OLG Koblenz, Beschluss vom 09.07.2008 - 9 UF 104/08
Fundstelle
openJur 2016, 11729
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Trier vom 6. Februar 2008 aufgehoben.

Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten und Auslagen nicht erhoben.

Außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Eltern des Kindes J., geboren am ... November 2000, waren vom 16. September 2000 bis zum 11. April 2007 miteinander verheiratet. Für den Kindesvater handelt es sich um die 3. Ehe. Aus den beiden vorangegangenen Ehen hat er 3 weitere Kinder. Die Kinder aus 1. Ehe sind heute volljährig. Der Sohn aus 2. Ehe ist 8 Jahre alt. Der Umgang dieses Kindes mit seinem Vater ist ausgesetzt.

Die Kindesmutter ist 1974 in W. geboren und aufgewachsen. Die Eltern lernten sich über das Internet kennen. Nachdem die Kindesmutter bald nach dem Kennenlernen mit J. schwanger geworden war, haben sie geheiratet und ihren gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland genommen.

Bereits im April 2003 trennten sich die Eltern zum ersten Mal. Das Kind verblieb bei der Mutter. Die Besuchskontakte zum Vater verliefen zunächst relativ problemlos. Im Juni 2003 kam es zwischen den Parteien zu einer Auseinandersetzung bei der Übergabe des Kindes. Die Kindesmutter gibt an, sie sei hierbei durch das Fahrzeug des Ehemannes verletzt worden und erstattete Anzeige wegen Körperverletzung. Sie beschloss, die Besuchskontakte zu reduzieren "um unnötige Konfrontation zu verhindern und eine strenge Regelung zu finden" (Bl. 6 GA in 9 F 370/03). Die Kindesmutter hatte inzwischen ein Verhältnis zu Herrn W. aufgenommen. Als Reaktion hierauf und auf die Verweigerung der Umgangskontakte begann der Kindesvater seine Ehefrau häufig zu beobachten. Ende Juli 2003 begehrte der Vater gerichtliche Hilfe beim Umgang. In der Folgezeit hatte der Vater mit dem Kind an jedem Samstag zwischen 9.00 und 18.00 Uhr Umgang mit seiner Tochter, wobei die Übergaben wegen der heftigen verbalen Auseinandersetzung zwischen den Parteien von dritten Personen vermittelt wurden. Die Sachverständige D. stellte in ihrem Gutachten vom 17. September 2003 (9 F 370/03) fest, dass J. altersentsprechend entwickelt, aber im Sprachausdruck leicht retardiert sei. Sie sei ein sehr angepasstes und scheues Kind, welches eine gute und innige Beziehung zu beiden Eltern habe. Die Sachverständige empfahl einen regelmäßigen begleiteten Umgang. Nach ihrem Dafürhalten waren die eigentlichen Gründe der Auseinandersetzung zwischen den Parteien die Frage der Aufenthaltserlaubnis der Mutter, finanzielle Forderungen, aber auch die persönliche Kränkung des Kindesvaters, weil seine Ehefrau ihn verlassen habe, vor dem Hintergrund einer narzisstischen Persönlichkeit. Durch die persönlichen Kontakte im Rahmen der Gutachtenerstattung versöhnten sich die Eltern wieder miteinander und wohnten seit Januar 2004 wieder zusammen.

Nur einige Zeit später eskalierten die Schwierigkeiten zwischen den Eltern erneut und die Ehefrau zog mit dem Kind am 19. August 2004 aus der ehelichen Wohnung aus. Sie fand Unterkunft bei einem älteren Ehepaar, welches sie über ein Arbeitsverhältnis kennen gelernt hatte. Das Kind und die Mutter leben noch heute im Anwesen der Familie F.. Sie können sich dort im gesamten Haus und Garten frei bewegen, es handelt sich also weniger um ein Mietverhältnis, sondern um gemeinschaftliches Wohnen. J. hat insbesondere zu Herrn F. ein gutes Verhältnis entwickelt. Sie nennt ihn "Opa".

In der Folgezeit überziehen sich die Parteien wechselseitig mit den verschiedensten Strafanzeigen, die hier nicht näher dargestellt werden müssen.

Nach der zweiten Trennung sah der Vater die Tochter zunächst nicht mehr. Allerdings stellte die Kindesmutter am 15.09.2004 (9 F 411/04 EA I) einen Antrag auf eine Umgangsregelung, wobei ihr ein Umgang alle 2 Wochen an einem Tag vorschwebte. Durch Beschluss vom 03.10.2004 ordnete das Familiengericht einen Umgang zweimal pro Woche von 9.00 bis 18.00 Uhr an. Zuvor hatte der Vater es abgelehnt, das Kind am Wochenende zu sich zu nehmen mit der Begründung, dies biete seine Frau nur an, um am Wochenende freie Zeit zu haben (Bl. 27 in 9 F 411/04 EA I).  Die Situation stabilisierte sich in der Folgezeit indes nicht. Nachdem die Parteien wechselseitig jeweils die elterliche Sorge für J. beansprucht hatten, ließ das Familiengericht die Sachverständige D. erneut ein Gutachten zu der Frage erstatten, ob die Übertragung der elterlichen Sorge bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater oder auf die Mutter dem Kindeswohl am besten entspricht.

