VG Oldenburg, Urteil vom 09.03.2016 - 5 A 5019/12
Fundstelle
openJur 2016, 6611
  • Rkr:
Tenor

Der Bescheid vom 22. Mai 2012, mit dem der Beklagte dem Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Neubau zweier Hähnchenmastställe erteilt hat, sowie der Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2012 werden aufgehoben.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die übrigen Verfahrenskosten werden dem Beklagten und dem Beigeladenen je zur Hälfte auferlegt; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im Wege der Umweltverbandsklage gegen eine dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb zweier Hähnchenmastställe.

Der Beigeladene bewirtschaftet zusammen mit seiner Ehefrau in der Gemeinde J... im Ortsteil D… einen landwirtschaftlichen Betrieb mit der Größe von rund 75 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche im Haupterwerb (Flurstück …/… der Flur … der Gemarkung D…). Sie betreiben mit 117 Kuh- und Färsenplätzen und 79 Jungviehplätzen eine Milchviehhaltung mit damit verbundener Milcherzeugung und Jungrinderaufzucht sowie eine Bullenmast mit 50 Plätzen. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen werden als Grünland in Form von Weide und Mähweide genutzt und dienen zur Futterversorgung des Rindviehbestandes (Beiakten I Bl. 105 f. im Parallelverfahren 5 A 5019/12 - Beiakten mit Bezifferung durch römische Zahlen sind immer solche aus dem genannten Parallelverfahren, Beiakte II Bl. 54, Beiakte VII Bl. 50). Die Zufahrt zu dem Betrieb führt über ein etwa 450 bis 470 m langes, s-förmig geschwungenes Teilstück des D…W…, das etwa 3,0 m breit ist und auf einem Damm errichtet wurde. Beidseitig der asphaltierten Straßendecke ist eine zwischen 0,5 m und 2,0 m breite grasbewachsene, nicht befestigte Berme angelegt, um die Standsicherheit der Böschung zu erhöhen.

Am 15. Januar 2009 (Beiakte I Bl. 312) stellte der Beigeladene erstmals eine Bauvoranfrage für die Errichtung von zwei Hähnchenmastställen mit je 40.000 Plätzen mit Abluftturm sowie von drei Futtermittelsilos und eines Auffangbehälters für Reinigungswasser auf dem Flurstück …/… der Flur … der Gemarkung D… (Beiakte I Bl. 274) nordöstlich des bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes im Außenbereich der Gemeinde J….

Mit Schreiben vom 14. April 2009 beantragte der Beigeladene im Nachgang zu seinem vorangegangenen Antrag die Erteilung eines Vorbescheides nach § 9 BImSchG für den Teilbereich der naturschutzfachlichen Fragestellungen (Beiakte I Bl. 258).

Der Beklagte teilte dem Beigeladenen mit Schreiben vom 4. September 2009 (Beiakte I Bl. 236) mit, dass es zur abschließenden Klärung der Frage der Zulässigkeit nach §§ 34b, 34c Niedersächsisches Naturschutzgesetz (NNatG) in der seinerzeit geltenden Fassung (jetzt: Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) u.a. einer Prüfung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes nach den Maßstäben des § 34b NNatG bedürfe.

Am 11. November 2009 beantragte der Beigeladene die Erteilung eines Vorbescheides nach § 9 BImSchG (Beiakte I Bl. 92). Dabei wurde der geplante Standort zur Minimierung der Störwirkungen dahingehend geändert, dass das Vorhaben direkt östlich der bestehenden Hofstelle auf dem Flurstück …/… der Flur … der Gemarkung D… errichtet wird (Beiakte I Bl. 96, 230).

Der Standort der nunmehr geplanten Anlage liegt innerhalb des Vogelschutzgebietes V 06 „Rheiderland“, im Naturraum Emsmarschen sowie im Landschaftsschutzgebiet „Rheiderland“. Westlich des vorgesehenen Standortes befindet sich in ca. 1 km Entfernung der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Die Entfernung zwischen dem Vorhabenstandort und der nächstgelegenen Bebauung beträgt zum nördlich gelegenen Ortsteil D… 1.490 m, zur westlich gelegenen Ortschaft P… ca. 1.350 m und zur ebenfalls westlich gelegenen Ortschaft D… ca. 570 m. In ca. 430 m Entfernung westlich zum geplanten Standort befindet sich die Hofstelle H…-F… F… mit angeschlossener Wohnbebauung.

Die durch den Dipl.-Biologen N… G… vom … & … …. GmbH & Co. KG erstellte FFH-Verträglichkeitsstudie bezüglich potenzieller vorhabensbedingter Beeinträchtigungen des EU-Vogelschutzgebietes V06 „Rheiderland“ (FFH-VU) vom 18. Januar 2010 (Beiakte I Bl. 178) kommt zu dem Ergebnis, dass unter der Voraussetzung der Einhaltung näher beschriebener Vermeidungs-/ Minimierungsmaßnahmen eine Verträglichkeit des Vorhabens mit den Schutz- und Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes gegeben sei.

Die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten kam in ihrer Stellungnahme vom 28. Januar 2010 (Beiakte I Bl. 139) zu dem Ergebnis, dass die mögliche Beeinträchtigung des Lebensraums einer im ungünstigen Erhaltungszustand befindlichen wertbestimmenden Vogelart für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung durch das Vorhaben ausreiche. Als Schadensbegrenzungsmaßnahme zur Unterschreitung der Erheblichkeitsschwelle und damit zur Erreichung einer Verträglichkeit des Vorhabens mit den Schutz- und Erhaltungszielen des EU-Vogelschutzgebietes V 06 „Rheiderland“ sei eine Teilnahme des Beigeladenen mit den im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens Nendorp neu zugewiesenen Flächen an den derzeitigen und zukünftigen Kooperationsprogrammen des Landes Niedersachsen (Nordische Gastvögel, Grünlandschutz, Gelegeschutz) möglich.

Nach dem Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 6. Mai 2010 (Beiakte I Bl. 15) sowie der Ergänzung vom 27. Mai 2010, welche die durch die Hähnchenmastanlage verursachte Zusatzbelastung isoliert darstellt (Beiakte I Bl. 2), sei das Vorhaben aus immissionsschutzfachlicher Sicht zulässig, weil die Geruchs- und Staubimmissionen die zulässigen Grenzwerte nicht überschritten und die Abstandsforderungen im Hinblick auf die ermittelte Ammoniakemission eingehalten würden.

Am 9. Juni 2010 beantragte der Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das Vorhaben nach § 4 i.V.m. § 19 BImSchG (Beiakte II Bl. 112).

Den Antragsunterlagen beigefügt war neben den bisherigen Gutachten auch eine durch den Dipl.-Biologen N… G… erstellte „Umweltverträglichkeitsstudie unter besonderer Berücksichtigung der Eingriffsregelung gem. §§ 13 ff. BNatSchG“ - UVS - vom 26. Mai 2010 (Beiakte II Bl. 189). Danach könne das Vorhaben unter Berücksichtigung verschiedener, näher bezeichneter Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung von Umweltauswirkungen als umweltverträglich eingestuft werden. Die dabei zum Teil noch verbleibenden erheblichen nachhaltigen Umweltauswirkungen (z.B. durch die vollversiegelte Grundfläche) und nachteilige Beeinträchtigungen könnten durch eine zeitnahe Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen mittelfristig abgewendet werden. Der geplante Eingriff gehe aus naturschutzrechtlicher Sicht zwar mit erheblichen Beeinträchtigungen von Naturhaushalt und Landschaftsbild einher. Mittels ortsnaher Flächenextensivierung, verschiedensten Bewirtschaftungsauflagen und Gehölzanpflanzungen sei jedoch ein Erhalt der Population potenziell betroffener Artengruppen (Brut-/ Gastvögel) sowie eine landschaftsgerechte Neugestaltung möglich, so dass auch artenschutzrechtliche Aspekte einer Vorhabenumsetzung nicht entgegenstünden (Beiakte II Bl. 254). Der Beklagte hat den Antrag mit dem Hinweis auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme öffentlich bekanntgemacht (Beiakte II Bl. 8 ff.).

Am 24. März 2011 legte der Beigeladene im Antragsverfahren ergänzte und überarbeitete Antragsunterlagen vor (Beiakte IV), darunter unter anderem ein neues Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 11. März 2011 (Beiakte IV Bl. 45), das unter dem 15. September 2011 ergänzt worden ist (Beiakte VII Bl. 106), ein Gutachten über meteorologische Ausbreitungsbedingungen vom 18. August 2010 (Beiakte IV Bl. 113), eine Berechnung der erforderlichen Transporte (Beiakte IV Bl. 173) sowie eine aktualisierte Fassung der vom Dipl.-Biologen N…. G…. erstellten Umweltverträglichkeitsstudie (Stand: 9. Dezember 2010, Beiakte IV Bl. 338).

Die Antragsunterlagen wurden daraufhin erneut öffentlich zur Einsichtnahme ausgelegt (Öffentliche Bekanntmachung am 3. Mai 2011, Beiakte VII Bl. 439). Einwendungen gegen das Vorhaben wurden unter anderem durch den Kläger mit einem von der Diplom-Biologin E…M… unterzeichneten Schriftsatz vom 21. Juni 2011 erhoben (Beiakte V unter E2). Darin machte der Kläger geltend, die vorgelegten Unterlagen seien unvollständig. Es fehle eine vollständige Erhebung der nach § 44 Abs. 1 BNatSchG gesetzlich geschützten Arten. Auch die Erfassung der Vogelwelt sei in hohem Maße unvollständig erfolgt. Insbesondere fehlten die Rohdaten der Brutvogelerfassungen, eine Methodenbeschreibung für die Brutvogelkartierung sowie standort- und projektspezifische Rast- und Wintervogelerfassungen. Die vorgelegten Unterlagen seien zudem widersprüchlich und enthielten Fehler und Ungenauigkeiten. Die Bewertung des Brutvogelvorkommens in der UVS lege völlig veraltete Brutvogelbestände zugrunde. Die FFH-VU berücksichtige nicht, dass zum Zeitpunkt ihrer Erstellung ein faktisches Vogelschutzgebiet vorgelegen habe, für das ein absolutes Verschlechterungsverbot gelte. Sie sei zudem unvollständig, weil statt aller im Standarddatenbogen aufgeführten Vogelarten nur die „wertgebenden Vogelarten“ behandelt worden seien. Damit sei ein Großteil der zu schützenden Vogelarten überhaupt nicht überprüft worden. Der relevante Prüfmaßstab einer erheblichen Beeinträchtigung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile sei verkannt worden. Das Vorhaben verletze die Teilerhaltungsziele „Erhalt des Grünlandes und Förderung extensiver Grünlandbewirtschaftung“, „Erhalt der Vernetzungselemente und Flugkorridore zu benachbarten Vogelschutzgebieten“ und „Erhaltung und Entwicklung beruhigter Brut-, Rast- und Nahrungsgebiete“. Die Anwendung von Bagatellschwellen sei nicht zulässig. Der Schutzzweck für das EU-Vogelschutzgebiet sei in der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Rheiderland“ des Beklagten vom 11. Oktober 2011 - LSG-VO - konkretisiert worden, eine entsprechende Prüfung aber nicht erfolgt. Die bestehenden Vorbelastungen für das Gebiet und die betroffenen Vogelbestände seien nicht ausreichend abgearbeitet worden.

Insbesondere sei das Themenfeld „Vogelgrippe“ nicht berücksichtigt. Weil Geflügelmassentierhaltung mit all ihren Nebeneffekten (Anlieferung von Futter und Tieren, Abtransport, Abfallbeseitigung usw.) als Ausbreitungszelle der Vogelgrippe gelte, berge die Platzierung eines solchen Betriebes in einem Knotenpunkt des Auftretens nordischer Gänsen sowie verschiedener Watvogelarten mit erheblichen Beständen und einer Drehscheibe des Vogelzuges ein erhebliches Risiko für die Verseuchung von Wildvögeln mit der Gefahr einer großen Zahl von Todesfällen und der dann von hier ausgehenden Gefahr der Ausbreitung in andere, benachbarte EU-Vogelschutzgebiete in Deutschland. Käme es zu Todesfällen, führe dies neben einer erheblichen Beeinträchtigung des EU-Vogelschutzgebietes „Rheiderlandes“ auch zu einem Biodiversitätsschaden i.S.d. § 19 BNatSchG. Die Planunterlagen setzten sich mit den Risiken der Vogelgrippe nicht auseinander. Die damit zusammenhängenden Fragen seien so nachzuarbeiten, dass das zu erwartende Risiko quantifiziert werde und die Genehmigungsbehörde für den Fall, dass das Risiko nicht plausibel gänzlich ausgeschlossen werden könne, im Einzelnen darlegt, welche Maßnahmen sie im Falle eines Ausbruchs der Vogelgrippe im Mastbetrieb zum Schutz der Vogelbestände des EU-Vogelschutzgebietes zu ergreifen gedenke. Die dargestellten Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen seien untauglich. Es hätte einer grenzübergreifend durchgeführten Verträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der niederländischen Öffentlichkeit bedurft. Zudem sei der von Ammoniak- und Stickstoffimmissionen betroffene Raum offensichtlich viel zu klein bemessen worden. Die Auswirkungen auf vermeintliche Ausgleichsflächen und auf empfindliche Pflanzen seien nicht untersucht worden. Auch die Schutzgüter „Wasser“ und „Mensch“ sowie für die Abfallproblematik seien unzureichend betrachtet und gewürdigt worden. Der Stellungnahme beigefügt war eine 70-seitige Tabelle mit konkretisierenden Angaben zu den einzelnen betroffenen Arten.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2012 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung von zwei Hähnchenmastställen mit je 40.000 Plätzen mit Abluftturm sowie von drei Futtermittelsilos und eines Auffangbehälters für Reinigungswasser (Beiakte X Bl. 6) und ordnete auf Antrag des Beigeladenen vom 5. Dezember 2011 (Beiakte X Bl. 230) die sofortige Vollziehung der Beklagte mit Bescheid vom 26. Juni 2012 (Beiakte X Bl. 235, bekannt gemacht am 2. Juli 2012, Beiakte X Bl. 240) an.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 29. Juni 2012 Widerspruch ein (Beiakte XI Bl. 98, 80). Zur Begründung wiederholte und vertiefte er die Einwendungen, die bereits im öffentlichen Auslegungsverfahren erhoben worden sind.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2012 (Beiakte XI Bl. 22) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verletzte Umwelt-Schutzvorschriften nicht. Bei der Prüfung der Verträglichkeit seien seitens der Unteren Naturschutzbehörde zunächst im Vorbescheids- und dann im Antragsverfahren zahlreiche Anforderungen an die Untersuchung gestellt sowie Ergänzungen und Änderungen gefordert worden, die zu einer entsprechenden Überarbeitung der vorgelegten FFH-VU geführt hätten, die dann Grundlage der Verträglichkeitsprüfung gewesen sei. Der FFH-VU seien die Schutzzwecke gemäß dem Entwurf der LSG-VO zugrunde gelegt worden, die mit den Schutzzwecken der in Kraft getretenen Fassung übereinstimmten. Es sei nicht erforderlich gewesen, auf sämtliche im Standarddatenbogen bzw. in § 4 LSG-VO aufgeführten Vogelarten abzustellen. Für die Bewertung des geschützten Lebensraumgebiets sei es ausreichend, sich auf wertbestimmende Arten zu beschränken, da diese ausreichende Rückschlüsse auf andere Arten zuließen. Der Rückgriff auf ältere Erfassungsdaten lasse sich mit Vergrämungsmaßnahmen eines Nachbarn erklären, die zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung durchgeführt worden seien. Das Vorhaben führe nicht zu einer unzulässigen erheblichen Beeinträchtigung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile. Das Erreichen der Erhaltungsziele werde aufgrund der Relation der Störung nicht gefährdet. Die entstehenden Strukturen seien nicht wesentlich höher als bereits in dem Gebiet vorhandene Strukturen. Die Hauptflugrouten seien nicht betroffen. Nicht jeder Flächenverlust sei als erheblich zu bewerten. Den Belangen des Artenschutzes sei dadurch Rechnung getragen, dass Vorkehrungen und vorgezogene Schadensbegrenzungsmaßnahmen für potentiell betroffene Arten eingeplant worden seien. Über die in den Unterlagen dargelegten Begehungen hinaus seien weitere Untersuchungen aus naturschutzfachlicher Einschätzung nicht geboten gewesen. Die Beurteilung des Vorhabens im Rahmen der Eingriffsregelung sei unter Auferlegung von Kompensationsmaßnahmen mit dem Ergebnis der Zulässigkeit des Vorhabens abgeschlossen worden.

