LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 11.02.2011 - 2 O 472/04
Fundstelle
openJur 2016, 11896
  • Rkr:
Tenor

Der Klageantrag ist dem Grunde nach gerechtfertigt, vorbehaltlich der Entscheidung über folgende Einwände der Beklagten

- mitwirkendes Verschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) des klagenden Landes (unterlassene Abforderung eines Nachweises zur Sohlstabilität vor der Einlaufmuschel seitens des Regierungspräsidiums D. im Verfahren über die wasserrechtliche Bewilligung),

- Einwand einer zu erfolgenden Vorteilsausgleichung im Rahmen der geltend gemachten Sanierungskosten, die dem Betragsverfahren vorbehalten bleibt.

Tatbestand

Das klagende Land verlangt von den Beklagten Schadenersatz wegen Beschädigung der in ihrem Eigentum stehenden "L L.-Brücke".

Die L.-Brücke überspannt als Teil der Landstraße L 138 die Mulde am östlichen Stadtrand von J..

Der Kläger begründet seinen Schadenersatzanspruch mit vermeintlichen Planungsfehlern (bzw. vermeintlichen Fehlern bei der Inbetriebnahme) im Zusammenhang mit der Erstellung der von der Beklagten zu 1.) betriebenen Wasserkraftanlage, die sich in unmittelbarer Nähe zum Brückenbauwerk befindet und ab Ende 1999 errichtet wurde. Die B & G oHG hatte die Beklagte zu 1.) mit dem Betrieb der Wasserkraftanlage beauftragt.

Der Kläger macht geltend, infolge der Planungsfehler bzw. infolge der unsachgemäßen Inbetriebnahme der Anlage sei es zu einer Auskolkung des Flussuntergrundes an dem mittleren Brückenpfeiler gekommen und hierdurch seien Schäden an dem Brückenbauwerk entstanden.

Die B & G S.-m. oHG beauftragte die Beklagten zu 2.) bis 4.), die für die Planung der Erstellung der Wasserkraftanlage eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) begründet hatten, mit der Planung und Erstellung der Wasserkraftanlage gemäß Ingenieurvertrag vom 18. November 1998 (Bd. III, Blatt 70 ff. d. A.). Gegenstand des Vertrages ist nach § 1 die Bauplanung, statische Planung, die Bauvermessung, die Baukostenanfrage bei Baufirmen, die Bauoberleitung und örtliche Bauleitung für das Wasserkraftwerk J. an der Mulde. Das wasserrechtliche Verfahren war bereits zuvor abgeschlossen, Unterlagen zum Baurechtsverfahren waren vom Auftragnehmer noch zu erstellen.

Gemäß § 3 des Ingenieurvertrags beauftragte die B & G S.-m. oHG die Beklagten zu 2.) bis 4.) u. a. mit

- der Entwurfsvermessung mit Bestandsplanerstellung,

- dem Erstellen von Bauausführungsplänen einschließlich sämtlicher Nebenkosten,

- der Tragwerksplanung einschließlich sämtlicher Nebenkosten (wobei die Prüfstatik von einem separat zu beauftragenden Prüfstatiker zu übernehmen und nicht im Vertrag eingeschlossen war),

- mit der Ausschreibung der Bauleistungen,

- sowie der Bauoberleitung und der örtlichen Bauleitung nach § 57 HOAI. Hierzu gehört nach § 4 4. des Vertrages auch die Abnahme und die behördliche Abnahme des Baues.

Gemäß § 4 des Vertrages nimmt der Auftraggeber an Bauschlussabnahmen und behördlichen Abnahmen teil und übernimmt das fertig gestellte Bauwerk nach der Bauabnahme.

Von der Auftragserteilung war die Planung für die Erstellung der maschinentechnischen Anlageteile ausgenommen.

Die Büros der Beklagten zu 3.) und 4.) waren bei der Abwicklung des Ingenieurvertrags vom 18. November 1998 mit der statischen Berechnung und der Erstellung der entsprechenden Pläne befasst. Die Planung und die Bauleitung wurde durch das Büro der Beklagten zu 2.) durchgeführt. Ob diese Arbeitsaufteilung Auswirkungen auf eine eventuelle Haftung aus dem Ingenieurvertrag vom 18. November 1998 hat, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit der Vorplanung waren die Beklagten zu 2.) bis 4.) nicht beauftragt. Hiermit hatte die B & G S.-m. oHG bereits zuvor das Planungsbüro des Dipl.-Ing. G.F. beauftragt. Dieses hatte auch die maßgeblichen Unterlagen für die wasserrechtliche Genehmigung zusammengestellt und eingereicht.

Das Regierungspräsidium D. erteilte am 09. November 1998 die wasserrechtliche Bewilligung (Anlage K 1, Bd. I, Blatt 13 bis 100 d. A.), und zwar auf der Grundlage des Antrags des Planungsbüro F. vom 11. April 1997 und den Antragsunterlagen vom 15. August 1997 (und gemäß der Ergänzungen der Antragsunterlagen vom 15. Dezember 1997 und 28. Februar 1998). Nach Ziffer III. 2.10 der Bewilligung darf die Wassernutzung mit allen damit verbundenen Anlagen erst nach erfolgter Abnahme durch die Wasserbehörde in Betrieb genommen werden. Ausgenommen hiervon sind "kurzzeitige betriebstechnische Funktionsproben". Zur Abnahme der wasserwirtschaftlichen Anlagen und zur Funktionskontrolle ist die Wasserbehörde mindestens 14 Tage im Voraus schriftlich einzuladen.

Die Ausführungsplanung gemäß Ingenieurvertrag vom 18. November 1998 knüpfte an die Vorplanung des Ingenieurbüros F. und an die wasserrechtliche Bewilligung an. Eine eigenständige fachliche Überprüfung der dort getroffenen Annahmen des Ingenieurbüros erfolgte nicht. Ob dies so vereinbart war, ist zwischen den Parteien streitig, ebenso wie die Frage, ob dieses Unterlassen geeignet ist, eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 2.) bis 4.) zu begründen.

Die Vorlage u. a. eines Nachweises der Sohlstabilität vor der Einlaufmuschel wurde vom Regierungspräsidium D. im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung nicht verlangt. Ob dies die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers rechtfertigt, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Ausführungsplanung zum Umbau des Stauwehrs zu einem Wasserkraftwerk wurde erstellt, die Baugenehmigung für die Errichtung der Wasserkraftanlage zum Antrag vom 15. April 1999 am 22. Juli 1999 erteilt (Anlage K 3, Bd. I, Blatt 103 ff. d. A.).

Mit dem Bau beauftragte die B & G S.-m. oHG die B. GmbH (Werkunternehmer), die zwischenzeitlich in Insolvenz gefallen ist.

Die Wasserkraftanlage wurde ab August 1999 errichtet.

Es erfolgte eine Inbetriebnahme/Probebetrieb vom 05. April bis 07. April 2001 sowie vom 10. April bis 19. April 2001, sodann erfolgte eine Abnahme der Wasserkraftanlage am 12. April 2001 (Anlage B 1, Bd. I, Blatt 133 d. A.). Ende April 2001 wurde dann anlässlich eines Probebetriebs noch vor der behördlichen Abnahme der Wasserkraftanlage festgestellt, dass sich im Abströmbereich des mittleren Pfeilers der L.-Brücke unmittelbar vor der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage ein sogenannter Kolk (Vertiefung des Flussbettes) gebildet hatte.

Von der Beklagten zu 1.) wurde am 26. April 2001 unter Einsatz von Tauchern eine Sohlpeilung vorgenommen, die eine Kolktiefe von 67,00 m üNN ergab. Das Landesamt für Straßenbau verfügte am 11. Mai 2001 eine Verkehrlastbegrenzung der Brücke auf unter 12 t sowie eine ergänzende Untersuchung des Sohlgrundes im Bereich des Brückenpfeilers durch Taucher am 12. Mai 2001.

Das klagende Land macht im vorliegenden Verfahren geltend, durch die aufgetretene Auskolkung im Bereich des Brückenpfeilers sei dessen Standsicherheit im April 2001 hochgradig gefährdet gewesen und benennt die zur Beseitigung des Schadens vermeintlich notwendig gewesenen Arbeitsschritte (1. bis 8. auf Seite 8 der Klageschrift vom 19. April 2004). Die vermeintlich im Zusammenhang mit der Schadensbeseitigung an der Brücke entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 998.701,46 € gemäß der Anlagen K 5 bis K 10 sowie der Anlage K 16 macht der Kläger im vorliegenden Verfahren als Schadenersatz geltend.

Die Beklagte zu 1.) lehnte mit Schreiben vom 08. Juli 2002 jegliche Schadenersatzansprüche des Klägers ab.

Im Jahr 1993/1994 war die L.-Brücke instandgesetzt worden. Ob dies damals im erforderlich gewesenen Umfang erfolgte, und wenn nicht, ob dies Auswirkungen auf die Kolkentstehung im Jahre 2001 hatte, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Parteien streiten schließlich insbesondere über die Haftungsverantwortlichkeit sowie die Frage, wodurch der Kolk verursacht wurde und ob Versäumnisse des Klägers allein- oder zumindest mitursächlich waren.

Der Kläger hat zunächst Klage nur gegen die Beklagte zu 1.) erhoben. Gemäß Auflösungsbeschluss vom 01. November 2000 befindet sich die W. GmbH in Liquidation. Im Handelsregister ist eingetragen, dass sich die Beklagte zu 1.) in Liquidation befindet.

Mit Schriftsatz vom 11. August 2004 hat der Kläger sodann seine Klage gegenüber den Beklagten zu 2.) bis 4.) erweitert.

Der Kläger trägt vor, für die Kolkbildung im April 2001 sei zum einen ursächlich gewesen, dass die Wasserkraftanlage abweichend von der Lage der vorhandenen alten Wehranlage und der wasserrechtlichen Bewilligung zu nah an das Brückenbauwerk gerückt sei. Zudem sei der Einlauftrichter (Einlaufmuschel) der Wasserkraftanlage unmittelbar stromunterseitig hinter dem Pfeiler zu tief eingebaut worden. Zudem sei die Fließgeschwindigkeit des Wassers im Bereich der Brücke und damit die auf die Flusssohle einwirkenden Geschiebebewegungen unrichtig dargestellt und insoweit unzureichende Sicherungsmaßnahmen ergriffen worden. Im Bereich des Brückenpfeilers zur Einlaufmuschel sei eine Sohlsicherung erforderlich gewesen. Die planerische Annahme gemäß den Antragsunterlagen zur wasserrechtlichen Bewilligung ("Sohlspannungsnachweis"), dass die neue Anlage nur unwesentlich die Fließverhältnisse im Brückenbereich verändere und dass im Brückenbereich keine besonderen Sohlsicherungsmaßnahmen erforderlich seien, sei unzutreffend. Gegenüber dem Vorzustand sei durch die Baumaßnahme eine stark erhöhte Fließgeschwindigkeit bewirkt worden. Die Erforderlichkeit einer Sohlsicherung zwischen Brückenpfeiler und Einlauftrichter sei von vornherein für einen hiermit befassten Planer bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt ohne Weiteres erkennbar gewesen.

