LG Hamburg, Urteil vom 24.03.2016 - 313 O 81/15
Fundstelle
openJur 2016, 6771
  • Rkr:
Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.543,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz

auf 1.137,26 € seit dem 05. September 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 26. September 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 30. Oktober 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 28. November 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 27. Dezember 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 31. Januar 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 25. Februar 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 02. April 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 02. Mai 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 29. Mai 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 28. Juni 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 08. August 2013,

auf 2.274,52 € seit dem 23. Oktober 2013,

auf 4.540,04 € seit dem 28. November 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 22. Januar 2014 und

auf 935,43 € seit dem 21. Februar 2014

zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 22.543,37 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten Rückzahlung auf eine Ratenvereinbarung geleisteter Zahlungen nach Insolvenzanfechtung.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der i.H. GmbH & Co KG (im Folgenden auch: Schuldnerin). Das Insolvenzverfahren wurde am 15. Juli 2014 eröffnet.

Bei der Schuldnerin liefen seit November 2011 Steuerverbindlichkeiten auf. Zum Umfang dieser Verbindlichkeiten wird Bezug genommen auf die Anlage K 4. Mit Schreiben vom 6. Juni 2012 wurde der Schuldnerin ein Vollstreckungsaufschub gewährt. Es wird für den näheren Inhalt des Schreibens Bezug genommen auf die Anlage K 5.

Die Schuldnerin und der Beklagte schlossen am 12. März 2012 einen Vertrag mit dem der Beklagte als Marketing Director bei der Schuldnerin engagiert wurde. Für die Einzelheiten des Vertrages wird Bezug genommen auf die Anlage B 1. Auf Grundlage dieses Vertrages stellte der Beklagte der Schuldnerin Rechnungen am 3. Mai 2012 über 5.708,76 €, am 5. Juni 2012 über 12.449,41 €, am 27. Juli 2012 über 2.786,24 € und am selben Tag über weitere 2.237,20 €. Die Rechnungsbeträge waren mit Stellung der jeweiligen Rechnung fällig. Zahlungen hierauf erfolgten nicht. Die Schuldnerin kündigte mit Schreiben vom 14. August 2012 mit Wirkung zum Ende desselben Monats das Vertragsverhältnis.

Die Schuldnerin und der Beklagte verhandelten sodann darüber, wie die offenen Forderungen des Beklagten beglichen werden könnten. Der Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 5. September 2012 wie folgt an die Schuldnerin:

"So wie alle anderen Mitglieder unserer marktwirtschaftlichen Gesellschaft gehe ich finanzielle Verpflichtungen ein, in dem Vertrauen, dass meine Forderungen ebenfalls entsprechend den Gepflogenheiten unter ehrbaren Kaufleuten bedient werden...Ich will also keine Ausflüchte, keine Begründungen, warum etwas nicht geht, ich möchte nur noch mein mir zustehendes Geld. Sollte ich das nicht bekommen, halte ich es für meine kaufmännische Pflicht dazu beizutragen, dass Wirtschaftssubjekte, die das für wirtschaftliches Handeln notwendige Vertrauen missbrauchen aus dem Wirtschaftskreislauf entfernt werden. Dazu gibt es in unserer Jurisdiktion Gott sei Dank eine Vielzahl von Spielregeln, die sie besser beherrschen als ich."

Die Schuldnerin leistete an den Beklagten folgende Zahlungen:

i.H.v. 1.137,26 € am 05. September 2012,

i.H.v. 1.137,26 € am 26. September 2012,

i.H.v. 1.137,26 € am 30. Oktober 2012,

i.H.v. 1.137,26 € am 28. November 2012,

i.H.v. 1.137,26 € am 27. Dezember 2012,

i.H.v. 1.137,26 € am 31. Januar 2013,

i.H.v. 1.137,26 € am 25. Februar 2013,

i.H.v. 1.137,26 € am 02. April 2013,

i.H.v. 1.137,26 € am 02. Mai 2013,

i.H.v. 1.137,26 € am 29. Mai 2013,

i.H.v. 1.137,26 € am 28. Juni 2013,

i.H.v. 1.137,26 € am 08. August 2013,

i.H.v. 2.274,52 € am 23. Oktober 2013,

i.H.v. 4.540,04 € am 28. November 2013,

i.H.v. 1.137,26 € am 22. Januar 2014 und

i.H.v. 935,43 € am 21. Februar 2014,

in Höhe von insgesamt 22.543,37 €.

Der Kläger hat am 21. Mai 2015 gegen den Beklagten Klage erhoben.