Die zusätzliche Belastung des Raums durch die von der Anlage ausgehende Stickstoffdeposition sei geprüft worden, relevante Auswirkungen ergäben sich nicht. Für die als FFH-Lebensraumtyp zu betrachtenden Salzwiesen sei ein Critical Loads-Wert von 30 - 40 kg Stickstoff (N) je ha und Jahr (ha*a) angenommen worden. Durch das geplante Vorhaben sei von einer irrelevanten Zusatzbelastung auszugehen, zumal der Lebensraumtyp nicht als besonders stickstoffempfindlich einzustufen sei. Die weiteren im Beurteilungsgebiet liegenden Biotope seien ebenfalls nicht besonders stickstoffempfindlich und lägen auch außerhalb der Erheblichkeitsschwelle der Zusatzbelastung für empfindliche Pflanzen und Ökosysteme nach Anhang 1 der TA Luft.

Zu dem Einwand, die Auswirkungen von Keimen, insbesondere der Vogelgrippe, auf die Wildvögel sei nicht betrachtet worden, sei auszuführen, dass mit der hochpathogenen Form der Geflügelpest infizierte Hühnervögel eine hohe Mortalität aufwiesen und innerhalb kürzester Zeit daran verenden würden, also keine dauerhafte Übertragung von Viren durch die Abluft erfolgen könne. Durch die vorgeschriebenen strengen Untersuchungen der eingestallten Tiere könne eine vom Bestand ausgehende Infektion ausgeschlossen werden. Das Überleben der Viren sei an lebende Tiere gebunden, in der Luft überlebten sie nicht lange. Wasservögel, wie Wildgänse, seien gegen diese Viren immun, könnten sie aber übertragen. Insoweit stelle dieser Stall kein relevantes Infektionsrisiko für Wildvögel dar.

Der Kläger hat am 20. November 2012 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

Die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Erlaubnis sei wegen Verstoßes gegen umweltrechtliche Vorschriften rechtswidrig.

Das Vorhaben sei bereits deshalb unzulässig, weil es gegen das in § 5 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO enthaltene Verbot verstoße, innerhalb des Landschaftsschutzgebietes bauliche oder sonstige Anlagen zu errichten. Die Nebenbestimmung unter Ziffer III. 2. der erteilten Genehmigung zur Schaffung einer Ausweichstelle sei mit § 5 Abs. 1 Nr. 4 LSG-VO unvereinbar, der den Ausbau und die Anlage von Straßen, Wegen und Plätze innerhalb des Schutzgebiets untersage. Zudem sei davon auszugehen, dass im Zuge der Baumaßnahmen gegen die Verbote des § 5 Abs. 1 Nr. 5 (Vornahme von Aufschüttungen und Auffüllungen) und Nr. 7 (Anlage neuer Entwässerungseinrichtungen) LSG-VO verstoßen werde. Die Voraussetzungen für eine Freistellung von diesen Verboten gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO seien nicht erfüllt, weil es sich bei dem Vorhaben nicht um einen wirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB handele. Auch eine Freistellung nach § 8 Abs. 1 Nr. 6 LSG-VO scheide aus, weil sich das Vorhaben nicht im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung als mit den Schutzzwecken der LSG-VO vereinbar erwiesen hat oder den Anforderungen des § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG entspricht. Darüber hinaus sei das Vorhaben unzulässig, weil es gegen die Erhaltungsziele verstoße, § 34 Abs. 2 BNatSchG. Eine Ausnahme oder Befreiung von den Verboten durch die Untere Naturschutzbehörde gem. § 9 LSG-VO sei nicht erteilt worden und hätte auch nicht erteilt werden können.

Das geplante Vorhaben sei geeignet, zu einer erheblichen Beeinträchtigung des EU-Vogelschutzgebietes „Rheiderland“ zu führen. Dies werde auch durch die vom Kläger eingeholte Stellungnahme des Sachverständigen Dr. M… S… vom 12. Mai 2014 (Bl. 171 der Gerichtsakte) bestätigt.

Die erforderliche FFH-VU sei nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend durchgeführt worden. Der Beklagte habe auf die vom Beigeladenen vorgelegte und mehrfach nachgebesserte FFH-VU lediglich Bezug genommen, ohne dass sich in den Verwaltungsvorgängen Hinweise darauf finden ließen, dass sich die Behörde mit der vorgelegten Untersuchung inhaltlich auseinandergesetzt habe und damit ihrer eigene Verpflichtung zur Überprüfung der Verträglichkeit nachgekommen sei.

Die vom Beigeladenen vorgelegte FFH-VU stelle aufgrund zahlreicher inhaltlicher Mängel keine geeignete Grundlage für eine solche Beurteilung dar. Die FFH-VU sei unvollständig, weil sie unzulässig auf sog. „wertgebenden Vogelarten“ beschränkt worden sei. Vielmehr hätten alle im Standarddatenblatt aufgeführten Vogelarten berücksichtigt werden müssen, sofern sie in signifikanten Beständen im Gebiet vorkommen. Abgesehen davon werde der Schutzzweck der LSG-VO nach dessen § 4 Abs. 2 über den Schutz der in § 4 Abs. 1 genannten „wertbestimmenden Arten“ hinaus auf sämtliche im Standarddatenbogen bei der Gebietsmeldung genannten Arten erstreckt. Das bedeute, dass durch die Aufzählung der durch das Vogelschutzgebiet geschützten Arten in der LSG-VO die in der FFH-VU zu betrachtenden Vogelarten abschließend konkretisiert und festgelegt worden seien. Die Behauptung, von den wertgebenden Arten könne auf die übrigen Arten geschlossen werden, sei fachlich nicht haltbar. Jede Art habe unterschiedliche Ansprüche und sei in Abhängigkeit der tatsächlich vorhandenen Brutplätze, Nahrungs- und Aufenthaltsflächen eigenständig zu betrachten.

Zudem seien die Brutvogelarten nur teilweise kartiert worden und es fehlten standort- und projektspezifische Rast- und Wintervogelerfassungen. Im Hinblick auf in der UVS dokumentierte Störungen durch Vergrämungsmaßnahmen auf dem Nachbargrundstück seien die Erfassungen mindestens bezüglich der Brutvögel nicht brauchbar. Da Populationsentwicklungen in jede Richtung stark schwanken könnten, sei die Behauptung unrichtig, die Maßnahmen auf dem Nachbargrundstück hätten sich auf die Verteilung der Brutvögel nicht ausgewirkt, da es ohnehin nie „Stammplätze“ gegeben habe. Auch sei der Zeitpunkt der Brutvogelerfassung unklar, da die Angaben in der FFH-VU nicht mit denen in der UVS übereinstimmten. Die Vertreibungsmaßnahmen hätten von der zuständigen Naturschutzbehörde untersagt werden müssen. Stattdessen sei ein negativer veränderter Zustand mit weniger Vögeln beurteilt worden. Dies habe auch nicht dadurch vollständig ausgeglichen werden können, dass ergänzend Daten aus älteren Kartierungen mit anderer Zielsetzung verwandt worden seien. Die in den Gutachten enthaltenen Vogelkartierungen seien auch insgesamt veraltet, da ökologische Bestandserfassungen nach in der Planungspraxis seit langem anerkannter Konvention in der Regel nur bis zu einem Alter von fünf Jahren verwertbar seien. Dem sei in den Gutachten nicht entsprochen, da sie sich auf teilweise deutlich ältere Bestandserfassungen stützten.

Zudem hätte die Genehmigungsentscheidung die Erhaltungsziele aus der Schutzgebietsverordnung zum Maßstab der Verträglichkeitsprüfung machen müssen anstatt der veralteten, nicht mehr anwendbaren Erhaltungsziele aus allgemeinen Angaben des Niedersächsischen Umweltministeriums, die mit den Erhaltungszielen der LSG-VO nicht vollständig übereinstimmten. Weil eine Freistellung des Vorhabens von den Verboten des § 5 Abs.1 LSG-VO gem. § 8 Abs. 1 Nr. 6 LSG-VO die Überprüfung der Vereinbarkeit des Projekts mit den Schutzzwecken und Erhaltungszielen der LSG-VO voraussetzt, hätte dies auch der Maßstab für die FFH-VU und die UVS sein müssen.

Die vom Beigeladenen vorgelegten Unterlagen seien inhaltlich widersprüchlich und deshalb als Basis für die behördliche Überprüfung nicht geeignet. Während die UVS unter Ziff. 6.2.2 und 6.2.3 im Rahmen der Eingriffsregelung von einer erheblichen Beeinträchtigung der Brut- und Rastvögel ausgehe, komme die FFH-VU unter Ziff. 5.2 im Hinblick auf dieselben Vogelarten zu dem Ergebnis, dass eine Beeinträchtigung von Erhaltungsziele nicht gegeben sei.

Maßstab für die FFH-VU hätte sein müssen, dass von einer relevanten Beeinträchtigung und damit von einer Unzulässigkeit des Vorhabens auszugehen sei, wenn eine solche nach wissenschaftlichen Kriterien nicht ausgeschlossen werden könne. Dieser Maßstab sei jedoch nicht angewandt worden. Auf der Grundlage der Fachkonventionen von Lambrecht/ Trautner (2007) sei von einer erheblichen Beeinträchtigung und damit einer grundsätzlichen Unzulässigkeit des Vorhabens auszugehen. Die FFH-VU selbst habe für eine Reihe von Arten die dauerhafte Inanspruchnahme von Habitaten festgestellt, so beim Kiebitz, beim Rotschenkel und der Uferschnepfe. Zu den direkten Flächenverlusten durch die Gebäude müssten noch die indirekten Flächenverluste und Vertreibungen durch die von den Anlagen ausgehenden Störungswirkungen hinzugerechnet werden. Bei dem sich aus fachlichen Kriterien ergebenden Störradius von 250 m betrage die beeinträchtigte Fläche ca. 32 ha. Stelle man auf einen Radius von 450 m ab, seien 85 ha Fläche beeinträchtigt. Die in den Fachkonventionen aufgeführten Ausnahmevoraussetzungen seien nicht kumulativ erfüllt. Die Bagatellschwelle für den Flächenverlust von 4000 m² werde bereits durch die Flächeninanspruchnahme durch das Gebäude von 6600 m² deutlich überschritten. Hinzu komme der erhebliche Flächenverlust durch die gestörten Flächen. Zudem seien die Wirkfaktoren durch andere möglicherweise beeinträchtigende Vorhaben im Schutzgebiet bei der Beurteilung der Bagatellschwellen nicht hinzuaddiert, sondern außer Acht gelassen worden.

Die unter Ziff. 6 der FFH-VU angeführten Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen seien nicht geeignet, die Erheblichkeit der Beeinträchtigung infrage zu stellen. Trotz der dort genannten Maßnahmen komme es zu fast 8.000 m2 versiegelten Flächen, zu Zerschneidungseffekten und der Beeinträchtigung weiterer Erhaltungsziele der LSG-VO.

Die Maßnahme der „mehrreihigen Eingrünung mit Gehölzarten“ führe für die Offenlandarten sogar zu einer Vergrößerung der Habitatverluste sowie der Zerschneidungswirkung. Zusätzliche Beeinträchtigungen an anderer Stelle im Vogelschutzgebiet, die zu Kumulationseffekten führen könnten, seien nicht berücksichtigt.

Die als naturschutzrechtliche Auflage Nr. 2 im Genehmigungsbescheid enthaltene Verpflichtung zur Teilnahme an Kooperationsprogrammen des Landes Niedersachsen stelle keine Schadensbegrenzungsmaßnahme im Sinne des Habitatschutzrechts, sondern allenfalls eine Kompensationsmaßnahme dar und hätten daher als Kohärenzleistung nur im Rahmen der Ausnahmeprüfung des § 34 Abs. 5 BNatSchG berücksichtigt werden können. Zudem sei das Kooperationsprogramm als Schadensbegrenzungsmaßnahme zur Unterschreitung der Erheblichkeitsschwelle schon deshalb nicht geeignet, weil dessen dauerhafter Bestand nicht gesichert sei. Nach der Richtlinie über die Gewährung von Zahlungen zur naturschutzgerechten Bewirtschaftung landwirtschaftlich genutzter Flächen - KoopNat - würden die Bewirtschaftungsvereinbarungen jeweils für fünf Jahre getroffen. Gemäß Ziff. III. der Richtlinie habe sie jedoch am 31. Dezember 2015 außer Kraft treten sollen, so dass eine Fortsetzung des Förderprogramms offen sei.

Auch bei ordnungsgemäßer Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung sei von einer Gebietsbeeinträchtigung und damit von einer Unzulässigkeit des Vorhabens auszugehen. Aufgrund der durch den Bau der Anlage verursachten Flächenverluste von ca. 1 ha werde es zu erheblichen Beeinträchtigungen von für die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes maßgeblichen Gebietsbestandteilen kommen. Es komme zu einer Versiegelung von Habitaten verschiedener Wiesenbrüter sowie zur Überbauung von Rast- und Nahrungsflächen von durchziehenden, rastenden und überwinternden Vogelarten. Die Meidewirkung, die mit dem Kulisseneffekt des Gebäudes sowie mit der Bepflanzung verbunden sei, komme für einige Arten der Versiegelung gleich. Die vorgesehenen Schadensbegrenzungsmaßnahmen seien nicht geeignet, hier eine Verträglichkeit herbeizuführen. Das Vorhaben führe zu einer Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Vogelschutzgebietes, das anhand des in der LSG-VO definierten Schutzzwecks und der dazu erlassenen Vorschriften zu überprüfen sei. Durch ein standortfremdes, bis zu 8 m hohes Gebäude würden die weiträumig unzerschnittenen Landschaften des Rheiderlandes mit freien Sichtverhältnissen beeinträchtigt. Zudem verstelle das Bauwerk die Flugwege zwischen verschiedenen Vogelschutzgebieten und mindere die in der Gebietskohärenz des Vogelschutzgebietes, indem es auch kleinräumigere Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Nahrungsflächen z.B. für Gastvögel mindere. Das Vorhaben wirke sich durch die Lärmimmissionen des Betriebes und den An- und Abfahrtsverkehr massiv störend auf die vorhandenen Brut- und Rastplätze und damit erheblich beeinträchtigend auf die Lebensverhältnisse der betroffenen Vogelarten aus. Die mit den Baumaßnahmen verbundene Flächenversiegelung führe zur Zerstörung von Brut- und Nahrungsflächen. Die unvermeidliche Anlagerung von Ratten im Umfeld des Stalles gefährde Gelege und Jungvögel der bodenbrütenden Arten. Im Hinblick auf die Wiesenbrüterarten Kiebitz, Uferschnepfe und Rotschenkel sei von einer Beeinträchtigung der (Teil-) Erhaltungsziele in § 4 Abs. 4 Nr. 1 (Erhaltung der weiträumigen, offenen und von hohen senkrechten Strukturen weitgehend unbelasteten Landschaft), Nr. 2 (Erhaltung eines Nutzungsmosaiks aus Wiesen und Weiden), Nr. 3 (Erhaltung und Förderung feuchter Wiesen und Weiden mit ihren landschaftstypischen Strukturen (z.B. Grüppen und Blänken) als Brut-, Rast-und Nahrungsgebiete), Nr. 4 (Förderung eine extensiven Nutzung des feuchten Grünlands), Nr. 5 (Förderung oberflächennaher Wasserstände auf hierzu geeigneten Teilflächen) und Nr. 6 (Sicherung störungsarmer Brutgebiete) LSG-VO dar. Für den Schutz der Nonnengans, für die das Rheiderland eine besondere Bedeutung habe, würden die maßgeblichen Erhaltungsziele in § 4 Abs. 4 Nr. 1, 4 und 6 LSG-VO verletzt.