Die Sachverständige stellte im Rahmen der Exploration für ein 2. Gutachten fest, dass der den Umgang vermittelnde Herr F. gegenüber dem Vater nicht neutral sei, sodass dieser den Umgang nicht mehr vermitteln konnte. Die Kindesmutter hatte den Eindruck, dass der Vater das Kind bei den Umgangskontakten in dem Sinne manipuliere, dass bei dem Kind der Wunsch geweckt werden sollte, zum Kindesvater überzuwechseln. Das Familiengericht stellte fest, der Kindesvater verfolge unter ständigem Einsatz einer Videokamera das Ziel, der Kindesmutter Erziehungsunfähigkeit nachzuweisen, wobei er dadurch das Kindeswohl aus dem Auge verliere. Diese Gegebenheiten nahm das Familiengericht zum Anlass, den Umgang des Vaters mit seiner Tochter auf 2 Nachmittage in der Woche in begleiteter Form durch den Sozialdienst Kath. Frauen zu reduzieren. Dabei ermahnte das Familiengericht die Eltern, sie müssten lernen, die Über- und Rückgabe des Kindes ohne die Mitwirkung dritter Personen zu regeln.

In ihrem Gutachten vom 1. April 2005 (Bl. 38 ff in 9 F 221/05) führte die Sachverständige aus, dass J. sich gut entwickelt habe und ihr Sprachausdruck inzwischen altersentsprechend sei. Ihr äußeres Verhalten sei ruhig und sehr angepasst. Es gebe keine Hinweise auf besondere Ängste. Die Sachverständige stellte aber fest, dass das Kind sein Aussageverhalten danach ausrichte, welcher Elternteil jeweils anwesend sei. Sie versuche sich verzweifelt allen Erwartungen der zerstrittenen Eltern anzupassen. Das Kind befinde sich in einem massiven Loyalitätskonflikt, welchen es durch Überanpassung an die Erwartung der Eltern zu lösen versuche. Beide Eltern instrumentalisierten und beeinflussten das Kind. Die Eltern nähmen jeweils das, was das Kind sage "für bare Münze", reagierten mit großer Erregung und griffen prompt nach rechtlichen Mitteln (Strafanzeige, Anträge beim Familiengericht). Das Kindeswohl sei nachhaltig beeinträchtigt. Es bedürfe einer eindeutigen Zuordnung zu einem Elternteil, um den starken Loyalitätskonflikt zu durchbrechen. Bei dem Vater gebe es Hinweise auf eine Einschränkung der Erziehungsfähigkeit. Die durchgeführten Tests wiesen auf ein paranoides Denken und eine verzerrte Wahrnehmung hin. Die Selbstwahrnehmung sei durch Gefühle persönlicher Unzulänglichkeit beeinträchtigt. Die Skala für Depressivität zeige stark erhöhte Werte. Es beständen zwar keine Denkstörungen, das formale und inhaltliche Denken sei jedoch zwanghaft und perseverierend.

Durch Beschluss vom 22. Februar 2006 - 9 F 221/05 - hat das Familiengericht sodann die elterliche Sorge für J. auf die Mutter allein überragen. Begründet wurde diese Entscheidung mit der engen Bindung des Kindes an die Mutter. Dieses lebe seit der Trennung zusammen mit ihr. Die Kindesmutter zeige zwar keine Bindungstoleranz im Hinblick auf das Verhältnis des Kindes zu seinem Vater. Der Umgang des Kindes zu seinem Vater werde nicht gefördert, sondern sabotiert. Jedoch spreche für ein Verbleiben des Kindes bei der Mutter das Kontinuitätsprinzip sowie die eingeschränkte Erziehungsfähigkeit des Vaters. Wegen der weiteren Begründung wird auf den Beschluss Bezug genommen (Bl. 252 ff - 9 F 221/05). Die Beschwerde des Vaters gegen diese Entscheidung hat der Senat durch Beschluss vom 6. September 2006 - 9 UF 231/06 (Bl. 385 ff) - zurückgewiesen. Auch der Senat war der Auffassung, dass die ausgesprochen feindliche Haltung der Eltern zueinander die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge unmöglich mache. Die Übertragung der Sorge auf die Mutter entspreche dem Kindeswohl am besten. Zwar habe J. eine gute emotionale Beziehung und Bindung zu beiden Eltern und es mangele der Kindesmutter an Bindungstoleranz gegenüber dem Vater. Ihre Erziehungsfähigkeit sei auch in gewissem Maße durch eine Angststörung, die eine Überängstlichkeit in Bezug auf J. zur Folge habe, eingeschränkt. Ansonsten sei die Mutter jedoch gut erziehungsgeeignet. Sie sei uneingeschränkt in der Lage, die Betreuung des Kindes erzieherisch kompetent zu gewährleisten und seine Entwicklung zu fördern. Die Mutter sei in erster Linie J.s Bezugsperson. Die erzieherischen Möglichkeiten des Vaters seien wegen seiner labilen psychischen Verfassung eingeschränkt. Sein größtes Defizit sei aber ebenfalls die fehlende Bindungstoleranz. Deshalb sprächen die besseren Argumente für eine Übertragung der elterlichen Sorge allein auf die Mutter.

