FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.10.2014 - 4 K 1492/11
Fundstelle
openJur 2016, 7712
  • Rkr:
Tenor

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3) Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Prüfungsanordnung (PA) vom 12. Juni 2009, mit der der Beklagte (Bekl) die Erweiterung einer bereits laufenden Außenprüfung (AP) angeordnet hat, rechtmäßig ist.

Der Kläger (Kl) ist als Steuerberater selbständig tätig. Sein Betrieb ist als Kleinbetrieb („K-Betrieb“) im Sinne des (i.S.d.) § 3 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) eingestuft.

Auf der Grundlage einer PA vom 24. September 2008 führte der Bekl beim Kl eine AP wegen Einkommensteuer (ESt) einschließlich gesonderter Feststellungen sowie wegen Umsatzsteuer (USt) - jeweils für die Jahre 2004 bis 2006 - durch. Im Rahmen dieser AP fertigte der Prüfer eine so bezeichnete Aufstellung über „Fragen/Beanstandungen bei BP“ mit 56 als klärungsbedürftig angesehenen Punkten, die er am 12. Juni 2009 einer Mitarbeiterin des Kl in dessen Kanzlei übergab.

Mit PA ebenfalls vom 12. Juni 2009 ordnete der Bekl eine Erweiterung der AP dahingehend an, dass außerdem die ESt einschließlich gesonderter Feststellungen und die USt - jeweils für die Jahre 2002 und 2003 - geprüft werden sollen. Zur Begründung bezog er sich darauf, dass für den Erweiterungszeitraum mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO zu rechnen sei.

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2009 legte der Kl Einspruch ein und beantragte außerdem, die Vollziehung der PA auszusetzen. Auf die zugleich eingereichte Begründung des Kl wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 20. November 2009 lehnte der Bekl die Aussetzung der Vollziehung (AdV) der PA ab. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen des Bekl in dem genannten Bescheid Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2009 legte der Kl Einspruch gegen die Ablehnung der AdV ein. Wegen der Einspruchsbegründung des Kl wird auf seine Ausführungen in dem genannten Schriftsatz Bezug genommen.

Am 20. Januar 2010 erstellte der Prüfer einen Prüfungsbericht, in dem er u.a. zu dem Ergebnis gelangte, dass die Einkünfte des Kl aus selbständiger Arbeit wie folgt zu erhöhen seien:

2004: um 55.928,78 EUR 2005: um 56.423,31 EUR und 2006: um 46.155,96 EUR

Im Einzelnen beanstandete der Prüfer die folgenden Punkte:

- Behandlung der Forderungen durch den Kl: 2004 2005 2006 862,64 EUR7.811,48 EUR28.975,89 EUR(Erhöhung der Einkünfte) - Fahrzeugkosten: 2004 2005 2006 2.350,76 EUR2.350,76 EUR2.350,76 EUR(Erhöhung der Einkünfte) - Bewirtungskosten: 2004 2005 2006 1.300,00 EUR698,72 EUR1.013,97 EUR(Erhöhung der Einkünfte)

Wegen der übrigen Beanstandungen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 20. Januar 2010 sowie die als Anlage 2 beigefügte „Einnahmenüberschussrechnung lt. Prüfung“ Bezug genommen.

Auf der Grundlage des Prüfungsberichts vom 20. Januar 2010 erließ der Bekl am 3. Februar 2010 geänderte ESt- und USt-Bescheide für die Jahre 2004 bis 2006. Die geänderten Bescheide waren Gegenstand der beim Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg geführten Verfahren 5 K 1495/11 (ESt 2004 bis 2006) und 12 K 1619/11 (USt 2004 bis 2006). Im Rahmen dieser Verfahren verständigten sich die Beteiligten darauf, dass der Bekl die Änderungen, die sich aus der umstrittenen Behandlung der Forderungen des Kl ergaben, zurücknimmt. Im Übrigen blieben die geänderten ESt- bzw. USt-Bescheide aufrechterhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll über den Erörterungstermin im Verfahren 12 K 1619/11 vom 1. Oktober 2012 Bezug genommen.

Am 16. Dezember 2010 erstellte der Betriebsprüfer einen geänderten Prüfungsbericht. Dabei gelangte er zu der Auffassung, dass die Einkünfte des Kl aus selbständiger Arbeit nur noch wie folgt zu erhöhen seien:

2004: um 30.793,56 EUR 2005: um 35.260,92 EUR und 2006: um 40.507,95 EUR

Im Einzelnen beanstandete der Prüfer die folgenden Punkte:

- Behandlung der Forderungen durch den Kl: 2004 2005 2006 862,64 EUR7.811,48 EUR28.975,89 EUR(Erhöhung der Einkünfte) - Fahrzeugkosten: 2004 2005 2006 2.350,76 EUR2.350,76 EUR2.350,76 EUR(Erhöhung der Einkünfte) - Bewirtungskosten: 2004 2005 2006 1.300,00 EUR698,72 EUR1.013,97 EUR(Erhöhung der Einkünfte)

Wegen der übrigen Beanstandungen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den geänderten Prüfungsbericht sowie die als Anlage 2 beigefügte „Einnahmenüberschussrechnung lt. Prüfung“ Bezug genommen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 23. März 2011 wies der Bekl die Einsprüche des Kl gegen die PA und gegen die Ablehnung der AdV als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der angefochtene Verwaltungsakt begegne keinen rechtlichen Bedenken. Eine AP sei gemäß § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) u.a. bei Steuerpflichtigen zulässig, die freiberuflich tätig seien. Zur freiberuflichen Tätigkeit zähle gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) u.a. die selbständige Berufstätigkeit der Steuerberater. Gemäß § 194 Abs. 1 Satz 1 AO diene die AP der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse und könne nach Satz 2 dieser Vorschrift einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen. Die Finanzbehörde habe das ihr insoweit zustehende Ermessen allerdings durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift der BpO eingeschränkt. Diese Einschränkung sei auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Februar 1987, Bundessteuerblatt - BStBI - II 1987, 361 mit weiteren Nachweisen - m.w.N. -). Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO könne der Prüfungszeitraum insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit bestehe. Diese Regelung sei nach ständiger Rechtsprechung des BFH als ermessensgerecht einzustufen (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 23. Februar 2005, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2005, 1218; BFH-Beschluss vom 11. August 2005, BFH/NV 2006, 9). Als nicht unerheblich könnten grundsätzlich Steuernachforderungen bei Mittelbetrieben („M-Betrieben“; Gewinn über 123.000 EUR) in Höhe von (i.H.v.) ca. 1.500 EUR je Veranlagungszeitraum angesehen werden (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1988, BStBI II 1988, 857). Bei „K-Betrieben“ (Gewinn über 34.000 EUR) gelte nach diversen Verwaltungsanweisungen eine Mehrsteuer von 500 EUR je Veranlagungszeitraum als nicht unerheblich. Ob mit Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei, beurteile sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Anordnung der Erweiterung des Prüfungszeitraums (BFH-Urteil vom 24. Februar 1989, BStBI II 1989, 445). Die Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall ergebe, dass zum Zeitpunkt der Erweiterung der PA am 12. Juni 2009, basierend auf den Feststellungen des Fragenkatalogs, mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen gewesen sei. Diese lägen weit über der für einen „K-Betrieb“, wie ihn der Kl betreibe, geforderten Grenze, wie auch erheblich über der vorstehend dargestellten Grenze für einen „M-Betrieb“.

Bereits die Beanstandungen zu den Punkten „private Kfz-Nutzung, Bewirtungskosten und Forderungen“ ließen den Schluss auf die Vorjahre zu, dass insoweit mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen für die Zeiträume der Prüfungserweiterung zu rechnen sei. Dies deshalb, weil insoweit in sämtlichen Prüfungsjahren Änderungen der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen gewesen seien. Allein die Vielzahl der übrigen Beanstandungen und die damit einhergehende gravierend abweichende Höhe der Besteuerungsgrundlagen lasse darüber hinaus ebenfalls entsprechende Rückschlüsse auf die Vorjahre zu, wie auch die mehrfache betriebliche Verbuchung privater Aufwendungen. Die Voraussetzungen für die Erweiterung des ursprünglichen Prüfungszeitraums seien daher im Streitfall erfüllt. Das diesbezügliche Ermessen sei vom Bekl zutreffend ausgeübt worden. Ermessensgerecht sei auch der Schluss, dass aufgrund der für die Kalenderjahre 2004 bis 2006 getroffenen Feststellungen auch in den Kalenderjahren 2002 und 2003 ähnliche Unrichtigkeiten vorgekommen seien. Auch die Würdigung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung führe zu keinem anderen Ergebnis. (...).