Die nach §§ 8, 9a UVPG erforderlich Beteiligung der niederländischen Behörden sowie der niederländischen Öffentlichkeit sei nicht erfolgt, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, weil sich das Auftreten der Rastvögel auch über die Landesgrenzen hinweg in die Niederlande hinein erstrecke und von einem möglichen Austritt von Vogelgrippeerregern auch die niederländischen Rastgebiete betroffen sein könnten.

Es sei zudem davon auszugehen, dass das Vorhaben im Zusammenhang mit der Baufeldfreimachung, den vom Betrieb der Anlage ausgehenden Beeinträchtigungen und die Wirkung der hohen Gebäude sowie der vorgesehenen Anpflanzungen gegen die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 (Tötungsverbot) und Nr. 2 (Störungsverbot) BNatSchG verstoße. Auch werde voraussichtlich gegen das in § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG enthaltene Verbot der Beschädigung und Zerstörung von Standorten von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten verstoßen. Es müsse damit gerechnet werden, dass die Vogelarten Sumpfrohrsänger, Schafstelze, Wiesenpieper und Rohrammer durch den Eingriff komplette Reviere verlieren. In den Verfahrensunterlagen fehle der in den solchen Fällen übliche artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Die artenschutzrechtlichen Verbotsbestände seien auch im Genehmigungsbescheid überhaupt nicht überprüft worden; jedenfalls sei eine solche Prüfung in den Verwaltungsvorgängen nicht nachvollziehbar dokumentiert und dargelegt worden.

In der der Genehmigung zu Grunde liegenden UVS und dem Immissionsschutzgutachten seien die von dem Vorhaben ausgehenden Stickstoffeinträge unzutreffend gewürdigt worden. Die Genehmigungsbehörde sei bei der erst nachträglich veranlassten Untersuchung der Critical Loads (CL) zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Unverträglichkeit nicht vorliege, weil der Irrelevanzwert von 3 % nicht überschritten werde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne ein pauschaler Irrelevanzwert von 3 % nicht generell, sondern nur dann für zulässig erachtet werden, wenn die Vorbelastung den zulässigen CL-Wert sehr deutlich, nämlich etwa um das Doppelte übersteige. Hierfür gebe es jedoch in keine Anhaltspunkte. Für den Lebensraumtyp Brackwasser-Flutrasen der Ästuare gelte ein CL-Wert von 20 - 30 kg N/ ha*a, so dass ein 3 %-Wert bereits bei 0,6 kg N/ ha*a erreicht werde. Da in der Karte zur ergänzenden Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Niedersachsen die Isolinie für 0,9 kg N/ ha*a bereits an die Grenze des Nationalparks heranreiche, sei offenkundig, dass eine Zusatzbelastung bis zu 0,6 kg N/ ha*a bis deutlich in den Nationalpark hineinreiche und damit den Lebensraumtyp beeinträchtige.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 22. Mai 2012, mit dem der Beklagte dem Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Neubau zweier Hähnchenmastställen erteilt hat, sowie den Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Bescheid.

Das Vorhaben sei mit der LSG-VO „Rheiderland“ vereinbar. Die Voraussetzungen für eine Freistellung nach § 8 Abs. 1 LSG-VO seien erfüllt.

Die FFH-VU sei den gesetzlichen Anforderungen entsprechend erfolgt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 24. März 2011 sei eine Unterschutzstellung als Landschaftsschutzgebiet noch nicht erfolgt. Die LSG-VO sei erst am 2. November 2011 in Kraft getreten, also vor der Erteilung der Genehmigung am 22. Mai 2012. Bereits im Rahmen einer Bauvoranfrage bzw. eines Vorbescheidverfahrens im Jahr 2009 - damit vor dem Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes zum 1. März 2010 - hätten die ersten naturschutzrechtlichen und -fachlichen Bewertungen stattgefunden. Vor der Novellierung des Naturschutzrechtes sei in nur faktischen Vogelschutzgebieten eine Prüfung der Verträglichkeit nach § 34c Abs. 1 i.V.m. § 34b Abs. 5 NNatG durchzuführen gewesen, wobei der vorübergehende Schutzstatus gem. § 34b Abs. 5 NNatG maßgeblich gewesen sei. Danach seien Vorhaben, die zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können, in faktischen Vogelschutzgebieten verboten. Diese Vorschrift sei erkennbar an den Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten - Vogelschutzrichtlinie (- VRL -) angelehnt gewesen. Das am 1. März 2010 in Kraft getretene Bundesnaturschutzgesetz habe keinerlei Regelungen mehr zum Schutzstatus faktischer Vogelschutzgebiete enthalten, so dass Art. 4 Abs. 4 VRL gegolten habe. Das entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hätte somit die Unzulässigkeit eines Vorhabens nur festgestellt werden können, wenn festgestanden hätte, dass die für das faktische Vogelschutzgebiet maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben mehr als nur in einem geringen Ausmaß beeinträchtigt werden können. War eine solche Beeinträchtigung ausgeschlossen, war ein Vorhaben zulässig. War ein Vorhaben geeignet, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, aber nach seinen Auswirkungen nicht abschließend prüfbar, war für eine abschließende Beurteilung ein entsprechendes Gutachten vorzulegen. Aufgrund dieser Untersuchung war zu beurteilen, ob das Vorhaben zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen kann.

Grundlage für die FFH-VU vom 18. Januar 2010 und die in § 4 Abs. 3 und 4 der LSG-VO aufgeführten Erhaltungsziele seien unter anderem die vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) überarbeiteten vorläufigen Erhaltungsziele gewesen (Stand 8. September 2005, Bl. 136 der Gerichtsakte). Im Rahmen des Abstimmungs- und Entscheidungsprozesses bezüglich der LSG-VO seien zwar allgemeine und spezielle Erhaltungsziele zusammengefasst, also nicht mehr bezogen auf die einzelnen Arten geregelt worden. Im Ergebnis entsprächen sie aber den in der FFH-VU zu Grunde gelegten Erhaltungszielen (vgl. Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 13. August 2013, Bl. 142 der Gerichtsakte).

Die FFH-VU sei entsprechend den geltenden Regelungen erfolgt und die maßgebliche Prüfung durch den Beklagten vorgenommen worden. Die an die vom Beigeladenen vorzulegenden Gutachten zu stellenden Anforderungen seien in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde festgelegt worden. Die vorgelegte FFH-VU in der Version vom 10. Dezember 2009 (Beiakte I Bl. 152) sei umfassend naturschutzfachlich überprüft und zu überarbeitende Punkte seien besprochen worden. Daraufhin habe der Gutachter eine entsprechend überarbeitete FFH-VU übersandt. Auch im weiteren Verlauf sei die Untere Naturschutzbehörde beteiligt gewesen.

Die Beschränkung auf „wertgebende Vogelarten“ entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Eine Verpflichtung, alle in Standarddatenbögen für das betreffende Gebiet aufgeführten Vogelarten in die Überprüfung aufzunehmen, bestehe nicht. Mängel bei der Artenerfassung seien nicht gegeben. Im Hinblick auf die Vergrämungsmaßnahmen sei es zulässig gewesen, auf die Daten aus zurückliegenden Jahren zurückzugreifen. Die Störungen auf dem Nachbargrundstück hätten auch nicht zu einer Aufgabe von Revieren geführt.

Bei den in der FFH-VU und UVS unterschiedlich angegebenen Zeiträumen der Brutvogelkartierung handele es sich um einen Tippfehler.

Die Einwände des Klägers gegen die in der FFH-VU angeführten Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen seien zu allgemein. Die Vorbehalte gegen die Eingrünung seien zurückzuweisen, da diese nur 2 - 3 m um den Stall bis zur maximalen Höhe des Stalles erfolge und eine Eingrünung des Hofgeländes ohnehin bereits bestehe. Kumulationseffekte seien nicht zu berücksichtigen, da insoweit ein enger räumlicher Zusammenhang nicht bestehe.

Ein wissenschaftlich belegtes Infektionsrisiko bei Wildvögeln durch Hausgeflügel in Mastställen bestehe nicht. Aquatisch lebende Wildvögel stellten das Hauptreservoir der maßgeblichen Virussubtypen dar. In diesem Wirtspool zirkulierten die Viren ohne größere Auswirkungen auf ihre Wirte. Wasservögel könnten die Erreger daher verbreiten, ohne selbst zu erkranken. Dagegen könnte Hausgeflügel durch Mutation infiziert werden, was zu einer klassischen Geflügelpest mit sehr hohen Verlustraten besonders in Hühner- und Putenbeständen führe. Daher liege das Hauptaugenmerk der Bekämpfung auf Biosicherheitsmaßnahmen, die das Eindringen der Erreger in Hausgeflügelbestände und die anschließende Verbreitung verhindern sollen. Bei einem nicht völlig auszuschließenden Auftreten der Geflügelpest in einem Stall sei davon auszugehen, dass diese sehr schnell erkannt werde, da sie in der Regel bei Hühnervögeln rasant verlaufe. Die Bestandstötung könne voraussichtlich innerhalb von 24 Stunden abgeschlossen sein. Aufgrund der hermetischen Abriegelung der Hähnchenmastställe sei eine Infektion der Wildvogelpopulation über direkte Tierkontakte auszuschließen. Ein Erregeraustrag in die Umgebung über die Lüftungsanlagen sei bisher nicht bekannt geworden. Insgesamt sei die Geflügelpestsituation in den letzten Jahren als günstig einzustufen.

Hinsichtlich des Flächenverlustes sei darauf hinzuweisen, dass dieser mit 7.750 m² im Verhältnis zur Gesamtfläche des Landschaftsschutzgebietes im Promillebereich liege. Eine negative Auswirkung auf die Lebensräume und Arten ergebe sich hieraus nicht.

Eine Verletzung der Teilerhaltungsziele liege nicht vor.

Soweit der Kläger geltend mache, die Niederlande habe im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der niederländischen Öffentlichkeit beteiligt werden müssen, sei es zweifelhaft, ob eine solche angebliche Beeinträchtigung von einem deutschen Naturschutzverein geltend gemacht werden könne. Im Übrigen seien erhebliche Umweltauswirkungen auf das mehrere Kilometer entfernte auf niederländischer Seite angrenzende Vogelschutzgebiet nicht ersichtlich. Ein solcher Verfahrensmangel würde auch nicht zu einer Aufhebung der Genehmigung führen.

Den Belangen des Artenschutzes sei dadurch Rechnung getragen, dass Vorkehrungen und vorgezogene Schadensbegrenzungsmaßnahmen für potentiell betroffene Arten eingeplant worden seien. So sei ein grundsätzlich einzuhaltendes Bauzeitenfenster von Anfang Juli bis Mitte Oktober vorgesehen. Geeignete flächenbezogene Maßnahmen für die nordischen Gastvögel und die Wiesenbrüterpopulationen seien geplant. Über die in den Gutachten dargelegten Begehungen hinaus seien weitere Untersuchungen zur Erfassung von Artengruppen in diesem Gebiet hofnahen, intensiv genutzten Grünlandes nicht geboten, zumal diese Arten in diesem Lebensraum nicht typisch und nicht bekannt seien. Die Beurteilung des Vorhabens im Rahmen der Eingriffsregelung sei unter Auferlegung von Kompensationsmaßnahmen mit dem Ergebnis der Zulässigkeit des Vorhabens abgeschlossen worden, sodass es sich um einen zulässigen Eingriff im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG handele. Die Behörde sei nicht verpflichtet, ein lückenloses Arteninventar zu fertigen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchung zu stellen seien, hänge von den naturräumlichen Gegebenheiten von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Insoweit bestehe auch eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative.

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Die Einwendungen des Klägers seien gem. § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG präkludiert. Zwar habe sich der Kläger mit Schreiben vom 21. Juni 2011 an den Beklagten gewandt. Unterzeichnet worden sei das Schreiben aber von der Diplom-Biologin E… M…, die satzungsmäßig nicht bevollmächtigt sei, den Landesverband nach außen zu vertreten. Zudem seien die innerhalb der Präklusionsfrist eingereichten Stellungnahmen äußerst allgemein gehalten und nähmen die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse am Standort des Vorhabens nicht in den Blick. Der Kläger sei seiner Verpflichtung, in seinen Einwendungen konkrete Angaben dazu zu machen, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen werde und welche Beeinträchtigungen ihm drohen, nicht im hinreichenden Maß nachgekommen.

Der Beigeladene verteidigt im Übrigen die angefochtene Genehmigung. Das Vorhaben sei von dem Bauverbot der LSG-VO freigestellt, da die FFH-Verträglichkeitsprüfung ergeben habe, dass erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes nicht zu erwarten sein.

Der Beklagte habe eine eigene Prüfung der FFH-VU durchgeführt. Er habe den Umfang der Prüfung vorgegeben, zahlreiche Anforderungen an die Untersuchung gestellt und mehrmals Ergänzungen und Änderungen eingefordert. Anhand der entsprechend erstellten FFH-VU habe der Beklagte die Verträglichkeit eigenständig überprüft und das Ergebnis dieser Prüfung in den Genehmigungsbescheid übernommen.

Die FFH-VU sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Beschränkung auf wertbestimmende Arten sei zulässig, da hierdurch ausreichend Rückschlüsse auf andere Arten möglich seien. Es sei nicht erforderlich, sämtliche im Standarddatenbogen genannten Vogelarten mit in die Bewertung einzubeziehen. Mängel in Bezug auf die Artenerfassung lägen nicht vor. Im Hinblick auf die Vergrämungsmaßnahmen sei ein Rückgriff auf Daten aus zurückliegenden Jahren zulässig gewesen. Auch die Bewertung sei ordnungsgemäß erfolgt. In der erteilten Genehmigung seien bereits die Erhaltungsziele aus der LSG-VO zugrunde gelegt worden. Maßstab der FFH-VU seien die Schutzzwecke gemäß dem Entwurf der LSG-VO gewesen, die mit denen der tatsächlich in Kraft getretenen Fassung übereinstimmten. Ein erhöhtes Vogelgrippe-Risiko bestehe nicht. Eine dauerhafte Übertragung von Vogelgrippeviren durch die Abluft sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Viren nur am lebenden Wirt selbst überleben könnten. Zudem sei ein Großteil der Wildvögel gegen die Erkrankung immun, sodass kein relevantes Infektionsrisiko bestehe. Ein Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände bestehe nicht. Aufgrund der angeordneten Kompensationsmaßnahmen liege ein zulässiger Eingriff gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG vor. Zudem sehe der Genehmigungsbescheid ein Bauzeitenfenster von Juli bis Mitte Oktober sowie weitere Auflagen vor.