Ebenfalls mit Beschluss vom 22. Februar 2006 hat das Familiengericht vorläufig eine Umgangspflegschaft zur Regelung des Umgangs des Vaters mit dem Kind eingerichtet und regelmäßigen Umgang am Samstag zwischen 9.00  und 18.00 Uhr beginnend ab dem 25. März 2006 angeordnet. Den Umgangstermin vom 1. Juli 2006 nutzte der Vater, um mit dem Kind absprachewidrig zu verreisen. Seinen Aufenthaltsort gab er nicht bekannt. In der Nacht des 7./8. Juli 2006 wurde der Vater in W. durch den Zoll festgesetzt. Der Vater hatte mit dem Kind die ganze Zeit im Auto übernachtet. Durch einstweilige Anordnung vom 07.07.2006 (9 F 290/05 EA III) hat das Familiengericht zunächst den Umgang des Vaters wegen dieses Verhaltens ausgeschlossen. Durch Beschluss vom 4. August 2006 wurden indes wieder begleitete Umgangskontakte in den Räumen des Sozialdienstes Kath. Frauen angeordnet, wobei die Umgangspflegerin das Kind bei der Mutter abholen und wieder zu ihr zurückbringen sollte.

In der Folgezeit verweigerte J. überwiegend den Kontakt zu dem Vater. Sie ging mit der Umgangspflegerin nicht mit und versteckte sich unter Möbeln. Das nahm das Familiengericht zum Anlass, zwar durch Beschluss vom 10. Juli 2007 (Bl. 569/570 in 9 F 290/05) den Umgangsausschluss vom 7. Juli 2006 erneut in Kraft treten zu lassen, gleichzeitig wurde aber ein Verfahren zur Überprüfung der Entscheidung vom 22.02.2006 von Amts wegen eingeleitet und eine weitere kinderpsychologische Begutachtung, nun durch den Sachverständigen K., in Auftrag gegeben.

Mit seiner Entscheidung vom 6. Februar 2008 ist das Familiengericht der Empfehlung des Sachverständigen gefolgt und hat der Kindesmutter das alleinige Sorgerecht über das Kind in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitsfürsorge und Recht zur Beantragung von Leistungen nach dem SGB VIII entzogen und auf das Jugendamt der Stadt T. als Ergänzungspfleger übertragen. Ziel sollte es sein, wie schon die Verfahrenspflegerin B. im vorangegangenen Verfahren vorgeschlagen hatte, das Kind bei Pflegeeltern unterzubringen, um von dort aus dem Kind einen ungehinderten Zugang zu beiden Elternteilen zu ermöglichen. Auf den Beschluss vom 6. Februar 2008 (Bl. 137 ff) wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom selben Tag hat das Familiengericht in dem Verfahren 9 F 290/05 erneut begleiteten Umgang zwischen Vater und Tochter angeordnet (Bl. 744 in 9 F 290/05). In der Folgezeit fanden 6 begleitete Umgangstermine in den Räumen des Kinderschutzbundes in T. statt. Durch einstweilige Anordnung vom 25. März 2008 (9 F 115/08 EA) setzte das Familiengericht die Umgangsregelung bis auf Weiteres aus. Hintergrund war die Beobachtung der Psychologin G., die 3 der 6 Umgangstermine beim Kinderschutzbund begleitete, dass der Kindesvater dazu übergegangen war, sich mit dem Kind nicht mehr zu beschäftigen. Der Aufforderung Frau G.s, sich anders zu verhalten, beantwortete er mit folgendem handschriftlichen Vermerk: "Weil es nachher schnell geht ... Ich werde nämlich gar nichts mehr aktiv machen, weil nur so klar wird, wie das Kind geliefert wird und ob sich Veränderung durch Verhaltensänderungen der Mutter zeigen. Die Anwesenheit hier soll ja eine Verhaltensänderung der Mutter bewirken (PAS!!!). Dass zwischen den Gerichtsterminen  Umgang stattfindet, konnte ja überhaupt nur mit Zwangshaftandrohung erreicht werden."

Das Familiengericht sah durch die Haltung des Vaters den Sinn und Zweck einer Umgangsregelung als hintertrieben an. Im Hauptsacheverfahren hat das Amtsgericht Trier am 16.05.2008 den Umgang bis zum rechtskräftigen Abschluss des hiesigen Verfahrens mit der Begründung ausgeschlossen, der Umgang belaste das Kind zu sehr und gefährde damit das Wohl des Kindes. Außerdem missbrauche der Kindesvater die Umgangskontakte für sachfremde Zwecke.

