VG Hannover, Beschluss vom 09.06.2016 - 1 B 2067/16
Fundstelle
openJur 2016, 8220
  • Rkr:
Tenor

Der Rechtsweg zu dem Verwaltungsgericht Hannover ist unzulässig.

Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht Hannover verwiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Einsicht in die Akte eines Schlichtungsverfahrens zu gewähren, welches von ihm aus Anlass der Kündigung seines Girovertrages bzw. Nichtumwandlung seines bestehenden Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto eingeleitet und bei der beim Antragsgegner (bis zum 31. Dezember 2015) eingerichteten Schlichtungsstelle geführt wurde. Ihm geht es dabei insbesondere um Einsicht in die Stellungnahme der Sparkasse C., die bei der Schlichtungsstelle eingereicht und ihm während des Schlichtungsverfahrens unter Hinweis auf die Schlichtungsordnung nicht zur Verfügung gestellt wurde. Im Laufe des Schlichtungsverfahrens wurde dem Antragsteller ein (neues) Girokonto als Pfändungsschutzkonto auf Guthabenbasis eingerichtet.

II.

Gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG ist der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht für unzulässig zu erklären und der Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten an das Amtsgericht Hannover zu verweisen.

Der Streit um die begehrte Akteneinsicht stellt keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S .v. § 40 Abs. 1 VwGO, sondern eine zivilrechtliche Streitigkeit dar. Sowohl das Schlichtungsverfahren selbst als auch der Gegenstand des Schlichtungsverfahrens sind privatrechtlicher Natur. Das Schlichtungsverfahren beruht auf einer durch Einreichung der Beschwerde des Antragstellers und nachfolgender Befassung der Schlichtungsstelle - zumindest konkludent - getroffenen privatrechtlichen Schlichtungsabrede. Daran ändert die Eigenschaft des Antragsgegners als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 28 Abs. 2 Satz 1 NSpG) nichts. Auch der Gegenstand des Schlichtungsverfahrens - der Streit zwischen dem Antragsteller und der Sparkasse C. um die Beendigung bzw. Fortführung eines Girovertragsverhältnisses - ist privatrechtlicher Natur. Zwar hat die Kammer unter Aufgabe ihrer früheren Rechtsprechung den Verwaltungsrechtsweg für den von einer politischen Partei geltend gemachten Anspruch auf Eröffnung eines Girokontos auf der Grundlage des parteienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 PartG) als gegeben angesehen (Urt. v. 13.05.2015 - 1 A 6549/13 -, juris Rn. 23 ff.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass jedwede Streitigkeit um den Zugang zu einem Girokonto und insbesondere nicht Streitigkeiten über die Änderung oder Beendigung eines bestehenden Girovertragsverhältnisses mit einer Sparkasse öffentlich-rechtlichen Charakter i. S. v. § 40 Abs. 1 VwGO hätten. Vielmehr handeln die Sparkassen trotz ihrer Eigenschaft als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts (§ 3 NSpG) grundsätzlich in privatrechtlichen Formen. So liegt es insbesondere auch hier, da es im Wesentlichen um die Kündigung des Vertragsverhältnisses und die Nichtumwandlung eines bestehenden Kontos in ein Pfändungsschutzkonto geht. Die Verpflichtung eines Kreditinstituts zur Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos ist auch nicht etwa "Sonderrecht" der Sparkassen, sondern gilt für alle öffentlich-rechtlich und privatrechtlich organisierten Kreditinstitute seit dem 1. Juli 2010 gleichermaßen (§ 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO). Um spezielle Vorschriften des öffentlichen Rechts geht es - anders als bei dem Anspruch einer politischen Partei auf Eröffnung eines Girokontos nach § 5 PartG - im vorliegenden Fall mithin eindeutig nicht. Sind sowohl das streitige Rechtsverhältnis zwischen dem Antragsteller und der Sparkasse C., welches den Gegenstand des Schlichtungsverfahrens darstellt, als auch das Schlichtungsverfahren selbst privatrechtlicher Natur, ist der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet. Ein öffentlich-rechtlicher Charakter des Akteneinsichtsbegehrens kann weder unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs mit dem streitigen Grundverhältnis noch infolge der Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens angenommen werden. Der Bereich rein zivilrechtlicher Rechtsbeziehungen wird vielmehr nicht verlassen.

Die Kammer geht nach § 23 Satz 1 Nr. 1 GVG von einer sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts aus, da der geltend gemachte Anspruch einen Wert von 5.000,00 EUR nicht übersteigen dürfte. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit nimmt das Gericht bezüglich des Schlichtungsverfahrens den Erfüllungsort Hannover an, so dass das Amtsgericht Hannover örtlich zuständig sein dürfte. Gleiches ergäbe sich, wenn auf den Sitz des Antragsgegners abzustellen wäre.

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