Eine Änderung des Stromgrundes sei schon im Probetrieb in Form der Auskolkung eingetreten.

Die Kolktiefe unter dem Pfeiler habe bis zu über 3 m betragen. Durch den Kolk unter dem Mittelpfeiler sei die Brücke in ihrer Standsicherheit akut gefährdet bzw. die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet gewesen. Wegen der weitergehenden Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrages wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 17. August 2004 (Bd. I, Blatt 184 ff. d. A., dort Seite 5) verwiesen. Eine Mitursächlichkeit der Art und Weise der Grundinstandsetzung der Brücke im Jahre 1993/1994 sei nicht gegeben. In den Jahren 1993/1994 sei die L.-Brücke Grund instandgesetzt worden. Neben einem neuen Spannbetonüberbau seien insbesondere die Pfeiler saniert und für die höheren Lasten aus dem neuen Überbau ertüchtigt worden. Dazu seien insgesamt 16 mikroverpresste Pfähle durch das Fundament hindurchgebohrt und im Baugrund verankert worden. Diese Pfähle seien ausschließlich für die Aufnahme der neuen höheren Vertikallasten gesetzt worden. Die Horizontallasten (z. B. Wasserdruck auf den Pfeiler) habe nach wie vor über das vorhandene alte Fundament an das Erdreich abgetragen werden müssen. Im Zuge der Planung für diese Grundinstandsetzung sei die ausreichende Standsicherheit des Holzspundwandkastens um den Pfeiler (für das Niveau der alten bestehenden Wehranlage) festgestellt worden. Nach Durchführung der Grundinstandsetzung 1993/1994 seien Bauwerksprüfungen nach der DIN 1076 durchgeführt worden, die in ordnungsgemäßen statisch-konstruktiven Zustand es Bauwerks bestätigt hätten (Anlage K 24).

Richtig sei zwar, dass der ursprünglich für die Brückensanierung geplante Kolkschutz mittels Stahlspundbohlen nicht durchgeführt worden sei. Der dann in den Jahren 1993/1994 tatsächlich ausgeführte Kolkschutz in Form einer Betonbewehrung sei gemessen an den tatsächlichen Gegebenheiten vor der Errichtung der Wasserkraftanlage entsprechend den Regeln der Technik vollkommen ausreichend gewesen. Die Gefahr einer Auskolkung habe nicht bestanden. Der "alte Kolkschutz" (Holz-Spundwandkasten) sei ausweislich der Anlage K 14 vorhanden gewesen. Bei der Brückensanierung im Jahr 1993/1994 sei auch nicht etwa der Kolkschutz fehlerhaft ausgeführt worden. Der Kolkschutz, so wie er bei der Sanierung der Brücke ausgeführt worden sei, sei fachgerecht gewesen und habe den anerkannten Regeln der Technik entsprochen. Ohne Errichtung der Wasserkraftanlage hätte dieser vollständig und auf Dauer auch ausgereicht. Von einer nur "provisorischen Art der Sanierung des Brückenpfeilers" bzw. von einer "von Anfang verstärkten Gefahr von Auskolkungen" könne deshalb nicht ausgegangen werden.

Im Übrigen hätte die Einbringung einer Spundwand mit einer Unterkante in einer Tiefe von 67,60 m üNN die eingetretene Auskolkung nicht verhindert. Denn die am 26. April 2001 durchgeführte Peilung habe - unstreitig - ergeben, dass der Kolk bis zu einer Tiefe von 67,00 m üNN gereicht habe. Die vorgenannte Spundwand wäre also auch dann um 60 cm unterspült worden.

Der Brückenpfeiler habe im Übrigen dem anliegenden Wasserdruck unter den damals gegebenen Strömungsverhältnissen jahrzehntelang standgehalten. Er habe im Lauf seiner jahrzehntelangen Nutzungsdauer eine Vielzahl von Hochwassern und Eisgängen erfahren und dabei keine Schäden erlitten. Bis zum hier streitigen Schadenseintritt seien im Pfeilerbereich zu keinem Zeitpunkt Kolkschäden aufgetreten.

Zudem indiziere die Bestätigung des ordnungsgemäßen statisch-konstruktiven Zustand des Bauwerks nach Durchführung der Grundinstandsetzung, dass der Pfeiler einschließlich seiner Gründung in der durch die Sanierung hergestellten Bauart ohne Weiteres und problemlos weitere Jahrzehnte den durch den Strom auf ihn einwirkende Kräften standgehalten und der vorhandene Schutz des Pfeilerfundaments ausreichend gewesen wäre, wenn nicht die Beklagte in der beschriebenen Art und Weise in Flussgrund und Strömungsverhältnisse der Mulde eingegriffen hätte.

Der eingetretene Schaden an dem Brückenpfeiler sei von den Beklagten schuldhaft verursacht worden, denn er sei für die Beklagten voraussehbar gewesen und hätte durch eine den örtlichen Gegebenheiten angepasste Bauausführung/Planung verhindert werden können. Der Kläger ist der Ansicht, die Haftung der Beklagten ergebe sich aus § 2 HPflG bzw. aus § 9 Abs. 2 SOG LSA, jedenfalls aber aus unerlaubter Handlung bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 909 BGB bzw. aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, da die Beklagte das Nachbargrundstück vertieft habe. Ob die Vertiefung im geplanten oder genehmigten Umfang erfolgt sei, sei für den Anspruch aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis unerheblich.

Ein Entlastungsmöglichkeit der Beklagten zu 1.) nach § 831 BGB sei nicht ersichtlich. Die Beklagte zu 2.) könne die Verantwortlichkeit nicht auf das Ing.-Büro F. verlagern. Zudem - so der Kläger - liege ein Eigenverschulden der Beklagten zu 2.) vor. Auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 18. Januar 2005 (Bd. II, Blatt 31 ff. d. A., dort Seite 1 - 3) wird Bezug genommen. Auch die Beklagten zu 3.) und 4.) treffe neben der Beklagten zu 2.) aus dem Planungsvertrag vom 18. November 1998 eine Mithaftung, auch wenn gegebenenfalls im Innenverhältnis allein die Beklagte zu 2.) hierfür einzustehen habe.

Zur Schadensbeseitigung seien Kosten in Höhe von insgesamt 998.701,46 € erforderlich gewesen. Es seien Kiesumlagerungen unter dem Mittelpfeiler in das Kolkloch geraten. Außerdem seien die Dielen des Holzspundwandkastens, der bis zur Baumaßnahme der Beklagten als Einfassung im Baugrund des Pfeilerfundamentes ausreichenden Schutz geboten habe, herausgerissen worden. Die Holzspundwand sei ursprünglich zur Herstellung der Gründung benötigt worden.

Zur Wiederherstellung der Standsicherheit der Brücke seien unverzüglich die auf Seite 8 der Klageschrift vom 19. April 2004 zu Ziffer 1. bis 8. genannten Arbeitsschritte notwendig gewesen. Dabei habe die neue Spundwand (innere Kolksicherung) auf den von der Beklagten neu geschaffenen maximalen Geländesprung bemessen werden müssen. Im Zuge der Bauausführung habe sich dann herausgestellt, dass die Kolkschäden noch weitaus größer gewesen seien als angenommen. Unter dem Pfeiler seien auf große Tiefe sämtliche Feinstanteile aus dem gewachsenen Boden herausgewaschen gewesen, so dass eine kraftschlüssige Lastabtragung der Pfeilerlasten nicht einwandfrei möglich gewesen sei. Die so entstandenen Hohlräume hätten im Zuge der Sanierung zusätzlich verpresst werden müssen. Hierzu seien ihm gemäß der Anlagen K 5 bis K 10 sowie gemäß dem Anlagenkonvolut K 16 Aufwendungen in Höhe von insgesamt 998.701,46 € entstanden (Honorar der B. & J. I. D. Gesellschaft mbH & Co. 119.224,49 €, Arbeiten der Firma U. & W. GmbH gemäß Schlussrechnung vom 11. April 2003 in Höhe von 846.775,72 € brutto, Honorar i. GmbH 29.663,36 € sowie Kosten für eine Sonderprüfung des fertig hergestellten Bauwerks durch die B.& J. GmbH & Co.. gemäß Rechnung vom 11. Juli 2007 in Höhe von 3.037,89 €). Die Positionen seien erforderlich gewesen, um den durch die Auskolkung entstandenen Schaden am Brückenbauwerk zu beheben. Es seien keine Positionen enthalten, die bei der Brückensanierung im Jahr 1993/1994 unterlassen worden wären.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 998.701,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08. Juli 2002 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor:

Beklagte zu 1.:

Die beauftragte ARGE haben die Wasserkraftanlage auftragsgemäß geplant. Die Wasserkraftanlage sei entsprechend den genehmigten Plänen der Beklagten zu 2.) gebaut worden, die Wasserkraftanlage entspreche in jeder Hinsicht den Regeln der Technik. Das Ingenieurbüro habe die Wasserkraftanlage so geplant und bauen lassen, wie sie durch die wasserrechtliche Genehmigung und die erteilte Baugenehmigung genehmigt worden sei. Die Baugenehmigung habe keine Auflage zur Sohlsicherung enthalten, im Übrigen sei nach der wasserrechtlichen Bewilligung auch eine Sohlsicherung nicht erforderlich gewesen. Der nach den genehmigten Plänen vorgesehene Abstand zwischen der Wasserkraftanlage und dem Brückenpfeiler sei eingehalten, auch liege die Einlaufmündung der Wasserkraftanlage wie geplant und genehmigt auf 69,20 m üNN (Anlage K 4).