Die Emissions- und Immissionsprognosen für Geruch, Ammoniak, Stickstoff und Staub seien vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt gemäß Stellungnahme vom 15. Juli 2011 für nachvollziehbar und plausibel erachtet worden.

Es werde bestritten, dass ein faktisches Vogelschutzgebiet vorliege und dass sich das Vorhaben in unmittelbarer Nähe zu FFH-Habitaten befinde. Die LSG-VO begründe noch keine FFH-Vorprüfungspflicht. Zu berücksichtigen sei, dass die Stallanlage in unmittelbarer Nähe des bisherigen Hofes des Beigeladenen liege und es sich nicht um ein Bauwerk in freier Fläche handele.

Der Kläger entgegnet zu den rechtlichen Ausführungen des Beigeladenen:

Er sei mit seinen Einwendungen nicht präkludiert, da die ursprünglich erhobenen Einwendungen im Verwaltungsverfahren von der insoweit bevollmächtigten E… M…. abgegeben worden seien. Aber selbst wenn sie als vollmachtlose Vertreterin gehandelt habe, wäre die Einwendungserhebung durch nachträgliche Bestätigung des Landesvorsitzenden als nachträglich genehmigt und damit wirksam zu werden.

Die Einwendungen in der Stellungnahme vom 21. Juni 2011 erfüllten auch die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an Einwendungen von Naturschutzverbänden zu stellenden erhöhten Substantiierungsanforderungen. Den ausführlichen Einwendungen sei auch eine ausführliche Tabelle mit allen bekannten Vorkommen geschützter Arten im Einwirkungsbereich des Vorhabens sowie Ausführungen zu den durch das Vorhaben zu erwartenden Auswirkungen auf die jeweilige Art beigefügt worden. Eine eigene Kartierung sei zeitlich nicht möglich und auch nicht erforderlich gewesen. Auch sei ein konkreter Nachweis von durch das Vorhaben beeinträchtigten Brutplätzen nicht erforderlich. Für die Annahme einer Gebietsbeeinträchtigung genüge die entfernte Möglichkeit eines Brutplatzverlustes. In Bezug auf die Durchzügler sei ein konkreter Nachweis bereits der Sache nach kaum zu erbringen. Auch die inhaltliche Qualität der Auseinandersetzung mit dem Vorhaben in der Stellungnahme genüge den vom Bundesverwaltungsgericht festgelegten Anforderungen. Darin habe sich der Kläger ausführlich mit den Antragsunterlagen, insbesondere der FFH-VU und der UVS auseinandergesetzt und hierauf immer wieder Bezug genommen. Sie enthalte eine eigene Bewertung der zu erwartenden Beeinträchtigungen. Die beigefügte tabellarische Aufstellung entspreche von der Konzeption der in Tab. 4 der FFH-VU enthaltene Tabelle und gehe vom Umfang her weit über diese hinaus.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtakten in diesem Verfahren, in den Verfahren 5 A 2872/11, 5 B 4257/12, 5 A 5403/12, 5 A 5053/12, 5 A 5054/12 und der in diesen Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Gründe

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.

Insbesondere ist der Kläger als anerkannter Naturschutzverband klagebefugt, da er jedenfalls Rechtsverletzungen geltend macht, die in unmittelbarer Anwendung des Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) als Verletzung von Rechten des Klägers gelten (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - C-115/09 (Trianel) -, juris).

Der Kläger ist mit der Geltendmachung der Rechtsverletzungen auch nicht gem. § 2 Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (- Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - (UmwRG)) i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG präkludiert.

Die Einwendungen gegen die Genehmigung wurden, worauf der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht hinweist, rechtzeitig mit Schreiben vom 21. Juni 2011 durch die (jedenfalls nachträglich bevollmächtigte) Diplom-Biologin E…. M.… erhoben.

Die im öffentlichen Auslegungsverfahren erhobenen Einwendungen erfüllen nach Auffassung der Kammer auch die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an Einwendungen von Naturschutzverbänden zu stellenden erhöhten Substantiierungsanforderungen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 7 C 21.09 - juris Rn. 35 m.w.N). Der Kläger hat sich in seiner 16-seitigen Stellungnahme in ausreichendem Maße mit den aus seiner Sicht bestehenden Defiziten der Planungsunterlagen auseinandergesetzt und diese hinreichend konkretisiert. Zwar enthält die Stellungnahme teilweise allgemeinere und kürzere Passagen, die lediglich einen Problemaufriss darstellen. Dies wird jedoch durch zahlreiche konkret benannte einzelne Kritikpunkte sowie eine 70-seitige Anlage mit einer Darstellung des Artenvorkommens und Hinweisen zu deren Gefährdung durch das geplante Vorhaben ausreichend kompensiert. Nicht zuletzt im Hinblick auf Umfang und Schwierigkeitsgrad des Verfahrens insgesamt hat das Einwendungsschreiben des Klägers vom 21. Juni 2011 bezüglich der wesentlichen Themen des Verfahrens jedenfalls Anstoßwirkung entfaltet.

Abgesehen davon hat der Europäische Gerichtshof durch Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 - (EuZW 2016, 66) festgestellt, dass die deutschen Regeln zu Präklusion und der Überprüfbarkeit von Verfahrensfehlern im Umweltrecht mit Unionsrecht nicht vereinbar sind, weil sie gegen Art. 11 der UVP-RL und gegen Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU vom 24. November 2010 über Industrieemissionen verstoßen.

Die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Beklagten vom 22. Mai 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2012 verstoßen gegen Rechtsvorschriften, die der Kläger zu rügen befugt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 2 Abs. 5 i.V.m. § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 UmwRG).

Die Genehmigung leidet im Hinblick auf die durchgeführte FFH-VU und UVS an erheblichen Mängeln.

Eine ordnungsgemäße Untersuchung der anlagenbedingten Auswirkungen auf das EU-Vogelschutzgebiet und das Landschaftsschutzgebiet „Rheiderland“ hat nicht stattgefunden. Die zur Prüfung der möglichen Auswirkungen herangezogene FFH-VU, die UVS und die weiteren zugrunde gelegten Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen genügen den naturschutz- und habitatschutzrechtlichen Anforderungen nicht.

Nach § 34 Abs. 1 BNatSchG in der bis zum 7. September 2015 geltenden Fassung sind Projekte, die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, ein Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen dieses Gebietes zu überprüfen. Ergibt die Prüfung, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es nach § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig, sofern nicht ausnahmsweise eine Abweichensentscheidung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG getroffen wird. Danach darf ein Projekt auch dann, wenn es zu erheblichen Beeinträchtigungen führen kann, zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

Ob ein Projekt mit den Erhaltungszielen des Gebietes vereinbar ist, erfordert eine Einzelfallbeurteilung, die wesentlich von naturschutzfachlichen Feststellungen und Bewertungen abhängt. Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Auf dieser Basis sind sodann die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 68 nach juris).

Die auf der Grundlage der vorgelegten Gutachten getroffene Einschätzung der Genehmigungsbehörde, hiernach erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes durch vorhabenbedingte Auswirkungen ausschließen zu können, erweist sich als nicht haltbar.

Die FFH-VU vom 18. Januar 2010 (Beiakte IV Bl. 386) und die UVS vom 9. Dezember 2010 (Beiakte IV Bl. 338) enthalten sowohl bei der Bestandserfassung und -bewertung als auch bei der Erfassung und Bewertung von Beeinträchtigungen und deren Ausgleichsfähigkeit Mängel, aufgrund derer der Beklagte zu Unrecht von einer Verträglichkeit des Projektes ausgegangen ist (dazu im Folgenden unter 2. bis 7.). Das Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 11. März 2011 (Beiakte IV Bl. 45), das unter dem 15. September 2011 ergänzt worden ist (Beiakte VII Bl. 106) und auf das auch die UVS Bezug nimmt (dort Seite 33 f.), geht hinsichtlich der vom Vorhaben ausgehenden Ammoniakkonzentration und Stickstoffdeposition von falschen Voraussetzungen aus und führt daher ebenfalls zu einem falschen Ergebnis (dazu unter 8.).

1. Der vom Kläger erhobene Vorwurf, der Beklagte habe, statt seiner eigenen Verpflichtung zur Überprüfung der Verträglichkeit nachzukommen, lediglich auf die vom Beigeladenen vorgelegte und mehrfach nachgebesserte FFH-VU Bezug genommen, ohne sich damit inhaltlich auseinandergesetzt zu haben, trifft nicht zu. Die Verwaltungsvorgänge bestätigen den Vortrag des Beklagten, nach dem zunächst die an die vom Beigeladenen vorzulegenden Gutachten zu stellenden Anforderungen in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde festgelegt worden sind und sich der Beklagte mit den ihm im Genehmigungsverfahren vorgelegten Unterlagen (erstmals eine FFH-VU vom 10. Dezember 2009, Beiakte I Bl. 152) intensiv auseinandergesetzt und durch zahlreiche Hinweise auf Mängel auf eine entsprechende Überarbeitung bis zu einer vom 18. Januar 2010 hingewirkt hat, die im Folgenden einer kritischen Prüfung unterzogen worden ist (vgl. u.a. Beiakte I Bl. 103, 205, 230 ff., 243, 249, Beiakte III Bl. 19, 42, Beiakte VII Bl. 166, 167 ff., 200 ff., 280, 364, 373; vgl. im Einzelnen die Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 13. August 2013, Seite 10, Bl. 174 f. der Gerichtsakte 5 A 5054/12).

2. Für die noch vor Unterschutzstellung des Vogelschutzgebietes V06 „Rheiderland“ erstellte FFH-VU vom 18. Januar 2010 wurden als Betrachtungsraum die Flächen im Umkreis von rund 1 km um die Hofstelle des Beigeladenen gewählt. Im Rahmen einer 2009 durchgeführten Brutvogelkartierung wurde festgestellt, dass der Untersuchungsraum hinsichtlich seines Brutvogelbestandes bei Limikolen eine örtliche Besonderheit aufweise, insbesondere der südliche Bereich mit einer vergleichsweise großen Artenvielfalt und Individuenzahl. Insbesondere der Kiebitz sei stark vertreten, auch Rotschenkel und Austernfischer kämen in nennenswerter Anzahl vor. Das direkte Umfeld nördlich der Hofanlage sei weitestgehend frei von Brutvorkommen gewesen, die Erfassungsergebnisse wegen zu Beginn der Brutzeit erfolgter Vergrämungsmaßnahmen durch „Flatterbänder“ aber auch nicht repräsentativ. Die aktuelle Brutvogelkartierung bestätige gleichwohl die bereits 2002 und 2007 ermittelte hohe Bedeutung des Planungsraumes für Wiesenvögel (S. 4 f.). Danach komme der Kiebitz im betrachteten Gebiet vergleichsweise häufig vor. Der Planungsraum stelle nach der Bestandsentwicklung bei positiver Tendenz ein offensichtlich stetig genutztes Bruthabitat dar, wobei sich die größten Bestandsdichten in Entfernungen von >300 m zum Eingriffsbereich befänden. Der Bestand der Uferschnepfe habe sich auf zwei Reviere in einer Entfernung von >400 m zum Eingriffsbereich reduziert. Der Rotschenkel sei offenbar deutlich in Zunahme begriffen mit nächstgelegenem Revier in etwa 100 m Entfernung zum Eingriffsbereich. Von Rastvögeln, insbesondere nordischen Gänsen, sei der Planungsraum stark frequentiert. Im Vorhabengebiet sei zwar mit einem Vorkommen des Goldregenpfeifers zu rechnen, jedoch nicht in unmittelbarer Nähe. Unter den wertbestimmenden Zugvogelarten, die als Brutvögel im Vogelschutzgebiet V06 „Rheiderland“ vorkommen, seien die Brutbestände der wiesenbrütenden Limikolenarten von herausragender Bedeutung. Für Kiebitz, Uferschnepfe und Rotschenkel gehöre das Gebiet zu den wichtigsten Brutgebieten dieser Arten in Niedersachsen. Wertbestimmende Zugvogelarten als Gastvögel seien Blässgans und Graugans. Diese Tiere seien teilweise auch im Nahbereich der Hofstelle des Beigeladenen anzutreffen.

Nach der UVS vom 9. Dezember 2010 liegt das Planareal in einem Brutvogelgebiet von regionaler Bedeutung und sei nach den Bewertungskriterien der Leitlinie Naturschutz und Landschaftspflege (NMELF 2001) der Wertstufe IV („Von besonderer bis allgemeiner Bedeutung“) zuzuordnen. Die weiteren Ausführungen sind im Wesentlichen inhaltsgleich mit der entsprechenden Passage in der FFH-VU. Hinsichtlich der Gastvogelfauna wird in der UVS (Seite 19 ff.) festgestellt, dass dem Rastgebiet „D… W…“ eine internationale Bedeutung zukomme und der Untersuchungsraum der Wertstufe V („Von besonderer Bedeutung“) zuzuordnen sei. Die Grünlandkomplexe des Rheiderlandes wiesen eine Funktion für Blässgänse auf, die im Eingriffsraum häufig Jahressummen von 2.410 bis 5.000 Individuen und mehr pro km2 erreichen. Im nördlichen, grünlandorientierten Rheiderland, in dem das Bauvorhaben angesiedelt ist, seien mit über 5.000 Individuen pro km2 die höchsten Frequentierungen von Nonnengänsen ermittelt worden. Die Summe der Graugänse zeige dagegen für das Plangebiet nur geringe bis mittlere Werte auf. Wertbestimmend sei als Rastvogel der Goldregenpfeifer, für den im Rahmen der Meldung des Vogelschutzgebietes eine nationale Bedeutung festgestellt und die maximale Rastzahl mit 17.800 Individuen angegeben worden sei. Vor allem im zentralen Rheiderland träten höhere Rastvogeldichten auf. Auch im Vorhabengebiet sei mit Vorkommen zu rechnen, jedoch sei es nicht wahrscheinlich, dass diese relativ störungsempfindliche Art in unmittelbarer Nähe vorkomme. Durch die Nähe zum Dollart sei der Bereich im Falle überschwemmter Rasthabitate außendeichs als Hochwasserrastplatz geeignet und werde als solcher auch aktuell genutzt. Detaillierte Daten diesbezüglich seien jedoch nicht bekannt.

Die im Rahmen der FFH-VU bzw. der UVS im Rahmen der Bestandserfassung vorgenommene Auswahl der Vogelarten war unzureichend.

Maßgebend für die Bestandserfassung und -bewertung sind die „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ (vgl. EuGH, Urteile vom 20. September 2007 - C-304/05 -, NuR 2007, 679 und vom 24. November 2011 - C-404/09 -, NuR 2012, 42; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -, juris, Rn. 64, und vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, juris, Rn. 73). Angesichts der Bandbreite von Erscheinungsformen in dem in Rede stehenden Naturraum und der Vielzahl von Arten, die zudem in wechselnden, gemischten oder im Entstehen bzw. Verschwinden befindlichen Erscheinungsformen auftreten können, steht der Behörde bei der Erfassung des konkreten Naturraums eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu mit der Folge, dass eine gerichtliche Kontrolle der konkreten Zuordnungsentscheidung nur eingeschränkt dahingehend möglich ist, ob diese vertretbar, d.h. plausibel und stimmig erscheint (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, juris, Rn. 74 f.; Beschluss vom 28. Dezember 2009 - 9 B 26.09 -, juris, Rn. 12).

Diesen Vorgaben werden die durchgeführten Verträglichkeitsuntersuchungen nicht gerecht.

Es ist zunächst rechtlich und naturschutzfachlich nicht zu beanstanden, dass FFH-VU und UVS nur teilweise eine im Jahr 2009 durchgeführte Brutvogelerfassung zugrunde gelegt und sich im Übrigen auf in den Jahren 2002 und 2007 durchgeführte Erfassungen bezogen haben.

