KG, Beschluss vom 16.06.2016 - 8 U 76/15
Fundstelle
openJur 2016, 8055
  • Rkr:

1. Schließt der Verbraucher knapp vier Wochen nach Zeichnung einer Fondsbeteiligung einen Darlehensvertrag zur Finanzierung seiner Anlage, so ist er nicht mehr i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HausTWG a.F. durch mündliche Verhandlungen im Bereich einer Privatwohnung oder an seinem Arbeitsplatz zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden, wenn er die Fondsbeitrittserklärung trotz ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht widerrufen hat.

2. Soweit die Widerrufsbelehrung zur Fristwahrung angibt, es genüge "die rechtzeitige Absendung des Widerrufs (Datum des Poststempels)", handelt es sich um keine unzulässige "weitere Erklärung" i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 3 HausTWG a.F.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 12.03.2015 verkündete Urteil der Zivilkammer 21 des Landgerichts Berlin - 21 O 149/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 25.890,68 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger zeichneten am 08.07.1998 eine Beteiligung in Höhe von DM 30.000,00 zzgl. 5 % Agio an der D... GmbH & Co. F... KG (im Folgenden: ”Fonds”). Am gleichen Tag füllten sie auf einem Geschäftspapier der D... KG, der Initiatorin des streitbefangenen Fonds, ein mit ”Kreditanfrage/Auftragsbegleitblatt” überschriebenes Formular aus, in der in der Zeile ”finanzierende Bank” handschriftlich die Beklagte eingetragen wurde. Am 03.08.1998 unterzeichneten die Kläger zur Finanzierung der Beteiligung an dem Fonds einen Darlehensvertrag in Höhe eines Nominalbetrages von DM 30.337,08 mit der Beklagten. Nach vollständiger Ablösung des Darlehens Mitte 2007 widerriefen die Kläger gegenüber der Beklagten am 26.11.2013 ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen. Ihre Klage auf Rückzahlung der von ihnen geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen abzüglich erhaltener Ausschüttungen in Höhe von EUR 18.747,49 Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus und im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Fondsbeteiligung, auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten mit der Abtretung der genannten Rechte, auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kläger von sämtlichen Verpflichtungen aus und im Zusammen-hang mit der Fondsbeteiligung freizustellen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus und im Zusammenhang mit der Fondsbeteiligung sowie Zahlung vor vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 2.649,42 hat das Landgericht abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge im ersten Rechtszug sowie der weiteren Begründung der Entscheidung wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Neben der Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags machen sie geltend, für eine Verwirkung ihres Widerrufsrechts fehle es bereits an dem erforderlichen Umstandsmoment, weil die Kläger erst 2013 Kenntnis von ihrem Widerrufsrecht erlangt hätten. Zudem sei das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Haustürsituation, des Beratungsinhalts und des Überrumpelungsmoments unzulässig. Weiterhin hätten die Kläger angehört bzw. nach §§ 448 ZPO einvernommen und die zu dem Inhalt der Beratungsgespräche und zum Bestehen einer Vertriebsvereinbarung und eines Finanzierungskontigents zwischen A..., Fondsgesellschaft und der Beklagten benannten Zeugen vernommen werden müssen. Schließlich tragen sie unter Vorlage einer Ablichtung des Protokolls der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Würzburg vom 14.04.2015 zum Geschäftszeichen ... O .../... vor, der vormals als Vermittler für die streitgegenständliche Fondsgesellschaft agierende Zeuge J... F... habe am 14.04.2015 bestätigt, dass für die Finanzierungen von Beteiligungen an dem Fonds neben der Beklagten nur zwei weitere Banken in Betracht gekommen seien, dass die drei Banken im Vorfeld die Finanzierung zugesagt hätten, dass die Selbstauskunft für die Beklagte in der Beratung ausgefüllt und anschließend an diese übersandt worden sei und dass ihm dann als Vermittler das Kreditangebot geschickt worden sei, damit er es mit den Anlegern bespreche und deren Unterschrift einhole.

Die Kläger beantragen:

1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klageparteien zur gesamten Hand EUR 18.747,49 nebst hieraus Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit 16.12.2013 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung der Klageparteien vom 08.07.1998 an der D... GmbH & Co. F... KG in Höhe von DM 30.000,00.

2) Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung der Klageparteien vom 08.07.1998 an der D... GmbH & Co. F... KG in Höhe von DM 30.000,00 in Verzug befindet.

3) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klageparteien von sämtlichen Verpflichtungen aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung der Klageparteien vom 08.07.1998 an der D... GmbH & Co. F... KG in Höhe von DM 30.000,00 freizustellen Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus und im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung der Klageparteien vom 08.07.1998 an der D... GmbH & Co. F... KG in Höhe von DM 30.000,00.

4) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klageparteien weitere EUR 2.649,42 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Zudem meint sie, die Anhörung oder Vernehmung der Kläger scheide aus, weil sie auf die Benennung der Anlagevermittlerin F... als Zeugin verzichtet hätten und der für § 448 ZPO erforderliche Anbeweis nicht vorliege. Auch ergäben sich aus der Zeugenaussage des Herrn F... keine Vertriebsvereinbarung und kein Finanzierungskontingent mit Frau F..., dem A... oder der D... KG, schon weil Herr F... nicht für den A... tätig war.

II.

A.

Die Berufung ist durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 19.05.2016, in dem er Folgendes ausgeführt hat:

“ Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Die Klage ist unbegründet. Einen Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der von ihnen aufgrund des Darlehensvertrages erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht nicht für gegeben erachtet. Zudem hat das Landgericht zu Recht die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches durch die Kläger verneint. Diese sind auch in der Berufungsinstanz nicht schlüssig dargetan worden.

Ansprüche auf Rückzahlung der von ihnen aufgrund des Darlehensvertrages erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen aus § 3 HausTWG in der Fassung vom 16.1.1986 (im Folgenden: ”a.F.”) stehen den Klägern nicht zu. Dabei bedarf die Frage des Vorliegens einer Haustürsituation bei Zeichnung der Fondsbeteiligung im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Demzufolge hat hierzu weder eine Anhörung oder etwaige Parteivernehmung der Kläger noch eine Vernehmung der von den Klägern angebotenen Zeugen zu erfolgen. Auch wenn nämlich zu Gunsten der Kläger davon ausgegangen wird, dass sie ihre Beitrittserklärung am 08.07.1998 unter den besonderen situativen Voraussetzungen des Haustürwiderrufsgesetzes a.F. unterzeichnet haben, können sie ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen nicht gemäß § 1 Abs. 1 S, 1 Nr. 1 HausTWG a.F. widerrufen. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Kläger zum Abschluss des Darlehensvertrages durch diese Situation bestimmt worden sind.

Ein Widerrufsrecht im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HausTWG a.F. setzt voraus, dass der Verbraucher durch mündliche Verhandlungen im Bereich einer Privatwohnung oder an seinem Arbeitsplatz zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt es, dass er in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war (BGH, Urteile vom 20.01.2004 – XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 522 und vom 08.06.2004 – XI ZR 167/02, WM 2004, 1579, 1581). Zwar führen die Kläger zutreffend aus, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den mündlichen Verhandlungen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HausTWG a.F. und der Vertragserklärung für den Nachweis des Kausalzusammenhangs vom Gesetz nicht erforderlich ist. Dieser indiziert aber die Ursächlichkeit der Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss, wobei diese Indizwirkung für die Kausalität allerdings mit zunehmendem zeitlichen Abstand abnimmt und nach einer gewissen Zeit ganz entfallen kann (BGH Urteile vom 26.10.2010 – XI ZR 367/07, recherchiert in Juris, Rz. 18, vom 24.03.2009 - XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 17 und vom 13.06.2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 15). Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung möglicherweise auch anderen Umständen, insbesondere dem nicht erfolgten Widerruf der auf den Fondsbeitritt gerichteten Willenserklärung im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls (BGH Urteile vom 26.10.2010, a.a.O., BGH, vom 09.05.2006 – XI ZR 119/06, recherchiert in Juris, Rz. 15 und vom 24.03.2009, a.a.O.). Maßgebend ist letztlich, ob sich der Darlehensnehmer bei Unterzeichnung des Darlehensvertrages in einer Lage befindet, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt ist (KG, Teilurteil vom 05.04.2006 – 4 U 60/04, rechtskräftig durch Urteil des BGH vom 09.05.2006 – XI ZR 119/06, recherchiert in Juris).