Mit Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten vom 20. April 2011 erhob der Kl Klage und beantragte beim FG, die Vollziehung der PA vom 12. Juni 2009 auszusetzen. Zur Begründung lässt er im Wesentlichen ausführen, die erweiternde PA vom 12. Juni 2009 müsse nach ständiger Rechtsprechung über den Text des § 10 Abs. 3 BpO (wohl gemeint: § 4 Abs. 3 BpO) hinausgehend im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensentscheidung begründet werden. Begründet worden sei die erweiternde PA mit dem Hinweis darauf, dass „mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen“ sei. Diese den § 10 Abs. 3 BpO (wohl gemeint: § 4 Abs. 3 BpO) wiederholende Begründung sei indes nicht ausreichend. Ebensowenig ausreichend sei die floskelhafte Formulierung im Schreiben des Bekl vom 20. November 2010, worin die Ermessensausübung damit begründet werde, dass es sich um eine Prognoseentscheidung handle, nach der entsprechende Mehrsteuern als wahrscheinlich einzuschätzen seien. Nach Auffassung des Bekl ließen „die Feststellungen im Rahmen der Prüfung der Jahre 2004 bis 2006 diese Prognose zu“. Diese Begründung sei schon deswegen nicht haltbar, weil zum Zeitpunkt des Erlasses der erweiternden PA die AP für die Jahre 2004 bis 2006 noch nicht annähernd abgeschlossen gewesen sei. Dies beweise schon der Umstand, dass der Betriebsprüfer der Mitarbeiterin des Kl am 12. Juni 2009 neben der Anordnung der Prüfungserweiterung für 2002 und 2003 auch einen ausführlichen Fragenkatalog ausgehändigt habe, der Fragen zum Prüfungssachverhalt für die Jahre 2004 bis 2006 enthalten habe. Mithin habe der Betriebsprüfer zu diesem Zeitpunkt nicht davon ausgehen können, dass aufgrund seiner Feststellungen anlässlich der gerade laufenden Betriebsprüfung mit erheblichen Mehrsteuern für die Jahre 2002 und 2003 zu rechnen sei. Nicht nachvollziehbar sei deswegen die Einlassung des Bekl in seiner Einspruchsentscheidung, in der er dargelegt habe:

„Dieser Schluss wurde vom Prüfer aus den Feststellungen zum vorgenannten Fragenkatalog gezogen“.

Offensichtlich sei es der Wunsch des Prüfers gewesen, die Antworten, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegen hätten, in jedem Fall vorwegnehmend so zu verstehen, dass seine bisherigen - in der Prüfung für 2004 bis 2006 ohne spezifizierte Begründung in den Raum gestellten - Behauptungen bestätigt worden seien, um somit die beabsichtigte erweiternde PA erlassen zu können. Zwar sei zuzugestehen, dass in der Einspruchsentscheidung nähere Ausführungen zur Ermessensausübung gemacht worden seien, die die bisher fehlende Ermessensentscheidung ersetzen könnten. Die Ermessensbegründung stütze sich wiederum auf in den Jahren 2002 und 2003 zu erwartende erhebliche Mehrsteuern, die vom Bekl unter Aufführung von Zahlen als belegt angesehen würden. Die erheblichen Mehrsteuern würden in der Einspruchsentscheidung auf Seite 4 - zwar versteckt, aber dennoch - damit begründet, dass die Umsätze des Kl nicht zutreffend erfasst worden seien, weil „Unstimmigkeiten zwischen Debitoren- bzw. Kreditorenkonten einerseits und dem diesbezüglich erforderlichen Korrekturposten in der Einnahmen-Überschussrechnung andererseits“ bestünden. Aufgrund dieses Standpunktes sei der Prüfer zur Erwartung der erheblichen Mehrsteuern gelangt. Dass tatsächlich keine Unstimmigkeiten bestünden, sei dem Prüfer vom Kl mehrfach erläutert worden. Der Prüfer habe sich der Argumentation des Kl aber völlig verschlossen. Zuletzt im Besprechungstermin vom 4. Oktober 2010 sei der Sachverhalt dem Prüfer insbesondere hinsichtlich der Einnahmen nochmals erläutert worden, wenngleich dieser sich wiederum einer Darlegung der Gründe, warum sein Ansatz unzutreffend sei, entzogen habe. Einzige verfahrenserhebliche Reaktion des Prüfers sei gewesen, im Laufe der Besprechung die bereits am 1. Oktober 2010 erfolgte Einleitung des Strafverfahrens endlich bekannt zu geben. Eine Auseinandersetzung mit den vom Kl vorgetragenen Gründen, warum der Prüfer mit seiner Auffassung über die angebliche Diskrepanz der Debitorenkonten und dem Forderungskonto des Kl falsch liege, seien in die Einspruchsentscheidung nicht eingeflossen. Der Bekl hätte sich aber bei seiner Ermessensentscheidung gerade mit diesem Punkt auseinandersetzen müssen, da hieraus nach seiner Auffassung die eine erweiterte Prüfung rechtfertigenden Mehrsteuern herrührten und die Begründung des Prüfers zu dem von ihm angenommenen Mehrerlös nicht nachvollziehbar sei. Da die Feststellungen des Prüfers zu dem genannten Punkt nicht nur zweifelhaft, sondern für jeden Kundigen nicht nachvollziehbar seien, seien erhöhte Anforderungen an eine pflichtgemäße Ermessensausübung bezüglich der Erweiterung der AP zu stellen. Darzulegen wäre gewesen, mit welchen Gründen der Prüfer seine Auffassung stütze und warum die vom Kl vertretene Auffassung unzutreffend sei, obwohl die von ihm vorgenommenen Verbuchungen nach dem von der Fa. X erstellten und lizenzierten Buchhaltungsprogramm getätigt worden und in sich stimmig seien. Dass die Wertungen des Prüfers abseits der üblichen Buchhaltungspraxis lägen, solle expliziert an der Buchhaltung für das Jahr 2006 dargelegt werden. Obwohl dies aus dem geänderten Prüfungsbericht vom 16. Dezember 2010 nicht ersichtlich sei, werde die Beurteilung des Prüfers aus dem Schreiben des Bekl vom 18. Dezember 2010 (Seite 3) verdeutlicht. „Unter der Einnahmen-Überschuss-Rechnung und unter der Buchhaltung des Kl“ werde im Prüfungsbericht der Betrag von jeweils 28.975,89 EUR (27.475,00 EUR plus 1.500,00 EUR) ausgewiesen. Dieser Betrag sei auch zutreffend. Ihm liege das lizenzierte Buchhaltungsprogramm der Fa. X zugrunde. Nachvollziehbar sei der Jahreserlös, indem von dem Umsatz für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 der Anfangsbestand der Forderungen auf den 1. Januar 2006 hinzugerechnet und der Endbestand zum 31. Dezember 2006 abgezogen werde. Hieraus ergebe sich der Jahresumsatz für 2006, da damit auch Zahlungen auf Debitoren aus den Vorjahren erlöserhöhend erfasst würden. Dies sei gängige Praxis und allgemein unbestritten. Der Betrag von 27.475,00 EUR sei der rechnerische Saldo der Forderungen zum Anfang und zum Ende des Jahres 2006. Der Prüfer komme dagegen lediglich zu einem Saldo von 8.482,51 EUR, was zu einer Gewinnerhöhung von 20.493,38 EUR führe. Ursache sei, dass der Prüfer in seiner Darstellung der Debitorenbuchhaltung auf Seite 3 seines Berichts von Forderungen zum 31. Dezember 2006 i.H.v. lediglich 155.758,37 EUR und von Forderungen zum 1. Januar 2006 i.H.v. 147.275,88 EUR ausgehe. Dies beruhe darauf, dass der Prüfer Forderungen, die in die Buchhaltung eingestellt worden seien, nicht vollständig in seine Berechnung einbezogen habe. Er habe damit gegen die Grundsätze einer ordentlichen Verbuchung verstoßen. Nur so komme er zu einem Mehrergebnis, was sein Verhalten aber nicht rechtfertigen könne und - wie ausgeführt - angesichts eines eklatanten Abweichens von rechtlich anerkannten Grundsätzen im Rahmen der Ermessensentscheidung in der Einspruchsentscheidung hätte gewürdigt werden müssen.

Zutreffend sei, dass zum 31. Dezember 2006 Forderungen i.H.v. 226.467,52 EUR und zum 1. Januar 2006 Forderungen i.H.v. 197.673,85 EUR bestanden hätten. Diese Beträge ergäben sich aus der X-Buchhaltung. Sie belegten, dass der Betrag von 27.475,89 EUR vom Kl richtig ermittelt worden sei.

Der Bekl lasse sich in seiner Stellungnahme vom 22. Juli 2011 dahingehend ein, dass in der Begründung der Klage offensichtlich zu langatmig auf die Thematik der „Forderungen“ eingegangen werde. Allerdings gebe der Bekl dem Kl nunmehr auf Seite 2 Absatz 2 seines Schreibens vom 22. Juli 2011 erstmals Recht, wenn er davon ausgehe, dass „ ... Die diesbezügliche Würdigung nunmehr zu einer Minderung der Steuern führen (würde)...“. Die Erkenntnis, dass die vom Bekl errechneten Mehrsteuern „aufgrund seiner Hinzurechnungen im Rahmen der von ihm als rechtens dargestellten Gewinnermittlung im Rahmen einer Einnahmen/Ausgabenrechnung völlig falsch“ gewesen seien, müsse dem Bekl indessen bereits während der AP ins Auge gesprungen sein.