Zwar dürfte es in der Regel geboten sein, den aktuellen Ist-Zustand des Naturraums im Rahmen der Bestandserfassung abzubilden. Da sich der Umfang und die Methode der Erfassung immer nach den Gegebenheiten des Untersuchungsraums und seiner potenziellen Betroffenheit durch das Vorhaben richtet (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, juris, Rn. 59, und vom 14. April 2010 - 9 A 5.08 -, NuR 2010, 558), kann aber in besonderen Einzelfällen auf eine zeitnahe Bestandserhebung verzichtet werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn zu dem Gebiet bereits hinreichend aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen und die Aktualität dieser Informationen und Erkenntnisse sichergestellt ist (EuGH, Urteil vom 11. September 2012 - C-43/10 -, NuR 2012, 775; BVerwG, Urteile vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 - und vom 14. April 2010 - 9 A 5.08 -, jeweils a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. September 2013 - 3 S 284/11 -, juris, Rn. 246 f.). Dies ist vorliegend zu bejahen.

Im Rahmen der durch die Gutachter im Jahr 2009 erfolgten Brutvogelerfassung mit sechs Begehungsterminen auf Flächen im Umkreis von rund 1 km um die Hofstelle des Beigeladenen durch den Gutachter G… wurde hinsichtlich der Limikolen (Watvögel oder Regenpfeiferartige), insbesondere im südlichen Bereich, eine vergleichsweise große Artenvielfalt und Individuenzahl festgestellt, während das direkte Umfeld nördlich der Hofanlage weitestgehend frei von Brutvorkommen gewesen sei. Dabei wies der Gutachter darauf hin, dass die Erfassungsergebnisse insoweit wegen zu Beginn der Brutzeit erfolgter Vergrämungsmaßnahmen durch „Flatterbänder“ auf einem nördlich gelegenen Nachbargrundstück nicht repräsentativ seien. Bei einer derartigen, außerhalb des Verantwortungsbereichs der Beteiligten liegenden Störung bedurfte es einer weiteren, ggf. zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführenden Bestandserfassung nicht. Es wäre fraglich, ob und wie schnell sich einerseits gegen den Betreiber der Flatterbänder eine Untersagung hätte durchsetzen lassen und andererseits sich eine Wiederansiedlung der vergrämten Tierarten einstellte. Die Verträglichkeitsprüfung hat sich an dem „günstigen Erhaltungszustand“ der geschützten Lebensräume und Arten zu orientieren. Ist für bestimmte Lebensräume und Bestände eine Regenerierung hinreichend sicher zu erwarten, ist deshalb der Zustand in den Blick zu nehmen, der sich ohne die Verwirklichung des Vorhabens wieder entwickeln würde (zur Berücksichtigung künftiger naturräumlicher Entwicklungen auch infolge der Standortdynamik, vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, vom 16. Dezember 2004 - 4 A 11.04 -, NVwZ 2005, 589, vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1).

Auf eine aktuelle Bestandserhebung konnte auch deswegen verzichtet werden, weil mit den herangezogenen Erhebungen aus den Jahren 2002 und 2007 Bestände beschrieben werden, die in Bezug auf die tatsächlichen und potenziellen Lebensräume im Vorhabengebiet eine geringe Dynamik aufweisen und sich aus der Bestandsentwicklung im Zeitraum 2002 bis 2007 eine Tendenz ablesen ließ, die jedenfalls die hinsichtlich des südlichen Vorhabensbereichs vorgenommene und insoweit als repräsentativ erachtete Brutvogelkartierung im Wesentlichen bestätigt hat. Zwar wurde bei der Erfassung im Jahr 2009 hinsichtlich des Rotschenkels im südlichen Bereich nur ein einziger Brutverdacht erfasst (Seite 14 der UVS), obwohl der Rotschenkel nach den 2002 und 2007 durchgeführten Erhebungen in Zunahme begriffen war (Seite 15 und 18). Insoweit ist es aber für die Bewertung des Erhaltungszustandes aber sogar gerade günstiger, auf die in den Jahren 2002 und 2007 erhobenen Zahlen abzustellen.

Anhaltspunkte für eine andere Entwicklung, aufgrund derer sich ein Rückschluss aus der in der Vergangenheit festgestellten Bestandsentwicklung für den nördlichen hofnahen Bereich ausschließe, sind nicht ersichtlich.

Zu Unrecht unberücksichtigt geblieben sind jedoch solche Vogelarten des Anhangs I der Vogelschutzrichtlinie sowie der weiteren regelmäßig vorkommenden Zugvogelarten nach Art. 4 Abs. 2 VRL, die die Vorhabenfläche als Hochwasserrastplatz nutzen. Der Schutzzweck der LSG-VO besteht in der Erhaltung des Gebietscharakters und der Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes. Zu diesem Zweck ist nach § 4 Abs. 2 LSG-VO die spezifische Eigenart der Landschaft mit ihren charakteristischen Merkmalen in ihrer Funktion u.a. als Hochwasserfluchtplatz zu sichern. Nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 LSG-VO ist u.a. die Vermeidung von Störungen in den Hochwasserrastplätzen erforderlich. Bei Hochwasserrastplätzen handelt es sich um traditionelle und regelmäßig aufgesuchte Örtlichkeiten, denen eine besondere Bedeutung zukommt, weil sich dort oft große Ansammlungen von Vögeln einfinden, wenn die Vorländereien überflutet sind. Solche Flächen werden zum Beispiel von Ringelgans, Säbelschnäbler, Großem Brachvogel, Austernfischer, Sturm-, Lach- und Silbermöwe aufgesucht (vgl. Gutachten Dr. S…, „Naturschutzfachliche Anmerkungen zu den Auswirkungen einer Hähnchenmastanlage im EU-Vogelschutzgebiet „Rheiderland“ vom 12. Mai 2014“, Seite 9, Bl. 179 der Gerichtsakte). Gleichwohl sind entsprechende Bestandserhebungen nicht erfolgt, obwohl dem Gutachter G… das Vorhandensein dieser Arten durchaus bekannt war. In der FFH-VU heißt es auf Seite 10 zu den Rastvögeln: „Durch die Nähe zum Dollart ist der Bereich im Falle überschwemmter Rasthabitate außendeichs als Hochwasserrastplatz geeignet und wird als solcher auch aktuell genutzt. Detaillierte Daten diesbezüglich sind jedoch nicht bekannt.“. Gründe dafür, dass auf eine Erhebung verzichtet worden ist, sind nicht ersichtlich und konnten auch in der mündlichen Verhandlung seitens des Beklagten oder des Beigeladenen nicht dargelegt werden. Soweit der Gutachter G…. in der mündlichen Verhandlung hierzu angegeben hat, dass eine Erfassung im Jahr 2009 tatsächlich nicht stattgefunden habe und man diesbezüglich auf die Daten von Dr. K… zurückgreifen müsse, der alle zwei Jahre eine entsprechende Erfassung vornehme, überzeugt dies nicht. Der Gutachter Dr. S… hat in der mündlichen Verhandlung eine entsprechende Erhebung ausdrücklich in Frage gestellt, weil Dr. K…. im Wesentlichen Gänse erfasse und beispielsweise der Regenbrachvogel nur am Rande erfasst werde, obwohl er in diesem Gebiet als Hochwasserrastvogel anzutreffen sei. Diese Aussage lässt sich auch durch die im Internet auffindbaren Veröffentlichungen des Dr. K…bestätigen (vgl. bspw. „Vorkommen von Gänsen und Schwänen in den EU-Vogelschutzgebieten in der Gänseregion Ems-Dollart und Krummhörn-Leybucht (V03, V04, V06, V10) im Winter 2009/10“, „Vorkommen von Gänsen und Schwänen in den EU-Vogelschutzgebieten in der Gänseregion Ems-Dollart (V06, V10) sowie in der Krummhörn (V03, V04) im Winter 2011/12“). Abgesehen davon sind entsprechende Erhebungen, falls sie von Dr. K…. durchgeführt worden sein sollten, jedenfalls nicht in die im Rahmen der Verträglichkeitsüberprüfung vorzunehmende Ermittlung und naturschutzfachliche Bewertung der Einwirkungen eingeflossen.

Darüber hinaus wurden, worauf der Gutachter Dr. S… in seinem Gutachten vom 12. Mai 2014 zu Recht hingewiesen hat (dort Seite 10), u.a. auch die Röhricht bestandene Gräben bewohnenden Vogelarten Schilfrohrsänger und Blaukehlchen bei der Bewertung der Einwirkungen nicht berücksichtigt, obwohl bei der Brutvogelkartierung 2009 ein entsprechender Brutvogelbestand festgestellt worden ist (Seite 14 der FFH-VU, Abb. 4) und diese Vögel ebenfalls dem Schutz des § 4 Abs. 2 LSG-VO unterfallen. Soweit der Gutachter G… in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, man habe eine Erhebung in der Weise vorgenommen, dass sämtliche Brutbestände kartiert worden seien, die man aufgefunden habe und daraus folge, dass Brutbestände, die nicht kartiert wurden, auch nicht vorhanden gewesen seien, widerspricht dies den Ausführungen auf Seite 19 der UVS. Danach sei davon auszugehen, dass in dem Bereich darüber hinaus allgemein verbreitete und ungefährdete Arten vorkommen, insbesondere die westlich des Hofes befindlichen Gehölze eine Funktion für gebüsch- und baumbrütende Vogelarten aufweisen und das in einer Entfernung von ca. 50 m zum Bauvorhaben gelegene Hofgebäude ein Bruthabitat für bestimmte Vögel darstelle, für diese Arten in Bezug auf das Vorhaben aber keine unmittelbaren Beeinträchtigungen zu prognostizieren seien, weshalb nähere Bestandserfassungen nicht durchgeführt worden seien.

Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob im Rahmen der durchgeführten Verträglichkeitsprüfung neben den wertbildenden Arten auch sämtliche andere im Standarddatenbogen genannten Vogelarten, mit denen die Ausweisung des betreffenden Gebiets als besonderes Schutzgebiet begründet wurde, hätten erfasst werden müssen, kann hiernach offen bleiben.

3. Die durch die FFH-VU/ UVS vorgenommene Beschreibung und Bewertung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens unterliegt ebenfalls erheblichen rechtlichen Bedenken.

In der UVS heißt es u.a. (Seite 38), im Umfeld des neuen Stalls sei aufgrund der vertikalen Strukturen bei Brutvögeln des Offenlandes mit einem Meidungsverhalten zu rechnen und daher ein Verdrängungseffekt möglich, jedoch sei mit einem zeitnahen Gewöhnungseffekt zu rechnen, so dass Beeinträchtigungen der betroffenen Wiesenvögel, insbesondere des Kiebitz, eher unwahrscheinlich seien. Die Störintensität sei bei der vorliegenden Planung als recht gering einzustufen, da die Betriebsfläche zur bestehenden Hofstelle angeordnet sei. Insgesamt könne jedoch bei allen drei Kartierungen (1999/ 2007/ 2009) festgestellt werden, dass der Streifen nördlich und südlich des Weges D… W… kaum Brutbestände aufweise, weil die bisherigen Hofstellen infolge der vertikalen Strukturen (Gebäude, Gehölze) sowie der betriebsbedingten Störungen einen Verdrängungseffekt bewirkten.

Im Rahmen dieser Bewertung wird widersprüchlich einerseits dargestellt, dass die Bedeutung des Bereichs als Brut-und Nahrungsbiotop nur untergeordnet sei, weil bereits von dem bisherigen Stall ein Verdrängungseffekt ausgehe, andererseits aber ein nicht näher erklärter Gewöhnungseffekt dargestellt, der eine Beeinträchtigung der betroffenen Vogelarten unwahrscheinlich erscheinen lasse. Bereits das Kartierungsergebnis Brutvögel 2009 (Seite 5 des Gutachtens) zeigt, dass die Zahl der Brutbestände im Umfeld des bestehenden Betriebs im Vergleich zu der südlich gelegenen freien Fläche erheblich geringer ist. Statt eines Gewöhnungseffektes ist hier nur der Verdrängungseffekt sichtbar.

Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, dass die Störintensität des beabsichtigten Vorhabens bei der vorliegenden Planung seitens des Gutachters G… als recht gering eingestuft wird, weil die Betriebsfläche zur bestehenden Hofstelle angeordnet sei, es sich bei den Stallneubauten um stationäre Objekte ohne nennenswerte Geräuschentwicklung oder sonstige dauerhafte Störgrößen (z.B. Fahrzeugbewegungen) handele und die durch die regelmäßige Nutzung des Vorplatzes von Transportbewegungen ausgehenden Störungen in Anbetracht der geplanten Abschirmung des Objektes durch Eingrünung nur gering seien (Seite 38 f.). Denn auf Seite 20 der FFH-VU wird für den bereits bestehenden Hof eine starke Standortvorbelastung durch die allgemeinen landwirtschaftlichen Aktivitäten festgestellt. Dort heißt es: „Aufgrund der unmittelbaren Hofnähe wird das Plangebiet derzeit intensivst genutzt und angrenzende Straßen (hier D… W…) durch landwirtschaftlichen Verkehr stark frequentiert.“. Dass der Gutachter den Umfang des bisherigen landwirtschaftlichen Verkehrs tatsächlich ermittelt hat, ist nicht ersichtlich.

Aber auch bei der Bewertung der durch den zusätzlichen Fahrzeugverkehr zu erwartenden Störungen legt der Gutachter falsche Voraussetzungen zugrunde. Der Gutachter geht insoweit (Seite 3 der UVS) von einem Anlieferungs- und Transportverkehr mit „203 Fahrzeugbewegungen (Zügen)“ pro Jahr aus und nimmt dies als Grundlage für die Bewertung u.a. des Lärms. Dagegen gehen sowohl Beigeladener als auch Beklagter von 48 Zügen/ Lkw je Durchgang und 338 Zügen/ Lkw je Jahr zuzüglich der Anfahrten von Tierarzt und Reinigungsfirma (4 Anfahrten je Durchgang, 28 Anfahrten/ Jahr) aus (Beiakte IV Bl. 173). Tatsächlich dürfte der zu erwartende Fahrzeugverkehr jedoch höher sein.

Nach Ziff. 1.5 und Tabelle 4 der VDI-Richtlinie Emissionsminderung Tierhaltung - Hühner - (VDI-Richtlinie 3472) von Juni 1986 (abgedruckt in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003) entspricht der tägliche Frischkotanfall von Junghennen und Jungmasthühnern (Masthähnchen) etwa dem 1,5fachen des Futterverzehrs, der Trockenmassegehalt etwa 30 % des Futterverzehrs. Danach beträgt der Tagesdurchschnitt an Frischkot 80 g, pro Durchgang (6 Wochen) 3,2 kg. Nach der Fallstudie „Ökologische Bewertung unterschiedlich intensiver Produktionssysteme von Broilern anhand von Nährstoffbilanzen“ (Kratz/ Rogasik/ Schnug, 2002, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL)) sind demgegenüber bei konventioneller intensiver Stallhaltung 115 g Kot pro Tag und bei einem Durchgang insgesamt etwa 5 kg Kot je Tier anzunehmen.

Demgegenüber hat der Beigeladene bei der Berechnung der Transporte angenommen, dass in den geplanten Ställen für 80.000 Masthähnchen 1 kg Kot/ Tier/ Durchgang anfallen und daraus einen Gesamtkotanfall von 80 t/ Durchgang errechnet, der bei einer durchschnittlichen Transportleistung der den Kot abfahrenden Lkw von 13 t insgesamt in 7 Lkw-Zügen je Durchgang und bei geplanten 7 Durchgängen im Jahr von 49 Lkw-Züge pro Jahr abgefahren werden kann (Beiakte IV Bl. 12).