Gegen den Beschluss vom 6. Februar 2008 richtet sich die befristete Beschwerde der Kindesmutter, mit der diese den früheren Zustand, also die alleinige elterliche Sorge für J. wiederhergestellt wissen will.

II.

Die nach § 621 e ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige befristete Beschwerde der Kindesmutter gegen die teilweise Entziehung der elterlichen Sorge ist begründet. Auf ihre Beschwerde ist der frühere Rechtszustand wieder herzustellen. Die Kindesmutter ist Alleininhaberin der elterlichen Sorge für J..

Der Senat ist nach Anhörung der beteiligten Eltern, des Kindes und seiner Verfahrenspflegerin, des Jugendamtes, welches sich schriftlich geäußert hat, sowie nach mündlicher Erläuterung der Gutachten durch die Sachverständigen D. und K. davon überzeugt, dass es bei Abwägung der maßgeblichen Gesichtspunkte dem Kindeswohl am besten entspricht, es bei der alleinigen Sorge der Kindesmutter zu belassen.

Zutreffend geht das Familiengericht davon aus, dass der Kindesmutter die elterliche Sorge nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 1666 Abs. 1, 1666a BGB entzogen werden kann. Nach dieser Vorschrift kann das Familiengericht die zur Abwendung der Gefährdung des Kindeswohls erforderlichen Maßnahmen treffen, wenn zum einen das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes durch missbräuchlicher Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet ist und zum anderen die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden.

Der Senat teilt auch die Einschätzung des Familiengerichts, dass J. dem Vater inzwischen entfremdet ist. Während das Kind ihn im Jahre 2005 noch bereitwillig besuchen wollte, lehnt es inzwischen den Vater mit nicht altersgemäßen Argumenten ab. So erklärte sie in der Anhörung vor dem Senat, "Sie wolle den Papa nicht mehr sehen, der habe sie "gepitscht" und entführt. Das habe ihr nicht gefallen. Der Papa habe auch der Mama weh getan." Die Frage, ob sie auch schöne Dinge mit dem Vater erlebt habe, hat sie kategorisch verneint. Auch bei der Exploration durch den Sachverständigen K. machte das Kind eine generalisierte Angst vor dem Vater geltend. Sie wolle ihn am liebsten nicht mehr sehen. Er habe ihr einmal weg getan, sei böse und er habe sie entführt. Auf Nachfrage, was denn eine Entführung bedeute, konnte sie inhaltlich keine Antwort auf diese Frage geben, sondern beschrieb nur die Fahrt mit dem Vater (Bl. 24 Gutachten K., 650 GA). Beide Sachverständige sind sich in ihrer Diagnose einig: J. ist dem Vater entfremdet. Sie kann aus eigener Kraft ihren Widerstand hinsichtlich einer Begegnung mit dem Vater nicht mehr überwinden. Die Kindesmutter ist aufgrund eigenen Versagens (Instrumentalisierung des Umgangs des Kindes zur Bestrafung des früheren Partners) und infolge der unangemessenen Reaktionen des Kindesvaters (Drohung, ihr werde das Kind weggenommen und sie müsse nach Russland zurück, Einflussnahme auf das Kind, beim Vater wohnen zu wollen, ausgedehnte Videoaufzeichnungen, die das Versagen der Kindesmutter beweisen sollen) nicht in der Lage und bereit, die Bindung des Kindes an seinen Vater zu akzeptieren und zu fördern und Umgangskontakte positiv zu begleiten. Sie kann ihrer Tochter innerlich nicht erlauben, positive Gefühle gegenüber ihrem früheren Partner zu hegen.

Wenn die Kindesmutter auch verbal einen (begleiteten) Umgang des Kindes mit dem Vater befürwortet, zeigt die Praxis der begleiteten Umgangskontakte in der vergangenen Zeit, dass sie nicht in der Lage war, das Kind positiv auf den Umgang einzustimmen. Das Umgangsverfahren 9 F 290/05 zeigt eindrücklich, wie oft der Versuch, einen regelmäßigen Kontakt zwischen dem Vater und dem Kind zu schaffen, gescheitert ist.

Allerdings beruhte dies nicht unerheblich auch auf dem Verhalten des Kindesvaters, der nach einem Besuchskontakt mehrere Tage mit dem Kind unterwegs war, ohne der Mutter oder neutralen Dritten den Aufenthaltsort bekannt zu geben. Hierdurch und durch seine Drohungen, ohne das Kind müsse sie Deutschland verlassen, hat er bei ihr die nicht unbegründete Angst hervorgerufen, sie werde ihr Kind verlieren, wenn sie es alleine mit dem Vater lasse.