Weiter lässt der Kl ausführen, dem Bekl seien während der AP zwei Disketten mit den Buchhaltungsunterlagen des Kl ausgehändigt worden. Die erste CD sei eine Archiv-CD von X, die identische Daten enthalte, wie sie auf dem Server des Kl abgespeichert seien. Der Prüfer habe dem Kl daraufhin mitgeteilt, dass er „eine Differenz im Datenbestand“ vermute. Er habe ferner erklärt, dass er diese CD einem „Kumpel“ bzw. „Bekannten“ zur Überprüfung gegeben habe, der sich mit X-CD’s besser auskenne als er. Der Kl habe dadurch den Eindruck gewonnen, dass diese CD im Rahmen einer Überprüfung vom Prüfer oder von einem Dritten teilweise überschrieben worden sei. Der Prüfer habe, nachdem dieser Vorgang zur Sprache gekommen sei, vom Kl eine zweite CD mit der Begründung angefordert, dass er einen Abgleich zwischen beiden CD‘s machen wolle. Im Termin vom November 2010, an dem auch der damalige Anwalt des Kl anwesend gewesen sei, habe der Prüfer dann vom Kl eine zweite CD erhalten. Auf dieser CD seien nunmehr auch die Adressen der Mandanten und die betriebswirtschaftlichen Auswertungen der Kanzlei des Kl aufgespielt gewesen. Der Prüfer habe in diesem Termin erneut erklärt, dass er diese CD seinem „Kumpel“ bzw. „Bekannten“ zur Prüfung geben wolle. Aufgrund der Hinweise des Kl hätte dem Prüfer spätestens bei Sichtung der zweiten CD auffallen müssen, dass er in seiner Prüfberechnung in wesentlichen Teilen von veränderten Forderungsbeständen ausgegangen sei, die nicht mit dem Inhalt der Buchhaltung des Kl übereinstimmten.

Im Nachgang zur erweiternden PA begründe der Bekl die Erweiterung damit, dass noch weitere Prüfungsfeststellungen zu Mehrsteuern führen und diese die Prüfungserweiterung ebenfalls rechtfertigen würden. Dass dieses Argument nachgeschoben sei, liege auf der Hand. Es sei für den Kl offensichtlich, dass ihm aus der Forderungsdiskrepanz, die der Prüfer festgestellt haben wolle, im Wege der Prüfungserweiterung ein zusätzliches sattes Mehrergebnis aufgedrückt werden solle. Alle über die Forderungsdiskrepanz hinausgehenden Beanstandungen des Prüfers seien im Prüfungsbericht erfasst und den geänderten Steuerbescheiden zugrunde gelegt worden. Diese Beanstandungen tangierten zu einem gewissen Teil den Zeitraum der beabsichtigten Prüfungserweiterung. Dem Bekl sei es somit möglich, aufgrund der dem Prüfer vorgelegten Buchhaltungsunterlagen zu erkennen, inwieweit die Prüfungsbeanstandungen in dem Zeitraum der beabsichtigten Prüfungserweiterung gewinnrelevant und damit steuererhöhend zu erfassen seien. Eine Änderung der Steuerbescheide bezüglich des von der Prüfungserweiterung umfassten Zeitraums sei insoweit nach den Regelungen der AO jederzeit möglich. Dies ergebe sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit jedes Verwaltungshandelns, der sich in § 4 Abs. 3 BpO konkretisiere. Die bloße Möglichkeit der Feststellung weiterer neuer Tatsachen im erweiterten Prüfungszeitraum, die zu nicht unerheblichen Mehrsteuern führen könnte, genüge dagegen nicht (vgl. BFH-Urteil vom 24. Oktober 1979 VIII R 220/78). Anders gelagert wäre der Fall, wenn die AP Anhaltspunkte dafür gefunden hätte, dass aus anderen Gründen mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen zu rechnen wäre. Dies wäre z.B. der Fall, wenn es für den Prüfungszeitraum und für die Zeiträume davor keine Umsatzaufzeichnungen gegeben hätte und es aufgrund der Prüfung zu einer wesentlichen Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage käme. In diesem Fall könnte die Bemessungsgrundlage für zurückliegende Zeiträume nicht ohne erweiterte Prüfung ermittelt werden (vgl. FG München, Beschluss vom 23. Juni 2010, Az. 10 V 328/10).

Es handle sich darüber hinaus bei den vom Bekl in seinen Prüfungsfeststellungen getroffenen Beanstandungen auch um „keine solchen Beanstandungen, die über den Normalfall hinausgingen und die nicht Gegenstand einer sich in regelmäßigen Abständen wiederholenden Routineprüfung“ seien. Ein solcher Fall liege erst dann vor, wenn Prüfungsfeststellungen zu erwarten seien, die sich durch ein besonderes Gewicht und eine besondere steuerliche Relevanz auszeichneten. Dies sei vom Bekl jedoch nicht vorgetragen worden.

Bei einer ordnungsgemäßen Feststellung des Jahreserlöses des Kl durch den Prüfer hätte dieser die getätigten Umsätze - aufgezeigt am Beispiel für 2006 - in der Weise erfassen müssen, dass er von dem Jahresbestand der Forderungen (Jahresumsatz) vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006 den Anfangsbestand der Forderungen auf den 1. Januar 2006 hätte hinzuzurechnen und den Endbestand der Forderungen zum 31. Dezember 2006 hätte abziehen müssen. Dies sei offensichtlich vom Prüfer so nicht gehandhabt worden. Neben einem nicht vollständigen Bestand der vom Prüfer zugrunde gelegten Forderungen habe dieser noch Hinzurechnungen i.H.v. 58.562,02 EUR vorgenommen. Letzteren Betrag habe er deshalb hinzugerechnet, weil er ihn nicht habe zuordnen können. Forderungen weggelassen habe er - zu seinen Gunsten angenommen - weil er sich nicht die Mühe gemacht habe, seine Prüfung in den Räumen des Kl durchzuführen. Hätte er dies gemacht, wäre ihm aus der Buchführung des Kl der tatsächliche Bestand an Forderungen nicht verborgen geblieben.

Ausgehend von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 31. Dezember 2006, die mit dem von der Fa. X lizenzierten Rechenprogramm erstellt worden sei, ergäben sich folgende Werte:

Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit:312.616,96 EUR+ Privatanteile 6.227,23 EUR+ USt 44.580,00 EUR./. USt-freie Umsätze 1.330.68 EURSumme:362.093,51 EUR./. USt 49.943.93 EURGesamtumsatz netto aus freiberuflicher Tätigkeit im Jahr 2006:312.149,58 EUR

Auch hieran zeige sich, dass der Prüfer, wenn er eine Verprobung nach der vom Kl aufgezeigten Berechnung unter Zugrundelegung der zutreffenden und in der Buchhaltung erfassten Forderungsbestände vorgenommen hätte, hätte erkennen müssen, dass die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des Kl zutreffe. Der Bekl hätte somit im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens keine Veranlassung und keine Berechtigung gehabt, den Prüfungszeitraum zu erweitern. Der vom Bekl angesetzte Hinzurechnungsbetrag von 58.562,02 EUR sei eine Kontrollzahl im X-Rechenprogramm und könne dem Jahresumsatz nicht hinzugerechnet werden. Auf diese Tatsache sei der Prüfer vom Kl hingewiesen worden. Warum er in seinem letzten Schriftsatz auf dieser Hinzuschätzung beharre, sei nicht nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar sei dies auch deshalb, weil der Bekl die Beweislast dafür trage, dass in dieser Höhe vom Kl Umsätze getätigt worden seien. Die weiteren Prüfungsbeanstandungen, die sich nicht auf den Umsatz des Kl bezögen, seien in dem erweiterten Prüfungszeitraum nicht relevant bzw. nach der Rechts- und Sachverhaltsauffassung des Prüfers geklärt.

Ausdrücklich bestritten werde, dass der Prüfer nach Erhalt der CD nicht gesagt habe, dass er Dritten diese CD zur Prüfung weiterreichen werde. Ausdrücklich werde auch bestritten, dass diese CD nicht verändert zurückgereicht worden sei. Dem Kl sei aufgefallen, dass Teile des Inhalts der übergebenen CD offensichtlich nicht mehr auslesbar vorhanden gewesen seien. In den Buchhaltungsunterlagen des Kl seien alle Forderungskonten vollumfänglich vorhanden (gewesen). Davon hätte der Prüfer bei einer Prüfung in den Kanzleiräumen des Kl jederzeit Kenntnis nehmen können. Die Erweiterung der PA sei deshalb rechtswidrig.