Unter Zugrundelegung der in der VDI-Richtlinie 3472 angenommenen Werte ist demgegenüber bei 3,2 kg Kot/ Tier bei 80.000 Masthähnchen je Durchgang von 256 t Kot und 20 Lkw, bei 7 Durchgängen von 138 Lkw auszugehen. Bei Zugrundelegung der Werte aus der Fallstudie von Kratz/ Rogasik/ Schnug (5 kg Kot/ Tier je Durchgang) ergeben sich 400 t Kot, die in einem Durchgang von 31 Lkw, bei 7 Durchgängen mit 2.400 t Kot von 216 Lkw abtransportiert werden müssen. Da die Fallstudie von Kratz/ Rogasik/ Schnug bei der Berechnung der Kotmenge bei einem Durchgang mit einem Endgewicht von 1,8 kg ausgegangen ist, wären die Kotmengen in der vom Beigeladenen beabsichtigten Aufzucht zu einem Mastgewicht von ca. 1,96 kg (Vormast) bis 2,65 kg (Endmast) sogar noch deutlich höher.

Insgesamt beträgt das durch den Betrieb der Ställe hervorgerufene Verkehrsaufkommen damit 61 Züge/ Lkw je Durchgang und 427 Züge/ Lkw je Jahr (VDI-Richtlinie 3472) bzw. 72 Züge/ Lkw je Durchgang und 505 Züge/ Lkw je Jahr (Fallstudie Kratz/ Rogasik/ Schnug) statt 48 Züge/ Lkw je Durchgang und 338 Züge/ Lkw je Jahr, wie vom Beigeladenen angegeben und vom Beklagten übernommen, zuzüglich der Anfahrten von Tierarzt und Reinigungsfirma (4 Anfahrten je Durchgang, 28 Anfahrten/ Jahr).

Weil diese Lkw sowohl ein- als auch ausfahren müssen, liegt die Zahl der Verkehrsbewegungen doppelt so hoch, was der Gutachter G… offensichtlich ebenfalls nicht berücksichtigt hat, weil er auf Seite 3 der UVS fälschlich Fahrzeugbewegungen und Züge gleichgesetzt hat. Die hierzu in der mündlichen Verhandlung getätigte pauschale Aussage des Gutachters G…, auch bei Annahme eines entsprechend höheren Fahrzeugverkehrs ändere sich nichts an seinen bisherigen Aussagen zur Störungswirkung durch den Fahrzeugverkehr, überzeugt insbesondere deshalb nicht, weil er bereits den - von ihm nicht näher eruierten - bisherigen Fahrzeugverkehr als stark bezeichnet hat und u.a. daraus eine starke Standortvorbelastung hergeleitet hat (Seite 20 FFH-VU). Dass es keinen Einfluss auf die Störwirkung haben soll, ob - wie vom Gutachter angenommen - von 203 „Fahrzeugbewegungen/ Zügen“ oder - bei Heranziehung der Fallstudie Kratz/ Rogasik/ Schnug - von 505 Zügen zuzüglich der Anfahrten von Tierarzt und Reinigungsfirma, d.h. von über 1000 Fahrzeugbewegungen ausgegangen wird, ist nicht nachvollziehbar.

Schließlich ist - anders als vom Gutachter behauptet (Seite 41 unten UVS) - auch nicht zu erwarten, dass die durch Nebenbestimmungen verfügte Eingrünung in absehbarer Zeit zu einer Abschirmung von Störungen durch Zu- und Abgangsverkehr sowie Transportbewegungen auf dem Vorplatz wird führen können.

Ebenfalls nicht überzeugend sind die Ausführungen dazu, dass eine erhebliche Beeinträchtigung von Brut- und Rastvögeln über einen Radius von 100 m hinaus nicht zu erwarten sei (Seite 39 unten und Seite 41 unten UVS). Der Gutachter G… ist bei seiner Bewertung von Fluchtdistanzen ausgegangen, die sich aus Untersuchungen aus den Jahren 1969 bis 1998 ergeben. Demgegenüber verweist der Gutachter Dr. S… in seinem Gutachten vom 12. Mai 2014 insoweit auf neuere Untersuchungen aus den Jahren 2007 und 2010 (Vliet et al; Garniel et al.; BMVBS) verwiesen, nach denen die Störungswirkungen für Kiebitz und Uferschnepfe von 250 - 450 m reichen (Seite 11). Dr. Schreiber beanstandet weiter, dass die in der UVS zusammengestellten Angaben zu Störungsdistanzen hinsichtlich der Brutvögel nicht nachvollziehbar seien, weil die Literaturstellen zu den Quellenangaben im Literaturverzeichnis fehlten und sie sich auf Fluchtdistanzen gegenüber dem Straßenverkehr zu beziehen scheinen, für das von einem Gebäude und Gehölzen ausgehende Störungsmuster jedoch nicht einschlägig seien. Zudem hätten neuere Untersuchungen ergeben, dass die Störeffekte des Straßenverkehrs gerade für die hier relevanten Wiesenvogelarten zu Wirkweiten führten, die den eben genannten Reichweiten der störenden Wirkung des Bauvorhabens entsprächen (Seite 11, Fußnote 10, Abbildungen 1, 3, 4 und 5 im Anhang). Bei der Annahme einer Störzone bis 250 m ergebe sich für das Vorhaben eine beeinträchtigte Fläche von fast 32 ha, im Bereich von 250 m bis 450 m kämen weitere 53 ha hinzu. In der mündlichen Verhandlung hat Dr. S…. diese Ausführungen näher erläutert. Demgegenüber konnte der Gutachter G… die Kritik an den von ihm zugrunde gelegten Störungsdistanzen nicht entkräften.

4. Die Ausführungen in der FFH-VU zu dem Ziel „Erhalt der Vernetzungselemente und Flugkorridore zu benachbarten Vogelschutzgebieten“ überzeugen ebenfalls nicht. Hierzu heißt es (Seite 17 f. FFH-VU), dass eine funktionelle Beeinträchtigung nicht gegeben sei, weil sich die Bauten auf hofnahe und dementsprechend vorbelastete Flächen konzentrierten und mit maximalen Höhen von 8 m die Höhenbereiche vorhandener Gehölze und Bauten nicht überschritten würden. Lokale und überörtliche Flugbewegungen würden nicht beeinträchtigt. Umstehende Bauten und Bäume seien z.T. deutlich höher und müssten ohnehin im Rahmen kleinräumiger Ortswechsel überflogen werden. Großräumige Wechselbeziehungen mit Auswirkungen auf angrenzende FFH-Gebiete seien aufgrund der bei großräumigen Ortswechseln bedingten höheren Flughöhe ebenfalls nicht zu erwarten.

Die vom Gutachter beschriebene und angenommene Vorbelastung entspricht nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Aus den über das Internet abrufbaren Satellitenaufnahmen, die auch im Rahmen einer Präsentation in der mündlichen Verhandlung eingeführt worden sind, aber auch aus den bereits in den Verwaltungsvorgängen an verschiedenen Stellen befindlichen Lichtbildaufnahmen (u.a. in der UVS selbst, dort Seite 10 und 11) und insbesondere aus der als Anlage 3 zur UVS beigefügten Karte „Biotoptypen“, die auch die im Vorhabenbereich erfassten Einzelsträucher und Einzelbäume darstellt, ergibt sich, dass weiträumig um den Vorhabenstandort herum bei nur wenigen Ausnahmen eine Vorbelastung durch hohe Bauten oder Gehölze nicht gegeben ist. Es handelt sich um eine dem allgemeinen Erhaltungsziel entsprechende und im Wesentlichen flächendeckende Grünlandbewirtschaftung mit nur ganz vereinzelten baumbewachsenen Hofgrundstücken. Dass darüber hinaus keine weiteren Bauten und nur unwesentlich wenige Gehölze vorhanden sind, hat sich für die erkennende Kammer auch im Rahmen der durchgeführten Ortsbesichtigung bestätigt (vgl. dazu auch die im Termin gefertigten Lichtbildaufnahmen, Beiakte BA002 im Verfahren 5 A 2872/11).

Im Widerspruch zu den eigenen Annahmen des Gutachters stehen auch dessen Ausführungen auf Seite 28 der UVS, in denen die Landschaft bzw. das Landschaftsbild dahingehend beschrieben wird, dass für die Eingriffsfläche neben dem Grünland die Weiträumlichkeit und Offenheit kennzeichnend sei, sich Bebauung nur vereinzelt finde und in der offenen Landschaft nur wenige Gehölzstrukturen anzutreffen seien, meist entlang von Wirtschaftswegen. Auf Seite 20 der FFH-VU (3. Absatz von unten) wird bei der Beurteilung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen ebenfalls im Widerspruch zu den vorherigen Aussagen ausgeführt, dass aus der Flächeninanspruchnahme in unmittelbarer Nachbarschaft zur bestehenden Hofstelle wesentliche Vorhabenauswirkungen resultieren und die Flächeninanspruchnahme bezüglich der Offenlandarten auch über die eigentlich überplante Fläche hinaus wirken kann, indem z.B. vorhandene Flugkorridore oder Sichtbeziehungen unterbrochen werden.

Hinzu kommt, dass bei der Annahme höherer Fluchtdistanzen von Brut- und Rastvögeln von mindestens 250 m, wie sie die Ausführungen des Gutachters Dr. S…nahelegen, von einer noch größeren Störzone auszugehen ist, die das Überfliegen baulicher Hindernisse zusätzlich erschwert. Der Gutachter Dr. S… hat zudem nachvollziehbar ausgeführt (Seite 11 f.), dass ein Bauwerk wie die geplanten Hähnchenmastställe nicht nur Flugwege zwischen verschiedenen Vogelschutzgebieten verstellt, sondern auch die innergebietliche Kohärenz des Vogelschutzgebietes mindere, weil es nämlich auch kleinräumigere Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Nahrungsflächen, zum Beispiel für Gastvögel, be- oder verhindert. Auch diesen Ausführungen konnten Beklagter und Beigeladener nicht entgegentreten.

5. Aus den vorgenannten Gründen überzeugen auch die Ausführungen des Gutachters zu dem „Erhaltungsziel der weiträumigen, unzerschnittenen Landschaft mit freien Sichtverhältnissen“ (Seite 17 der FFH-VU) nicht, nach denen dieses Ziel nicht signifikant beeinträchtigt sei, weil sich die Bauten auf hofnahe und dementsprechend vorbelastete Flächen konzentrierten und mit maximalen Höhen von 8 m die Höhenbereiche vorhandener Gehölze und Bauten nicht überschritten würden.

Hinzu kommt, dass sich das Bauvorhaben zwar auf dem nächstgelegenen Grundstück zum bisherigen landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen befindet, jedoch nicht unmittelbar in derselben Richtung daran anschließt. Während das bisherige Hofgebäude mit einer Länge von 88 m in nord-südlicher Richtung ausgerichtet ist, soll das geplante Bauvorhaben östlich hiervon mit einer Länge von 110 m und einer Breite von 47 m errichtet werden. Dadurch wird zusammen mit dem westlich des Vorhabens gelegenen Vorplatz ein gegenüber den Vorbelastungen erheblicher Fremdkörper geschaffen. Die geplanten Hähnchenmastställe bilden zusammen mit den im Straßenbereich D… W… bereits vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieben des Klägers (Flurstück …/… der Flur … und Flurstück …/… der Flur … der Gemarkung D…) sowie dem Betrieb des H…-F… F... (Flurstück …/… der Flur … der Gemarkung P…) einen Querriegel, der die Landschaft in einer Ost-West-Achse auf einer Breite von rund 800 m zerschneidet. Von einer weiträumigen, unzerschnittenen Landschaft mit freien Sichtverhältnissen kann hiernach nicht mehr die Rede sein. Eine Bebauung mit einem Stall mit einer Höhe von rund 7 m schließt die Sicht aus. Die als Vermeidungs- und Minderungsmaßnahme vorgesehene „mehrreihige Eingrünung mit standortgerechten und heimischen Gehölzarten“ verstärkt die beschriebene Zerschneidungswirkung eher noch.

Im Übrigen sind auch diese Ausführungen insoweit widersprüchlich, als in der UVS bei der Beschreibung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens auf Seite 45 f. zu Landschaft/ Landschaftsbild ausgeführt wird, dass sich der Vorhabenstandort innerhalb eines weiträumig offenen Geländes befinde und insofern nahezu vollständig gut einsehbar sei, die Stallgebäude trotz flacher Bauweise und der räumlichen Angliederung an den vorhandenen Hofkomplex aufgrund ihrer Größe und Gestaltung aber als störende technische Baukörper wirken werden, die bei unverstelltem Blick von einem der Landschaft gegenüber aufgeschlossen Betrachter als Fremdkörper empfunden werden und in der weiträumig offenen Landschaft Sichtbeziehungen unterbrechen.

6. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen zum Entstehen eines die Landschaft in beträchtlicher Länge zerschneidenden Querriegels vermögen auch die Darstellungen in der UVS zu den Auswirkungen auf das Erhaltungsziel „Landschaft“ (Seite 46) nicht zu überzeugen, soweit es dort heißt, die Inanspruchnahme einer intensiv genutzten, strukturarmen und hofnahen Grünfläche sowie die Anordnung der Stallneubauten an den bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb und die angrenzende Straße trügen bereits wesentlich zur Minimierung von Vorhabenauswirkungen bei.

Auch die Annahme (Seite 46 Mitte), durch zusätzliche Eingrünungsmaßnahmen mit standortgerechten heimischen Gehölzen könne neben einer verstärkten optischen Anbindung der Stallanlage an den vorhandenen Betrieb insbesondere auch eine landschaftsgerechte gestalterische Einbindung in die umgebende Kulturlandschaft erreicht werden, wobei mit der Zeit die Sicht auf die Gebäude durch den Aufwuchs der Gehölze weitgehend verdeckt werde, so dass die Stallanlage nicht mehr als störender Fremdkörper wahrgenommen würde, überzeugt nicht. Außer Acht gelassen wird dabei bereits, dass neben den Stallanlagen mit einer Höhe von 6,76 m auch zwei Ablufttürme mit einer Höhe von jeweils 11 m errichtet werden sollen, deren Verdeckung durch Gehölze in absehbarer Zeit ausgeschlossen erscheint. Abgesehen davon würde eine derartige Betrachtungsweise bedeuten, dass eine Veränderung des Landschaftsbildes durch einen baulichen Fremdkörper jederzeit zulässig wäre, solange dieser nur mittelfristig, was nach Seite 56 Mitte der UVS einen Zeitraum von weniger als 25 Jahren bedeutet, durch ausreichende Gehölze verdeckt werden kann.

Abgesehen davon ist die im Gutachten zugrunde gelegte Annahme unzutreffend, dass die Zulassungsschwelle für weitere Vorhaben sinkt, je höher die bereits bestehenden Vorbelastungen sind. Das Gegenteil ist der Fall. Die Verpflichtung des Landes Niedersachsen, die Schutz- und Erhaltungsziele im Vogelschutzgebiet V06 „Rheiderland“ zu realisieren, würde konterkariert, wenn bereits bestehende Belastungen für den Naturraum und die betroffenen Vogelbestände eine erleichterte Zulassung weiterer beeinträchtigender Vorhaben zuließe. Das gilt erst recht dann, wenn das weitere Vorhaben für sich genommen nicht nur naturschutzfachlich unwesentlich ist, sondern von ihm - wie hier - erhebliche Beeinträchtigungen ausgehen. Anderenfalls würde mit jedem genehmigten Bauvorhaben die Zulassung von weiteren Vorhaben erleichtert, statt erschwert werden.