Der Kläger beantragt,

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.543,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz

auf 1.137,26 € seit dem 05. September 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 26. September 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 30. Oktober 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 28. November 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 27. Dezember 2012,

auf 1.137,26 € seit dem 31. Januar 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 25. Februar 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 02. April 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 02. Mai 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 29. Mai 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 28. Juni 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 08. August 2013,

auf 2.274,52 € seit dem 23. Oktober 2013,

auf 4.540,04 € seit dem 28. November 2013,

auf 1.137,26 € seit dem 22. Januar 2014 und

auf 935,43 € seit dem 21. Februar 2014

zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, es sei bereits am 14. August 2012 eine Ratenzahlungsvereinbarung zwischen der Schuldnerin und ihm getroffen worden. Im Übrigen habe ein Sanierungskonzept für die Schuldnerin vorgelegen. Schlussendlich habe er keinen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehabt.

Es wird für den Vortrag der Parteien ergänzend auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung wechselseitigen Schriftsätze nebst beigefügter Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 22.543,37 € gem. §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO zu.

Voraussetzung hierfür ist, dass die Schuldnerin eine für die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger nachteilige Rechtshandlung vorgenommen hat mit dem Vorsatz ihre Gläubiger insgesamt zu benachteiligen. Die Handlung muss im maßgeblichen Anfechtungszeitraum vorgenommen worden sein und der Gegner muss Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt haben. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

1. Die geleisteten Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar. Infolge des Vermögensabflusses haben die Zahlungen eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO bewirkt. (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 8 m.w.N. - juris). Darauf, ob tatsächlich und in welcher Form bereits am 14. August 2012 eine Ratenzahlungsvereinbarung zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten getroffen worden ist, kommt es nicht an.

2. Den Zahlungen der Schuldnerin hat jeweils ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz zugrunde gelegen. Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Hierfür spricht einerseits, dass die durch den Beklagten erlangten Zahlungen inkongruent waren (a) und andererseits, dass die Schuldnerin die Zahlungen im ihr bekannten Stadium der Zahlungsunfähigkeit erbracht hat (b).

(a) Verschafft ein Schuldner seinem Gläubiger eine inkongruente Deckung, ist dies ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz (BGH, ZinsO 2006, 94). Inkongruent ist eine Deckungshandlung, wenn der Gläubiger im Zeitpunkt der Vornahme der Handlung, ausgehend von dem zwischen ihm und dem Schuldner vereinbarten Schuldverhältnis im maßgeblichen Zeitpunkt entweder überhaupt keinen Anspruch auf Deckung hatte oder jedenfalls das Erlangte in dieser Form oder zu dieser Zeit nicht beanspruchen konnte (Rogge in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 131 Rn. 3). Hierunter fällt auch eine Handlung, die der Schuldner zur Abwendung der angedrohten Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbringt (BGH aaO). Es reicht dafür aus, dass der Gläubiger gleichsam "zwischen den Zeilen" ein solches Vorgehen in Aussicht stellt (BGH MDR 2013, 743, juris). So liegen die Dinge hier.

Die Schuldnerin leistete Zahlungen an den Beklagten, nachdem dieser ihr mit Schreiben vom 5. September 2012 zumindest "durch die Blume" mit der Stellung eines Insolvenzantrages gedroht hatte. Der Beklagte hat der Schuldnerin mit seinem Schreiben vom 5. September 2012 zwar lediglich abstrakt erklärt, dass er es als seine Pflicht ansehe, dass "Wirtschaftssubjekte, die das für wirtschaftliches Handeln notwendige Vertrauen missbrauchen aus dem Wirtschaftskreislauf entfernt werden". Aus dem Gesamtzusammenhang des Schreibens wird indes deutlich, dass er konkret der Schuldnerin vorwarf das Vertrauen für wirtschaftliches Handeln zu missbrauchen und sie demnach damit rechnen müsse, dass er auch ihr gegenüber Maßnahmen vornimmt, um sie "aus dem Wirtschaftskreislauf" zu entfernen. Dies konnte die Schuldnerin nur als Drohung mit der Stellung eines Insolvenzantrages verstehen.

(b) Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz, weil er weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 14 m.w.N. - juris). In diesen Fällen handelt der Schuldner ausnahmsweise nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann (BGH, Urteil vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, WM 2013, 88 Rn. 7 - juris). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 12. Februar 2015, aaO Rn. 18; vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 12). So liegen die Dinge hier.

Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden, bedarf es einer darüber hinaus gehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder einer Unterdeckung von mindestens zehn vom Hundert nicht (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, WM 2013, 1993 Rn. 10 m.w.N.). Bei der Schuldnerin haben sich mehrere eine Zahlungseinstellung begründende Beweisanzeichen verwirklicht.

Die Schuldnerin beglich die vom Beklagten gestellten Rechnungen trotz sofortiger Fälligkeit (am 3. Mai, 6. Juni und 27. Juli 2012 nicht. Jede einzelne Rechnung belief sich auf mehr als 2.000,00 € und überstieg daher den als geringfügig anzusehenden Betrag. Am 27. Juli 2012 waren Forderungen des Beklagten in Höhe von insgesamt 23.181,61 € fällig, die in der Folge nicht mehr beglichen worden sind. Die Schuldnerin erzwang sich die Stundung durch schleppende Zahlung, was ein Anzeichen für eine Zahlungseinstellung ist (BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZInsO 2008, 378 Rn. 20; BGH, Urteil vom 08. Januar 2015 – IX ZR 203/12 –, Rn. 20 - juris).

