FG Hamburg, Urteil vom 05.04.2016 - 6 K 81/15
Fundstelle
openJur 2016, 10101
  • Rkr:
Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Ausübung von Aktienoptionen (sog. Stock Options) beim Kläger im Streitjahr zu steuerbaren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geführt hat.

Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war von 2000 bis zum ... 2005 Arbeitnehmer der A GmbH (heute: B GmbH, im Folgenden: B-GmbH). Zusätzlich zu seinem regulären Gehalt erhielt er auf der Grundlage von Aktienoptionsplänen am 28.11.2000, 28.11.2001, 20.11.2002 und am 19.11.2003 Optionsrechte zum Kauf von Aktien (sog. "Stock Options") der Muttergesellschaft der B-GmbH, der ehemaligen X, ..., Frankreich. In dem Aktienoptionsplan wurde erläutert, wie die Optionsrechte ausgeübt werden können. Außerdem ist folgende Erläuterung enthalten:"Sie dürfen Ihre Optionen nur persönlich als Optionskäufer ausüben und Sie dürfen sie nicht übertragen."

Am ... 2004 schloss der Kläger mit seiner Mutter folgenden Optionsabtretungs- und Treuhandvertrag ab:"1. PräambelDem Treuhänder wurden im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses durch A GmbH in den Jahren 2000 bis 2003 insgesamt 12.734 Optionen zum Erwerb von Aktien der X zu unterschiedlichen Optionspreisen zwischen EUR 13,35 und 34,89 ("Exercise Price", s. Anlage) gewährt. Die Optionen können zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwischen dem 28. November 2004 und dem 19. November 2011 ausgeübt werden ("Exercise Period"), sofern das Arbeitsverhältnis unverändert besteht oder das Unternehmen, das die Optionen gewährt hat, aus dem X-Konzern veräußert wird.Der Treuhänder befindet sich derzeit in Verhandlungen mit A GmbH über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Bestandteil des Aufhebungsvertrags soll neben einem Abfindungsbetrag auch die eventuelle Mitnahme der Optionsrechte sein.

2. OptionsabtretungSollte es dem Treuhänder gelingen, die Mitnahme der Optionen mit A GmbH zu verhandeln, tritt er hiermit sämtliche Rechte aus den Optionen an die Treugeberin ab. Die Treugeberin nimmt die bedingte Abtretung hiermit an. Auf Basis des aktuellen Kurses der X Aktie von EUR ... und einem Abzinsungssatzes von 5,5% bis zum erstmaligen Optionszeitpunktes zahlt die Treugeberin an den Treuhänder im Fall der Zustimmung zur Mitnahme durch A GmbH einen Einmalbetrag vonEUR 7.938,09(siebentausendneunhundertachtunddreißig 09/100).Der Betrag ist innerhalb von vier Wochen nach Zustimmung zur Mitnahme durch A GmbH auf das Konto des Treugebers [handschriftlich und unter Beifügung der Unterschrift des Klägers und des Datums ... 04 geändert in: "Treuhänders"] (Nr. ... bei Bank C ...) zahlbar.

3. TreuhandvertragDer Treuhänder tritt nach außen unverändert als Inhaber der Optionsrechte auf. Erklärungen und Verfügungen im Zusammenhang mit den Optionen dürfen ab sofort nur nach Abstimmung mit der Treugeberin vorgenommen werden.Abgaben, Steuern und sonstige Kosten im Zusammenhang mit dem Treuhandverhältnis sind von der Treugeberin zu tragen.

4. Salvatorische KlauselSollten einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung unwirksam sein, behalten die übrigen Bestimmungen unverändert Gültigkeit. Änderungen zu dieser Vereinbarung bedürfen der Schriftform."

Am ... 2004 unterzeichneten der Kläger und seine Arbeitgeberin einen arbeitsvertraglichen Aufhebungsvertrag. Der Kläger ergänzte unter seiner Unterschrift:"vorbehaltlich der Zustimmung von X zu § 6 des Vertrags"

In § 6 des Aufhebungsvertrages ist folgende Regelung enthalten:"A wird sich gegenüber dem Gesellschafter dafür einsetzen, dass die Herrn D in den Vorjahren erteilten Aktienoptionsrechte der X Herrn D erhalten bleiben."

Am 09.11.2004 überwies die Mutter dem Kläger den für die Abtretung vereinbarten Betrag von 7.938,09 €.