Der Bekl könne eine Erweiterung des Prüfungszeitraumes auch nicht darauf stützen, dass er ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet habe. Die Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens mit dem Hinweis, dass im Rahmen der Betriebsprüfung strafrechtlich relevante Sachverhalte festgestellt worden seien, stelle keine auf Tatsachen gestützte Prognose für zukünftig zu erwartende Mehrsteuern dar. Hiermit könne also eine Erwartung von Mehrsteuern im Erweiterungszeitraum nicht begründet werden.

Außerdem seien die Steuerbescheide für Jahre 2002 und 2003 wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr änderbar. Anhaltspunkte, die einen Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Steuerstraftat begründen könnten und die dem Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegenstünden, seien indes nicht ersichtlich.

Im Erörterungstermin vom 13. März 2012 verwies der Kl in rechtlicher Hinsicht auf die Entscheidung des FG Köln im Verfahren 13 K 6366/01 und vertrat außerdem die Auffassung, dass die Einspruchsentscheidung vom 23. März 2011 bereits deshalb ermessensfehlerhaft sei, weil nicht die aktuellen Zahlen aus dem geänderten Betriebsprüfungsbericht vom 16. Dezember 2010 zugrunde gelegt und in die Ermessensabwägung eingestellt worden seien, sondern die überholten Zahlen aus dem ersten Betriebsprüfungsbericht vom 20. Januar 2010. Dies stelle, wie der Kl im Nachgang zum Erörterungstermin vom 13. März 2012 mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 11. Juli 2012 weiter ausführen lässt, seines Erachtens einen Ermessensfehlgebrauch dar, da die in der Einspruchsentscheidung vorgenommene Ermessensausübung auf der Grundlage eines unvollständigen Sachverhalts erfolgt sei.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Oktober 2014 lässt der Kl weiter vortragen, sein Prozessbevollmächtigter habe bereits in den Jahren 2001/2002 für einen Mandanten des Kl ein Klageverfahren vor dem FG Baden-Württemberg geführt. Beim Gerichtstermin seien auf Seiten des Finanzamts Y der Sachgebietsleiter der Betriebsprüfungsstelle des Bekl (BP-SGL), Herr A., und noch mindestens eine weitere Person anwesend gewesen. Auf der Klägerseite hätten der damalige Kl, der Kl im vorliegenden Streitfall, Herr Steuerberater Z., sowie der Prozessbevollmächtigte im vorliegenden Verfahren an der Verhandlung teilgenommen. Diese sei nicht ohne Emotionen abgelaufen, die sich auch auf dem Gang im Gerichtsgebäude nicht gänzlich hätten unterdrücken lassen. Der Prozessbevollmächtigte des Kl erinnere sich daran, dass beim Hinausgehen aus dem Gerichtssaal vom Sachgebietsleiter des Bekl dem Steuerberater des damaligen Kl und jetzigem Kl beiläufig angedeutet worden sei, dass der für seinen Mandanten positive Verlauf der Gerichtsverhandlung noch „ein Nachspiel“ haben werde. Der Kl habe nach seinen Aussagen auch in der Folgezeit anlässlich einer Vertretung eines Mandanten in den Jahren 2004/2005 entsprechende Andeutungen hinnehmen müssen. Tatsächlich habe auch der Prozessbevollmächtigte im vorliegenden Verfahren selbst in dem vom Gericht im Erörterungstermin vom 13. März 2012 vorgeschlagenen Treffen ein befremdliches Verhalten erfahren. Danach hätten einzelne der anwesenden Beamten des Bekl „ein konterkariertes Verhalten gezeigt, das offensichtlich eine Lösung nicht habe anstreben lassen“. Ausnahmsweise halte es der Prozessbevollmächtigte deshalb für sachgerecht, den im Anschluss zu dieser Besprechung gefertigten Aktenvermerk vom 1. Juni 2012 in der Anlage zu diesem Schriftsatz vorzulegen. Wegen des Inhalts wird auf den genannten Aktenvermerk Bezug genommen.

Die letzte Prüfung für die Jahre 2004 bis 2006 sei mittlerweile hinsichtlich der Prüfungsfeststellungen abgearbeitet, nachdem der Bekl Änderungsbescheide erlassen habe, die aufgrund der Einigung vor dem FG Baden-Württemberg ergangen seien. Allerdings gebe es auch hier wiederum eine Besonderheit im Verhalten des Bekl. Die Vorbehalte der Steuerbescheide seien nicht aufgehoben worden, „auch nicht nach Auswertung der Festlegungen im finanzgerichtlichen Verfahren“.

Außerdem habe der Bekl vor der Prüfung der Jahre 2004 bis 2006 beim Kl bereits in der Zeit vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember 2000 zwei Betriebsprüfungen durchgeführt, die keine wesentlichen Beanstandungen zur Folge gehabt hätten. Zusätzlich sei am 18. April 2005 eine USt-Sonderprüfung für den Voranmeldungszeitraum „Dezember 02/03/04“ angeordnet worden.

Auch habe der Prüfer der Mitarbeiterin des Kl, Frau Q., mit der Aushändigung des Fragen- und Feststellungskatalogs im Rahmen der Prüfung für die Jahre 2004 bis 2006 die erweiternde PA für die Jahre 2002 und 2003 vom 2. Juni 2009 ausgehändigt. Ein besonderer Hinweis oder eine Belehrung an die Mitarbeiterin seien aber nicht erteilt worden. Die Mitarbeiterin des Kl habe den Prüfer in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Kl krank und nicht in der Kanzlei anwesend sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den von der Mitarbeiterin des Kl gefertigten Aktenvermerk, der in der Anlage zum Schriftsatz vom 20. Oktober 2014 vorgelegt werde, Bezug genommen.

Die Vorgehensweise bei der Prüfung selbst, die wiederholten Prüfungen, die weit über dem Prüfungsdurchschnitt - auch des Bekl - lägen, obwohl keine wesentlichen Beanstandungen vorgelegen hätten und die inhaltliche Prüfung der Jahre 2004 bis 2006 hinsichtlich der Hinzurechnungen von Umsätzen zeige, dass im konkreten Fall über die beim Erlass von PA´en pflichtgemäß anzustellenden Ermessenserwägungen hinausgehende Einflüsse zum Tragen gekommen seien. Es sei nämlich unerklärlich, warum ein zumindest durchschnittlich geschulter Prüfer zu derartig falschen Hinzurechnungen von Umsätzen kommen könne, wie es dem Prüfer bei der Prüfung der Jahre 2004 bis 2006 unterlaufen sei. Auch mehrfache Hinweise des Kl hätten den Prüfer nicht von seiner irrigen Auffassung abbringen können. Der Bekl sei auch nach Klarstellung der Umstände nicht bereit gewesen, die überhöhten Umsätze des Prüfers sachgerecht zu korrigieren. Auch die Prüfungserweiterung auf die Jahre 2002 und 2003 sei zu einer Zeit erfolgt, in der dem Prüfer bereits bekannt gewesen sei, welche Einwände gegen die zu Unrecht festgesetzten Umsätze erhoben worden seien. Dennoch sei vom Prüfer zur Begründung für die Prüfungserweiterung auf diese Umsätze abgestellt worden. Wenn nunmehr vom Bekl bei der Rechtfertigung der Prüfungserweiterung auf andere Mehrergebnisse abgestellt werde, seien dies die Punkte des „Fragen- und Feststellungskatalogs“, den der Prüfer - zusammengeheftet mit der erweiternden PA - der Mitarbeiterin des damals erkrankten Kl ohne Hinweis hierauf übergeben habe. Eine abklärende und abschließende Besprechung dieser Punkte habe zu diesem Zeitpunkt nicht stattgefunden.