Um ihrer Angst, die auch von Panikattacken begleitet war, Herr zu werden, hat die Kindesmutter sich allerdings seit dem Jahr 2006 in psychologische Behandlung begeben. Wie sie in der mündlichen Verhandlung berichtete, gehe diese jetzt dem Ende entgegen. Unter Alpträumen leide sie heute nicht mehr. Auch das Kind J. befindet sich heute in psychologischer Behandlung, die noch andauert.

Nicht zu verkennen ist indes, dass die Kindesmutter gleichwohl die Umgangskontakte gegenüber ihrer Tochter nicht authentisch positiv spiegeln kann. Wie der Sachverständige K. in seinem Gutachten eindrücklich aufzeigt, wertet sie ihren früheren Ehemann nicht nur als Partner, sondern auch in seiner Vaterrolle grundlegend ab. Sie bestreitet heute, dass dieser jemals verantwortungsvollen und angemessenen Umgang mit J. gehabt und während des gemeinsamen Zusammenlebens seine Vaterrolle fähig  ausgefüllt habe (Bl. 22/23 des Gutachtens, Bl. 56/57 GA).

Es unterliegt keinem Zweifel, dass J. infolge dieses permanenten Elternkonfliktes seelischen Schaden leidet. Die früher aufgetretenen körperlichen Symptome wie Bettnässen, Stottern und eine allgemeine Immunschwäche haben sich zwar, möglicherweise im Hinblick auf die psychologische und logopädische Behandlung, zurückgebildet. In der Schule zeigt J. aber oftmals aggressives und unangepasstes Verhalten. Außerdem konstatierte die Klassenlehrerin Konzentrationsschwächen und Kontaktscheu  (Bl. 58 GA, Seite 24 Gutachten K.).

Beide Gutachter diagnostizieren bei J. deutliche Symptome des sogenannten PA-Syndroms (Parental-Alienation-Syndrome). Damit wird die von einem Elternteil ausgehende Entfremdung des Kindes gegenüber dem anderen Elternteil beschrieben. PAS wird nach Gardner (das elterliche Entfremdungssyndrom, 2002) als Ergebnis massiver Manipulation oder "Programmierung" eines Kindes durch einen Elternteil verstanden. Das Kind spaltet seine Eltern auf. Der geliebte, als gut wahrgenommene Elternteil, steht auf der einen Seite, und ihm wendet sich das Kind in schwer nachvollziehbarer und kompromissloser Art zu. Auf der anderen Seite steht der häufig negativ bewertete Elternteil, von dem sich das Kind in ebenso schwer nachvollziehbarer, weil objektiv nicht begründbarer Feindseligkeit abwendet. Sowohl das manipulierende Verhalten eines Elternteils wie das nachfolgende polarisierende Verhalten des Kindes bilden das Syndrom. Bestandteil des Prozesses ist, dass ihn das Kind zunehmend mitträgt und selbst Abwertungen und Vorwürfe gegen den abgelehnten Elternteil entwickelt und einbringt (vgl. H. Dettenborn, Kindeswohl und Kindeswille, 2. Aufl., 2007, Seite 109 ff). Dettenborn a.a.O. beschreibt die Entstehung des PA-Syndroms folgendermaßen: "Exzessive Konflikte im Trennungsverlauf motivieren den betreuenden Elternteil, z.B. aus Rache, Verlustängsten oder falschen Schutztendenzen heraus, das Kind teils unbewusst, teils bewusst so zu beeinflussen, dass es die negative Haltung zum anderen Elternteil übernimmt und diesen ablehnt. Die Zuneigung und Liebe des Kindes werden exklusiv beansprucht. Das Kind modifiziert allmählich seine Bewertungen der Elternteile. Es übernimmt nicht nur die Abwertungen des abwesenden Elternteils, sondern fügt eigene Argumente, Gründe und Beispiele hinzu - je nach sozialkognitiven Entwicklungsstand. Es wird darin bestärkt durch belohnendes Verhalten des betreuenden Elternteils und dessen Freunde und Angehörige. Koalitionen bilden sich. Zum intensiv affektbesetzten und kognitiv erstarrten Agieren des manipulierenden Elternteils gehört, dass - anders als beim "normalen" Trennungsverlauf - die Sicht auf den anderen Elternteil unvermindert von Wut und Ärger verstellt und durch einseitige Schuldprojektion bestimmt bleibt. Es findet keine Entwicklung hin zu einer entspannten und realistischeren Darstellung des anderen Elternteils - auch dem Kind gegenüber - statt. Somit gelingt auch nicht, mehr Distanz zu den eigenen Bedürfnissen, Verlustängsten und Rachetendenzen zu gewinnen. Die Gefahr, das Kind zu instrumentalisieren und in seiner Entwicklung zu beeinträchtigen, wird nicht erkannt oder hingenommen. Entsprechende Hinweise von Fachleuten werden meist aggressiv abgewehrt. Die Fachleute selbst werden dann regelmäßig abgewertet, für befangen oder unfähig erklärt."