Die Behauptung des Klägers, der Brückenpfeiler und das gesamte Brückenbauwerk einschließlich der gesamten Gründung hätten sich vor der Inbetriebnahme der Wasserkraftanlage in einem einwandfreien Zustand befunden, treffe nicht zu. Bei der Erneuerung der Straßenbrücke in den Jahren 1993/1994 sei das abgängige zweifeldrige Stahlbauwerk durch einen Stahlbetonüberbau ersetzt worden. Zudem sei zur Verbesserung der Standsicherheit der vorhandene Mittelpfeiler durch 16 Verpresspfähle, die mittels einer Kernbohrung durch den vorhandenen Mittelpfeiler getrieben worden seien, ertüchtigt worden, was unstreitig ist. Ursprünglich sei jedoch gemäß dem Bestandsplan der Anlage 1 (Bd. I, Blatt 143 d. A.) das Niederbringen einer Stahlspundwand geplant gewesen, welche etwa 40 cm tiefer als die vorhandene Holzspundwand gerammt werden sollte. Auch hätten die vorhandenen Gründungspfähle aus Holz in einen Betonkranz eingebunden werden sollen, was ebenfalls unstreitig ist. Auf die Ausführung dieser Planung - ebenfalls unstreitig - sei jedoch verzichtet worden. Statt dessen habe sich der Kläger aus Kostengründen damit begnügt, zwischen der alten Holzspundwand und dem Pfeilerschaft auf den darunter liegenden Schotter- und Wasserbausteinen eine Betonabdeckung aufzubringen, um die Oberfläche abzudecken, wobei der Betonkranz die Köpfe der vorhandenen Holzpfähle nicht einband. Entgegen dem amtlichen Bestandsplan habe somit zum einen der Spundwandkasten um das Pfeilerfundament gefehlt. Ein Kolkschutz mit einem entsprechend den Bestandsplänen ausgewiesenen Einbindtiefe von ca. 69,50 m üNN sei damit nicht vorhanden gewesen. Es habe somit die Schutzkonstruktion für den desolaten "alten hölzernen Kolkschutz" gefehlt, der besonders im Abstrombereich Lücken aufgewiesen und nicht mehr als umfassend beschrieben werden konnte. Zudem sei der mit dem Brückenneubau vorgenommene Schutz der hölzernen Rammköpfe in Form eines aufbetonierten Kragens erst im Nachhinein ausgeführt worden, nachdem der Pfeiler bereits fertig gestellt gewesen sei. Dabei seien die Spuntpfahlköpfe nicht ordnungsgemäß in den Betonkragen eingebunden worden. Beim Betonieren seien die hölzernen Pfähle von Geschiebe überlagert gewesen, weshalb ein schützender Verbund ausgeblieben sei (Bericht über Sohlpeilungen und Vorschläge für Maßnahmen zum eingeschränkten Fahrbetrieb des Ingenieurbüros F. vom 14. Mai 2001, Anlage 2, Bd. I, Blatt 144 bis 155 d. A.). Diese Baumängel seien ursächlich dafür, dass der Kolkschutz aufgehoben gewesen sei und daher durch strömendes Wasser das Bodenmaterial aus der Gründungssohle des Pfeilers der Erosion preisgegeben war. Die rein provisorische Art der Sanierung des Brückenpfeilers im Jahr 1993/1994 sei nicht fachgerecht gewesen und habe den Brückenpfeiler von Anfang an einer verstärkten Gefahr von Auskolkungen ausgesetzt. Der Brückenpfeiler sei faktisch ohne jeden Kolkschutz gewesen.

Spätestens bei dem Hochwasser im August 2002 wäre der Betonpfeiler wegen der mangelhaften Gründung ohnehin fortgespült worden, ebenso wie dies bei der Brücke in W. geschehen sei. Insoweit sei auch auf die Feststellung von erheblichen Mängeln an der Brücke durch das Bauunternehmen Blank vor dem Beginn der Bauarbeiten hinzuweisen (Protokoll vom 04. Oktober 1999, Anlage 3, Bd. I, Blatt 156 bis 161 d. A.).

Jedenfalls sei von einem erheblichen Mitverschulden des Klägers auszugehen.

Die Beklagte zu 1.) ist der Auffassung, sie sei für den von dem Kläger geltend gemachten Schaden nicht schadenersatzpflichtig. Im Übrigen beruft sie sich auf einen vermeintlichen Haftungsausschluss nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB. Allenfalls hafteten die Beklagten zu 2.) bis 4.) als Gesamtschuldner im Rahmen der bestandenen ARGE. Die Beklagte zu 2.) könne auch nicht auf eine vermeintlich alleinige Verantwortlichkeit des Planungsbüros F. verweisen. Als Ausführungsplanerin sei die Beklagte zu 2.) verpflichtet gewesen, die Tauglichkeit der von ihr nicht erstellten Entwurfsplanung (Planung des Ingenieurbüros F. zu überprüfen, zumal die Beklagte zu 2.) die Planung des Ingenieurbüros F. in mehreren Punkten verändert habe.

§ 2 finde nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf Energieerzeugungsanlagen keine Anwendung, § 9 Abs. 2 SOG LSA - so die Beklagte zu 1.) - sei nicht einschlägig. Die Voraussetzungen einer Haftung nach § 909 BGB lägen nicht vor, mögliche Vertiefungen seien durch die Baugenehmigung sanktioniert.

Zu dem von dem Kläger geltend gemachten Kostenaufwand ist die Beklagte zu 1.) zunächst der Ansicht, allein nach den vorgelegten Rechnungen lasse sich die Schlüssigkeit des behaupteten Schadens nicht überprüfen. Zudem würden die vorgelegten Rechnungen Positionen enthalten, die mit der Pfeilersanierung ersichtlich nichts zu tun hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens wird auf Ausführungen im Schriftsatz vom 05. Januar 2005 (Bd. II, Blatt 13 ff. d. A., dort Seite 4) verwiesen. Die übrigen Baukosten würden im Wesentlichen Pfeilersanierungskosten betreffen, die beim Umbau der Brücke im Jahr 1993/1994 unterlassen worden seien.

Zur Wiederherstellung des vorherigen Zustandes hätte es ausgereicht, die Auskolkung wieder zuzuschütten. Die Beklagte zu 1.) ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, der Kläger könne allenfalls die Kosten zur Beseitigung der Auskolkung als Schadenersatz verlangen. In Wirklichkeit habe der Kläger eine Generalsanierung vorgenommen. In jedem Fall müsse sich der Kläger die in Folge der Sanierungsarbeiten eingetretene Wertverbesserung der Brücke anrechnen lassen.

Beklagte zu 2.):

Der Abstand zwischen dem Turbinenlaufwerk und dem Brückenbauwerk sei nicht zu beanstanden, ebenso wenig sei der Einlauftrichter "zu tief" eingebaut worden. Wegen der weitergehenden Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 19. Oktober 2004 (Bd. I, Blatt 214 ff. d. A., dort Seite 3 bis 5) Bezug genommen. Dass ein angeblich zu geringer "Sicherheitsabstand" zwischen Brückenpfeiler und neuer Wehranlage die Auskolkung verursacht hat, werde bestritten.

Im Übrigen habe sie auf Weisung des Bauherrn die Vorgaben des Planungsbüros F. übernommen. Die Beklagte zu 2.) ist daher der Ansicht, selbst bei einer fehlerhaften Planung des Büros F. sei die Beklagte zu 2.) nicht verantwortlich zu machen. Eine möglicherweise fehlerhaft bemessene Sohlspannung sei allein vom Ingenieurbüro F. zu vertreten.

Eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB treffe sie nicht. Die Grundlagenplanung (Lage der Wasserkraftanlage im Fluss wie auch sämtliche zum Flussbau gehörigen Untersuchungen und das daraus resultierende Ergebnis) seien der Beklagten zu 2.) vom Planungsbüro F. und vom Bauherrn vorgegeben worden. Soweit der Kläger als mögliche Ursache für die Auskolkung auf eine erhöhte Fließgeschwindigkeit verweise, sei dies ausschließlich eine Frage der wasserrechtlichen Bewilligung (Planungsunterlagen des Ing.-Büros F.). Diese denkbare Schadensursache liege - so die Beklagte zu 2.) - außerhalb ihres Aufgabenbereichs. Die Beklagte zu 2.) habe gerade die Fachplanung des Ingenieurbüros F. sowie den Inhalt des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheids ungeprüft zur Grundlage der eigenen Planung machen sollen. Aus ihrer Sicht habe es auch keine Veranlassung gegeben, an der Aussage des Fachplaners zu zweifeln. Die Beklagte zu 2.) vertritt daher in diesem Zusammenhang die Auffassung, eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 2.) für die Auskolkung sei nicht gegeben. Ergänzend wird auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 02. Juni 2009 (Bd. IV, Blatt 30 ff. d. A.) sowie vom 24. September 2009 (Bd. IV, Blatt 86 ff. d. A.) verwiesen.

Die Beklagte zu 2.) ist weiter der Ansicht, es liege schon keine Kausalität einer eventuellen Pflichtverletzung vor, da der Schaden durch den unzulässigen Probebetrieb der Beklagten zu 1.) verursacht worden sei.

Jedenfalls treffe den Kläger den Vorwurf eines mitwirkenden Verschuldens. Auf die vorgenannten Schriftsätze wird insoweit Bezug genommen.

Wegen des Alters bzw. wegen des Zustands des Brückenpfeilers würde es sich bei den vom Kläger geltend gemachten Baukosten sämtlichst um so genannte "Sowieso-Kosten" handeln bzw. müsse sich der Kläger Wertverbesserungen im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen.

Beklagte zu 3.) und 4.):

Die Beklagten zu 3.) und 4.) seien ausschließlich mit der statischen Berechnung und der Erstellung der entsprechenden Pläne beauftragt gewesen, mit dem Brückenbauwerk oder der Statik des Brückenbauwerkes hätten sie nichts zu tun gehabt. Die statische Planung der Beklagten zu 3.) und 4.) sei sachlich und fachlich richtig. Zudem habe es keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Pfeiler damals nicht seriös gegründet und geschützt gewesen sei. Der Brückenpfeiler sei im Jahr 1993/1994 - unstreitig - ertüchtigt worden. Nach dem zum Zeitpunkt der Planung vorliegenden Plan der Straßenbauamtes (Bd. I, Blatt 241 d. A.) sei ein entsprechender Kolkschutz vorhanden gewesen.