Nach diesen Maßstäben vermag der Senat nicht festzustellen, dass der Abschluss des Darlehensvertrages der Parteien noch unter dem Eindruck einer für Haustürgeschäfte typischen Überrumpelungssituation zustande gekommen ist, wodurch die Kläger in ihrer Entschließungsfreiheit beeinträchtigt gewesen wären. Gegen den hierfür notwendigen Kausal-zusammenhang spricht bereits der zeitliche Abstand von mehr als einem Monat zwischen der unmittelbaren Haustürsituation im Juni 1998 bzw. von knapp vier Wochen zwischen der von den Klägern angeblich in einer Haustürsituation getätigten Beitrittserklärung nebst Kreditanfrage vom 08.07.1998 und der Unterzeichnung des Darlehensvertrages durch die Kläger am 3. August 1998. So hat der Bundesgerichtshof die Verneinung des notwendigen Kausalzusammenhangs bereits bei einem zeitlichen Abstand von knapp drei Wochen rechtlich nicht beanstandet (vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O., Rz. 15). Zudem liegen hier wegen des unterlassenen Widerrufs der Fondsbeitrittserklärung durch die Kläger trotz ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung weitere Umstände vor, die der Annahme eines Fortwirkens der Haustürsituation bei Abschluss des Darlehensvertrages entgegenstehen.

Die der Beitrittserklärung der Kläger angehängte Widerrufsbelehrung der Fondsinitiatorin genügt den Maßstäben des § 2 Abs. 1 HausTWG a.F. und ist daher ordnungsgemäß erfolgt. Sie ist schriftlich und drucktechnisch deutlich gestaltet, enthält Namen und Anschrift des Widerrufsempfängers sowie die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 HausTWG a.F., dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerrufs genügt, und wurde von den Klägern unterschrieben. Zwar ist der Verbraucher auch über den Beginn der Widerrufsfrist zu belehren. Denn es entspricht der Zielrichtung des Haustürwiderrufsgesetzes, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren und ihn über die Berechnung nicht im Unklaren zu lassen (BGH, Urteil vom 17.12.1992 – I ZR 73/91, recherchiert in Juris, Rz. 20). Es reicht für die Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 HausTWG a.F. aber aus, dass die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst (BGH, Urteil vom 27.04.1994 – VIII ZR 223/93, recherchiert in Juris, Rz. 21). Dies ist nach § 2 Abs. 1 HausTWG a.F. – wie in der Widerrufsbelehrung zum Fondsbeitritt zutreffend und eindeutig ausgeführt – der Zeitpunkt der Aushändigung der Widerrufsbelehrung. Soweit die Kläger meinen, etwas anderes folge aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.03.2009 – XI ZR 33/08, kann dem nicht gefolgt werden. Denn diese Entscheidung erging in einem Fall, in dem der maßgebliche Vertrag erst im Februar/März 2003 geschlossen wurde, und bezog sich mithin auf § 355 BGB a.F., nach dessen Absatz 2 der Lauf der Widerrufsfrist davon abhängt, dass dem Verbraucher über die Widerrufs-belehrung hinaus auch die Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird. Entsprechendes sieht § 2 Abs. 1 HausTWG a.F. indes nicht vor.

Der Umstand, dass die Kläger ihr Angebot zur Fondsbeteiligung trotz ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht binnen der Widerrufsfrist widerrufen haben, spricht gegen eine fortdauernde Beeinträchtigung ihrer Entschließungsfreiheit aufgrund der Haustürsituation bei Unterzeichnung des Darlehensvertrages. Nach dem Vortrag der Kläger waren die Fonds-beteiligung und deren Kreditfinanzierung wirtschaftlich eng verflochten, weil die Anlage ohne den Kredit nicht getätigt werden konnte und das Darlehen zu deren Finanzierung diente. Bei dieser Sachlage ist ein Fortwirken der Haustürsituation bei dem späteren Abschluss des Darlehens-vertrages zu verneinen. Denn ein Verbraucher, der bei einem finanzierten Anlagegeschäft sein Widerrufsrecht trotz ordnungsgemäßer Belehrung nicht ausübt, tut dies regelmäßig auch in dem Bewusstsein, sich damit nicht nur für die Durchführung des Anlagegeschäfts, sondern auch für die beabsichtigte Finanzierung zu entscheiden (KG, Teilurteil vom 05.04.2005 – 4 U 60/04). Bei Überprüfung des Beitrittsgeschäfts wurde zwangsläufig als dessen notwendiger Bestandteil auch seine geplante Finanzierung mit einbezogen.

Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass sie sich durch ihr Beteiligungsangebot zum Abschluss des Kreditvertrages gezwungen gesehen hätten, in ihrer Entscheidungsfreiheit also nicht unbeeinträchtigt gewesen seien. Eine derartige Beschränkung in der Entscheidungsfreiheit beruht gerade nicht mehr auf den situativen Umständen bei der Anbahnung des Kreditvertrages, sondern auf dem Abschluss des zu finanzierenden Geschäfts, das die Kläger in Kenntnis der geplanten Finanzierung durch die Beklagte und nach entsprechender Belehrung und einwöchiger Überlegung gerade nicht widerrufen haben (vgl. KG, Teilurteil vom 05.04.2005, a.a.O.). Darüber hinaus waren die Kläger auch nach Abgabe ihres Beteiligungsangebots und Stellung der Kreditanfrage nicht gehindert, die geplante Beteiligung anderweitig und nicht durch die Beklagte finanzieren zu lassen.

Die von den Klägern formularmäßig gestellte "Kreditanfrage/Auftragsbegleitblatt" vom 08.07.1998 stellt ihrem Inhalt nach auch keinen verdeckten Kreditantrag im Sinne von § 145 BGB dar. Wie sich aus dem Wortlaut der Anfrage zweifelsfrei ergibt, ging von ihr keine rechtliche Bindungswirkung aus. Ein anderer Eindruck konnte auch nicht entstehen. Eine unzulässige Umgehung des Widerrufsrechts gemäß § 5 HausTWG a.F. durch künstliche Aufspaltung in ein in der Überrumpelungssituation des § 1 HausTWG a.F. eingeholtes verbindliches Angebot und einen später abgeschlossenen, wirtschaftlich identischen Vertrag liegt deshalb nicht vor (vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2006 – a.a.O.).

Im Ergebnis kommt es somit weder auf die Ordnungsmäßigkeit der hinsichtlich des Darlehensvertrages erteilten Widerrufsbelehrung noch auf die Frage der Verwirkung eines etwaigen Widerrufsrechts der Kläger an.

Ansprüche aus § 3 HausTWG a.F. i.V.m. §§ 7, 9 VerbrKrG a.F. stehen den Klägern ebenfalls nicht zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag der Parteien den Anforderungen der §§ 7, 9 Abs. 2 VerbrKrG genügte. Denn das Widerrufsrecht der Kläger ist auch im Falle nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKG bereits ein Jahr nach der auf Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung der Kläger, mithin im August 1999, erloschen.

Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht einen Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagte verneint. Das Berufungsvorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.

Dabei kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die Vermittlerin Frau F... – wie von den Klägern vorgetragen – die Kläger tatsächlich nicht über die Risiken der Beteiligung aufgeklärt und über die Eignung der Anlage zur Altersvorsorge getäuscht hat. Eine Anhörung oder gar Vernehmung der Kläger zu dieser Frage ist daher nicht angezeigt. Die Beklagte hat nämlich keine eigene objektbezogene Aufklärungspflicht aus dem Darlehensvertrag verletzt (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 1, 280 BGB).

Einen die eigene Aufklärungspflicht der Bank auslösenden Wissensvorsprung der Beklagten aufgrund positiver Kenntnis von der angeblichen Aufklärungspflichtverletzung durch die Vermittlerin Frau F... haben die Kläger nicht dargetan. Zwar wird die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (grundlegend BGH, Urteil vom 16.05.2006 – XI ZR 6/05, recherchiert in Juris, Rz 51 f.; ferner etwa BGHZ 186, 96 = NJW-RR 2011, 270, 271 Rz. 12 m.N.). Dabei ist für die Annahme eines institutionalisierten Zusammenwirkens aber nicht ausreichend, dass die Bank den übrigen am Vertrieb des Kapitalanlagemodells Beteiligten bereits vorab eine allgemeine Finanzierungs-zusage gegeben hat. Vielmehr ist erforderlich, dass zwischen Verkäufer oder Fondsinitiator, den von ihnen beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Diese können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestanden haben, oder sich daraus ergeben, dass den vom Verkäufer oder Fondsinitiator eingeschalteten Vermittlern von der Bank Büroräume überlassen oder von ihnen - von der Bank unbeanstandet - Formulare des Kreditgebers benutzt wurden oder etwa daraus, dass der Verkäufer oder die Vermittler dem finanzierenden Institut wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen oder Fondsbeteiligungen desselben Objektes vermittelt haben (BGH Urteil vom 16.05.2006, a.a.O. Rz. 53 m.N.)

Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Vortrag der Kläger schon kein institutionalisiertes Zusammenwirken der Beklagten mit der Vermittlerin Frau F..., dem A... oder der Fonds-initiatorin zu entnehmen. Zutreffend führt das Landgericht hierzu aus, dass gegen ein solches institutionalisiertes Zusammenwirken bereits spricht, dass die Kreditanfrage auf einem Formular der Fondsinitiatorin gestellt wurde und die Vermittlerin bei den Vertragsverhandlungen keine Vertragsunterlagen der Beklagten vorgelegt hat. In das Formular wurde zudem die Beklagte handschriftlich eingetragen und nicht etwa formularmäßig vorgegeben oder als eine Option aufgeführt. Weiterhin ist dem Landgericht auch insoweit zuzustimmen, dass das Vorbringen der Kläger, zwischen der Beklagten, dem A... und der Fondsgesellschaft habe eine Vertriebs-vereinbarung mit einem Finanzierungskontingent bestanden, unsubstantiiert ist. Soweit die Kläger vortragen, die Beklagte habe Beteiligungen an dem streitbefangenen Fonds in hoher, nämlich in einem geschätzt dreistelligen Bereich finanziert, erfolgt diese Schätzung ersichtlich ins Blaue hinein. Dieser Vortrag weist auch nicht die erforderliche Substanz auf, weil die Beklagte weder eine konkrete Zahl der von der Beklagten finanzierten Beteiligungen noch die Gesamtzahl der finanzierten Beteiligungen nennt. Da eine Geschäftsbeziehung zum Vertrieb einer bestimmten Fondsbeteiligung bestehen muss, lässt sich grundsätzlich nur aus einer Vielzahl von Finanzierungen von Beteiligungen ein Rückschluss auf ein institutionalisiertes Zusammenwirken ziehen (BGH Urteil vom 16.05.2006, a.a.O., Rz. 53). Es muss eine Zahl von Finanzierungen vorliegen, die mit einer bloßen allgemein erklärten Finanzierungszusage nicht mehr erklärbar ist. Je kleiner die Gesamtzahl der mögliche Finanzierungsfälle, desto höher muss der Anteil der tatsächlich von der Beklagten erfolgten Finanzierungen sein, um eine entsprechende Aussagekraft zu erlangen. Denn die zu erwartende Streuung der Finanzierungen bei Bestehen einer bloßen Finanzierungszusage der Bank kommt nur bei größeren Anlagen empirisch zum Tragen, während die Bereitschaft einer Handvoll Erwerber, von der ihnen übermittelten Finanzierungsbereitschaft einer bestimmten Bank Gebrauch zu machen auf Zufall beruhen kann (vgl. Senatsurteil vom 08.10.2015 – 8 U 144/14). Soweit die Kläger schließlich mit der Berufungsbegründung vortragen, ein institutionelles Zusammenwirken zwischen Vermittler, Fondsgesellschaft und der Beklagten ergebe sich aus der Zeugenaussage des Herrn J... F... vom 14.04.2015 vor dem Landgericht Würzburg, kann hieraus kein Rückschluss für die Geschäftsbeziehung zwischen dem A..., der Fondsinitiatorin und der Beklagten gezogen werden. Denn Herr F... ist – wie aus dem als Anlage K8 eingereichten Sitzungsprotokoll ersichtlich – nach seinen Angaben nicht für den A... tätig gewesen, sondern in einer Agentur in Frankfurt, und hat die drei finanzierenden Banken von der Zentrale der G... in M... benannt bekommen. Eine etwaige enge planmäßige Zusammenarbeit zwischen der G... und den von ihr benannten Banken hat keine Aussagekraft hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen zwischen dem A..., der Fondsinitiatorin und der Beklagten.”

B.

Der Schriftsatz der Kläger vom 09.06.2016 führt zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung. Soweit die Kläger meinen, die Frage des Fortwirkens der Haustürsituation bei Abschluss des Darlehensvertrages könne nur durch ihre Anhörung bzw. Einvernahme geklärt werden, wiederholen sie lediglich ihr erstinstanzliches Vorbringen, ohne sich mit der Argumentation des Senats in den Randziffern 8 ff. des Senatsbeschlusses vom 19.05.2016 auseinanderzusetzen, wonach bereits der Zeitablauf von knapp vier Wochen zwischen der Beitrittserklärung und dem Antrag auf Abschluss eines Darlehensvertrags gegen dieses Fortwirken spricht. Zudem trägt die Argumentation der Kläger, ihnen sei nicht bekannt gewesen, dass sie durch den Widerruf der Beteiligung nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden gewesen wären, nicht dem Umstand Rechnung, dass sie zum Zeitpunkt des Ablaufs der Widerrufsfrist hinsichtlich der Beteiligung noch gar keinen Darlehensvertrag geschlossen hatten.