Es dränge sich zumindest die Vermutung auf, dass der Bekl bewusst die überhöhten Prüfungsfeststellungen angesetzt habe, um eine Prüfungserweiterung durchsetzen zu können. Auch wenn im Klageverfahren nunmehr differenziert zwischen „Fragenkatalog“ und „Fragen- und Feststellungskatalog“ unterschieden werde, sei es unzutreffend, dass die angeblich vom Prüfer getroffenen „Feststellungen“ mit dem Kl im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Erweiterung der PA hätten abgesprochen, geschweige denn hinreichend verifiziert werden können. Gerade deshalb dürften die abstrusen Umsatzhinzurechnungen vorgenommen worden sein. Es liege somit nahe, dass sich der Bekl im Rahmen der Ermessensausübung beim Erlass der PA von sachfremden Erwägungen habe leiten lassen. Obwohl die nachträgliche Ermessensausübung im Rahmen des Vorbringens des Bekl vor Gericht als vordergründig rechtskonform erscheinen möge, so sei die angefochtene PA nicht rechtskonform, da sie willkürlich ergangen sei und eine Schikane für den Kl darstelle. Auch wenn eine PA gemäß § 193 AO grundsätzlich ermessensfehlerfrei sein könnte, sei sie aber dann rechtswidrig, wenn die Anordnung der AP gegen das Willkür- und Schikaneverbot verstoße. Um überprüfen zu können, ob ein Verstoß gegen das Willkür- und Schikaneverbot vorliege, solle der Bekl darlegen, wie viele Freiberufler, insbesondere Steuerberater und Rechtsanwälte, er im Zeitraum seiner Prüfungen beim Kl auf den Prüfungsplan gesetzt und wie viele davon er tatsächlich geprüft habe. Auch solle der Bekl sich erklären, welche Mehrergebnisse er bei diesen Rechtsanwälten bzw. Steuerberatern in der dem Betrieb des Kl entsprechenden Größenklasse erzielt und ob er unter den gleichen Voraussetzungen wie beim Kl Prüfungserweiterungen angeordnet habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2014 beantragte der Kl zum Beweis der Tatsache, dass die streitgegenständliche PA aus Gründen erlassen worden sei, die der Gleichmäßigkeit der Besteuerung widersprächen, nämlich aus Schikane bzw. Willkür gegenüber dem Kl, die folgenden Zeugen zu vernehmen:

1. Vernehmung des Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt M., ...,

a) dazu, dass der zuständige BP-SGL (gemeint: Herr A.) dem Kl persönliche Konsequenzen anlässlich eines positiven Ausgangs einer Klage vor dem FG Stuttgart angedroht habe;

b) zum Verlauf eines Besprechungstermins beim Finanzamt Y, in dem sich gezeigt habe, dass auf persönliche Diffamierungen abgestellt werde;

2. Vernehmung von Frau Q., Mitarbeiterin des Kl, über den Verlauf der Prüfung in den Räumen des Kl;

3. Vernehmung eines zuständigen Beamten des Bekl zum Zwecke der Feststellung, dass im prüfungsrelevanten Zeitraum vom Bekl keine Prüfungen von Steuerberatern oder Rechtsanwälten angeordnet und durchgeführt worden und dass bei Mehrergebnissen wie beim Kl vorliegend keine Prüfungserweiterungen angeordnet worden seien.

Der Kl beantragt,

die PA vom 12. Juni 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. März 2011 aufzuheben,

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl führt zur Erwiderung aus, der weit überwiegende Teil des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten des Kl vom 15. Juni 2011 - von „A“, vierter Absatz bis einschließlich „B“ - enthalte Ausführungen zum Thema „Forderungen“. Diese Thematik sei im Rahmen einer Besprechung am 4. Oktober 2010 in der Kanzlei des Kl erörtert worden, an der neben dem Kl sein damaliger steuerlicher Vertreter, Herr W., der Prüfer und dessen Sachgebietsleiter teilgenommen hätten. Bereits im Katalog über „Fragen/Beanstandungen bei BP“, der am 12. Juni 2009 einer Mitarbeiterin des Kl in dessen Kanzlei übergeben worden sei, habe der Prüfer unter Tz. 23 um diesbezügliche Klärung gebeten. Bei der Besprechung am 4. Oktober 2010 habe sich insoweit herausgestellt, dass die zu diesem Zeitpunkt vorliegende Buchhaltung, die dem Prüfer zu Prüfungsbeginn am 2. Juni 2009 mittels Daten-CD übergeben worden sei, unvollständig gewesen sei. Deshalb sei im Rahmen dieser Besprechung vereinbart worden, dass eine neue Daten-CD vorgelegt werden solle, um diese Unstimmigkeiten ausräumen zu können. Nach Übersendung der neuen CD am 12. November 2010 habe sich herausgestellt, dass weiterhin Differenzen bestanden hätten, die sich nicht hätten ausräumen lassen. Diese Differenzen hätten darin bestanden, dass die Summen der Debitorenkonten nicht mit den Forderungskonten übereingestimmt hätten. Dies habe der Prüfer dem damaligen steuerlichen Vertreter des Kl mit Schreiben vom 16. Dezember 2010 mitgeteilt. Als Anhang zu diesem Schreiben seien der neuen Daten-CD entnommene Debitorenaufstellungen übersandt worden. Unter Fristsetzung gemäß § 364b AO bis zum 31. Januar 2011 sei diesbezüglich letztmals um Aufklärung gebeten worden, die jedoch nicht erfolgt sei. Nunmehr seien erstmals mit der Klagebegründung vollständige Debitorenaufstellungen übersandt worden, die mit den Forderungskonten übereinstimmten. Die diesbezügliche Würdigung würde zu einer Minderung der Mehrsteuern führen, wobei in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben könne, ob eine Berücksichtigung durch das Finanzgericht in entsprechender Anwendung des § 79b Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erfolgen werde. Bis zur Übersendung der Unterlagen mit der Klagebegründung vom 15. Juni 2011 und somit auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der Prüfungserweiterung habe der Prüfer die diesbezüglich geltend gemachte Erlösminderung versagen müssen und von entsprechenden Mehrsteuern ausgehen können bzw. müssen.

Ungeachtet der umfangreichen Ausführungen des Kl zum Thema „Forderungen“ bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prüfungserweiterung. Zutreffend sei der Hinweis des Kl, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BFH die Verhältnisse im Zeitpunkt der Anordnung der Prüfungserweiterung maßgebend für die Frage seien, ob mit Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass der Prüfer zu diesem Zeitpunkt, dem 12. Juni 2009, neben der Anordnung der Prüfungserweiterung nicht einen ausführlichen „Fragenkatalog“ übergeben habe - wie der Kl ausführen lasse -, sondern einen „Katalog“, der die Überschrift „Fragen/Beanstandungen bei BP“ trage. Sowohl in den Prüfungsberichten vom 20. Januar 2010 und vom 16. Dezember 2010 als auch in der Einspruchsentscheidung vom 23. März 2011 (unter 1., 2. Absatz) werde dieser auch zutreffend als „Fragen- bzw. Feststellungskatalog“ bezeichnet. Nur bei weiteren Nennungen in der Einspruchsentscheidung (vgl. unter 1., 3. Absatz) werde - unter Bezugnahme auf die Formulierung „Fragen- bzw. Feststellungskatalog“ - zur Vereinfachung der Begriff „Fragenkatalog“ verwendet. Neben Fragen, Beanstandungen und Feststellungen enthalte dieser Katalog auch klärungsbedürftige Punkte, Auffälligkeiten etc., was letztlich eine Frage der Formulierung sei. Anhand der 56 Punkte dieses Kataloges habe der Prüfer daher zum maßgeblichen Zeitpunkt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen können, dass mit erheblichen Mehrsteuern in den Jahren 2002 und 2003 zu rechnen sei. Denn es habe sich gerade nicht um einen reinen Fragenkatalog gehandelt, von dessen Beantwortung die steuerliche Auswirkung abhänge, sondern viele Punkte dieses Katalogs hätten zwingend zu Mehrsteuern führen müssen. In diesem Zusammenhang weise der Bekl nochmals ausdrücklich auf die durch die Rechtsprechung geprägte Definition „nicht unerheblicher Steuernachforderungen“ hin, die bereits in der Einspruchsentscheidung dargestellt und vom Kl nicht in Zweifel gezogen worden sei. Danach sei dieser Tatbestand bei sog. „M-Betrieben“ bereits bei einer Steuernachforderung von ca. 1.500 EUR bzw. bei „K-Betrieben“ bei ca. 500 EUR je Veranlagungszeitraum erfüllt. Wiederum bestünden nach Auffassung des Bekl keine Zweifel daran, dass diese Grenzen im Zeitraum der Prüfungserweiterung - auch unter Beachtung des teilweisen Prognosecharakters, der in der Natur der Sache liege - weit überschritten würden. Diesbezüglich werde nochmals auf die weit über den vorgenannten Grenzen liegenden, in der Einspruchsentscheidung dargestellten Mehrsteuern des Prüfungszeitraums 2004 bis 2006, wie sie sich aus den Änderungsbescheiden vom 3. Februar 2010 ergäben, hingewiesen. Diesen Änderungsbescheiden lägen eine Vielzahl von Feststellungen des Prüfers im Zusammenhang mit dem „Fragen- und Feststellungskatalog“ zugrunde, über die mit der Klägerseite vor Erlass der Änderungsbescheide in vielen Punkten habe Übereinstimmung erzielt werden können.

Wie vorstehend dargestellt sei der Kl in seinen Schriftsätzen hinsichtlich des zu beurteilenden Kriteriums „nicht unerheblicher Steuernachforderungen“ nur auf das Thema „Forderungen“ eingegangen. Darüber hinaus stütze sich der Bekl aber in der Einspruchsentscheidung u.a. auf die private Kfz-Nutzung des Kl und auf Bewirtungskosten. Hierbei handle es sich um Punkte, die in sämtlichen Prüfungsjahren beanstandet worden seien und für sich allein bereits zweifelsfrei zu „nicht unerheblichen“ Steuernachforderung führten. Weiter stütze sich der Bekl auf die mehrfache betriebliche Verbuchung privater Aufwendungen und die Vielzahl übriger Beanstandungen im Prüfungszeitraum. Auf eine höchst aufwendige Darstellung dieser Beanstandungen in der Einspruchsentscheidung habe der Bekl verzichtet, da er die Auffassung vertrete, dass nach der Einspruchsentscheidung keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prüfungserweiterung bestünden. Eine diesbezügliche Ergänzung der Begründung der Ermessensentscheidung könne daher zum derzeitigen Zeitpunkt unterbleiben.