Am 15.11.2004 erhielt der Kläger die schriftliche Genehmigung der X zur Mitnahme der Optionen.

Am 27.11.2006 wurde ein Teil der Optionen eingelöst. Der Kläger leitete den ihm am 29.11.2006 überwiesenen Nettoerlös i. H. v. 57.596,95 € an seine Mutter, die Treugeberin, am 01.12.2006 weiter.

Am 01.03.2011 schrieb die Mutter an den Kläger folgende Mail:"Lieber ..., tel. konnte ich Dich nicht erreichen, deshalb bitte ich Dich auf diesem Wege, die X-Optionen zu verkaufen."

Der Kläger erhielt am 09.12.2011 einen Betrag in Höhe von 55.246,17 € aus der Einlösung der Optionen zzgl. 278,55 € zu erstattender Mahnkosten auf seinem Konto gutgeschrieben. Am 19.12.2011 überwies er den Betrag von 55.246,17 € an seine Mutter.

Die Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärung 2011 am 22.10.2012 beim Beklagten ab. Durch den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 04.07.2014 wurden bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit neben dem erklärten Arbeitslohn die Zuflüsse aus den Stock Options in Höhe von 50.979,40 € und 55.246,17 € berücksichtigt.

Der Einspruch der Kläger vom 25.07.2014 ging am 29.07.2014 beim Beklagten ein. Durch die Einspruchsentscheidung vom 17.02.2015 wurde der Einkommensteuerbescheid 2011 geändert. Es wurde nunmehr nur noch ein Zufluss aus der Einlösung der Optionen in Höhe von 55.246,17 € zu Grunde gelegt.

Hiergegen haben die Kläger am 18.03.2015 Klage erhoben. Die Kläger tragen zur Begründung vor, dass nicht dem Kläger, sondern der Mutter als Treugeberin die Erlöse aus der Ausübung der Aktienoptionen in 2011 zugeflossen seien, da er, der Kläger, seine Rechte durch den Treuhandvertrag vom ... 2004 auf seine Mutter übertragen habe. Der Treuhandvertrag entspreche einem Drittvergleich und sei auch tatsächlich durchgeführt worden. Er, der Kläger, habe damals Geld gebraucht, um eine neue wirtschaftliche Existenz aufbauen zu können. In diesem Zusammenhang habe er mit seiner Mutter den Vertrag abgeschlossen. Seine Mutter sei zu diesem Zeitpunkt bereits Aktionärin bei X gewesen und sei, anders als er, von einer erfolgreichen Entwicklung des Unternehmens ausgegangen. Bei der Bestimmung des Preises seien er und seine Mutter von der prognostizierten Entwicklung ausgegangen, dabei sei ein objektiver und fairer Preis beabsichtigt gewesen, weil seine Mutter auf eine gerechte Behandlung ihrer ... Kinder bestanden habe. Es sei damals nicht absehbar gewesen, dass sich die Optionen so positiv entwickeln würden. In 2004 sei er, der Kläger, davon ausgegangen, dass der von der Mutter gezahlte Betrag allenfalls gem. § 23 EStG steuerbar sei. Da er zu der Zeit aber Verluste aus Spekulationsgeschäften gehabt habe, sei er von einer Verrechnungsmöglichkeit ausgegangen. Dieses habe er dem Finanzamt auch erklärt. Warum diese Erklärung von ihm sich nicht in den vorliegenden Steuerakten befinde, könne er weder nachvollziehen, noch könne er dieses jetzt noch aufklären, da er keine Unterlagen mehr aus 2004 habe.