7. Die im Kapitel 7.2 der UVS (Seite 53) benannten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden nicht als ausreichend erachtet und sind teilweise auch nicht nachvollziehbar.

Danach sei hinsichtlich der „Brut- und Rastvögel“ von einem Flächenentzug von rund 100 m im Umfeld des Plangebietes auszugehen, der im Hinblick auf die bestehenden Vorbelastungen auf einen Radius von 50 m zu reduzieren und für die bestehenden Verkehrsflächen auf einen Bereich von 25 m beiderseits des Straßenkörpers festzusetzen sei, woraus sich eine potenziell erheblich beeinträchtigte Fläche von rund 3,5 ha ergebe. Entgegen den einschlägigen Kompensationsgrundsätzen, die für erheblich beeinträchtigten Lebensraum gefährdeter Arten in der Regel Kompensationsflächen von mindestens gleicher Größe erfordern, sei ausnahmsweise die Bereitstellung einer Kompensationsfläche von nur rund 1,57 ha ausreichend, weil durch entsprechende Bewirtschaftungsauflagen auf der Kompensationsfläche bessere Standort- und Habitatbedingungen geschaffen würden, als sie auf der betroffenen Fläche vorhanden seien (Seite 58 der UVS).

Die Reduzierung der Kompensationsfläche um die Hälfte entgegen den einschlägigen Kompensationsgrundsätzen nach NMELF (2001) ist unzulässig. Denn es ist zu berücksichtigen, dass sich das als Kompensationsfläche vorgesehene Flurstück ohnehin im betroffenen Landschaftsschutzgebiet befindet, was naturschutzrechtlich grundsätzlich auch zulässig ist. Würden auf dieser Fläche aber nicht bessere Standort- und Habitatbedingungen geschaffen, handelte es sich gar nicht erst um eine Kompensation, da diese Fläche bereits von vornherein als genutzter Lebensraum zur Verfügung stand. Die bloße Benennung einer anderen Fläche innerhalb eines geschützten Naturraums ohne weitergehende Maßnahmen stellte eine auf den auf den nötigen Kompensationsbedarf anrechenbare Kompensationsmaßnahme gar nicht erst dar. Eine Kompensation setzt vielmehr voraus, dass die bereits vorhandene Fläche in einen noch besseren Zustand versetzt wird, was hier durch zusätzliche Bewirtschaftungsauflagen erfolgen soll. Daher ist eine aus denselben Gründen angenommene Halbierung der Kompensationsfläche nicht gerechtfertigt. Vielmehr dürfte der Grund für die angenommene und durch die Untere Naturschutzbehörde des Beklagten auch nicht infrage gestellte Halbierung der erforderlichen Kompensationsfläche sein, dass dem Beigeladenen über das Flurstück …/… der Flur … der Gemarkung D… hinaus keine weiteren als Kompensationsflächen geeigneten Grundstücke zur Verfügung stehen und auf dem vorgenannten Flurstück nach Abzug des für Biotoptypen (6.600 m2) und Boden (3.300 m2) erforderlichen Kompensationsbedarfs (Seite 54) insoweit nur noch eine Restfläche von rund 1,57 ha zur Verfügung steht (Seite 58 UVS).

Im Übrigen ist unter Zugrundelegung der laut Gutachten des Dr. S…erheblich höheren Stördistanzen für Brut- und Gastvögel von (250 - 450 m statt 100 m) von einem deutlich größeren beeinträchtigten Lebensraum auszugehen, sodass es auch einer entsprechend größeren Kompensationsfläche bedarf, die hier nicht gegeben ist.

Ob die Standort- bzw. Habitatbedingungen unter Auferlegung der auf Seite 57 der UVS näher bezeichneten Bewirtschaftungsauflagen auf dem vorgesehenen Flurstück tatsächlich eine erhebliche Verbesserung bedeuten, obwohl die darin eröffnete Möglichkeit der Nutzung zur Beweidung außerhalb der Brutzeiten jedenfalls auch eine Beeinträchtigung des Nahrungshabitats für Brutvögel und Rastvögel bedeuten dürfte, kann hiernach offen bleiben.

Schließlich unterliegt es auch erheblichen Zweifel, ob nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Mai 2014 (- Rs. C-521/12 (Briels) -, NVwZ 2014, 931 Rn. 29) Ausgleichsmaßnahmen als Schadensminderungsmaßnahmen überhaupt berücksichtigt werden können. Der Europäische Gerichtshof hat darin ausgeführt, in der Verträglichkeitsprüfung seien solche in das Projekt aufgenommene Maßnahmen zu berücksichtigen, mit denen unmittelbar verursachte schädliche Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet verhindert oder verringert, nicht dagegen solche Maßnahmen, mit denen schädliche Auswirkungen auf das Gebiet nur ausgeglichen werden sollen. Die etwaigen positiven Auswirkungen der künftigen Schaffung eines neuen Lebensraums, der den Verlust an Fläche und Qualität desselben Lebensraumtyps in einem Schutzgebiet ausgleichen soll, ließen sich im Allgemeinen nur schwer vorhersehen und würden jedenfalls erst mit geraumer zeitlicher Verzögerung erkennbar sein. Daraufhin hat das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 16. September 2014 (- 7 VR 1.14 -, juris, Rn. 18) seine bisherige Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Ausgleichsmaßnahmen als Schadensminderungsmaßnahmen in Frage gestellt (vgl. auch Gellermann, UPR Sonderheft 2015, S. 420).

8. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren hat der Beigeladene die Landwirtschaftskammer Niedersachsen beauftragt, im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ein Immissionsschutzgutachten zur Ermittlung der durch das Vorhaben verursachten Geruchs-, Staub- und Ammoniakimmissionen sowie der zu erwartenden Stickstoffdeposition anzufertigen. Die durchgeführte Untersuchung, auf die auch die UVS Bezug nimmt (Seite 33 f.), geht hinsichtlich der vom Vorhaben ausgehenden Ammoniakkonzentration und Stickstoffdeposition von falschen Voraussetzungen aus und führt daher zu einem falschen Ergebnis.

Der Sachverständige führt in der Fassung des Gutachtens vom 11. März 2011 (Beiakte IV Bl. 45) aus, dass die geplante Tierhaltung einschließlich der bestehenden Bewirtschaftung jährlich ca. 5.985 kg Ammoniak emittieren werde. Gemäß Ziffer 4.8 und Anhang 1 der TA Luft betrage der gegenüber empfindlichen Pflanzen und Ökosystemen einzuhaltende Mindestabstand ca. 499 m (Seite 27 des Gutachtens). Innerhalb dieser Abstandsforderung lägen ausweislich der Anlage I zum Gutachten keine stickstoffempfindlichen Ökosysteme. Die in diesem Bereich vorkommenden landwirtschaftlichen Nutz- oder Kulturpflanzen seien gegenüber einer direkten Einwirkung von Ammoniak als unempfindlich einzustufen. Eine weiterführende Prüfung der Belastung durch die Ammoniakkonzentration sei aufgrund der eingehaltenen Abstandsforderung nicht erforderlich. Die Anlage IV zum Gutachten zeigt eine Ausbreitungsrechnung mit der Isolinie einer Ammoniakkonzentration in Höhe von 3 µg/m³.

Das Gutachten ist unter dem 15. September 2011 ergänzt worden (Beiakte VII Bl. 106). Mit der Ergänzung sollte das Immissionsschutzgutachten näher erläutert werden, soweit es u.a. um die Auswirkungen der durch den Betrieb der beantragten Hähnchenmastställe verbundenen Stickstoff- und Ammoniakemissionen auf die im Umkreis der Stallanlage im Bereich des Deichvorlandes des Dollart vorhandenen Salzwiesen (FFH-Gebiet) sowie der Biotope „LER-188“ und „LER-0582“ geht. In der Ergänzung führt der Sachverständige aus, dass bei FFH-Gebieten eine zusätzliche Stickstoff-Deposition in Höhe von 3 % der Critical Loads (CL) im Rahmen der Bagatellregelung akzeptiert werden könne, ohne dass eine Verschlechterung des Zustandes der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten gegeben sei. Im Fall der Salzwiesen betrage der zu berücksichtigende CL-Wert 30 - 40 kg Stickstoff (N) je ha und Jahr (ha*a). Die zu akzeptierende Bagatellgröße betrage somit 0,9-1,2 kg N/ ha*a. Die Salzwiesen befänden sich ausweislich der Anlage Va zum Gutachten außerhalb eines Bereiches mit einer Konzentration einer Deposition in Höhe von 0,9 kg N/ ha*a. Eine Verschlechterung des Zustandes der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten könne im Hinblick auf die zu beurteilenden Salzwiesen, die sich ca. 1000 m westlich der Abluftpunkte der beantragten Hähnchenmastställe befinden, somit ausgeschlossen werden. Innerhalb des Geltungsbereiches der Biotope „LER-188“ und „LER-0582“ befänden sich nach Angabe der Genehmigungsbehörde keine FFH-Lebensraumtypen. Aus der Anlage V ergebe sich, dass die Geltungsbereiche dieser Biotope außerhalb der Isolinie mit einer Ammoniakkonzentration in Höhe von 3 µg/m³ liege.

Der Kläger rügt unter Bezugnahme auf das Gutachten Dr. S…(dort ab Seite 18), dass in der vorgenommenen Untersuchung der von Ammoniak- und Stickstoffimmissionen betroffene Raum viel zu klein bemessen sei. Soweit festgestellt werde, dass sich innerhalb des Mindestabstandes von 499 m keine empfindlichen Ökosysteme oder Kulturflächen befänden, liege ein Erfassungsdefizit vor. Das Gutachten beziehe sich auf die eigene Anlage I, in der zumindest zu empfindlichen Ökosystemen überhaupt keine Informationen enthalten seien. Dieses Erfassungsdefizit werde auch nicht durch die UVS behoben, denn die Anlage Nr. 4 zur UVS zeige, dass nicht einmal dieser Mindestradius um die geplante Anlage im Rahmen der Biotoptypenkartierung erfasst worden sei.

Zudem sei westlich des Deichs die Biotopfläche 2708009 abgegrenzt, in der u.a. der Biotoptyp KHF („Brackwasser-Flutrasen der Ästuare“) enthalten sei, der dem FFH-Lebensraumtyp 1130 bzw. 1330 zugeordnet werde. Für diesen Biotoptyp gelte ein CL von 20 - 30 kg N/ ha*a. Da beide Lebensraumtypen Erhaltungsziel des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer seien, zu dem der Dollart gehöre, bestehe die Gefahr der Beeinträchtigung von Erhaltungszielen, wenn es zu Stickstoffeinträgen in Form von Ammoniak durch das Vorhaben komme. Die vorgelegte Berechnung (Ergänzung zum Immissionsgutachten vom 15. September 2011) sei insoweit unvollständig, als in der Anlage Va lediglich die Isolinie für eine Deposition von 0,9 kg N/ ha*a dargestellt sei. Bei einem CL-Wert von 20-30 kg N/ ha*a werde ein 3 %-Wert jedoch bereits bei 0,6 kg N/ ha*a erreicht. Da die Isolinie für 0,9 kg N/ ha*a an die Grenze des Nationalparks heranreiche, könne als gesichert gelten, dass eine Zusatzbelastung bis zu 0,6 kg N/ ha*a bis deutlich in den Nationalpark hineinreiche und damit in unbekanntem Umfang die unmittelbar an den Deich angrenzende Biotopfläche überlagert werde (vgl. Abb. 10 im Anhang). Kumulativ hätten aber auch die übrigen Betriebe des Umfeldes mit einbezogen werden müssen. Die erheblichen Ammoniakimmissionen führten auch zu einer Verschlechterung des Vogelschutzgebietes. Hier hätte eine einzelfallbezogene Betrachtung erfolgen müssen. Dabei hätte auch die Ammoniakbelastung durch die Ausbringung des Hühnerkots berücksichtigt werden müssen.

Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen weitestgehend an.

Zu Unrecht macht der Kläger lediglich geltend, dass innerhalb des Mindestradius eine ausreichende Biotoptypenkartierung nicht erfolgt sei. Soweit der Gutachter Dr. S… beanstandet, dass in der genannten Anlage Nr. 4 der UVS zu empfindlichen Ökosystemen überhaupt keine Informationen enthalten seien und zumindest nicht auszuschließen sei, dass zumindest kleine flächig ausgeprägte, empfindliche Vegetationsbestände im Umkreis der Anlage bestünden, überzeugt diese Annahme ins Blaue hinein vor dem Hintergrund, dass im Bereich der vorgenannten Abstandsforderungen soweit ersichtlich ausschließlich landwirtschaftliche Kulturflächen liegen, nicht. Dieses Ergebnis wird jedenfalls teilweise durch die UVS bestätigt, nach der jedenfalls im Nahbereich von 200 m empfindliche Pflanzen oder Ökosysteme nicht festgestellt worden sind (Seite 8 oben und Seite 9 ff. der UVS) Dieser Nahbereich entspricht im Übrigen in etwa der Isolinie für die Ammoniakkonzentration in Höhe von 3 µg/m³, also dem, was nach der TA Luft als irrelevante Zusatzbelastung zu bezeichnen ist (vgl. einerseits das rot eingezeichnete Untersuchungsgebiet Biotoptypen im Lageplan, Anlage Nr. 2 zur UVS, und andererseits Seite 24 f. des Immissionsschutzgutachtens vom 11. März 2011 (Beiakte IV Bl. 69 f.) und Anlage IV der Ergänzung zum Immissionsschutzgutachten vom 15. September 2011, Beiakte VII Bl. 125). Sowohl die Salzwiesen als auch die Biotope „LER-188“ und „LER-0582“ liegen außerhalb des Mindestradius von 499 m (vergleiche dazu die Karte Beiakte VII Bl. 173, die einen Prüfradius von 1000 m darstellt).

Die vorgelegten Gutachten berücksichtigen allerdings zu Unrecht nicht in hinreichendem Umfang die innerhalb eines Radius von 1000 m um die geplante Anlage herum gelegenen und gegen Stickstoffeinträge aus der Luft empfindlichen FFH-Lebensraum- und Biotoptypen.

Gem. Ziffer 4.8 der TA Luft ist bei der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 heranzuziehen. Die Unterschreitung der Mindestabstände gibt dabei einen Anhaltspunkt für das Vorliegen erheblicher Nachteile. Hier wird der Mindestabstand durch das Vorhaben nicht unterschritten. Eine weitergehende Prüfung ist daher hinsichtlich der Belastung durch Ammoniak nicht erforderlich.

Da es sich bei der Beurteilung der Ammoniakkonzentration bzw. der Stickstoffdeposition um zwei unterschiedliche Wirkungspfade handelt, hat die Betrachtung der Stickstoffdeposition aber grundsätzlich unabhängig von Höhe und Bewertung der Ammoniakkonzentration zu erfolgen. Das folgt auch aus dem Wortlaut der Nr. 4.8 der TA Luft. Danach soll, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, dies ergänzend geprüft werden (Gem. RdErl. des MU und des ML vom 1. August 2012, Nds. MBl. S. 662, unter 2.; siehe auch Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz, Stand: 1. März 2012 - LAI-Leitfaden -, Seite 12). Dabei ist unter Berücksichtigung der Belastungsstruktur abzuschätzen, ob die Anlage maßgeblich zur Stickstoffdeposition beiträgt.