Außerdem liefen bei der Schuldnerin bereits im Jahr 2012 erhebliche Steuerverbindlichkeiten von insgesamt 20.526,49 € auf, für welche ihr auch ein Vollstreckungsaufschub gewährt worden ist Auch dies ist ein Indiz für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (BGH, Beschluss vom 08. März 2012 – IX ZR 102/11 –, Rn. 8 - juris).

Dass diese eingetretene Zahlungseinstellung durch allgemeine Aufnahme der Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wieder beseitigt worden ist, hat der Beklagte nicht dargelegt und ist auch ansonsten nicht ersichtlich. Insbesondere ist dafür nicht ausreichend, dass der Beklagte selbst auf die von ihm mit der Schuldnerin geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung Zahlungen erhielt (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2001 – IX ZR 48/01 - juris).

Dieser Benachteiligungsvorsatz wurde von dem Beklagten während des gesamten Zahlungszeitraums erkannt. Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes wird gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Kennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist dem Anfechtungsgegner regelmäßig der Benachteiligungsvorsatz bekannt (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 15; Urteil vom 7. Mai 2015, WM 2015, 1202, Rn. 17 - juris). Der Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, WM 2013, 180 Rn. 24 f; vom 7. Mai 2015, aaO - juris). Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erkannt, weil ihm verschiedene auf eine Zahlungseinstellung hindeutende Beweisanzeichen offenbar wurden. Im Übrigen spricht auch die Inkongruenz der Deckung für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Beklagten.

Der Beklagte hatte Kenntnis von den von ihm geltend gemachten Forderungen und den von ihm selbst geführten Verhandlungen über eine Ratenzahlungsvereinbarung und damit einhergehenden Stundung. Der Beklagte wusste, ausweislich seiner E-Mail vom 6. Juni 2012, die als Anlage K 7 zur Akte gelangt ist, auch von den Steuerschulden. Er nimmt insoweit auch Bezug auf eine von ihm vorgenommene "Liquiplanung" vom 26. April, so dass sein Vortrag, über die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft nichts gewusst zu haben, unschlüssig und damit im Ergebnis unbeachtlich ist.

Einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin und seiner Kenntnis durch den Beklagten stehen nicht die Gesichtspunkte eines Sanierungsversuchs entgegen.

Der Gesichtspunkt der Zahlungsunfähigkeit kann seine Bedeutung als Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners verlieren, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist. Denn in diesem Fall ist die Rechtshandlung von einem anderen, anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet, und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger tritt infolgedessen in den Hintergrund. Voraussetzung ist, dass zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegt, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt (BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 – IX ZR 61/14 –, Rn. 34 - juris). Den über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unterrichteten Anfechtungsgegner trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, spätere Zahlungen des Schuldners auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzepts erlangt zu haben (BGH, Urteil vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40). Dass ein solches Sanierungskonzept im vorliegenden Fall für die Schuldnerin gefertigt worden wäre, hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt.

Ein schlüssiges Sanierungskonzept setzt grundsätzlich voraus, dass ein in sich geschlossenes Konzept zur Bereinigung sämtlicher Verbindlichkeiten der Schuldnerin entwickelt wurde (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 – IX ZR 61/14 –, Rn. 34 - juris). Ein Sanierungsversuch kann dabei auch aussichtsreich sein, wenn sich die beabsichtigten Maßnahmen nur auf einen Teil der Gläubiger erstrecken, etwa wenn umfangreiche Forderungsverzichte der hauptsächlichen Kreditgeber dem Schuldner neue Liquidität verschaffen sollen, mittels der er in die Lage versetzt wird, seine übrigen Gläubiger vollständig zu befriedigen (BGH, Urteil vom 08. Dezember 2011 – IX ZR 156/09 –, Rn. 13, juris).

Dass die bei der Schuldnerin bestehenden Verbindlichkeiten - auch nur teilweise unter Einbeziehung der hauptsächlichen Kreditgeber - Gegenstand eines solchen Konzepts gewesen sind, hat der Beklagte nicht behauptet. Er hat lediglich angeführt, dass ein Investitionskonzept gefertigt worden sei und sich hierzu auf eine Präsentation (Anlage B 2) bezogen. Eine solche stellt indes ein Sanierungskonzept gerade nicht dar. Weiteren substantiierten Vortrag zu einem angeblichen Sanierungskonzept hat der Beklagte nicht gehalten. Dass der Beklagte der Klägerin einzelne Aufträge verschafft haben mag, ist insofern im Ergebnis nicht ausreichend, um die vorgenannten Beweisanzeichen zu entkräften.

Der Rückzahlungsanspruch war in Höhe der aus dem Tenor ersichtlichen Teilbeträge zu verzinsen. Eine Pflicht zur Verzinsung ergibt sich ab Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung (vgl. BGH, DB 2012, 1434).

II. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.

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