Der Gutachter K. sieht die von Gardner (a.a.O.) entwickelten Kardinalsymptome, die nicht alle erfüllt sein müssen, bei J. und ihrer Mutter als gegeben an (vgl. Seite 20 ff Gutachten, Bl. 54 GA). Die Sachverständige D. tritt dem nicht entgegen, will aber hieraus nicht dieselben Konsequenzen ziehen wie der Sachverständige K., der sich dafür ausspricht, das Kind dem Einfluss der Mutter zu entziehen und eine unbestimmte Zeit lang zu Pflegeeltern zu geben.

Das Familiengericht ist der Darlegung des Sachverständigen K. gefolgt, PAS führe zu schweren, oft kaum noch auflösbaren Persönlichkeitsstörungen (Bl. 61 ff GA, 27 ff Gutachten). Hieraus könnten sich später Symptome entwickeln, wie z.B. Essstörungen oder Süchte. Ungelöste Symbiose-Komplexe, wie sie bei PAS vorlägen, seien der Kern der sogenannten "Ich-Krankheiten". Deren Spektrum könne von psychiatrischen Krankheiten, über das Borderline-Syndrom, Depressionen, Angsterkrankungen, sexuellen Störungen und Deviationen, bis hin zu Sucht- und psychosomatischen Erkrankungen reichen. In weniger gravierenden Fällen seien die offensichtlichen Folgen eher unauffällig, bedeuteten aber dennoch eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität der Betroffenen. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige K. unter Hinweis auf die "Bindungstheorie" bekräftigt, dass man heute wisse, dass Kinder, die mit ungesunden Bindungen aufwachsen, mit großer Wahrscheinlichkeit an signifikanten Persönlichkeitsstörungen erkranken.

Die Sachverständige D. sieht ebenfalls in der Beziehungsstruktur J.s mit ihren Eltern signifikante Anzeichen des PA-Syndroms verwirklicht, ist jedoch der Auffassung, dass gleichwohl die Bindungen des Kindes an seine Mutter nicht "ungesund" seien. Die Ängste der Mutter bezüglich des Vaters seien in verschiedenen Teilen begründet. Zwar sei ihr Bestreben, den Kontakt zwischen Kind und Vater auf ein Minimum zu reduzieren, aus psychologischer Sicht nicht richtig, jedoch könne deshalb die Beziehung des Kindes zu der Mutter nicht als symbiotisch bezeichnet werden. Selbst wenn das der Fall sei, könne dem jedenfalls nicht durch eine Trennung des Kindes von der Mutter begegnet werden. Diese Trennung würde für das Kind eine Katastrophe werden. In ihren Augen sei zwar die Belastung des Kindes durch den unauflösbaren Elternkonflikt gesichert. Die Folgen einer Trennung des Kindes von dem betreuenden Elternteil seien aber wissenschaftlich unbelegt.

Ob es sich im vorliegenden Fall tatsächlich um das von Teilen der psychologischen Forschung beschriebene PA-Syndrom handelt, kann hier nach Auffassung des Senats offen bleiben. Zweifel sind deshalb angebracht, weil die Beeinflussung J.s durch ihre Mutter nicht als eine grundlose "Gehirnwäsche" darstellt werden kann und die Entfremdung keine monokausalen Gründe hat. Der Umgang wurde von der Kindesmutter zwar anfangs instrumentalisiert als eine "Bestrafung" des früheren Partners, gleichzeitig wurden jedoch seitens der Mutter während der überwiegenden Zeit gegen den Umgang keine Einwände erhoben. Erst nachdem die Mutter erkennen musste, dass (auch) der Vater das Kind für seine Zwecke, sich an der Mutter zu rächen, instrumentalisiert (ohne das Kind müsse sie nach Russland zurück) und er seine Interessen kompromisslos und rechtsuntreu durchsetzt, hat sie mit übertriebenen Ängsten, das Kind werde ihr weggenommen, und mit der Verweigerung des Umgangs einhergehend mit einer immer stärkeren Abwertung des Vaters auch gegenüber J. reagiert.

Unabhängig von der Frage der PAS-Diagnose geht aber der Senat mit beiden Sachverständigen davon aus, dass der Kontaktabbruch zu dem Vater für J. eine schmerzhafte Erfahrung ist und möglicherweise eine erhebliche Belastung der kindlichen Entwicklung bedeutet, da J. nicht nur den Kontakt zu dem Vater verliert, sondern überdies ein sehr negatives Bild von ihm erwirbt. Es besteht die Gefahr, dass sich bei dem Kind psychiatrisch relevante Beziehungsstörungen entwickeln (vgl. Kindler in Kindler/Lillig/Blüml/Meysen, Handbuch Kindeswohlgefährdung, 2006, Ziffer 30-3).