Die vom Sachverständigen bemängelten Punkte seien Probleme der Hydrodynamik. Dies liege jedoch nicht im Bereich bzw. der Kompetenz der Tragwerksplanung, weshalb - so die Beklagten zu 3.) und 4.) - sie keine Haftungsverantwortung treffe. Die Planung sei ausschließlich Aufgabe der Beklagten zu 2.) gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen Bezug genommen.

Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss vom 28. Mai 2005 (Bd. II, Blatt 82 f. d. A.) und gemäß Beschluss vom 21. Oktober 2005 (Bd. II, Blatt 99 d. A.) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen der Feststellungen des Sachverständigen wird auf das Gutachten des Prof. Dr.-Ing. habil. H. M. vom 18. Januar 2006 verwiesen. Gemäß Verfügung vom 19. Januar 2006 (Bd. II, Blatt 186 d. A.) hat der Sachverständige mit Schreiben vom 31. Januar 2006 ergänzende Ausführungen gemacht (Bd. II, Blatt 190 d. A.).

Gemäß Beschluss vom 06. April 2006 (Bd. II, Blatt 216 d. A.) hat der Sachverständige sein Gutachten unter dem 18. Mai 2006 schriftlich ergänzt (Bd. II, Blatt 230 ff. d. A.) und zu den Lichtbildern der von dem Kläger vorgelegten Anlage K 20 mit Schreiben vom 22. Mai 2006 (Bd. II, Blatt 235 d. A.) ergänzend ausgeführt.

Gemäß Beschluss vom 21. Dezember 2007 (Bd. III, Blatt 93 ff. d. A.) hat der Sachverständige sein Gutachten ergänzt (Ergänzungsgutachten vom 28. März "2007" [erkennbar gemeint: 2008]). Der Sachverständige hat seine Gutachten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2008 mündlich erläutert. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bd. III, Blatt 186 ff. d. A.) wird verwiesen.

Den Parteien wurden gemäß der Beschlüsse vom 20. März 2009 (Bd. III, Blatt 207 ff. d. A.), 28. August 2009 (Bd. IV, Blatt 71 ff. d. A.) und 13. August 2010 (Bd. V, Blatt 5 ff. d. A.) umfassend rechtliche Hinweise erteilt.

Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2011 hat die Beklagte zu 2) die Einrede der Verjährung erhoben.

Gründe

Die zulässige Klage ist dem Grunde nach berechtigt, weshalb dies nach § 304 Abs. 1 ZPO durch Grundurteil auszusprechen war. Die im Tenor genannten Einwände der Beklagten, also zu einem etwaigen mitwirkenden Verschulden des Klägers (der Genehmigungsbehörde im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung) und die bei dem Instandsetzungsaufwand möglicherweise vorzunehmende Vorteilsausgleichung waren demgegenüber ausnahmsweise dem Betragsverfahren vorzubehalten. Denn selbst wenn sie durchgreifen würden, steht für das Gericht fest, dass sie jedenfalls nicht zu einem vollständigen Ausschluss der Haftung dem Grunde nach führen würden.

Die Voraussetzungen für ein Grundurteil liegen auch vor.

Der Anspruch ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zwischen den Parteien streitig. Die Sache ist jedoch lediglich zum Anspruchsgrund entscheidungsreif. Zur Schadenshöhe steht die Beweisaufnahme noch aus. Es steht jedoch fest, dass der geltend gemachte Anspruch auch unter Berücksichtigung der Einwendungen gegen ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht, was ausreichend ist (st. Rspr. BGH NJW 1995, 2107 und 2557; BGH NJW 1998, 179; BGH NJW 2001, 225; BGH NJW-RR 2005, 1008).

Gemäß Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB sind die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anzuwenden.

I.

Anspruch gegenüber der Beklagten zu 1)

1. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers folgt der Anspruch jedoch weder aus dem Haftpflichtgesetz, dem SOG LSA oder aus §§ 906 Abs. 2 S. 2, 909 BGB.

a) § 2 HPflG ist auf Energieerzeugungsanlagen, also auf die hier streitgegenständliche Wasserkraftanlage, nicht anwendbar (BGH VersR 1985, 641).

b) Auch § 9 Abs. 2 SOG LSA ist keine geeignete Anspruchsgrundlage für die hier geltend gemachten Sanierungskosten. § 9 Abs. 1 SOG LSA sieht die Möglichkeit der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme durch Sicherheitsbehörden und die Polizei vor, wobei die den Sicherheitsbehörden oder der Polizei durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme entstehenden Kosten gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 SOG LSA von den nach §§ 7, 8 SOG LSA Verantwortlichen zu erstatten sind. Der Kläger macht hier jedoch keine Kostenerstattung für die unmittelbare Gefahrenabwehr geltend, vielmehr beansprucht er den Ersatz der für die Instandsetzung der Brücke angefallenen Kosten.

c) Eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 909 BGB bzw. aus einer entsprechenden Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB scheidet aus.

Zwar schließen erteilte behördliche Genehmigungen eine zivilrechtliche Haftung nicht aus. Das Grundstück, auf dem die Wasserkraftanlage errichtet wurde, liegt auch unstreitig unmittelbar benachbart zu dem Grundstück, auf dem sich die Brücke bzw. der Brückenpfeiler befindet. Im Zuge der Errichtung der Wasserkraftanlage wurde auch eine Grundstücksvertiefung vorgenommen. § 909 BGB gilt jedoch nur für Vertiefungen, die regelmäßig unmittelbar zu einem Stützverlust des Nachbargrundstücks führen, was hier jedoch nicht der Fall war. Die Rechtsprechung bezieht zwar gewisse "mittelbare Stützverluste" ein. Ein vergleichbarer Fall liegt aber hier nicht vor (vgl. etwa auch RGZ 155, 160).

Im Übrigen würde es sich bei der Beklagten zu 1) auch nicht um den richtigen Anspruchsgegner handeln. Aus § 909 BGB haftet lediglich der Eigentümer/Besitzer, der die Grundstücksvertiefung veranlasste oder fortdauern ließ (Palandt-Bassenge, BGB 68. Aufl., § 909 Rn. 10 m.w.RsprN.). Hier hatte die B & G oHG jedoch die Beklagte zu 1) lediglich mit dem Betrieb der Wasserkraftanlage beauftragt. Die Beklagte zu 1) hat weder selbst eine Grundstückvertiefung vorgenommen, noch diese beauftragt. Unstreitig beauftragte die B & G S.-m. oHG die B. GmbH mit dem Bau des Wasserkraftwerks. Darüber hinaus ist unstreitig, dass diese oHG, und nicht etwa die Beklagte zu 1), die Beklagten zu 2) bis 4) mit der Planung für die Erstellung der Wasserkraftanlage beauftragte.

2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat jedoch die Beklagte zu 1) für eine fahrlässige Eigentumsverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB einzustehen.

Die Beklagte zu 1) hat zwar weder die Planungsleistungen für die Errichtung des Wasserkraftwerkes erbracht, noch selbst das Wasserkraftwerk errichtet oder errichten lassen. Die Planung erfolgte durch die Beklagten zu 2) bis 4), die Errichtung durch die B. GmbH im Auftrag der B & G S.-m. oHG.

Es sind auch keine Umstände ersichtlich, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagten zu 2) bis 4) oder die B. GmbH Verrichtungsgehilfen der Beklagten zu 1) gewesen wären.

Ungeachtet dessen haftet die Beklagte zu 1) jedoch aus eigenem Verschulden.

Die Beklagte zu 1) war zum streitgegenständlichen Zeitpunkt, also im April 2001, Betreiber der Anlage. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zweifelsfrei fest, dass die Auskolkung im Abströmbereich des mittleren Pfeilers der L.-Brücke durch den Betrieb der Wasserkraftanlage (05. bis 07. April 2001 und 10. bis 19. April 2001) verursacht wurde (Seite 3 und 4 des Gutachtens des Prof. Dr.-Ing. H. M. vom 18. Januar 2006). Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Dass im April 2001 nach dem zweitweisen Betrieb der Wasserkraftanlage eine Auskolkung festgestellt wurde, ist unstreitig. Der Probebetrieb musste am 19. April 2001 abgebrochen werden, weil sich die Rechen vor den Einläufen der Turbinen durch Sedimentablagerungen verstopft hatten (Seite 4 des Gutachtens vom 18. Januar 2006). Schon danach wäre im Wege des Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass die Auskolkung durch den Betrieb der Anlage bzw. durch die unzureichende Planung/Prüfung der Sohlspannung verursacht wurde. Dies steht aber auch fest auf Grund der Feststellungen des Sachverständigen M..

Hierfür hat die Beklagte zu 1) auch selbst einzustehen, weil sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt missachtet und damit fahrlässig gehandelt hat (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach Ziffer III. 2.10 der Wasserrechtlichen Bewilligung (Anlage K 1) durfte die Wassernutzung mit allen damit verbundenen Anlagen erst nach erfolgter Abnahme durch die Wasserbehörde in Betrieb genommen werden. Ausgenommen hiervon waren nur "kurzzeitige betriebstechnische Funktionsproben. Darüber hinaus war die Wasserbehörde zur Abnahme der wasserwirtschaftlichen Anlage und zur Funktionskontrolle mindestens 14 Tage im Voraus schriftlich einzuladen. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme am 05. bis 07. und vom 10. bis 19. April 2001 war eine behördliche Abnahme der Wasserkraftanlage unstreitig noch nicht erfolgt. Die Abnahme vom 12. April 2001 (Anlage B 1, Bd. I, Bl. 133 d.A.) bezieht sich lediglich auf das Verhältnis zum Werkunternehmer. Das Gericht teilt auch die Beurteilung des Sachverständigen M., dass es sich bei der vorgenannten Inbetriebnahme auch nicht nur um "kurzzeitige betriebstechnische Funktionsproben" gehandelt hat (Seite 10 des Gutachtens). Dies ergibt sich schon aus der zeitlichen Dauer des Betriebs wie aber auch aus dem Umfang der durch den Betrieb verursachten Auskolkung. Darüber hinaus ist auch auf die Ausführungen des Sachverständigen Martin M. auf Seite 3, 9 und 10 seines Gutachtens vom 18. Januar 2006 zu verweisen. Danach sind die Bedingungen und Voraussetzungen des Probebetriebs in der wasserrechtlichen Bewilligung eindeutig benannt. Für die nur kurzzeitigen betriebstechnischen Funktionsproben waren nach Ziffer 2.6. der wasserrechtlichen Bewilligung automatische Messeinrichtungen zu installieren, die Ober- und Unterwasserstände ständig aufzeichnen. Nach den dem Sachverständigen vorliegenden Unterlagen und der vollkommen unzureichenden Dokumentation des Probebetriebs (Anlage U 13 des Gutachtens) seien die Bedingungen für den Probebetrieb schon nicht erfüllt gewesen. Darüber hinaus bemängelte der Sachverständige, dass die Wasserkraftanlage nicht schrittweise mit größeren Zeitabständen und einer ständigen Kontrolle der Sohlstabilität in Betrieb genommen worden sei.

