OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.09.2001 - 9 A 4092/00
Fundstelle
openJur 2011, 17029
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 1.132,00 DM festgesetzt.

Gründe

Der grundsätzlich statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Zunächst sind keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dargetan. Die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes sind nur dann gegeben, wenn - auf der Grundlage der Begründung des Zulassungsantrages - die Umstände, die für die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung i.S. des Entscheidungsergebnisses sprechen, deutlich überwiegen. Dies hat derjenige, der die Zulassung der Berufung beantragt, darzulegen (§ 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO).

Die Kläger haben keine deutlich überwiegenden Umstände dargelegt, die für die Fehlerhaftigkeit des Entscheidungsergebnisses des Verwaltungsgerichts sprechen. Ihre Ausführungen, das Urteil beruhe auf einer "grundsätzlich unrichtigen Anschauung" von der Bedeutung der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG sowie der Verfahrensgrundrechte gemäß Art. 19 Abs. 4 und 103 Abs. 1 GG und verkürze dadurch letztlich ihren Grundrechtsschutz, vermögen keine ernstlichen Zweifel i.o.S. darzutun. Im Gegenteil spricht alles dafür, dass das Verwaltungsgericht zu Recht im Hinblick auf die im Mittelpunkt des Rechtsstreites stehende Frage davon ausgegangen ist, dass der Beklagte die seitens des Zweckverbandes für Abfallbeseitigung ihm gegenüber - "vorläufig" - bezifferte Jahresumlage (als grundsätzlich ansatzfähiger Aufwand, der mit der Durchführung der seitens der Stadt betriebenen öffentlichen Abfalleinrichtung notwendig verbunden i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG in der 1997 geltenden Fassung ist) in vollem Umfang in seine Gebührenkalkulation einstellen durfte und nicht etwa stattdessen einen (über die erfolgte Reduzierung um Entnahmen und Zinserträge aus der Gebührenausgleichsrücklage hinaus) niedrigeren Wert in die Gebührenkalkulation einzusetzen hatte, um - so die Kläger - durch Überkapazitäten verursachten, "überhöhten" Verbrennungspreisen Rechnung zu tragen.

Gemäß § 7 Abs. 1 KAG ist die Gemeinde berechtigt, die von ihr für die Mitgliedschaft in einem Zweckverband zu zahlenden Beiträge und Umlagen nach den Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 KAG durch Gebühren denjenigen aufzuerlegen, die Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Nach dem Gesetzeswortlaut sind damit sämtliche seitens der Gemeinde dem Verband geschuldeten ("zu zahlenden") Verbandslasten durch eine selbständige Abwälzungsgebühr umlegbar, da § 7 Abs. 1 KAG darauf ausgerichtet ist, den Gemeinden eine vollständige Refinanzierungsmöglichkeit bezüglich der in § 7 Abs. 1 KAG aufgeführten Verbandslasten zu verschaffen. Den Kreis derjenigen, auf die die (ganzen) Verbandslasten umgelegt werden können, legt § 7 Abs. 1 Satz 1 KAG auf diejenigen fest, die - überhaupt - Einrichtungen und Anlagen des Verbandes in Anspruch nehmen oder denen der Verband - allgemein - durch seine Einrichtungen, Anlagen und Maßnahmen Vorteile gewährt. Das Gesetz enthält keine Verknüpfung dahin, dass den Betreffenden Verbandslasten nur für die speziell von ihnen benutzten Verbandsanlagen oder den ihnen durch den Verband im Einzelfall konkret gewährten Vorteil überbürdet werden dürfen.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. September 1999 - 9 A 3342/98 -, StuGR 2000, 28-32, und vom 18. Juli 1997 - 9 A 2933/95 -, StuGR 1998, 306.

Statt eine selbständige Abwälzungsgebühr zu erheben, können die Verbandslasten auch im Rahmen einer Benutzungsgebühr, hier der Abfallbeseitigungsgebühr, abgewälzt werden. Dies gilt jedoch nur mit Einschränkungen. In die Abfallbeseitigungsgebühren können nur diejenigen Kosten einbezogen werden, die der Gemeinde für ihre Verbandsmitgliedschaft im Zusammenhang mit der vom Verband betriebenen Abfallbeseitigung entstehen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999, a.a.O.

Vorliegend ist ein derartiger Zusammenhang im hier allein interessierenden Kontext gegeben, da der Zweckverband für das Verbrennen von Teilen des in seinem Auftrag u.a. im Gebiet der Stadt J. eingesammelten und transportierten Abfalls durch die Abfallentsorgungsgesellschaft des N. Kreises mbH (als Betreiberin der Müllverbrennungsanlage J. ) an diese Abfallbeseitigungsgebühren zu entrichten hat.

Eine Grenze bei der Veranschlagung der Verbandsbeiträge ist - wie in anderen Fällen der Kostenprognose auch - (lediglich) dort gegeben, wo aufgrund des Kenntnisstandes im Prognosezeitpunkt eine Reduzierung des Verbandsbeitrages bereits abzusehen und selbst unter Berücksichtigung eines etwaigen Prozessrisikos oder sonstiger Unwägbarkeiten jeder andere als der niedrigere Kostenansatz unvertretbar, d.h. ermessensfehlerhaft, gewesen wäre.

Vgl. auch insoweit: OVG NRW, Urteil vom 1. September 1999, a.a.O.

Dass diese Grenze im vorliegenden Fall erreicht bzw. überschritten wäre, haben die Kläger, die sich mit den hierauf bezogenen Ausführungen in dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert auseinander setzen und statt dessen lediglich pauschal behaupten, die Verbrennungsentgelte seien überhöht, nicht i.S.d. § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO dargelegt.

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen bei Beachtung der o.g. Grenze einer zulässigen Kostenprognose nicht. Insbesondere kann von einer gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßenden Hinderung, den Rechtsweg zu beschreiten, ebenso wenig die Rede sein wie von einer Verkürzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Schließlich liegt im Hinblick darauf, dass - wie die Kläger meinen - Gebührenzahler aus kreisangehörigen Gemeinden im Vergleich zu denjenigen aus kreisfreien Gemeinden eine "mindere Rechtsposition" haben können, kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Die Rechtsschutzmöglichkeiten können sich zwar je nach Konstellation - insbesondere der organisatorischen Gestaltung der Abfallbeseitigung - unterscheiden; dies liegt aber darin begründet, dass wesentlich verschiedene Sachverhaltsgestaltungen vorliegen.

Auch der behauptete Verfahrensfehler (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) ist in dem Antrag nicht dargelegt. Die Kläger meinen, das Verwaltungsgericht habe ihr Vorbringen, das berücksichtigte Verbrennungsentgelt sei deutlich überhöht, "von vornherein nicht zur Kenntnis genommen" und damit gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen sowie ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Dass das Verwaltungsgericht das diesbezügliche Vorbringen der Kläger zur Kenntnis genommen hat, ergibt sich aber unzweifelhaft aus dem Tatbestand des angegriffenen Urteils (S. 4 f. des Urteilsabdrucks). Der Umstand, dass das Verwaltungsgericht gleichwohl aus den o.g. Gründen keinen Anlass zu weiteren Untersuchungen in dieser Hinsicht gesehen hat, ist von seinem - insoweit maßgeblichen - Ansatz (der überdies nach dem o.G. zutrifft) aus nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).