OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.07.2002 - 10 A 2563/02
Fundstelle
openJur 2011, 17503
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 K 7397/01
Tenor

Der Antrag wird verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Senat legt den Schriftsatz vom 15. Juni 2002, mit dem die Klägerin ausdrücklich "Berufung" eingelegt hat, als Antrag auf Zulassung der Berufung aus, denn ein solcher Antrag stellt das hier allein zulässige Rechtsmittel dar (§ 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Die Auslegung ist vertretbar, da die Klägerin in der Rechtsmittelschrift angekündigt hat, sie werde fristgerecht die Gründe darlegen, aus denen die Zulassung der Berufung erfolgen solle. Aus dieser Formulierung lässt sich schließen, dass sie - entgegen der konkreten Bezeichnung des Rechtsmittels - die Zulassung der Berufung beantragen wollte.

Der Antrag bleibt jedoch ohne Erfolg.

Er ist unzulässig, denn er genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Nach dieser Bestimmung sind in dem Antrag die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Dies setzt zunächst voraus, dass in der Antragsschrift wenigstens einer der in § 124 Abs. 2 VwGO abschließend aufgeführten Berufungszulassungsgründe benannt und substantiiert ausgeführt wird, weshalb die Voraussetzungen des benannten Zulassungsgrundes gegeben sein sollen.

Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat weder in der Rechtsmittelschrift vom 15. Juni 2002 noch in dem nachfolgenden Schriftsatz vom 11. Juli 2002, mit dem sie ihren Antrag begründet hat, einen der gesetzlichen Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Berufung benannt.

Abgesehen davon hätte der Zulassungsantrag aber auch dann keinen Erfolg, wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgehen würde, dass sie sich auf den Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) berufen will, denn das Zulassungsvorbringen stellt die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in Frage.

Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die angefochtene Ordnungsverfügung rechtmäßig sei, weil die Treppenliftanlage, deren Beseitigung gefordert wird, gegen materielles Bauordnungsrecht verstoße. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die nutzbare Breite der Treppen und Treppenabsätze notwendiger Treppen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW) muss, wenn es sich - wie hier - um ein Wohngebäude mit mehr als zwei Wohnungen handelt, mindestens 1 m betragen (§ 36 Abs. 5 BauO NRW). Nach den unwidersprochenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts verengt die Schiene der Liftanlage die Laufbreite der Treppe auf maximal 59,5 cm.

Dass ein Bauantrag, den die Klägerin im Hinblick auf die umstrittene Treppenliftanlage gestellt hat, nicht beschieden wurde, weil die Errichtung von Treppenliftanlagen der hier in Rede stehenden Art gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 12 a BauO NRW keiner Baugenehmigung bedarf, schließt ein späteres bauordnungsrechtliches Vorgehen des Beklagten gegen das Vorhaben nicht aus. Insbesondere stellt sich ein solches Vorgehen nicht als ermessensfehlerhaft dar. Die Bauaufsichtsbehörde ist grundsätzlich nicht verpflichtet, genehmigungsfreie Vorhaben, von denen sie Kenntnis erlangt, auf ihre Übereinstimmung mit dem materiellen Baurecht hin zu prüfen (§ 65 Abs. 4 BauO NRW) und gegebenenfalls vorbeugend tätig zu werden. Es ist vielmehr Aufgabe des Bauherrn, darauf zu achten, dass das genehmigungsfreie Vorhaben den materiellen Anforderungen der Bauordnung und der sonstigen öffentlichrechtlichen Vorschriften genügt.

Der Einwand, flüchtende Personen könnten in Panik auch auf einer Treppe mit 1 m Laufbreite ins Stolpern geraten, liegt neben der Sache. Die bauordnungsrechtlichen Anforderungen des § 36 Abs. 5 BauO NRW sind fachlich fundierte Mindestanforderungen, die mögliche Gefahren minimieren sollen. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall - unter Berücksichtigung der vom Gesetz angestrebten Gefahrenminimierung - ausnahmsweise eine Treppe mit einer Laufbreite von 59,5 cm genügt, sind dem Zulassungsvorbringen nicht zu entnehmen.

Soweit die Klägerin meint, mit der Errichtung einer zusätzlichen Feuertreppe gegenüber der Beseitigungsanordnung ein geeignetes Austauschmittel anbieten zu können, berührt ein solches Angebot die vom Verwaltungsgericht angenommene Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung nicht. Das angebotene Austauschmittel - sollte es sich tatsächlich als geeignet erweisen - kann allenfalls bei der Vollstreckung der Ordnungsverfügung von Bedeutung sein.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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