Nach den weiteren Feststellungen bzw. Erläuterungen des Sachverständigen steht auch fest, dass bei einem entsprechend pflichtgemäßen Vorgehen die nicht vorhandene Sohlstabilität rechtzeitig festgestellt und so der Auskolkungsschaden vermieden worden wäre.

Die Beklagte zu 1) kann auch nicht einwenden, für den Betrieb im April 2001 noch vor der behördlichen Abnahme nicht verantwortlich gewesen zu sein.

Der Ingenieurvertrag zwischen der B & G S.-m. oHG und den Beklagten zu 2) bis 4) sieht als Bestandteil der Leistungen für die Bauoberleitung und örtliche Bauleitung lediglich unter anderem "Bauteileprüfung Funktionsfähigkeit, ..., Abnahme, behördliche Abnahme des Baus, ..." vor (§ 3 Nr. 4.). Demgegenüber nimmt nach § 4 der Auftraggeber an der Bauschlussabnahme und der behördlichen Abnahme teil und übernimmt das fertig gestellte Bauwerk nach der Bauabnahme. Hierbei kann im Detail offen bleiben, ob zu der Leistung der Beklagten zu 2) auch ein Probebetrieb des Wasserkraftwerks gehörte. Denn nach dem Vortrag der Parteien ist davon auszugehen, dass die Abnahme der Werkleistung der B. GmbH bereits am 12. April 2001 erfolgt war. Das Gericht geht davon aus, dass die Beklagte zu 1) als Betreiberin der Wasserkraftanlage bereits Anfang April 2001 den Probebetrieb aufgenommen hat. Jedenfalls aber ab dem 12. April 2001 war sie für den Betrieb selbst verantwortlich. Der Betrieb wurde dann aber von der Beklagten zu 1) bis zum 19. April 2001 fortgesetzt.

Eine Entlastungsmöglichkeit der Beklagten zu 1) nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB besteht nicht.

Dass die Entstehung des Auskolkungsschadens nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eindeutig auch auf Planungsfehler des Ingenieurbüros F. beruht, ist unerheblich. Bei der aus den Planungsunterlagen des Ingenieurbüros F. ersichtlichen Annahme, dass

"die neue Anlage nur unwesentlich die Fließverhältnisse im Brückenbereich verändert, weshalb auch die Schleppspannungskräfte an der Gerinnesohle nur unwesentlich höher, bei Niedrigwasser sogar etwas geringer sind als bisher",

handelte es sich, wie der Sachverständige M. im Einzelnen ausführlich in seinem Gutachten vom 18. Januar 2006 dargestellt hat, um eine Fehleinschätzung der hydraulischen Verhältnisse. Es seien von dem Ingenieurbüro nur Schleppspannungen berechnet worden, es fehle jedoch der entscheidende Nachweis, welche Schleppspannungen die Sohle auf Grund ihrer Struktur aufnehmen könne. Wie sich dies auf die Haftungsfrage in Bezug auf die Beklagten zu 2) bis 4) auswirkt, ist nachfolgend unter II. dargestellt. Die Haftung der Beklagten zu 1) aus der sorgfaltswidrigen Inbetriebnahme berührt dies hingegen nicht. Zur Haftungsbegründung genügt Mitursächlichkeit (BGH NJW 2000, 3423; BGH NJW 2002, 2708 f.). Ein Zurechnungszusammenhang ist auch gegeben, wenn die Handlung des Schädigers den Schaden nicht allein, sondern nur im Zusammenwirken mit dem Handeln eines Anderen herbeiführen konnte (sogenannte Gesamtkausalität oder kumulative Kausalität, vgl. auch BGH NJW 1990, 2884 und NJW 2002, 504). So liegt es hier. Generell wird die Zurechnung nicht dadurch ausgeschlossen, dass außer dem schadensersatzverpflichtenden Ereignis, hier die sorgfaltswidrigen Inbetriebnahme der Wasserkraftanlage, auch andere Ursachen zur Entstehung des Schadens beigetragen haben. Der zum Schadensersatz verpflichtende Umstand braucht nicht die überwiegende oder wesentliche Ursache zu sein (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Vorbemerkung vor § 249 Rn. 66 und 86).

II.

Anspruch gegenüber den Beklagten zu 2) bis 4)

Auch die Beklagten zu 2) bis 4) haben gegenüber dem Kläger für den Auskolkungsschaden einzustehen. Ob die Beklagten zu 3) und 4) im Innenverhältnis zur Beklagten zu 2) lediglich die Tragwerksplanung übernommen haben, die Beklagte zu 2) demgegenüber die Planung und Bauleitung, ist unerheblich. Im Rahmen der bestandenen ARGE haften die Beklagten zu 2) bis 4) insoweit als Gesamtschuldner (vgl. auch § 12 Abs. 2 AVB-Ing.).

1. Auch hier ist ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 909 BGB nicht ersichtlich.

Im Einzelfall kann zwar auch bei Architekten, bauleitenden Ingenieuren oder Statikern eine derartige Haftung greifen (vgl. dazu Palandt-Bassenge, a.a.O., § 909 Rn. 9, 10 und 12 sowie § 906 Rn. 35). Aus den oben genannten Gründen liegen die Voraussetzungen hierfür jedoch nicht vor.

2. Die Beklagten zu 2) bis 4) sind jedoch als Gesamtschuldner nach § 635 BGB (a.F.) dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet, da der Ingenieurvertrag vom 18. November 1998 (Bd. III, Bl. 70 ff. d.A.) zwischen der B & G S.-m. oHG und den Beklagten zu 2) bis 4) insoweit Schutzwirkung zu Gunsten des Klägers entfaltet.

a) Ob Verträge eine Schutzwirkung zu Gunsten Dritter entfalten, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Frage der ergänzenden Vertragsauslegung (BGHZ 56, 273; BGH NJW 1984, 356). Die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für eine Schutzwirkung liegen nach Auffassung des Gerichts auch vor. Der Kläger war in den Schutzbereich des Ingenieurvertrags einbezogen, weshalb er vertragliche Schadensersatzansprüche geltend machen kann.

Der Kläger, als Eigentümer des Brückenbauwerks, kam hier bestimmungsgemäß mit der Planungsleitungsleistung der Beklagten zu 2) bis 4) in Berührung und war den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt wie der Gläubiger selbst (sogenannte Leistungsnähe; vgl. im Einzelnen dazu BGHZ 49, 354; BGH NJW 2008, 2245).

Auch das erforderliche Einbeziehungsinteresse sowie die Erkennbarkeit der Drittbezogenheit der Leistung liegen nach Auffassung des Gerichts vor.

Drittschutz besteht danach insbesondere auch dann, wenn der Gläubiger, hier also die B & G S.-m. oHG, an der Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich des Vertrages ein besonderes Interesse hatte und der Vertrag dahin ausgelegt werden kann, so dass der Vertragsschutz in Anerkennung dieses Interesses auf den Dritten ausgedehnt werden soll (BGHZ 128, 168, 173; BGH NJW 1998, 1948; BGH NJW-RR 2006, 611). In der Rechtsprechung ist auch anerkannt, dass einem Ingenieur- oder Architektenvertrag im Einzelfall Schutzwirkung zu Gunsten eines Dritten zukommen kann (vgl. etwa BGH NJW 2009, 217 f. und OLG Hamm BauR 2004, 528 ff.). Unproblematisch greift die Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Architektenvertrages nur dann, wenn die übernommene Architektenleistung nach dem Inhalt des Vertrages von vornherein auch drittbezogen war (zu einem solchen Fall vgl. BGH NJW 2009, 217 f., Erstellung von Bautenstandsberichten zur Vorlage bei der kaufpreisfinanzierenden Bank).

Aber auch in der vorliegenden Konstellation ist nach Auffassung des Gerichts von einer erkennbaren Drittbezogenheit der Architektenleistung und von einem Einbeziehungsinteresse der Vertragsparteien auszugehen. Dies folgt hier aus der Leistungsnähe des Klägers als von der Baumaßnahme bzw. den Planungsleistungen betroffener unmittelbarer Grundstücksnachbar vor dem Hintergrund des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses.

Für die Leistungsnähe reicht aus, dass die Ausführung der Hauptleistung aus dem Vertrag sich auch auf den Dritten auswirken kann. Dies ist bei den hier in Rede stehenden Bauarbeiten, die auf den Planungen der Beklagten zu 2) bis 4) beruhten, wegen der unmittelbaren räumlichen Nähe zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück des Klägers der Fall. Das Fundament des mittleren Brückenpfeilers befindet sich nur 5 m von der Begrenzung der Einlaufmuschel entfernt (Seite 8 des Gutachtens M. vom 18. Januar 2006).

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass für die Beklagten zu 2) bis 4) erkennbar war, dass Schutzpflichten ihrer Vertragsgläubigerin, also der B & G S.-m. oHG, gegenüber dem klagenden Land bestanden, die sich unabhängig von den gesetzlichen Vorschriften insbesondere aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis ergeben. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Kammergerichts sowie des OLG Koblenz an (EWiR 2004, 219 f. und NJW-RR 2000, 544 f., beide Entscheidungen jedoch zu einem Bauwerkvertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten des Grundstücksnachbarn).

Auch von einer für die Beklagten zu 2) bis 4) erkennbaren Drittbezogenheit ihrer Leistung ist auszugehen. Dass die Errichtung des Wasserkraftwerkes nachteilige Auswirkungen auf das unmittelbar angrenzende Brückenbauwerk und insbesondere auf die Standsicherheit der Brückenpfeiler haben kann, war für alle Beteiligten ersichtlich und steht auch außer Frage. Dass es insbesondere im Zusammenhang mit der von den Beklagten zu 2) bis 4) zu erstellenden Planung zumindest auch darum ging, eventuell drohende Schäden an diesem Bauwerk zu vermeiden, ergibt sich aus dem Genehmigungsverfahren.