Die Widerrufsbelehrung der Beitrittserklärung war auch nicht deshalb unwirksam, weil sie weder auf eine gleichzeitige Unwirksamkeit des Darlehensvertrages noch darauf hinwies, dass die Beteiligung durch jeden einzelnen Zeichner widerrufen werden kann. Entsprechende Hinweispflichten sieht § 2 Abs. 1 HausTWG a.F. nicht vor. Auch die Angabe des Fristbeginns genügt den Anforderungen dieser Vorschrift. Soweit die Belehrung zur Fristwahrung angibt, es genüge “die rechtzeitige Absendung des Widerrufs (Datum des Poststempels)” an die Fondsinitiatorin, handelt es sich um keine unzulässige “weitere Erklärung” i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 3 HausTWG a.F. Diese Vorschrift schließt nicht schlechthin jeglichen Zusatz zur Belehrung und zur Unterschrift aus. Vielmehr können Ergänzungen, welche die Widerrufsbelehrung in ihrem geboten Inhalt verdeutlichen, insoweit zulässig sein (BGH, Urteil vom 08.07.1993 - I ZR 202/91 -, recherchiert in Juris, Rz. 17f.). Für den Regelfall genügt das Datum des Poststempels, um dem Kunden den Nachweis zu ermöglichen, dass er die Widerrufserklärung rechtzeitig aus seinem Herrschaftsbereich weggegeben und einer “Versandanstalt”, insbesondere der Post, zur Beförderung übergeben hat (OLG Stuttgart, Urteil vom 26.11.199 - 2 U 147/99 -, recherchiert in Juris, Rz. 27; Wolf in: Soergel, 12. Auflage, § 2 HausTWG, Rn. 2). Hierauf weist der Zusatz in der Widerrufsbelehrung in verkürzter Form hin, ohne den Fristablauf vorzuverlegen oder dem Kunden eine Beweislast aufzuerlegen. Im Übrigen läge auch dann kein Fortwirken der Haustürsituation bis zum Zeitpunkt der Abgabe des Darlehensantrages vor, wenn man diesen Zusatz als missverständlich und damit unzulässig ansähe. Denn schon der Zeitablauf von annähernd vier Wochen zwischen beiden Erklärungen steht diesem Fortwirken entgegen. Die Kläger haben auch nicht vorgetragen, dass sie nur wegen eines Missverständnisses durch den Zusatz “Datum des Poststempels” von einem Widerruf ihrer Beitrittserklärung abgesehen haben, weil sie beispielsweise die letzte Leerung der Briefkästen oder die Schalterstunden der Post am letzten Tag der Frist versäumt haben und damit davon ausgingen, die Beitrittserklärung nicht mehr widerrufen zu können.

Weiterhin dringen die Kläger argumentativ auch nicht damit durch, ihnen sei nur die Beklagte als Finanzierungsmöglichkeit genannt worden. Es ist allgemein bekannt, dass eine Vielzahl von Bankhäusern vielfältige Finanzierungsmöglichkeiten anbieten.

C.

Nach Überzeugung des Senates ist vorliegend auch keine mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO geboten. Zwar stimmt die Begründung des Senats für die Zurückweisung der Berufung mit der Argumentation des Landgerichts nicht überein. Entgegen der Begründung in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (Bundestags-Drucksache 17/6406) erfordert ein Wechsel der Begründung aber nicht in jedem Fall eine mündliche Berufungsverhandlung. Nach der Funktion des Verfahrens nach § 522 Abs. 2 ZPO ist eine erneute mündliche Verhandlung vielmehr nur dann geboten, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts auf eine umfassend neue rechtliche Würdigung gestützt wird und diese mit den Parteivertretern im schriftlichen Verfahren nicht sachgerecht erörtert werden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 02.03.2012 - I-20 U 228/11, 20 U 228/11, recherchiert in Juris, Rz. 5; Zöller – Heßler, ZPO,31. Auflage 2016, § 522 Rn. 40). Das ist vorliegend nicht der Fall.

D.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO.

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