Mit Rücksicht auf die nicht ganz abstrakte Gefahr einer Schädigung des Kindes durch den von der Mutter gesteuerten Kontaktabbruch zum Vater kommt als Maßnahme grundsätzlich die Übersiedelung des Kindes zum Vater bei Übertragung der elterlichen Sorge auf ihn in Betracht (§ 1696 Abs. 1 BGB). Der Senat geht davon aus, dass das Kind immer noch tragfähige Bindungen auch zu dem Vater hat. Gleichwohl scheidet eine Übersiedlung des Kindes zu dem Vater aus. Beide Sachverständige begründen übereinstimmend und für den Senat überzeugend, dass die labile psychische Verfassung des Vaters, aber auch die bei ihm gleichermaßen fehlende Bindungstoleranz, seine erzieherischen Möglichkeiten einschränkt. Seiner verbalen Beteuerung, wenn J. bei ihm lebe, würde er ohne weiteres einen Umgangskontakt alle 2  Wochen zulassen, nimmt der Senat ihm nicht ab. Nach den Vorstellungen des Vaters ist die Mutter vordringlich wegen zu seinen Lasten begangener Straftaten in Haft zu bringen. Im Vordergrund seines Bestrebens steht nicht, dem Kind die Mutter zu erhalten, sondern seinen Rachefeldzug gegen diese durchzuführen. Nahezu alle Äußerungen die der Kindesvater in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat machte, kreisten um dieses Thema: "Das Blatt wendet sich jetzt gegen sie. Ich habe jetzt mein Material und das wird abgearbeitet. Ich werde das nun juristisch aufrollen und sie so grillen, wie sie mich 4 Jahre gegrillt hat. Der finanzielle Tsunami wird jetzt auch auf sie niedergehen." Wie sehr der Kindesvater ausschließlich um seine Interessen kreist, zeigt auch die einwöchige Fahrt mit dem Kind im Jahr 2006. Hierauf war das Kind weder vorbereitet worden, noch wurde auf seine wohlverstandenen Interessen Rücksicht genommen. Die Erklärung des Vaters, er habe damals aus einer inneren Not heraus gehandelt, ist ebenfalls ausschließlich auf sich selbst bezogen. Im Übrigen war seinen Äußerungen zu entnehmen, dass er diese Aktion nach wie vor für gerechtfertigt hielt und nur bedauerte, dass er vor dem Abschluss der seinerzeitigen Fußballweltmeisterschaft von dem Zoll aufgegriffen worden war. Er habe eine Pressekonferenz organisieren wollen und erst nach Ende der Meisterschaft wäre er in der Lage gewesen, das Interesse der Journalisten an seinem Fall ausreichend zu wecken.

Angesichts dieser Situation halten die Verfahrenspflegerin des Kindes sowie der Sachverständige K. und ihm folgend das Familiengericht den teilweisen Entzug der elterlichen Sorge der Mutter (Aufenthaltsbestimmungsrecht) für den besten Weg, um weiteren Schaden von dem Kind abzuwenden. Der teilweise Sorgerechtsentzug soll der Überführung des Kindes in eine Pflegefamilie dienen, um von dort aus dem Kind einen ungehinderten Zugang zu beiden Elternteilen zu ermöglichen. Der Sachverständige führt in seinem Gutachten insoweit aus (Bl.63 GA/S. 29 GutA): "J. sollte ...in eine Umgebung kommen, in der sie aus der gegenwärtigen, unauflösbaren Situation des Loyalitätskonfliktes befreit ist und wieder eindeutig kindgerechte Beziehungen erfahren kann. Vor einem solchen Hintergrund sollten dann die Eltern die erforderlichen Hilfestellungen erhalten, die tatsächlichen Bedürfnisse ihres Kindes erkennen, um angemessen darauf eingehen zu können. Zu empfehlen wäre also die baldige Unterbringung J.s in einer Kleinstpflegeeinrichtung mit gesunden familiären Strukturen. Die Auswahl einer solchen Einrichtung sollte unter dem Gesichtspunkt erfolgen, dass genügend Erfahrungen und ein klares Konzept vorliegen, um auch mit Eltern zusammen zu arbeiten, die als "schwierige Persönlichkeiten" erscheinen. Pflegefamilien können ohne weiteres die Versorgungsrolle der Eltern übernehmen und den Kindern eine wesentliche Entlastung anbieten, wenn die Eltern in so pathologischer Weise verbunden sind, wie Frau und Herr H.."

Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 4. Oktober 2006 - 9 UF 231/06 - zu dem Vorschlag, J. in eine Pflegefamilie unterzubringen, was bereits damals thematisiert wurde, ausgeführt: "Die Maßnahme wäre mit einem Entzug von wesentlichen Teilen der elterlichen Sorge verbunden. J. müsste außerhalb einer natürlichen Eltern-Kind-Beziehung aufwachsen und wäre im Wesentlichen auf die Wahrnehmung von Besuchskontakten zu beiden Eltern angewiesen. Gleichzeitig würde sich zu den Pflegeeltern eine neue Bindung aufbauen, was naturgemäß mit entsprechenden Verlusten im natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis verbunden wäre. Zudem ist auch äußerst fraglich, ob die Besuchskontakte zu dem Kind dann besser vonstatten gingen, als dies derzeit der Fall ist. Die äußerst belastete Beziehung zwischen den Eltern bliebe dadurch jedenfalls unberührt."