Mit Schriftsatz vom 22. September 2011 führt der Bekl weiter aus, im Schriftsatz des Klägervertreters vom 20. August 2011 frage dieser ausdrücklich an, wem der Prüfer Einsicht in die auf zwei Disketten bzw. zwei CD‘s gespeicherten, äußerst vertraulichen Daten des Kl gewährt habe. Tatsächlich handle es sich um zwei CD‘s. Disketten seien dem Bekl im Rahmen der AP nicht übergeben bzw. übersandt worden. Den Grund für die Anfrage sehe der Kl darin, dass der Prüfer bei einem Besprechungstermin erklärt haben solle, er habe eine CD einem „Kumpel“ bzw. „Bekannten“ zur Überprüfung gegeben. Bei einem weiteren Termin vom November 2010 habe er erneut erklärt, nunmehr die zweite CD seinem „Kumpel“ bzw. „Bekannten“ zur Prüfung geben zu wollen. Der Bekl, insbesondere der Prüfer, lege Wert auf die Feststellung, dass derartige Aussagen nicht getroffen worden seien. Nicht mit absoluter Sicherheit auszuschließen sei ein eventueller Hinweis, soweit dies erforderlich sei, zur Aufbereitung der Daten ggf. einen EDV-Fachprüfer hinzuzuziehen, was jedoch im konkreten Fall nicht nötig gewesen und somit auch nicht erfolgt sei. Mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werde vom Prüfer jedoch die Wortwahl „Kumpel“ bzw. „Bekannte“. Tatsächlich habe der Prüfer niemandem Einsicht in die Daten der CD’s gewährt. Nicht nachvollziehbar sei auch der Vortrag, wonach der Kl den Eindruck gewonnen habe, die erste CD sei teilweise überschrieben worden. Klarstellend sei auch nochmals der nachfolgende Ablauf darzustellen, der im Schriftsatz des Klägervertreters abweichend geschildert werde: Nachdem die am 2. Juni 2009 übergebene Daten-CD unvollständig gewesen sei, sei im Rahmen der Besprechung am 4. Oktober 2010 eine zweite Daten-CD angefordert worden, die dann mit Begleitschreiben vom 12. November 2010 vom damaligen Vertreter des Kl an den Bekl übersandt worden sei. Ein weiterer „Termin vom November 2010“ - wie vom Klägervertreter vorgetragen -, an dem der Prüfer die zweite CD erhalten haben solle, habe nicht stattgefunden. Demzufolge könne der Prüfer „in diesem Termin“ auch nicht erneut erklärt haben, dass er diese CD seinem „Kumpel“ bzw. „Bekannten“ zur Prüfung geben wolle, wie weiter vorgetragen werde.

Als Beleg für diese berechtigte Erwartung nicht unerheblicher Mehrsteuern im Erweiterungszeitraum seien die Positionen „private Kfz-Nutzung“, „Bewirtungskosten“ und „Forderungen“ aufgeführt worden. Dies jedoch nur beispielhaft und keineswegs abschließend in dem Sinne, dass diese Punkte und deren steuerliche Auswirkungen allein für die Ermessensausübung bestimmend gewesen wären. Vielmehr sei deutlich gemacht worden, dass es eine Vielzahl nicht einzeln benannter Beanstandungen gegeben habe, die die Grundlage für die Ermessensausübung gewesen seien.

Nach dem geänderten, in der Einspruchsentscheidung nicht gesondert dargestellten Prüfungsbericht vom 16. Dezember 2010 ergäben sich folgende Mehrsteuern:

ESt 2004: 13.046 EURESt 2005: 18.698 EURESt 2006: 19.514 EURUSt 2004: 4.277 EURUSt 2005: 2.305 EURUSt 2006: 10.748 EUR

Im Übrigen lägen die Mehrsteuern auch nach Erledigung der Klageverfahren 5 K 1495/11 bzw. 12 K 1619/11 weit über der unteren Grenze „nicht unerheblicher“ Mehrsteuern i.S.d. der Definition des BFH.

Von einer vollständigen Nachholung oder Auswechslung der die Ermessensentscheidung tragenden Gründe könne im Streitfall nicht ausgegangen werden. Hinsichtlich der Änderungen im geänderten Prüfungsbericht vom 16. Dezember 2010 handle es sich gegebenenfalls um eine unschädliche Ergänzung der Gründe, sofern eine solche überhaupt erforderlich gewesen sei.

Im Erörterungstermin vom 13. März 2012 führte der Bekl weiter aus, bei den auf Seite 4 der Einspruchsentscheidung vom 23. März 2011 in der oberen Hälfte aufgeführten Beträgen handle es sich um die Steuernachforderungen für die Jahre 2004 bis 2006, die sich auf der Grundlage des ursprünglichen Betriebsprüfungsberichts vom 20. Januar 2010 ergeben hätten. Bei der Erstellung der Einspruchsentscheidung sei man seitens des Bekl davon ausgegangen, dass es auf die erwarteten Steuernachforderungen zum Zeitpunkt des Erlasses der erweiternden PA vom 12. Juni 2009 ankomme. Tatsächlich habe sich bis zum Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung auf der Grundlage des geänderten Betriebsprüfungsberichts vom 16. Dezember 2010 insofern eine Änderung ergeben gehabt, als die ursprüngliche Thematik der Forderungen sich in ertragsteuerlicher Hinsicht geklärt habe. Insoweit habe es lediglich bezüglich der USt eine fortbestehende Unklarheit gegeben. Der Bekl gehe aber davon aus, dass ungeachtet des Umstandes, dass sich die Thematik der Forderungen in ertragsteuerlicher Hinsicht vor Erlass der Einspruchsentscheidung erledigt habe, in der Einspruchsentscheidung ausreichend Argumente vorgebracht worden seien, die zur Annahme nicht unerheblicher Steuernachforderungen und damit zur Rechtfertigung der erweiternden PA ausreichend seien. Somit sei die insbesondere auf den Seiten 5 und 6 der Einspruchsentscheidung vorgenommene Ermessenausübung dennoch als rechtsfehlerfrei anzusehen.

Die Akten der beim FG Baden-Württemberg geführten Verfahren 5 K 1495/11 und 12 K 1619/11 wurden zum vorliegenden Verfahren beigezogen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1) Gemäß § 194 Abs. 1 Satz 2 AO kann die AP einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen. Das damit eingeräumte Ermessen bezüglich der Festlegung des Prüfungszeitraums hat die Finanzverwaltung mit den Regelungen des § 4 BpO eingeschränkt. Hiernach soll der Prüfungszeitraum bei anderen Betrieben als Großbetrieben (also bei Mittel-, Klein- und Kleinstbetrieben i.S.d. § 3 BpO) in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 BpO).

Vor diesem Hintergrund hat der Bekl mit der PA vom 24. September 2008 die AP beim Kl nur für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2006 angeordnet.

2.a) Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO kann der Prüfungszeitraum aber dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht (§ 4 Abs. 3 Satz 2 BpO). In Fällen der Anordnung einer AP für die Zeit von mehr als drei Jahren oder bei der - durch gesonderte PA erfolgenden - nachträglichen Erweiterung des Prüfungszeitraums auf mehr als drei Jahre ist eine besondere Begründung für die Verlängerung bzw. Erweiterung des Prüfungszeitraums erforderlich (BFH-Urteile vom 10. Februar 1983 IV R 104/79, BStBl II 1983, 286 und vom 7. November 1985 IV R 6/85, BStBl II 1986, 435 m.w.N.). Diese Selbstbindung der Verwaltung ist auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten (BFH-Urteile vom 29. April 1970 IV R 259/69, BStBl II 1970, 714; vom 26. Februar 1987 IV R 109/86, BStBl II 1987, 361; vom 21. Juni 1994 VIII R 54/92, BStBl II 1994, 678 und vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7). Die hiernach erforderliche Begründung muss ergeben, dass mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen zu rechnen ist und damit die Voraussetzungen der ermessensbindenden Bestimmung des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO erfüllt sind. Bei „M-Betrieben“ hat der BFH das Merkmal der Erwartung „nicht unerheblicher Steuernachforderungen“ mit mindestens 3.000 DM (ca. 1.500 EUR) Mehrsteuern angenommen (BFH-Urteile vom 28. April 1988 IV R 106/86, BStBl II 1988, 857 und vom 24. Februar 1989 III R 36/88, BStBl II 1989, 445), während bei „K-Betrieben - wie vorliegend - die Grenze niedriger anzusetzen ist. Dabei sind die Tatsachen, aus denen das Finanzamt die Erwartung nicht unerheblicher Steuernachforderungen herleitet, anzugeben (BFH-Urteile vom 10. Februar 1983 IV R 104/79, BStBl II 1983, 286 und vom 7. November 1985 IV R 6/85, BStBl II 1986, 435). Mit derartigen Mehrsteuern ist zu rechnen, wenn sie wahrscheinlich sind. Vage Vermutungen reichen nicht aus. Es müssen mehr Umstände für als gegen die Möglichkeit nicht unerheblicher Steuernachforderungen sprechen (BFH-Urteile vom 1. August 1984 I R 138/80, BStBl II 1985, 350; vom 23. Juli 1985 VIII R 48/85, BStBl II 1986, 433; vom 28. April 1988 IV R 106/86, BStBl II 1988, 857; vom 24. Februar 1989 III R 36/88, BStBl II 1989, 445 und vom 14. September 1993 VIII R 56/92, BFH/NV 1994, 677).