Das in seinem Arbeitsvertrag enthaltene Abtretungsverbot sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Zivilrecht unwirksam gewesen und hätte damit einer Übertragung nicht entgegengestanden. Er habe die Übernahme der Optionsrechte erst relativ spät als Forderung in die Vertragsverhandlungen über den arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag eingebracht. Denn er sei nicht von einem großen Wert dieser Optionen ausgegangen. Aus dem Aufhebungsvertrag ergebe sich, dass sich seine Arbeitgeberin lediglich dafür einsetzen werde, dass ihm die Optionen erhalten blieben. Er habe zu keinem Zeitpunkt ein Abtretungsverbot vereinbart. Die Optionsprogramme seien offenbar freihändig von der X entwickelt worden. Vereinbarungen seien in diesem Zusammenhang nicht unterschrieben worden. Ein Abtretungsverbot sei auch nicht Bestandteil seines Arbeitsvertrags gewesen. Es sei auch nicht üblich, solche Abtretungsverbote mit Führungskräften zu vereinbaren. Es könne daher allenfalls eine formularmäßige Regelung vorhanden sein. Eine solche sei aber unwirksam, denn sie setze ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers voraus. In diesem Falle müsse gesehen werden, dass ein solches Interesse spätestens beim Ausscheiden des Arbeitnehmers nicht mehr bestehen könne. Auch müsse einbezogen werden, dass nicht der Arbeitgeber, sondern die französische Konzernmutter die Optionen gewährt habe. In der Zustimmung der X vom 15.11.2004 müsse deshalb auch gleichzeitig die Freigabe gesehen werden. Diese Fragen seien im Rahmen der Gespräche über den Aufhebungsvertrag nicht thematisiert worden, da die Arbeitgeberin der falsche Adressat gewesen wäre. Hätte er, der Kläger, das Abtretungsverbot angesprochen, wäre ein solches sicherlich aufgehoben worden, denn er habe bis zum Ende seiner Tätigkeit ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Arbeitgeberin unterhalten. Es müsse auch einbezogen werden, dass die Optionen im Gegensatz zu Beteiligungen keine umfangreichen Informations- und Stimmrechte begründet haben.

Außerdem sei gem. § 41 Abgabenordnung (AO) auch im Falle eines unwirksamen Rechtsgeschäftes dieses für die Besteuerung maßgeblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Geschäftes gleichwohl eintreten und bestehen ließen, was hier der Fall gewesen sei. Es komme daher nicht darauf an, ob es ein Abtretungsverbot gegeben habe oder ein solches wirksam sei. § 41 AO sei auch im Streitfall anwendbar. Der Beklagte gehe irrig von einem zu engen Anwendungsbereich aus. Das Rechtsgeschäft sei auch grundsätzlich erfüllbar gewesen, denn durch Genehmigung sei das Geschäft von Anfang an wirksam gewesen.

Sollte von der Unwirksamkeit der Abtretung ausgegangen werden, müsse einbezogen werden, dass dann eine Schadensersatzpflicht gegenüber seiner Mutter entstanden sei. Dieser Schadensersatz müsse dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit berücksichtigt werden.

Die Kläger beantragen,den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 04.07.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.02.2015 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um 55.246 € niedriger berücksichtigt werden und die Einkommensteuer dementsprechend niedriger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung vom 17.02.2015 und sein Schreiben vom 10.10.2014. Der als Treuhandvertrag bezeichnete Vertrag sei nicht als Treuhandverhältnis im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO anzuerkennen. Insbesondere sei die Mutter des Klägers durch den als Treuhandvertrag bezeichneten Vertrag nicht in der Lage gewesen, das Treuhandverhältnis zu beherrschen. Sie habe nicht die Möglichkeit gehabt, das Treugut jederzeit herauszuverlangen. Eine wirksame Übertragung der Rechte scheitere an dem arbeitsvertraglich vereinbarten Abtretungsverbot. Durch dieses Abtretungsverbot verliere die Lohnforderung des Klägers ihre Verkehrsfähigkeit. Der Kläger sei deswegen auch nicht in der Lage gewesen, seine Rechte auf seine Mutter zu übertragen, und somit sei der Kläger auch nach Abschluss des Vertrags in 2004 Inhaber aller Rechte geblieben. Die Gewinne aus den Optionen seien deshalb beim Kläger steuerpflichtiger Arbeitslohn und nach dem Zuflussprinzip zu versteuern. Dabei entstehe der Zufluss erst bei Ausübung der Option und entsprechendem Erwerb der Aktien. Die Höhe des lohnwerten Vorteils berechne sich aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Basispreis und dem bei Ausübung des Optionsrechts bestehenden Kurswert der Aktien.

Das Abtretungsverbot sei auch wirksam vereinbart worden, denn dies könne sowohl individuell im Arbeitsvertrag als auch durch eine gesonderte Abrede zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, durch Betriebsvereinbarung oder in allgemeinen Geschäftsbedingungen geschehen. Eine allgemeine Klausel über ein Abtretungsverbot sei nur dann gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht bestehe oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiege.

