LG Rostock, Urteil vom 18.07.2014 - 3 O 195/13 (3)
Fundstelle
openJur 2016, 7517
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 % des vollstreckendes Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist in die vom Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Die Klage richtet sich gegen zwei Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, einem Erdgasversorger, der seine Dienstleistungen auch gegenüber Endverbrauchern erbringt.

So heißt es in Ziffer 3.1. der AGB der Beklagten:

"Dem Kunden steht im Falle einer Preisänderung das Recht zu, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist außerordentlich auf das Datum des Wirksamwerdens der Preisänderung zu kündigen."

In Ziffer 10.2. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten heißt es:

"Anpassungen des Vertrages, ausgenommen Preisanpassungen und vertragswesentliche Regelungen, werden dem Kunden mit einer Frist von mindestens 6 Wochen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens schriftlich mitgeteilt. In diesem Fall ist der Kunde berechtigt, den Vertrag in Textform ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Inkrafttreten der Anpassung zu kündigen. Kündigt er den Vertrag nicht, so treten die Anpassungen ab dem in der Mitteilung genannten Zeitpunkt in Kraft. Die W. AG ist verpflichtet, den Kunden in der schriftlichen Mitteilung auf die Bedeutung seines Schweigens hinzuweisen."

Der Kläger meint, dass diese beiden Klauseln im Sinne der § 307ff BGB unwirksam seien, so dass ein Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG begründet sei. Insbesondere verstoße die Klausel gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG. Nach der letztgenannten Norm sei der Verbraucher zur Kündigung des Vertrages berechtigt, bei einseitiger Änderung der Lieferbedingungen ohne das eine Einschränkung der Kündigung nur bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Preiserhöhung möglich sei. Dem würden die beiden Klauseln entgegenstehen, da danach eine Kündigung im Zusammenhang mit einseitigen Vertragsbeendigungen durch die Beklagte nach dem Zeitpunkt der Preisänderung ausgeschlossen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festsetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an der Geschäftsführung, zu unterlassen, bei mit Verbrauchern geschlossenen Verträgen über die Lieferung von Erdgas, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartige Verträge zu berufen:

1."(3.1) Dem Kunden steht im Falle einer Preisänderung das Recht zu, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist außerordentlich auf das Datum des Wirksamwerdens der Preisänderung zu kündigen."2."(10.2) Anpassungen des Vertrages ausgenommen Preisanpassungen und vertragswesentliche Regelungen, werden dem Kunden mit einer Frist von mindestens 6 Wochen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens schriftlich mitgeteilt. In diesem Fall ist der Kunde berechtigt, den Vertrag in Textform ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Inkrafttreten der Anpassung zu kündigen. Kündigt er den Vertrag nicht, so treten die Anpassungen ab dem in der Mitteilung genannten Zeitpunkt in Kraft. Die WEMAG AG ist verpflichtet, den Kunden in der schriftlichen Mitteilung auf die Bedeutung seines Schweigens hinzuweisen."Die Beklagte beantragt die Klageabweisung.

Sie ist der Auffassung, dass die streitigen Klauseln wirksam seien, da sie der Regelung des § 5 Abs. 3 Gas-GVV entspreche. Diese Regelung verstoße auch nicht gegen § 41 Abs. 3 EnWG. So sei die nähere Ausgestaltung des Kündigungsrecht gemäß § 41 Abs. 5 EnWG einer Rechtsverordnung vorbehalten. Die Rechtsverordnung stelle eben § 5 Abs. 3 Gas-GVV dar, so dass diese Norm in Umsetzung des Sinns und Zweck des § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG formuliert worden sei.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlag, da dieser in der vom Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierte Einrichtungen nach § 4 UKlag eingetragen ist.

Es besteht jedoch kein Anspruch darauf, der Beklagten die Nutzung der streitigen Klauseln zu untersagen. Die Klauseln verstoßen nicht gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 41 Abs. 2 Satz 2 EnWG. Zwar lässt die letztgenannte Norm eine Kündigung auch über dem Zeitraum der Vertragänderung hinaus zu. Jedoch hat der Gesetzgeber in § 41 Abs. 5 EnWG das dort genannte Bundesministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen auch über die Beendigung der Verträge zu treffen. Diese Ermächtigung ist durch nichts eingeschränkt. Damit war das entsprechende Ministerium auch ermächtigt, Einschränkungen des Kündigungszeitraumes des § 41 Abs. 3 durch Rechtsverordnung vorzunehmen. Dies ist dann in § 5 Abs. 2 Satz 2 Gas-GVV geschehen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber mit dieser Regelung gegen seine Ermächtigung aus § 41 Abs. 5 EnWG verstoßen hat. Somit hat die Verordnungsnorm aus § 5 Abs. 3 Gas-GVV auch nicht der in Gesetzesnorm aus § 41 Abs. 3 EnWG zu weichen. Die Beklagte hat die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 Gas-GVV inhaltlich in die angegriffenen AGB übernommen. Da der § 5 Abs. 3 Satz 2 Gas-GVV nicht zu beanstanden ist, ist auch die Übernahme in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht zu beanstanden.

Die Nebenentscheidungen ergehen gemäß § 91, 97 ZPO.

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