 - AP Nr. 43 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; Decruppe/Rzaza, a.a.O., G III Rz. 1).

Der Eingruppierung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx als "Verwalter" im Sinne der Gehaltsgruppe III GTV steht auch nicht entgegen, dass Herr S4xxxxxxxxxxx nicht für die Personalplanung in seinem Bereich zuständig ist. Eine endgültige personelle Verantwortung ist für die Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III GTV nicht erforderlich. Notwendig ist insoweit lediglich, dass dem Mitarbeiter Aufsichts- und Weisungsbefugnisse übertragen sind (BAG, Urteil vom 25.02.1987 - AP Nr. 16 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; Decruppe/Rzaza, a.a.O., G III Rz. 6). Diese Aufsichts- und Weisungsbefugnisse stehen aber dem Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx zu. Dies ergibt sich aus der durchgeführten Beweisaufnahme. Der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx hat bei seiner Vernehmung vor dem Arbeitsgericht als Zeugen auch keinen Zweifel daran gelassen, dass er Anweisungen erteilt und die Befolgung seiner Anweisungen notfalls auch erzwingen würde, falls dies erforderlich sein würde.

Zu Recht ist das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass letztlich der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx bestimmt, wie die Arbeit in den Bereichen Warenannahme und Lager vonstatten geht. Auch mit der Beschwerde hat der Arbeitgeber keine Arbeitsvorgänge im Bereich der Warenannahme und des Lagers nennen können, dessen Ablauf nicht der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx, sondern ein anderer Mitarbeiter beeinflusst. Hieraus hat das Arbeitsgericht zu Recht geschlossen, dass dem Mitarbeiter ein erheblicher Spielraum für eigene Entscheidungen zusteht, insbesondere im Hinblick auf die arbeitsorganisatorische Gestaltung des Arbeitsablaufs, den Einsatz der anderen Lagermitarbeiter und die Bearbeitung der Reparaturbelege. Welche Anweisungen der Mitarbeiter S4xxxxxxxxxxx insoweit von der Geschäftsleitung erhält, ist auch insoweit aus dem Beschwerdevorbringen nicht ersichtlich.

Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Arbeitgeber selbst die Stellung des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx in innerbetrieblich verwendeten Formularen und Schreiben als "Wareneingangsleiter" bezeichnet.

Eine erneute Einvernahme des Mitarbeiters S4xxxxxxxxxxx als Zeugen durch die Beschwerdekammer war entbehrlich, da die Beschwerdekammer der ausführlichen und zutreffenden Würdigung durch das Arbeitsgericht folgt.

III.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

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/N.