Der Kläger als Dritter ist schließlich auch schutzbedürftig. Dies wäre nur dann zu verneinen, wenn ihm wegen des Sachverhalts, aus dem er seinen Anspruch herleitet, ein inhaltsgleicher vertraglicher Anspruch gegen den Gläubiger oder einen anderen zustehen würde (BGHZ 70, 330 f.; BGHZ 129, 169 ff.; BGH NJW 1996, 2929). Dies ist hier jedoch nicht der Fall, auf mögliche andere deliktische Ansprüche, wie hier etwa unter I. angenommen, kommt es für die Frage des Schutzbedürfnisses des Klägers nicht an (vgl. etwa OLG Koblenz a.a.O.).

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegt auch eine Pflichtverletzung der Beklagten 2) bis 4) aus dem Ingenieurvertrag vom 18. November 1998 vor.

Richtig ist, dass die Beklagten zu 2) bis 4) ausweislich der nach § 3 des Vertrages an sie beauftragten Leistungen an sich nicht mit der Prüfung der Sohlstabilität vor der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage beauftragt waren. Dass sie unstreitig an die Leistung des Ingenieurbüros F. angeknüpft haben, reicht nicht (vgl. dazu BGH NJW 2008, 1880 ff.). Auf eine vermeintliche alleinige Haftungsverantwortlichkeit des Ingenieurbüros F. können sich die Beklagten zu 2) bis 4) nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht berufen.

Da Gegenstand des Vertrages vom 18. November 1998 insbesondere die Bauplanung sowie die Tragwerksplanung war, schuldeten die Beklagten zu 2) bis 4) als Werkerfolg eine mangelfreie funktionstaugliche Planung. Dass die Beklagten zu 2) bis 4) unstreitig nicht mit der Vorplanung sowie mit der Erstellung der Unterlagen für die wasserrechtliche Bewilligung beauftragt waren, führt nicht dazu, dass sie quasi "unbesehen" an die Leistung des Ingenieurbüros F. anknüpfen konnten. Die Beklagten zu 2) bis 4) haben insoweit fahrlässig übersehen, dass bei der Leistung, an die sie anknüpften, jeglicher rechnerischer Nachweis der Sohlstabilität vor der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage fehlte.

Wie die Beweisaufnahme eindrucksvoll bestätigt hat, handelt es sich bei den vom Ingenieurbüro F. vorzunehmenden hydrologischen Berechnungen um komplizierte Berechnungen, für die das Ingenieurbüro F. auch als Sonderfachmann herangezogen wurde. Entgegen der Annahme der Beklagten zu 2) geht es hier aber nicht darum, ob die Beklagten zu 2) bis 4) verpflichtet waren, komplizierte Berechnungen des Sonderfachmanns zu überprüfen, was zweifellos nicht der Fall war.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist von Folgendem auszugehen:

Der Sachverständige M. hat in seinem Gutachten vom 18. Januar 2006 im Einzelnen gut nachvollziehbar dargelegt, dass beim Entwurf, der Planung und der Genehmigung der Wasserkraftanlage die auf Seite 3 und 8 seines Gutachtens genannten Umstände nicht berücksichtigt worden seien. Hierauf wird verwiesen. Zu den grundlegenden Kenntnissen der Hydromechanik gehöre, dass jeder Brückenpfeiler im Fluss als Strömungshindernis ein grabendes Wirbelsystem verursache. In den Planungsunterlagen wie auch den Ausführungsunterlagen fehle eine Untersuchung der Stabilität der Flusssohle vor der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage.

Soweit die Beklagte zu 2) der Auffassung ist, dies sei alleine Aufgabe des Ingenieurbüros F. im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung gewesen, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Eine fehlende Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) bis 4) könnte lediglich für den Fall angenommen werden, dass alle erforderlichen Berechnungen und Nachweise durch das Ingenieurbüro F. erbracht wurden und sich diese Berechnungen lediglich erst im Nachhinein als rechnerisch unzutreffend erwiesen hätten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann hiervon jedoch nach Auffassung des Gerichts nicht ausgegangen werden. Der Sachverständige M. führt in seinem Gutachten vom 18. Januar 2006 insoweit auf Seite 8 und 9 aus, dass das Planungsbüro F. nur Schleppspannungen berechnet habe, jedoch der entscheidende Nachweis fehle, welche Schleppspannungen die Sohle auf Grund ihrer Struktur aufnehmen könne. Der Nachweis der Sohlstabilität vor einer Einlaufmuschel einer Wasserkraftanlage gehöre zum Stand der Technik. Trotz des fehlenden Nachweises, welche Schleppspannungen die Sohle auf Grund ihrer Struktur aufnehmen könne, sei in den Planungsunterlagen F. die Schlussfolgerung gezogen worden, dass

"die neue Anlage nur unwesentlich die Fließverhältnisses im Brückenbereich verändert, weshalb auch die Schleppspannungskräfte an der Gerinnesohle nur unwesentlich höher, bei Niedrigwasser sogar etwas geringer sind als bisher",

wobei es sich hier aber um eine Fehleinschätzung der hydraulischen Verhältnisse gehandelt habe.

So wie das Gericht die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen und seine mündlichen Erläuterungen versteht, liegt das Problem in planerischer Hinsicht gerade darin, dass ein rechnerischer Nachweis der Sohlstabilität vor der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage (also der Nachweis, welche Schleppspannungen die Sohle auf Grund ihrer Struktur überhaupt aufnehmen kann) überhaupt nicht geführt wurde. Dass ein solcher rechnerischer Nachweis überhaupt nicht geführt wurde, durfte die Beklagte zu 2), auch wenn sie an die Leistung des Planungsbüros F. anknüpften, nicht ignorieren. Dass ein solcher Nachweis aber erforderlich war, war für einen Fachmann - wie die Ausführungen des Sachverständigen ergeben - offenkundig. In diesem Punkt bestanden also greifbare Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Vorplanung, die nicht übergangen werden durften (vgl. auch OLG Bamberg NJW-RR 1992, 91, jedoch zur Überprüfungspflicht des aufsichtsführenden Architekten hinsichtlich eingetretener Planungsfehler des planenden Architekten).

c) Soweit die Beklagte zu 2) behauptet, sie habe auf Weisung des Bauherrn die Vorgaben des Planungsbüros F. übernommen bzw. sie habe den Inhalt des Wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides ungeprüft zur Grundlage der eigenen Planung machen sollen, ist sie hiermit beweisfällig geblieben. Die Beklagte zu 1) hat dies von Anbeginn des Verfahrens mehrfach bestritten.

Zwar können die Parteien eines Ingenieur- oder Architektenvertrages im Rahmen der Privatautonomie vereinbaren, ob und in welchem Umfang der Auftraggeber das Planungsrisiko selbst übernimmt (vgl. etwa BGH NJW-RR 1999, 1105 f.; BGH NJW 2003, 287). Ungeachtet dessen, dass bereits nicht feststeht, dass die Beklagte zu 2) die Fachplanung des Ingenieurbüros F. sowie den Inhalt der Wasserrechtlichen Bewilligung ungeprüft zur Grundlage der eigenen Planung machen sollte, würde sich daraus keine Haftungsübernahme durch den Auftraggeber und damit auch keine "Freizeichnung" der Beklagten zu 2) ergeben.

d) Zur von dem Gericht angenommenen Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) bis 4) fehlt es auch nicht an einer haftungsbegründenden Kausalität oder an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zum eingetretenen Schaden.

Dass der Schaden (auch) durch die sorgfaltswidrige Inbetriebnahme der Wasserkraftanlage wie oben ausgeführt mit verursacht wurde, steht einer Haftung der Beklagten zu 2) bis 4) nicht entgegen, denn insoweit liegt ein Fall kumulativer Kausalität vor. Wäre aufgefallen, dass die Sohlstabilität vor der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage nicht gewährleistet war, wären Maßnahmen zur Gewährleistung der Sohlstabilität ergriffen worden. Für den Fall hätte auch durch die Inbetriebnahme der Wasserkraftanlage kein Auskolkungsschaden entstehen können. Deshalb, weil es an einem Nachweis der Sohlstabilität fehlte, und keine weiteren Maßnahmen veranlasst wurden, konnte überhaupt erst der Schaden durch die Inbetriebnahme der Anlage entstehen. Wie bereits ausgeführt, wird die Zurechnung eines Schadens nicht dadurch ausgeschlossen, dass außer dem zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignis auch andere Ursachen zur Entstehung des Schadens beigetragen haben. Der zum Schadensersatz verpflichtende Umstand braucht nicht die überwiegende oder wesentliche Ursache zu sein. Zur Haftungsbegründung genügt Mitursächlichkeit. Ein Zurechnungszusammenhang ist auch dann gegeben, wenn die Handlung des Schädigers - so wie hier - den Schaden nicht allein, sondern nur im Zusammenwirken mit dem Handeln eines Anderen herbeiführen konnte (vgl. im Einzelnen dazu Palandt-Heinrichs, a.a.O., Vorbemerkung vor § 249 Rn. 66 und 86). Das hier festgestellte Fehlverhalten der Beklagten zu 1) unterbricht den Zurechnungszusammenhang in der Regel nicht (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn. 73 unter Hinweis auf BGH NJW 2000, 947).

III.

Die Beklagte zu 1) sowie die Beklagten zu 2) bis 4) haften gemäß § 421 BGB als Gesamtschuldner.

IV.

Auch die weiteren Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils liegen vor.

1. Richtig ist, dass so lange noch die Möglichkeit einer alternativen haftungsbegründenden Kausalität besteht, der Haftungstatbestand also noch nicht voll aufgeklärt ist, ein Grundurteil nicht ergehen und die Frage des Mitverschuldens nicht dem Betragsverfahren vorbehalten werden darf (Zöller-Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 304 Rn. 8 a.E.). Entgegen der Annahme der Beklagten zu 2) liegt in Bezug auf die von dem Gericht angenommenen Pflichtverletzungen der Beklagten zu 1) und Beklagten zu 2) jedoch kein Fall einer alternativen haftungsbegründenden Kausalität vor. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich nicht ermitteln ließe, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Vorbemerkung vor § 249 Rn. 86). Vielmehr liegt hier, wie bereits ausgeführt, ein Fall einer sogenannten Gesamtkausalität (kumulative Kausalität) vor.

2. Darüber hinaus steht auch fest, dass der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auch unter Berücksichtigung der Einwendungen gegen ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht.