§ 41 AO komme nicht zur Anwendung. Voraussetzung hierfür sei ein unwirksamer Vertrag, welcher aber grundsätzlich erfüllt werden könne und tatsächlich erfüllt worden sei. Hieran fehle es im Streitfall. Das Abtretungsverbot verhindere, dass der Kläger die ihm gewährten Optionsrechte wirksam auf Dritte übertragen könne. Habe er sich hierzu trotzdem vertraglich verpflichtet, sei ihm die Primärleistungspflicht von Anfang an unmöglich gewesen, und seine Mutter habe deshalb auch nicht die Erfüllung verlangen und die Ausübung der Optionsrechte beherrschen können.

Auf die Sitzungsniederschriften des Erörterungstermins vom 11.09.2015 und der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2016 wird verwiesen.

Dem Gericht haben die Einkommensteuerakten Band II, III und VIII, die Rechtsbehelfsakte und die Akte Allgemeines zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Unrecht bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit für 2011 gemäß § 19 EStG einen zusätzlichen Arbeitslohn i. H. v. 55.246 € berücksichtigt.

1. Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Dementsprechend kann auch die Gewährung eines Optionsrechts zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit führen.

a) Werden einem Arbeitnehmer im Hinblick auf das Dienstverhältnis Aktien vom Arbeitgeber oder einem Dritten verbilligt überlassen, stellt der Preisnachlass Arbeitslohn dar. Dieser fließt, wenn die Verschaffung der Aktien auf einer zuvor eingeräumten Option beruht, allerdings nicht schon mit der Einräumung des Rechts, zu einem späteren Zeitpunkt Aktien verbilligt zu erwerben, zu, sondern erst mit Ausübung der Option durch den verbilligten Erwerb der Aktien selbst, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Denn der für den Zufluss von Arbeitslohn maßgebliche geldwerte Vorteil in Form des auf den Aktienerwerb gewährten Preisnachlasses gelangt regelmäßig erst aufgrund der Ausübung der Option in das wirtschaftliche Eigentum des Arbeitnehmers (vgl. BFH-Urteile vom 24.01.2001 I R 119/98, BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512; vom 20.06.2001 VI R 105/99, BFHE 195, 395, BStBl II 2001, 689; vom 20.11.2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382; BFH, vom 18.09.2012 VI R 90/10, BFHE 239, 221, BStBl II 2013, 289). In Übereinstimmung hiermit hat die Rechtsprechung die Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, noch nicht als Zufluss angesehen (BFH-Urteil vom 03.07.1964 VI 262/63 U, BFHE 81, 225, BStBl III 1965, 83), selbst wenn der Arbeitgeber interne Maßnahmen getroffen hat, mittels deren der Anspruch, der dem Arbeitnehmer eingeräumt wurde, finanziell abgesichert wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber mit seinen Leistungen dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen einen Dritten verschafft. Aber auch in diesem Fall wird nicht auf Ansprüche, sondern auf Zuflüsse abgestellt (vgl. BFH, Beschluss vom 23.07.1999 VI B 116/99, BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684).

b) Die Einräumung einer Option durch den Arbeitgeber bewirkt nicht etwa deshalb einen Lohnzufluss, weil ein Optionsrecht ein bewertbarer Vermögensgegenstand ist. Denn es kommt weder darauf an, ob ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber ein Wirtschaftsgut darstellt, noch darauf, wie schwer er zu bewerten ist. Vielmehr ist bei Ansprüchen aus einem Optionsrecht wie bei anderen noch nicht erfüllten Ansprüchen aus dem Dienstverhältnis einheitlich auf den Zufluss abzustellen. Entscheidend ist, dass für Bar- wie Sachlohn nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung das Realisierungsprinzip gilt, wonach nicht schon das Einräumen von Ansprüchen, sondern erst deren Erfüllung einen Zufluss bewirkt (vgl. BFH, Beschluss vom 23.07.1999 VI B 116/99, BFHE 189, 403, BStBl II 1999, 684 und BFH- Urteil vom 20.06.2001 VI R 105/99, BFHE 195, 395, BStBl II 2001, 689).