An dieser Auffassung hält der Senat fest. Die Voraussetzungen des Entzugs der elterlichen Sorge nach §§ 1666, 1666 a BGB stehen unter dem strikten Gebot der Verhältnismäßigkeit. Aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ergibt sich ein Vorrang des Erziehungsrechts der Eltern. Insbesondere wenn es um die Trennung des Kindes von seinen leiblichen Eltern geht, ist es nicht ausreichend, dass sich eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt, vielmehr muss auch die verordnete Maßnahme mit ausreichender Wahrscheinlichkeit geeignet sein, die Gefahr für das Kind abzuwenden. Diese Voraussetzungen erachtet der Senat nicht als gegeben.

Es ist keineswegs gesicherte psychologische Erkenntnis, dass das Kind gerade durch einen Kontaktabbruch zu einem Elternteil mit hoher Wahrscheinlichkeit eine deutliche psychische Beeinträchtigung erleidet und nicht vornehmlich durch den vehement ausgetragenen Trennungskonflikt (vgl. Kindler a.a.O., Fußnote 17; Gödde, KJF 2004, 201, 2007, 211; Walper, FUR 2005, 86, 88).

Wie die Sachverständige D. ausgeführt hat, bedeutet auf der anderen Seite die Trennung von der Mutter für das Kind "eine Katastrophe" (so auch die von Gödde aaO S. 203 Genannten, die für solche Fälle die Gefahr einer schweren sekundären Traumatisierung sehen). Der Sachverständige K. räumt selbst ein, dass man sich hier zwischen "Pest und Cholera" entscheiden müsse. Nicht abgestritten wird von ihm, dass die Trennung von der Mutter ebenfalls eine Traumatisierung des Kindes darstelle, die er aber mittelfristig für den besseren Ansatz hält.

Eine Aussage mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die von dem Sachverständigen K. dargelegten Störungen durch den erzwungenen Kontaktabbruch zum Vater bilden, ist nicht möglich. Insoweit schließt der Senat sich der Auffassung der Sachverständigen D. an, dass es keine gesicherten Erkenntnisse darüber gebe, dass die von dem Sachverständigen K. beschriebenen Störungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten. Die Wirksamkeit juristischer und psychosoziale Interventionen zur Überwindung von Kontaktverweigerung ist bislang, soweit ersichtlich, noch kaum untersucht (vgl. auch KG Berlin FamRZ 2005, 1768 m.w.N.). Immerhin konnten nach Kindler (a.a.O.,Fussnote 17) weder mittel - noch langfristig erhebliche Beeinträchtigungen im Entwicklungsverlauf nach Kontaktabbrüchen zu einem Elternteil beobachtet werden. Der Sachverständige K. hat ferner eingeräumt, dass es insbesondere auch keine Untersuchungen dazu gibt, wie sich die Herausnahme des Kindes aus seinem bisherigen Lebensumfeld durch Übergabe in eine Pflegefamilie für die betroffenen Kinder auswirkt. Der Sachverständige konnte nur darauf verweisen, dass es keine konkreten Beispiele, sondern nur Gesamtparameter aus der Bindungsforschung gibt.

Der Senat hält es nicht vertretbar, eine sichere Traumatisierung des Kindes durch Trennung von der Mutter hinzunehmen, obwohl ungewiss ist, ob das Kind auf die Dauer durch den Kontaktabbruch einen nachhaltigen Schaden erleiden wird. Insbesondere ist ungewiss, ob es zukünftig den Eltern und auch den eingebundenen Pflegeeltern gelingen wird, den Konflikt aufzubrechen. Das Jugendamt hat in seiner Stellungnahme vom 26. März 2008 (Bl. 192/193 GA) bereits Bedenken angemeldet, ob aufgrund der vorliegenden Beziehungs- und Familienkonstellation und der ausschließlichen Fokussierung auf die Umgangsregelung eine geeignete Pflegefamilie überhaupt zu finden ist. Selbst wenn das aber der Fall wäre, hält es der Senat nicht für wahrscheinlich, dass die Eltern in der Lage sind, konstruktiv an der Aufbrechung des Loyalitätskonfliktes, in dem das Kind steht, mitzuarbeiten. Bereits der von dem Kindesvater geplante Rachefeldzug zu Lasten seiner geschiedenen Frau steht dem entgegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a FGG, § 131 Abs.3,5 KostO.

Bei der Streitwertfestsetzung hat der Senat berücksichtigt, dass das Verfahren außergewöhnlich umfangreich war und zwei, sich zum Teil widersprechende Gutachten auszuwerten waren.

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