Denn ungeachtet der Frage nach einer vorzunehmenden Vorteilsausgleichung bei den geltend gemachten Kosten zur eigentlichen Schadensbeseitigung war es in jedem Fall erforderlich, für die Sanierungsarbeiten Ingenieure hinzuzuziehen, weshalb Kosten für diese Ingenieure in jedem Fall angefallen sind (wenn auch gegebenenfalls in geringerer Höhe als vom Kläger geltend gemacht).

Selbst wenn ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 2) bis 4) nicht bestünde, wäre durch Teilgrund- und Teilendurteil zu entscheiden.

3. Die sonstigen Einwendungen der Beklagten waren, soweit sie überhaupt erheblich sind, ausnahmsweise dem Betragsverfahren vorzubehalten, da für das Gericht feststeht, dass diese Einwendungen jedenfalls nicht zu einem vollständigen Anspruchsverlust führen.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gehören alle den Anspruchsgrund in vollem Umfang leugnenden Einwendungen in das Verfahren über den Grund (vgl. etwa BGH NJW 2001, 225). Zum Anspruchsgrund gehören insbesondere die Mitverursachung, mitwirkendes Verschulden sowie die Vorteilsausgleichung (Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 304 Rn. 7a, 8 und 14). Insofern entspricht es jedoch gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Vorteilsausgleichung, Mitverursachung, mitwirkendes Verschulden und andere an sich zum Grund gehörende Fragen ausnahmsweise dem Nachverfahren vorbehalten werden können, wenn sie im konkreten Fall nicht zum vollen Haftungsausschluss führen. Dies steht für das Gericht fest hinsichtlich einer eventuell vorzunehmenden Vorteilsausgleichung und eines eventuellen mitwirkenden Verschuldens des Klägers.

a) Das klagende Land hat sich unstreitig nicht lediglich darauf beschränkt, die Auskolkung zu beseitigen, vielmehr hat es eine umfassendere Sanierung des Brückenpfeilers bzw. der Brücke vorgenommen. Aus den zu den Akten gereichten Unterlagen ist darüber hinaus auch ersichtlich, dass die Arbeiten sich nicht lediglich auf den "erforderlichen Ertüchtigungsaufwand" beschränkt haben, vielmehr auch "überschießender" nicht zwingend erforderlicher Sanierungsaufwand betrieben wurde. Da die Sanierung im Jahre 2001 erkennbar umfassender ausgefallen ist und die Brücke offenbar in einem qualitativ hochwertigeren Zustand als vor dem Schaden versetzt wurde, sind erzielte und beim Kläger verbleibende Wertverbesserungen im Wege der Vorteilsausgleichung abzuziehen. Ungeachtet der konkreten Höhe einer eventuell vorzunehmenden Vorteilsausgleichung führt dies nicht zu einem vollständigen Anspruchsausschluss. In jedem Falle war der Brückenpfeiler instand zu setzen, die eigentliche Auskolkung zu beseitigen, weshalb in jedem Fall erforderlicher Instandsetzungsaufwand angefallen ist.

Ungeachtet der sich stellenden Frage nach einer Vorteilsanrechnung war bei einem Schaden der vorliegenden Art die Bindung von Architekten für die Bauüberwachung in jedem Fall erforderlich, wodurch in jedem Fall erstattungsfähiger Aufwand angefallen ist, unabhängig davon, in welcher Höhe sich diese erforderlichen Architektenleistungen letztendlich als berechtigt erweisen und dies auch unabhängig von der Höhe anzunehmender Wertverbesserungen.

Die Vorteilsausgleichung war daher, wie geschehen, dem Betragsverfahren vorzubehalten. Die umfangreiche Beweisaufnahme zur Feststellung des erforderlichen Sanierungsaufwands und des erforderlichen Architektenhonorars steht noch aus.

b) Auch der Einwand der Beklagten zu 2) zu einem vermeintlich bestehenden mitwirkenden Verschulden des Klägers, weil im Verfahren zur wasserrechtlichen Bewilligung seitens der Genehmigungsbehörde kein Nachweis über die Sohlstabilität vor der Einlaufmuschel der Wasserkraftanlage vom Bauherrn oder den Planern abgefordert wurde, war dem Betragsverfahren vorzubehalten, weil dieser Einwand, sollte er sich als berechtigt erweisen, ebenfalls nicht zu einem vollständigen Haftungsausschluss (§ 254 Abs. 1 BGB) führen würde; auch der Zurechnungszusammenhang ist hierdurch nicht unterbrochen.

Dabei kommt jedoch eine behördenübergreifende Zurechnung vermeintlicher Versäumnisse aller im Rahmen der wasserrechtlichen Bewilligung bzw. der Baugenehmigung irgendwie beteiligter Behörden nicht in Betracht. Dem Kläger sind allenfalls pflichtwidrige Versäumnisse des Regierungspräsidiums D. als Untere Wasserbehörde (bzw. der technischen Fachbehörde) zuzurechnen. Hierbei ist schon im Ansatz fraglich, ob das Regierungspräsidium überhaupt verpflichtet war, zusätzlich zu den eingereichten Unterlagen, zu denen auch Berechnungen der Schleppspannungen gehörten, einen Nachweis, welche Schleppspannungen die Sohle auf Grund ihrer Struktur aufnehmen kann, anzufordern. Denn das Planungsrisiko lag grundsätzlich beim Ingenieurbüro F. bzw. später für die eigentliche Baugenehmigung bei den Beklagten zu 2) bis 4). Selbst wenn man aber ein mitwirkendes Verschulden annehmen wollte, steht für das Gericht fest, dass ein gemäß § 254 Abs. 1 BGB zu berücksichtigender Mitverschuldensanteil allenfalls zu einer Einschränkung des Anspruchs in einer Größenordnung bis maximal etwa ein Drittel führen würde. Denn für das Gericht steht fest, dass die Hauptursache für die Schadensentstehung in den weiter oben beschriebenen Fehlern der Planung bzw. bei der Inbetriebnahme der Wasserkraftanlage liegt.

Auch insoweit war wie geschehen der vorgenannte Einwand dem Betragsverfahren vorzubehalten. Die Frage von Versäumnissen der Genehmigungsbehörden wurde erstmals von der neuen Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2) thematisiert. Zu diesem Punkt ist das Verfahren noch nicht ausgeschrieben, die übrigen Parteien haben hierzu noch nicht Stellung genommen.

c) Soweit die Beklagte zu 2) darüber hinaus den Umstand anspricht, dass den Planern ein unrichtiger Bestandsplan (Plan des Straßenbauamtes, Bd. I, Bl. 241 d.A.) übergeben worden sei, ist dies unerheblich.

Der angesprochene Bestandsplan entsprach unstreitig nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, der dort eingezeichnete Kolkschutz war - ebenfalls unstreitig - im Zuge der Sanierung 1993/1994 nicht ausgeführt worden. Ein draus abzuleitendes mitwirkendes Verschulden des klagenden Landes ist nicht ersichtlich. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das Ingenieurbüro F. überhaupt gerade wegen des Inhalts des amtlichen Bestandsplans auf einen rechnerischen Nachweis der Sohlstabilität verzichtet hat oder dass er wegen dessen Inhalt zu Recht auf den Nachweis, welche Schleppspannungen die Sohle auf Grund ihrer Struktur aufnehmen kann, verzichtet hätte und verzichten durfte.

d) Der Einwand der Beklagten zu 1), die Brücke wäre wegen der vermeintlich mangelhaften Gründung des mittleren Brückenpfeilers beim Hochwasser im August 2002 ohnehin fortgespült worden, ist - wie bereits im Beschluss vom 13. August 2010 ausgeführt - unerheblich. Eine Beweisaufnahme war zu diesem Punkt deshalb nicht veranlasst.

Hierbei geht es um das Problem, ob sich ein Schädiger darauf berufen kann, dass der von ihm verursachte Schaden, hier die Beklagte zu 1), auf Grund eines anderen Ereignisses (Reserveursache) ohnehin eingetreten wäre. Systematisch handelt es sich nicht um eine Frage der Kausalität, sondern der Schadenszurechnung. Real ursächlich ist allein das Erstereignis, die Reserveursache hat sich nicht mehr ausgewirkt, weil der Schaden bereits eingetreten war (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., Vorbemerkung vor § 249 Rn. 96 m.w.N.).

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gilt:

Bei eingetretenen Objektschäden werden Überlegungen zur "hypothetischen Kausalität" als unerheblich angesehen (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn. 102 m.w.N.).

Eine Ausnahme hiervon lässt die Rechtsprechung lediglich in den sogenannten "Anlagefällen" zu. Bestand bei Eintritt des schädigenden Ereignisses eine der geschädigten Sache innewohnende Schadensanlage, die zeitnah zu dem gleichen Schaden geführt hätte, beschränkt sich die Ersatzpflicht auf die durch den früheren Schadenseintritt bedingten Nachteile (Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rn. 99). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) verlangt die höchstrichterliche Rechtsprechung, jedenfalls zu Objektschäden, dass der "gleiche Schaden" zeitnah eingetreten wäre (vgl. BGH NJW 1956, 1027; vgl. auch BGHZ 10, 6 ff.). Weder das eine noch das andere ist der Fall.

Das Schadensereignis lag hier im April 2001, das Hochwasser war erst im August 2002. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) ist auch nicht etwa für den Schadenseintritt auf den Abschluss der Instandsetzungsarbeiten abzustellen. Der Geschädigte erwirbt mit dem Zeitpunkt der Schädigung, hier April 2001, einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger. Daher ist die Ansicht der Beklagten zu 1), der Schaden sei erst mit Abschluss der Sanierungsarbeiten "voll entstanden", unzutreffend.