2. Im Streitfall liegen keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit durch die Auszahlung des Betrages von 55.246 € an den Kläger vor. Dieser Betrag ist dem Kläger nicht als geldwerter Vorteil im Streitjahr zugeflossen.

a) Der Vorteil aus einer Optionsgewährung fließt dem Arbeitnehmer als Optionsnehmer nicht nur dadurch zu, dass er die Optionsrechte ausübt, sondern auch dadurch, dass der Arbeitnehmer die Optionsrechte anderweitig verwertet. Eine solche anderweitige Verwertung liegt regelmäßig vor, wenn der Arbeitnehmer über das Recht verfügt, so etwa, wenn der Arbeitnehmer auf ein ihm zugewandtes Aktienankaufsrecht gegen Entgelt verzichtet (BFH-Urteil vom 19.06.2008 VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826). Denn auch durch solche anderweitigen Verwertungen dieser Optionsrechte kann der Arbeitnehmer den diesen innewohnenden Wert realisieren (BFH-Urteil vom 18.09.2012 VI R 90/10, BFHE 239, 221, BStBl II 2013, 289).

Der einkommensteuerrechtlich maßgebende Zuflusszeitpunkt des aus einer Option stammenden Vorteils richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Verwertung des Rechts. Das ist im Falle der Optionsausübung regelmäßig der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien, nämlich der Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers (BFH-Urteil vom 20.11.2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382). Soweit der Arbeitnehmer über das Optionsrecht anderweitig verfügt, ist der Vorteil aus der Verwertung dieses Rechts im Zeitpunkt der Verfügung darüber zu erfassen, nämlich im Zeitpunkt der Übertragung des Rechts (BFH-Urteil vom 23.06.2005 VI R 10/03, BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770). Der Vorteil aus der Verwertung des Optionsrechts ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Verfügung darüber zugeflossen und auch auf diesen Zeitpunkt zu bewerten. Entscheidend ist demnach der Wert des Optionsrechts im Zeitpunkt der Übertragung (BFH-Urteil vom 18.09.2012 VI R 90/10, BFHE 239, 221, BStBl II 2013, 289).

b) Dem Kläger ist der Arbeitslohn aus den Stock Options in Höhe von 7.938,09 € bereits im Zeitpunkt der Erfüllung des mit seiner Mutter abgeschlossenen Optionsabtretungs- und Treuhandvertrages, spätestens im Zeitpunkt der Genehmigung durch die X am 15.11.2004, zugeflossen.

Es ist nicht erheblich, ob der Kläger den 2004 entstandenen Arbeitslohn tatsächlich versteuert hat bzw. der Kläger den relevanten Sachverhalt dem damals zuständigen Finanzamt ordnungsgemäß mitgeteilt hat. Dies wäre ggf. gem. § 174 AO nachzuholen, führt aber nicht zu einer anderen Qualifikation im Streitjahr 2011.

aa) Es liegt ein schriftlicher Optionsabtretungs- und Treuhandvertrag des Klägers mit seiner Mutter vor. Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger tatsächlich mit seiner Mutter diesen Vertrag am ... 2004 abgeschlossen hat. Es gibt für das Gericht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mutter etwa im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht mehr geschäftsfähig gewesen sein könnte.

bb) Sowohl die Übertragung der Rechte aus Aktienoptionen als auch der Treuhandvertrag waren wirksam. Insbesondere ergibt sich die Unwirksamkeit nicht aus einem Abtretungsverbot, durch welches der Kläger an seiner Verfügung gehindert worden wäre.

Es ist bereits fraglich, ob ein Abtretungsverbot überhaupt Vertragsbestandteil anlässlich der Einräumung der Aktienoptionen geworden ist. Ein solches Abtretungsverbot könnte allenfalls als Bestandteil Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) Vertragsbestandteil geworden sein, denn der Kläger hat glaubhaft und unbestritten vorgetragen, dass er keine diesbezügliche Vereinbarung ausdrücklich vereinbart hat. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen solcher AGB trägt indes der Beklagte.

Grundsätzlich ist in AGB sowohl die Vereinbarung eines abgeschwächten als auch eines uneingeschränkten Abtretungsausschlusses möglich. Eine derartige Klausel ist nur dann nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen (BGH-Urteil vom 13.07.2006 VII ZR 51/05, BB 2006, 2379).

Im Streitfall könnte die Vereinbarung eines Abtretungsverbotes als allgemeine Geschäftsbedingung zulässig gewesen sein, da bei der Einräumung der Optionsrechte ein Interesse des Arbeitgebers des Klägers und der X an der Mitarbeiterbindung und Motivation bestanden haben kann.

41Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob ein solches Abtretungsverbot tatsächlich Bestandteil der Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin geworden ist. Denn in jedem Fall ist dieses Abtretungsverbot im Rahmen der Verhandlungen über den arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag später konkludent aufgehoben worden. Durch die Aufhebung des Arbeitsvertrages konnte die ursprüngliche Intention des Abtretungsverbotes, die Bindung des Mitarbeiters an seinen Arbeitgeber, nicht mehr erreicht werden. Sowohl für die Arbeitgeberin als auch für die X war es nach der Aufhebung des Arbeitsvertrages unerheblich, ob der Kläger oder ein Dritter die Optionen ausüben würde. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Mutter des Klägers bereits Aktionärin des Konzerns war. Insofern wäre es rechtsmissbräuchlich gewesen, wenn sich die X nach der Aufhebung des Arbeitsvertrages und ihrer Genehmigung zum Verbleib der Optionsrechte beim Kläger auf ein etwaiges Abtretungsverbot berufen hätte. Das Abtretungsverbot ist spätestens ab dem Zeitpunkt der Aufhebung des Arbeitsvertrags unwirksam geworden. Werden AGB für verschiedene Arten von Geschäften oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet, deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschiedlich gelagert sind, so ist die Abwägung in den durch die am Sachgegenstand orientierte typische Interessenlage gebildeten Vertrags- oder Fallgruppen vorzunehmen und kann zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen (BGH-Urteil vom 09.02.1990 V ZR 200/88, BGHZ 110, 241-246 noch zu § 9 AGBG).

cc) Der Optionsabtretungs- und Treuhandvertrag ist auch tatsächlich durchgeführt worden. Der Kaufpreis ist gezahlt worden. Die Mutter des Klägers hat den Kläger angewiesen, die Optionen auszuüben, und der Kläger hat seiner Mutter die entsprechenden Erträge, die er überwiesen bekommen hat, in 2006 und im Streitjahr innerhalb von wenigen Tagen weitergeleitet.

dd) Es ergeben sich im Streitfall auch keine Besonderheiten dadurch, dass es sich um einen Vertrag zwischen nahen Angehörigen handelt. Der Vertrag entspricht einem Drittvergleich. Maßgebend für die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Die einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs sind als Beweisanzeichen im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen. Kein Kriterium hat den Rang eines Tatbestandsmerkmals, so dass nicht jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen ohne Weiteres die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses ausschließt (BFH-Beschluss vom 23.12.2013 III B 84/12, juris, unter Hinweis auf vgl. BFH-Urteile vom 13.07.1999 VIII R 29/97, BFHE 191, 250, BStBl II 2000, 386; vom 17.07.2013 X R 31/12, BFH/NV 2013, 1968; vgl. auch BFH-Urteil vom 29.10.1997 I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573).

Die Gesamtheit der Kriterien spricht für einen positiven Drittvergleich. Insbesondere sprechen hierfür die schriftliche Vereinbarung im Vorwege, die tatsächliche Durchführung und die angemessene inhaltliche Ausgestaltung. Die Beteiligten wollten einen angemessenen Kaufpreis vereinbaren. Der Kläger hat überzeugend dargelegt, wie er und seine Mutter damals den Preis im Vertrag bestimmt haben. Es ergeben sich weder Anhaltspunkte aus der Akte, noch hat der Beklagte Argumente vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass bei Abschluss des Optionsabtretungs- und Treuhandvertrags in 2004 ein anderer Preis angemessen gewesen wäre. Entscheidend ist zudem, dass es sich um einen Vertrag zwischen einer Mutter und ihrem erwachsenen Sohn handelt und deshalb nicht zwingend davon ausgegangen werden kann, dass kein Interessengegensatz zwischen ihnen bestanden hätte. Der Kläger hat glaubhaft vorgetragen, dass seine Mutter darauf bedacht gewesen war, ihre ... Kinder gleich zu behandeln, und sie dem Kläger keinen Vermögensvorteil zuwenden wollte. Der Umstand, dass der Kläger und seine Mutter nahe Angehörige sind, ändert an dieser Beurteilung nichts. Denn sie verfolgten gegensätzliche Interessen und verhielten sich dabei nicht wie nahe Angehörige, sondern traten sich wie fremde Dritte gegenüber (vgl. z. B. auch BFH-Urteil vom 16.05.2013 IV R 6/10, BFH/NV 2013, 1584).

ee) Die Frage, ob § 41 AO auch dann anwendbar ist, wenn der Kläger auf Grund eines bestehenden Abtretungsverbotes nicht wirksam über seine Optionen hätte verfügen können, ist nicht entscheidungserheblich.

II.

Die Ermittlung der festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO übertragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

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