b) Da die Entscheidung des Finanzamts über die Erweiterung des Prüfungszeitraums eine Ermessensentscheidung (§ 5 AO) darstellt, kann die gerichtliche Kontrolle nur dahingehend erfolgen, ob ein Ermessensfehler i.S.d. § 5 AO bzw. § 102 FGO (Ermessensüberschreitung, Ermessensnichtgebrauch, Ermessensfehlgebrauch) vorliegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Ermessensfehler vorliegt, ist der Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung (BFH-Urteile vom 26. März 1991 VII R 66/90, BStBl II 1991, 545; vom 14. September 1993 VIII R 56/92, BFH/NV 1994, 677 und vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7; BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2003 III B 13/03, BFH/NV 2004, 312).

Bis dahin kann das Finanzamt gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 AO Ermessenserwägungen in vollem Umfang nachholen bzw. austauschen und ursprünglich entstandene Ermessensfehler damit heilen. Nach Abschluss des Einspruchsverfahrens kann gemäß § 102 Satz 2 FGO nur noch eine Ergänzung von Ermessensfehlern erfolgen.

Der Umstand, dass die AP bezüglich der Jahre 2004 bis 2006 zum Zeitpunkt des Erlasses der erweiternden PA vom 12. Juni 2009 noch nicht abgeschlossen war, ist - entgegen der Auffassung des Kl - somit unerheblich. Denn es kommt lediglich darauf an, ob im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung der Anfall nicht unerheblicher Mehrsteuern im Erweiterungszeitraum als wahrscheinlich anzusehen war.

c) Im Streitfall sind - auf der Grundlage der Erwägungen, die der Bekl in der Einspruchsentscheidung dargestellt hat - keine Ermessensfehler gegeben. Insbesondere ist der Bekl zutreffend davon ausgegangen, dass für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003 nicht unerhebliche Mehrsteuern i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO zu erwarten sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zwischen den Beteiligten zunächst streitig gewesene Frage, ob die Behandlung der Forderungen durch den Kl im - maßgeblichen - Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung (noch) die Erwartung eines steuerlichen Mehrergebnisses gerechtfertigt hat oder ob er der Einspruchsentscheidung zu Unrecht die von ihm erwarteten Mehrergebnisse auf der Basis des ersten Prüfungsberichts zugrunde gelegt hat. Entscheidend ist lediglich, ob das Finanzamt zurecht davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen der ermessensbindenden Verwaltungsvorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO erfüllt sind, dass also im Erweiterungszeitraum nicht unerhebliche Mehrsteuern wahrscheinlich sind. Nicht erforderlich ist indes die möglichst detaillierte Quantifizierung der zu erwartenden Mehrsteuern. Entgegen der Auffassung des Kl ist somit dann, wenn das Finanzamt neben Umständen, die eine ausreichende Mehrergebniserwartung begründen, zusätzlich weitere Umstände als mehrergebnisbegründend angesehen hat, die diese Annahme möglicherweise nicht tragen, kein Ermessensfehler gegeben. Die Entscheidung über die Ausübung des Entschließungsermessens bezüglich der Frage der Prüfungserweiterung ist - wenn ihr ggf. eine überhöhte Mehrergebniserwartung zugrunde gelegt wurde - also nicht unter dem Gesichtspunkt als ermessensfehlerhaft anzusehen, dass sie auf einer unzutreffenden Grundlage, nämlich einer unzutreffenden Mehrergebniserwartung, ergangen ist. Denn eine gegebenenfalls unzutreffend überhöhte Mehrergebniserwartung des Finanzamts ist - wenn die betraglichen Mindestanforderungen des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO ohnehin erfüllt sind - für die Ermessensausübung unerheblich. Vor diesem Hintergrund verlangt der BFH vom betreffenden Finanzamt auch nur die Darstellung von Tatsachen, aus denen es die Erwartung nicht unerheblicher Steuernachforderungen entnimmt. Eine weitere Darstellung von Ermessenserwägungen hält der BFH indes nicht für erforderlich (BFH-Urteile vom 24. Februar 1989 III R 36/88, BStBl II 1989, 445; vom 14. September 1993 VIII R 56/92, BFH/NV 1994, 677 und vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7; BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2003 III B 13/03, BFH/NV 2004, 312).

Diese Voraussetzungen für eine fehlerfreie Ausübung des Ermessens über die Erweiterung der AP sind im Streitfall erfüllt. Die vom Bekl in der Einspruchsentscheidung dargestellten Erwägungen tragen seine Annahme, dass für den Erweiterungszeitraum nicht unerhebliche Mehrsteuern i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO zu erwarten sind. Dies gilt jedenfalls für die Beanstandung der Behandlung der Bewirtungskosten, der Fahrzeugkosten und der übrigen Beanstandungen mit Ausnahme der Thematik der Forderungen.

Der Umstand, dass diese Aspekte vom Kl in den Jahren 2004 bis 2006 unzutreffend erfasst wurden und damit für den Erweiterungszeitraum (2002 und 2003) die Erwartung nicht unerheblicher Mehrsteuern begründen, ist vom Betriebsprüfer in seinem geänderten Betriebsprüfungsbericht vom 16. Dezember 2010 nachvollziehbar dargestellt worden und wird vom Kl auch nicht bestritten. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten bezüglich der nach der AP ergangenen Änderungsbescheide wegen ESt 2004 bis 2006 und USt 2004 bis 2006 in den finanzgerichtlichen Verfahren 5 K 1495/11 (wegen ESt 2004 bis 2006) bzw. 12 K 1619/11 (wegen USt 2004 bis 2006) der Ansatz der Mehrergebnisse nur bezüglich der Behandlung der Forderungen korrigiert wurde und im Übrigen die vom Prüfer angenommenen Mehrergebnisse bestehen blieben. Auf die Frage, ob der Bekl in der Einspruchsentscheidung bezüglich der Behandlung der Forderungen auf überholte Werte abgestellt hat oder diesbezüglich überhaupt keine berechtigte Erwartung von Mehrsteuern bestand, kommt es - wie dargestellt - nicht an. Denn die in der BFH-Rechtsprechung entwickelten Mindestbeträge der zu erwartenden Mehrsteuern werden unter Zugrundelegung der Mehrergebniserwartung, die sich im Bereich der Bewirtungskosten, der Fahrzeugkosten sowie der übrigen Beanstandungen mit Ausnahme der Forderungen ergeben, deutlich überschritten.

Im Übrigen hat der Bekl die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung auch deshalb erfüllt, weil er in der Einspruchsentscheidung dargelegt hat, dass er diese Beanstandungen - ungeachtet der Thematik der Behandlung der Forderungen - alleine für geeignet hält, das Merkmal der Erwartung „nicht unerheblicher Mehrsteuern“ i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO zu erfüllen.

d) Entgegen der Auffassung der Klägerseite ist die streitgegenständliche PA auch nicht deshalb rechtswidrig, weil für die von der PA umfassten Steuerarten und Besteuerungszeiträume Festsetzungsverjährung eingetreten wäre. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BFH die Durchführung einer AP insoweit unzulässig, als die Verjährung für die Besteuerungszeiträume, die seitens des Finanzamts der AP unterzogen werden sollen, „auf der Hand liegt“ (BFH-Beschluss vom 26. Januar 2006 VI B 89/05, BFH/NV 2006, 964). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn die Frage, ob Verjährung eingetreten ist, lässt sich in der Regel - so auch im Streitfall - erst dann zuverlässig beantworten, wenn der Sachverhalt durch die AP geklärt ist. Denn erst dann lässt sich abschließend beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine verlängerte Festsetzungsverjährungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO vorliegen (BFH-Urteile vom 23. Juli 1985 VIII R 48/85, BStBl II 1986, 433, 435; vom 3. Juli 1985 IV R 258/84, BFH/NV 1987, 685 und vom 25. Januar 1989 X R 158/87, BStBl II 1989, 483; BFH-Beschlüsse vom 30. September 1987 IV B 177/86;BFH/NV 1988, 415; vom 29. Mai 2001 VIII B 1/01, BFH/NV 2001, 1569; vom 13. Juli 2006 VII B 296/05, BFH/NV 2006, 1799 und vom 27. Mai 2005 VII B 38/04, BFH/NV 2005, 1496). Im Streitfall ist außerdem zu beachten, dass der vom Kl gestellte Antrag auf AdV der streitgegenständlichen PA gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1, 2. Fall AO einen Ablaufhemmungsgrund darstellen dürfte (vgl. hierzu: Klein/Rüsken, AO, Kommentar, 12. Auflage 2014, § 171 Rn. 65 m.w.N.).