Im Übrigen muss die von der Beklagten zu 1) behauptete der Sache innewohnende Schadensanlage zu dem gleichen Schaden geführt haben (vgl. dazu BGH NJW 1956, 1027, unberechtigter Abriss eines Hinterhauses, welches ohnehin abgerissen worden wäre). Die Beklagte zu 1) wendet aber gerade nicht ein, dass es ohnehin zu dem Auskolkungsschaden gekommen wäre, sondern macht vielmehr geltend, der mittlere Brückenpfeiler bzw. die Brücke wären insgesamt weggerissen worden. Dies stellt sich jedoch nach Art und Umfang nicht als gleicher Schaden im Sinne der Rechtsprechung dar. Insbesondere muss es bei dem behaupteten Wegreißen auch nicht zwangsläufig zu einer Auskolkung kommen. Nach den vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätzen ist der Begriff "gleicher Schaden" auch eng auszulegen. Die Rechtsprechung in den sogenannten "Anlagefällen", dass sich die Ersatzpflicht auf die durch den früheren Schadenseintritt bedingten Nachteile beschränkt, hat ihre Rechtfertigung gerade darin, dass eben der gleiche Schaden zeitnah ohnehin eingetreten wäre und gründet eben nicht darauf, dass ein irgendwie ähnlicher Schaden zu irgendeinem Zeitpunkt auch eingetreten wäre. Nur in den Fällen, in denen der gleiche Schaden zeitnah ohnehin eingetreten wäre, rechtfertigt sich überhaupt die Berücksichtigung von Reserveursachen. Ansonsten gilt nämlich: Der Geschädigte erwirbt mit dem Zeitpunkt der Schädigung einen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger. Dieser Anspruch ist Bestandteil seines Vermögens. Er wird durch spätere Ereignisse, die das Schadensobjekt, existierte es noch, betroffen hätten, nicht berührt (BGH NJW 1959, 1131; BGH NJW 1994, 1000). In Fällen ohne eine der Sache innewohnende Schadensanlage ist es insbesondere unerheblich, ob etwa ein Taxi, welches bei einem Verkehrsunfall einen Totalschaden erlitten hat, ohne den Unfall drei Tage später bei einem Garagenbrand vernichtet worden wäre (Beispiel bei Palandt-Heinrichs, a.a.O., Vorbemerkung vor § 249 Rn. 102).

e) Der Einwand der Beklagten, der unzureichende bzw. fehlende Kolkschutz des mittleren Brückenpfeilers zum Zeitpunkt des Schadensereignisses im April 2001 habe die Entstehung des Auskolkungsschadens jedenfalls mit verursacht, die vermeintlich unzureichende Sanierung im Jahre 1993/1994 sei für die Schadensentstehung zumindest mitverantwortlich, ist nach der weiteren Beratung im Ergebnis unerheblich.

aa) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der mittlere Brückenpfeiler vor April 2001 ohne (vollständigen) Kolkschutz.

Der Sachverständige M. hat im Termin am 12. Dezember 2008 ausgeführt, dass die Holzspundwand in Zeichnungen zwar als "vorhandener Kolkschutz" eingetragen gewesen sei, tatsächlich handele es sich hierbei nicht um einen Kolkschutz (Seite 4 des Protokolls).

Generell müsse ein Brückenpfeiler zwingend keinen Kolkschutz haben. Dies sei vielmehr eine Frage, in welcher Form Kräfte abgetragen werden. Lediglich in dem Fall, dass das Fundament in den Flussgrund führe und dass Kräfte in den Untergrund abgeleitet würden, bestehe Veranlassung, diese Verbindung durch einen entsprechenden Kolkschutz zu schützen.

Ein Kolkschutz könne auch in Form eines "natürlichen Kolkschutzes" bestehen (Seite 5 und 6 des Protokolls).

Da hier aber nach dem übereinstimmenden Vortrag aller Parteien bereits vor der Sanierung im Jahre 1993/1994 die Lasten über das Fundament in den Flussgrund geführt wurden, war nach den Feststellungen des Sachverständigen insoweit ein entsprechender Kolkschutz vorzusehen. Dass die Holzspundwand bei den vorhandenen Zeichnungen als Kolkschutz bezeichnet wurde, es sich hierbei aber nicht um einen Kolkschutz handelte, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Hierauf wird verwiesen. Aus Rechtsgründen kann aber nicht angenommen werden, dass sich der Kläger wegen des Zustandes des Brückenpfeilers nach § 254 Abs. 1 BGB ein mitwirkendes Verschulden anrechnen lassen müsste.

Dass die Sanierung des Brückenpfeilers im Jahr 1993/1994 in einem geringeren Umfang erfolgte, als ursprünglich geplant, ist unstreitig, begründet für sich genommen jedoch keinen Verschuldensvorwurf. Dies wäre allenfalls bei einer pflichtwidrig unzureichenden Sanierungsmaßnahme der Fall. Selbst wenn man annehmen wollte, der 1993/1994 grundsätzlich vorzusehende Kolkschutz sei pflichtwidrig unterlassen worden, erscheint es fraglich, ob eine vermeintlich unzureichende Sanierungsmaßnahme aus dem Jahre 1993/1994, die bei damals noch völlig anderen Rahmenbedingungen, insbesondere im Bereich des Flussgrundes vorgenommen wurde, überhaupt geeignet ist, im Jahre 2001, nach völliger Veränderung der Bedingungen zum Flussgrund, einen Vorwurf mitwirkenden Verschuldens zu begründen. Denn ein im Jahr 1993/1994 vorzusehender Kolkschutz hatte lediglich die Funktion, das Fundament vor Auskolkungen unter den damals geltenden Bedingungen zu schützen, nicht aber auch den Eintritt jeglichen Schadens, insbesondere durch die fehlerhafte Planung bzw. sorgfaltswidrige Inbetriebnahme einer in unmittelbarer Nachbarschaft errichteten Wasserkraftanlage zu verhindern (allgemein zur Begrenzung der Zurechnung nach dem Schutzzweck der Norm Palandt-Grüneberg, a.a.O., § 254 Rn. 13).

Die Annahme, insbesondere der Beklagten zu 2), dass der Auskolkungs-schaden in Gänze nicht eingetreten wäre, wenn die Sanierung im Jahre 1993/1994 so vorgenommen worden wäre, wie ursprünglich beabsichtigt, trifft nach Aktenlage nicht zu.

Nach den zu den Akten gereichten Unterlagen und unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen M. ist davon auszugehen, dass ursprünglich die Einbringung einer Spundwand mit einer Unterkante in einer Tiefe von 67,60 m üNN vorgesehen war. Eine solche Spundwand hätte aber die eingetretene Auskolkung nicht verhindert, denn die am 26. April 2001 durchgeführte Peilung hat unstreitig ergeben, dass der Kolk bis zu einer Tiefe von 67,00 m üNN reichte. Eine solche Spundwand wäre also in jedem Fall unterspült worden.

Nur vorsorglich wird ergänzend angemerkt:

Selbst wenn man annehmen wollte die Brücke bzw. der mittlere Brückenpfeiler habe sich nach der Sanierung 1993/1994 pflichtwidrig in einem unzureichenden Zustand befunden und dies habe zur Schadensentstehung im April 2001 mit beigetragen, wäre gleichwohl nach Auffassung des Gerichts nicht von einem die Haftung ausschließenden ganz überwiegenden mitwirkenden Verschulden des klagenden Landes auszugehen. Denn die Hauptursache für den Schaden wurde insbesondere durch die Veränderungen im Bereich des Flussgrundes bzw. durch die sorgfaltswidrige Inbetriebnahme der Wasserkraftanlage gesetzt.

bb) Obwohl der mittlere Brückenpfeiler unstreitig ohne vollständigen Kolkschutz war, fehlen im Übrigen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass es auf Grund dieses Zustandes vor dem Schadensereignis im April 2001 überhaupt jemals zu einer Auskolkung am mittleren Brückepfeiler gekommen wäre. Es ist gerichtsbekannt, dass die Mulde im Bereich des Brückenpfeilers mindestens einmal jährlich Hochwasser führt. Eine bereits früher eingetretene Auskolkung hätte insbesondere bei Beginn der Bauarbeiten im August 1999 festgestellt werden müssen, wofür auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen nichts ersichtlich ist. Lichtbilder über den Beginn der Bauarbeiten wurden vorgelegt, Anhaltspunkte für einen bereits beginnenden Auskolkungsschaden waren nicht festzustellen.

Wegen des schadensfreien Zeitraums von 1994 bis 2001 (und der Jahrzehnte zuvor) ist auch die Annahme des Klägers gerechtfertigt, bei unverändertem Flussgrund wäre es auch zukünftig nicht zu einem Auskolkungsschaden gekommen.

Die Darlegungs- und Beweislast für ein zu berücksichtigendes mitwirkendes Verschulden liegt bei den Beklagten.

Da die Einwände der Beklagten zum Haftungsgrund, soweit sie erheblich sind, wie ausgeführt nicht zu einem vollständigen Haftungsausschluss führen, waren die Vorteilsausgleichung und das mitwirkende Verschulden ausnahmsweise dem Betragsverfahren vorzubehalten, weil beide Gesichtpunkte, wie ausgeführt, zweifellos nur zu einer Minderung, nicht aber zu einer Beseitigung der Schadenshaftung führen können (vgl. etwa BGH NJW 1997, 3176 f. m.w.N.; BGH MDR 2008, 815 m.w.N.). Der Vorbehalt war insoweit ausdrücklich im Tenor (und ergänzend auch in den Urteilsgründen) auszusprechen (BGHZ 110, 202; BGHZ 141, 136). Aus diesem Vorbehalt ergibt sich auch eindeutig, inwieweit nicht über den Grund entscheiden ist und was dem Betragsverfahren vorbehalten bleibt.

Soweit die Beklagte zu 2) erstmals nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung mit ihr nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 10. Februar 2011 die Einrede der Verjährung erhoben hat, ist sie hiermit gemäß § 296 a ZPO ausgeschlossen.

Ohne dass es für das Verfahren darauf ankäme, wird nur vorsorglich angemerkt, dass sich die Beklagte zu 2) im Hinblick auf ihre akzessorische Haftung nicht auf die möglicherweise eingetretene Verjährung der Ansprüche des Klägers gegen die GbR (ARGE) berufen könnte. Dem Gläubiger steht es frei, die GbR, die Gesellschafter oder beide gemeinsam zu verklagen (BGH NJW 2007, 2257). Nach § 425 Abs. 2 BGB hat die Verjährung grundsätzlich nur Einzelwirkung, für die GbR ist jedoch anerkannt, dass verjährungsrelevante Erklärungen oder Handlungen Gesamtwirkung haben (BGH NJW 2008, 2041).

Nach der Rechtsprechung richtet sich die persönliche Haftung der Gesellschafter einer GbR nach den Regeln der oHG (§ 128 S. 1 HGB analog). Hat der Gläubiger - so wie hier - rechtzeitig gegen den Gesellschafter Klage erhoben, kann sich dieser nicht auf die gegenüber der GbR eingetretene Verjährung berufen (BGH NJW 1981, 2579; BGH NJW 1988, 1976, jeweils für die oHG).

Die Schriftsätze vom 10. Dezember 2010 und 10. Februar 2011 geben keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.