e) Die Entscheidung über die Prüfungserweiterung ist - entgegen der Auffassung des Kl - auch nicht deshalb unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ermessensfehlerhaft, weil der Bekl - wie der Kl meint - auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen sowie der für die Jahre 2002 und 2003 beim Bekl eingereichten Gewinnermittlungen in der Lage wäre, punktuell Änderungsbescheide für den Erweiterungszeitraum zu erlassen. Diese Argumentation des Kl verkennt, dass die mit der Verwaltungsvorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO erfolgte Einschränkung des Ermessens bezüglich der Prüfungserweiterung bereits eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt, um den - auch beim von der AP betroffenen Steuerpflichtigen - entstehenden Aufwand im Zusammenhang mit der Durchführung der AP nicht bereits bei einer relativ geringfügigen Mehrergebniserwartung auszulösen. Eine weitergehende Einschränkung des dem Finanzamt eingeräumten Ermessens bezüglich der Bestimmung des Prüfungszeitraums gemäß § 194 Abs. 1 Satz 2 AO ist jedoch im Streitfall nicht vorzunehmen. Sind - wie im Streitfall - die betragsmäßigen Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO erfüllt, ist das Finanzamt grundsätzlich nicht darauf beschränkt, im Erweiterungszeitraum nur punktuell die Änderungen bezüglich der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen, die auch in dem von der bereits durchgeführten AP umfassten Prüfungszeitraum zu entsprechenden Mehrergebnissen geführt haben. Es ist dem Finanzamt bei entsprechender Mehrergebniserwartung in der Regel vielmehr unbenommen, im Erweiterungszeitraum auch zu prüfen, ob sich auch aus anderen Gründen steuerliche Änderungen ergeben, mithin eine Vollprüfung durchzuführen. Eine Ausnahme kann im Einzelfall möglicherweise gegeben sein, wenn sich - wie im Fall des vom Kl zitierten Urteils des FG Köln vom 17. Februar 2004 13 K 6366/01, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1280 - die Aspekte, die die Erwartung des steuerlichen Mehrergebnisses im Erweiterungszeitraum begründen, sich anhand schriftlicher Unterlagen unschwer überprüfen lassen. Dies ist im Streitfall im Hinblick auf den erheblichen Umfang der vom Prüfer außer den Fahrt- und Bewirtungskosten festgestellten steuererhöhenden Umstände und deren steuerliche Auswirkungen indes nicht der Fall.

f) Die angefochtene PA ist auch nicht im Hinblick auf den Einwand des Kl, der Bekl habe die streitgegenständliche PA erlassen, um den Kl zu schikanieren, rechtsfehlerhaft.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Willkür- und Schikaneverbot stellen eine Grenze der Ermessensausübung dar (BFH-Urteil vom 28. September 2011 VIII R 8/09, BStBl II 2012, 395). Diese Ermessensgrenze wird dann überschritten, wenn sich das Finanzamt bei der Anordnung einer AP maßgeblich von sachfremden Erwägungen leiten lässt und der Zweck der Prüfung der steuerlichen Verhältnisse in den Hintergrund tritt (BFH-Urteil vom 28. September 2011, am angegebenen Ort - a.a.O. -).

Der diesbezügliche Einwand ist vom Kl bereits nicht in ausreichend substantiierter Weise erhoben worden. Denn wenn ein Kl - wie vorliegend - geltend macht, die streitgegenständliche PA verstoße gegen das Willkürverbot, da der Bekl ihn ohne sachlichen Grund weit überdurchschnittlich zu AP´en heranziehe, ist von ihm, der selbst Steuerberater und außerdem fachkundig vertreten ist, zu erwarten, dass er die vom Bekl in dem Zeitraum, für den er die willkürliche Heranziehung zu AP´en rügt, angeordneten AP´en nach Umfang (Zeitraum, Steuerarten) bezeichnet und angibt, ob bzw. - wenn ja - welche steuerlichen Änderungen sich aufgrund der jeweiligen AP´en - ggf. nach Durchführung von Klageverfahren - ergeben haben. Dies hat der Kl indes nicht getan. Er hat sich insoweit vielmehr darauf beschränkt auszuführen, dass „keine wesentlichen Beanstandungen vorgelegen hätten und die inhaltliche Prüfung der Jahre 2004 bis 2006 hinsichtlich der Hinzurechnungen von Umsätzen zeige, dass im konkreten Fall über die bei den PA´en anzustellenden Ermessensgründen zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Besteuerung anzustellenden Erwägungen hinausgehende Einflüsse zum Tragen gekommen seien.“ Diese Ausführungen sind - auch in der Zusammenschau mit den weiteren vom Kl angeführten Argumenten - nicht ausreichend, um den Vorwurf willkürlichen, da schikanösen Verhaltens des Bekl beim Erlass der PA in ausreichend substantiierter Weise zu erheben. An die Kriterien der Willkür bzw. Schikane bei der Anordnung einer Prüfungserweiterung sind hohe Anforderungen zu stellen. Denn es ist zu beachten, dass die ermessenseinschränkende Verwaltungsregelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO geradezu das Bestehen eines sachlichen Grundes, nämlich die Erwartung nicht unerheblicher Mehrsteuern für den Erweiterungszeitraum verlangt und diese Voraussetzung - wie ausgeführt - im Streitfall ersichtlich erfüllt ist. Die streitgegenständliche Anordnung der Erweiterung der AP könnte selbst dann nicht als willkürlich angesehen werden, wenn die Behauptung Nr. 1a) des vom Kl in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags, wonach der BP-SGL A. bei früheren Zusammentreffen mit dem Kl bzw. mit dessen Prozessbevollmächtigten die vom Kl beschriebenen Äußerungen bzw. die Andeutungen über zukünftiges Verhalten gegenüber dem Kl gemacht hätte. Denn im Streitfall ist - gerade angesichts des Umstands, dass der sachliche Grund des § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO für eine Prüfungserweiterung erfüllt ist - nicht festzustellen, dass eine eventuelle negative Einstellung der Bediensteten des Bekl gegenüber dem Kl für den Erlass der streitgegenständlichen PA kausal war. Maßgeblich für die Erweiterung der AP erscheint vielmehr die Erwartung nicht unerheblicher Mehrsteuern im Erweiterungszeitraum. Angesichts der Höhe der ausweislich des geänderten AP-Berichts vom 16. Dezember 2010 - auch ohne Berücksichtigung der Thematik der Forderungen - zu erwartenden Mehrsteuern dürfte die Prüfungserweiterung geradezu geboten gewesen sein.

Der Beweisantrag Nr. 1b), wonach der Bekl im Rahmen des Besprechungstermins beim Bekl „auf persönliche Diffamierungen abgestellt“ habe, sowie der Beweisantrag Nr. 2) „über den Verlauf der Prüfung in den Räumen des Kl“ enthalten jeweils keine ausreichend substantiierte Tatsachenbehauptung. Die Beweiserhebung ist außerdem im Hinblick auf die hohen Anforderungen, die an den Vorwurf des willkürlichen bzw. schikanösen Erlasses einer PA über eine Prüfungserweiterung zu stellen sind, wie bereits der Beweisantrag Nr. 1a) unerheblich. Vor diesem Hintergrund ist auch darauf hinzuweisen, dass ein Steuerpflichtiger nach der Rechtsprechung des BFH keinen Anspruch auf einen bestimmten Prüfungsturnus bzw. auf eine prüfungsfreie Zeit hat (vgl. BFH-Urteile vom 2. September 1988 III R 280/84, BStBl II 1989, 4; vom 30. Juni 1989 III R 8/88; BFH/NV 1990, 273 und vom 2. Oktober 1991 X R 89/89, BStBl II 1992, 220). Auf die vom Kl mit seinem Beweisantrag Nr. 3 geäußerte Vermutung, er werde gegenüber vergleichbaren Steuerpflichtigen benachteiligt, die im Übrigen einen bloßen sog. Ausforschungsbeweisantrag darstellt, kommt es daher ebenfalls nicht an.

Aufgrund der damit gegebenen Unerheblichkeit für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens war den vom Kl in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nicht nachzukommen (vgl. BFH-Urteile vom 19. September 1985 VII R 164/84, BFH/NV 1986, 674 und vom 13. März 1996 II R 39/94, BFH/NV 1996, 757).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO gegeben sind.