Als ein Anhaltspunkt gilt die Überschreitung einer Viehdichte von zwei Großvieheinheiten je Hektar Landkreisfläche. Bei dieser Prüfung sind insbesondere die Art des Bodens, die Art der vorhandenen Vegetation und der Grad der Versorgung mit Stickstoff zu berücksichtigen (Nr. 4.8. Abs. 6 Satz 2 - 4 der TA Luft). Hier ist weder vorgetragen noch für die Kammer ersichtlich, dass von der Überschreitung einer Viehdichte von zwei Großvieheinheiten je Hektar Landkreisfläche ausgegangen werden muss.

Die in der TA Luft genannten Anhaltspunkte dafür, wann eine Anlage maßgeblich zur Stickstoffdeposition beiträgt und demgemäß eine Sonderfallprüfung vorzunehmen ist, sind indes nicht abschließend. Laut LAI-Leitfaden (Seite 12, vgl. auch Seite 37) können Anhaltspunkte auch dann gegeben sein, wenn der Genehmigungsbehörde bestimmte Informationen bekannt sein sollten (z.B. die Vorbelastungskarten des Umweltbundesamtes oder das Vorhandensein von stickstoffempfindlichen, gesetzlich geschützten Biotopen oder FFH-Gebieten). Ein solcher Fall liegt hier mit den im Bereich des Deichvorlandes des Dollarts liegenden und dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zugehörigen Salzwiesen vor.

Angesichts der Tatsache, dass die Austrittshöhe der Emissionen bei landwirtschaftlichen Anlagen i.d.R. weniger als 20 m über Flur liegt, ist gem. Nr. 4.6.2.5 TA Luft das Beurteilungsgebiet die Fläche, die sich innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius von mindestens 1 km befindet. Gem. Nr. 4.8 TA Luft muss auch im Rahmen der Sonderfallprüfung in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die Stickstoffdeposition innerhalb dieses Beurteilungsgebietes nur für empfindliche Pflanzen und Ökosysteme bewertet werden.

Innerhalb dieses Prüfradius befinden sich zunächst die beiden unter „LER-0582“ verzeichneten Biotope (vgl. Beiakte VII Bl. 173). Weil diese aber mit einer Ausdehnung von jeweils 10 x 25 m (Beiakte VII Bl. 182 ff.) die Mindestgröße von 0,1 ha nicht erreichen, die der LAI-Leitfaden bei der Darstellung der Verfahrensschritte für eine Sonderprüfung in Anlehnung an die Vorgehensweise der Bundeswaldinventur vorsieht (Seite 36), sind sie bei der Sonderprüfung nicht zu berücksichtigen.

Die Salzwiesen des Dollart liegen innerhalb eines Radius von 1000 m zum Emissionsschwerpunkt (vgl. die Karte in Beiakte VII Bl. 173 sowie Bl. 182 ff). Durch das Vorhaben werden die insoweit maßgeblichen kritischen Belastungsschwellen für Stoffeinträge - Critical Loads (CL) - überschritten.

Das Konzept der Critical Loads wurde im Rahmen der UNECE-Luftreinhaltekonvention entwickelt und wird von der Rechtsprechung als Erheblichkeitsmaßstab für Stickstoffeintrag bei Verträglichkeitsprüfungen jedenfalls im Blick auf FFH-Gebiete herangezogen (etwa BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299, juris, Rn. 108 f., vom 14. April 2010 - 9 A 5.08 -, BVerwGE 136, 291, juris, Rn. 87, vom 29. September 2011 - 7 C 21.09 -, NuR 2012, 119, juris, Rn. 41; Beschluss vom 5. September 2012 - 7 B 24.12 -, juris). Critical Loads sind naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen oder andere Schutzgüter, bei deren Einhaltung auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte zu erwarten sind (BVerwG, Urteile vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299, juris, Rn. 108; Nds. OVG, Beschluss vom 18. September 2014 - 12 LA 15/14 -, juris, Rn. 15).

Soweit der Kläger rügt, dass der Irrelevanzwert von 3 % der zulässigen Critical Loads im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 6. November 2012 - 9 A 17.11 -, BVerwGE 145, 40, juris, Rn. 93) nicht angewandt werden könne, weil die Vorbelastung die Critical Loads nicht um mehr als das Doppelte überschreite, trifft dies nicht zu.

In der vorgenannten Entscheidung stellt das Bundesverwaltungsgericht im Gegenteil dazu klar, dass eine solche Auslegung der vorangegangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14. April 2010 - 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291, juris, Rn. 93) nicht zutreffend sei. Die dort getroffene Annahme, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung die Critical Loads um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen sei, sei nicht dahingehend zu verstehen, dass nur in solchen Fällen oder bei noch höheren Vorbelastungswerten eine Irrelevanzschwelle angenommen werden könnte. Der Senat habe im dortigen Fall darauf abgestellt, dass die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht falle und sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen lasse (Urteil vom 14. April 2010, a.a.O. Rn. 94). Darüber hinaus verweist das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass die 3 %-Grenze nach neuestem wissenschaftlichen Erkenntnisstand ohnehin nicht auf Fälle beschränkt werde, in denen schon die Vorbelastung die Critical Loads um ein Mehrfaches übersteigt. Eine Stickstoff-Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % der Critical Loads werde unabhängig von der Vorbelastung generell als nicht signifikant verändernd eingestuft. Diese Annahme wird auch in den neueren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts gebilligt (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 -, BVerwGE 148, 373, Rn. 63; und vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 -, BVerwGE 149, 31, Rn. 69).

Hier ist jedoch für das Biotop der Salzwiesen von einer Überschreitung der zu akzeptierenden Bagatellgröße des CL-Wertes auszugehen.

Der Gutachter D… der Landwirtschaftskammer Niedersachsen kommt in seinem mit Stellungnahme vom 15. September 2011 ergänzten Gutachten vom 11. März 2011 zu dem Ergebnis, dass die Bagatellgröße nicht überschritten werde, weil er für die Salzwiesen als zu berücksichtigenden CL-Wert 30-40 kg N/ ha*a angenommen hat, so dass mit 3 % dieses Wertes eine zusätzliche Stickstoffdeposition von 0,9 - 1,2 kg N/ ha*a akzeptiert werden könne. Nach der Anlage Va zum Gutachten sei davon auszugehen, dass die Salzwiesen außerhalb des kritischen Bereiches mit einer Konzentration einer Deposition in Höhe von 0,9 kg N/ ha*a liegen.

Der Gutachter Dr. S… verweist in seinem Gutachten (Seite 19) allerdings zu Recht darauf, dass es sich bei den westlich des Deichs liegenden Salzwiesen um den Biotoptyp KHF („Brackwasser-Flutrasen der Ästuare“) handelt, der dem FFH-Lebensraumtyp 1130 bzw. 1330 zugeordnet wird und für den ein CL-Wert von 20 - 30 N/ ha*a gilt.

Die von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zu Grunde gelegten CL-Werte sind mittlerweile veraltet. Aktualisierte CL-Werte liegen seit Frühjahr 2012 von dem NLWKN vor. Nach der Liste der Biotoptypen in Niedersachsen mit Angaben zu Regenerationsfähigkeit, Wertstufen, Grundwasserabhängigkeit, Nährstoffempfindlichkeit und Gefährdung (Rote Liste) (aus: Inform.d. Naturschutz Niedersachsen 32, Nr. 1 (1/12) Juni 2012 (Korrigierte Fassung vom 25. August 2015; www.nlwkn.niedersachsen.de/download/70390)) ist der Brackwasser-Flutrasen der Ästuare (Nr. 3.6.6 KHF, LRT 1330, 1130) mäßig empfindlich gegenüber Nährstoffeinträgen (insbesondere Stickstoff) mit einem CL-Werte von 20 - 30 kg N/ ha*a, teilweise evtl. auch noch etwas höher (Kapitel 2, Einstufung der Biotoptypen in Niedersachsen, Seite 24), wobei bei - wie hier - ungepflegten Brachen bzw. ungenutzten Flächen sogar noch von einer höheren Empfindlichkeit auszugehen ist. Auch der LAI-Leitfaden sieht in Tab. A. II.1 (Seite 64) für salzbeeinflusste Wiesen mariner Habitate CL-Werte von 20 - 30 kg N/ ha*a vor.

Bei einem CL-Wert von 20 - 30 kg N/ ha*a wird der Irrelevanzwert von 3 % nicht erst, wie vom Gutachter D… angenommen, bei 0,9 kg N/ ha*a, sondern bereits bei 0,6 kg N/ ha*a erreicht. Demgemäß ist die Aussage des Gutachters Dr. S… zutreffend, dass wenn gemäß der Anlage Va zum Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen die Isolinie für 0,9 kg N/ ha*a bereits an die Grenze des Biotops heranreicht, es als gesichert gelten kann, dass eine Zusatzbelastung bis zu 0,6 kg N/ ha*a bis deutlich in den Nationalpark hineinreicht und damit der maßgebliche 3 %-Wert für die Zusatzdeposition überschritten wird.

Soweit der Gutachter D…in der mündlichen Verhandlung erstmals und ohne Vorlage ergänzender Unterlagen angegeben hat, dass bei den neuen anzusetzenden Werten und dem mittlerweile für die Berechnung anzuwendenden Rechenweg bei einer anzunehmenden Hintergrundbelastung von 15 kg N/ ha*a die bei den Salzwiesen ankommende Zusatzbelastung lediglich ca. 0,45 kg N/ ha*a betrage und diese damit weit unterhalb der Bagatellgrenze liege, genügt dies nicht, die bestehenden Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen zu entkräften.

Soweit der Gutachter Dr. S… in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass die Datenbank des Umweltbundesamtes für die Hintergrundbelastung (http://gis.uba.de/website/depo1/) lediglich den Luftpfad berücksichtige und dabei den zusätzlichen Stickstoffeintrag, der sich über den Wasserpfad ergibt, außer Acht lasse, trifft dies zwar insoweit zu, als dieser zusätzliche Eintrag über die Ems erfolgt - die nasse Deposition, d.h. der Eintrag gelöster und ungelöster Verbindungen mit dem Niederschlag ist nach den Erläuterungen des Umweltbundesamtes zu den Hintergrundbelastungsdaten (http://gis.uba.de/Website/depo1/download/Erlaeuterungen_DepoKartendienst_UBA.pdf) - UBA-Erläuterungen - Teil der erhobenen und veröffentlichten Daten. Allerdings folgt die Kammer insoweit der Einschätzung des Gutachters A…, nach der die insoweitigen zusätzlichen Stickstoffdepositionen über die Ems gerade kennzeichnend für die dortigen Biotope sind, was möglicherweise auch die Annahme eines geringeren CL-Wert und damit eine höhere Empfindlichkeit gegenüber darüber hinausgehende Stickstoffeinträge erklärt.

Aus den UBA-Erläuterungen (Seite 6) zu den Hintergrundbelastungsdaten ergibt sich aber, dass die Unsicherheit der Mess- und Modellresultate für die deutschlandweite mittlere Gesamtdeposition ± 30% beträgt und innerhalb einer Gitterzelle mit einer Auflösung von 7 x 8 km² sogar 30-50 % - bei höherer Auflösung weiter steigend - betragen könne. Diese Unsicherheit wurde soweit ersichtlich nicht berücksichtigt.

Darüber hinaus gebe es laut den UBA-Erläuterungen (Seite 6 f.) Unsicherheiten bei der Deposition im Nahbereich von Emissionsquellen. Insbesondere bei Ammoniak werde ein beträchtlicher Teil (Faustzahl: 50 %) der emittierten Menge quellnah (im Umkreis von wenigen Kilometern) deponiert. Die Nahdeposition werde nicht punktscharf abgebildet und in unmittelbarer Quellnähe deutlich unterschätzt. Weil die Daten aufgrund der Auflösung der Emissionen einzelquellspezifische Nahdepositionen nicht abbilden, werde für die Ermittlung der Vorbelastung in Genehmigungsverfahren empfohlen, die Daten um die Nahbereichsdeposition relevanter Emittenten zu korrigieren. Dass eine entsprechende Berücksichtigung erfolgt ist, ergibt sich aus dem Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 11. März 2011 und der Ergänzung vom 15. September 2011 nicht. Zwar hat der Gutachter D… festgestellt, dass sich mit den Betrieben H…-F… F… und der etwa 650 m in südwestlicher Richtung entfernten Hofstelle B… weitere landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung befinden, in dem Milchvieh mit der entsprechenden weiblichen und männlichen Nachzucht bzw. weibliches Jungvieh gehalten werde (Seite 2 f. des Gutachtens), deren genauer Umfang für die Kammer nicht nachvollziehbar ist, da die entsprechenden Unterlagen dem Gutachten nicht beigefügt waren (Seite 3 des Gutachtens). Die von diesen Betrieben ausgehende Belastung wurde aber lediglich für die Beurteilung der zu erwartenden Geruchsemissionssituation berücksichtigt, nicht dagegen für die Prognose der Ammoniakkonzentration und Stickstoffdeposition.

Weil damit davon auszugehen ist, dass in den vorgelegten Gutachten die bestehende Vorbelastung und insbesondere die aufgezeigte Unsicherheit bei der Hintergrundbelastung, nicht hinreichend berücksichtigt worden ist und zudem hier bei dem Biotoptyp KHF „Brackwasser-Flutrasen der Ästuare“ aufgrund der hier ungepflegten Brachen bzw. ungenutzten Flächen sogar noch von einer höheren Empfindlichkeit und damit teilweise geringeren CL-Werten als 20 - 30 kg N/ ha*a und dementsprechend auch einem geringeren Irrelevanzwert als 0,6 kg N/ ha*a auszugehen ist, bestehen für die Kammer ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass die kritischen Belastungsschwellen für Stickstoffeinträge hier überschritten werden.

Ob darüber hinaus auch die CL-Werte der sich nach der am 4. April 2003 vorgenommenen Biotoperweiterung um die Biotoptypen Seggenried (Nährstoffreiches Großseggenried (NSG)), Sumpf, Röhricht und Hochstaudenflur - (Beiakte VII, Bl. 184, 185) noch teilweise innerhalb des Prüfradius befindlichen Biotopes „LER-188“ überschritten werden, die hinsichtlich des Biotoptyps Nährstoffreiches Großseggenried ebenfalls mäßig empfindlich gegenüber Stickstoffeinträgen mit einem CL-Wert von 20 - 30 kg N/ ha*a sein dürften (vgl. hierzu im Einzelnen VG Osnabrück, Urteil vom 29. Juli 2015 - 3 A 46/13 -, juris, Rn. 122), kann hiernach offen bleiben.

9. Der Kläger rügt allerdings zu Unrecht, dass sich die Verträglichkeitsprüfung und der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid nicht ausreichend mit dem Übertragungsrisiko der Vogelgrippe auf die Brut-und Rastbestände im EU-Vogelschutzgebiet auseinandersetzen.

Die tierseuchenrechtlichen Auswirkungen eines Geflügelpestausbruchs in einem Freilandbetrieb stellen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, d.h. nach § 3 Abs. 1 BImSchG bestimmte Immissionen dar. Immissionen sind nach § 3 Abs. 2 BImSchG bestimmte „Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen“. Erreger, die nicht über die Luft (z.B. Staub), sondern - wie der Vogelgrippeerreger - vornehmlich über Wirtstiere bzw. über menschliche Kleidung und Gerätschaften übertragen werden, zählen hierzu nicht.

Die Möglichkeit, dass Krankheiten auf den vorgenannten Übertragungswegen verbreitet werden, stellt zwar eine „sonstige Gefahr“ i.S.d. BImSchG dar (Nds. OVG, Urteil vom 25. Februar 2015 - 1 KN 140/13 -, juris, Rn. 29). Allerdings sieht der Genehmigungsbescheid vom 22. Mai 2012 vor, dass der anfallende Festmist sowie das anfallende Reinigungswasser nicht auf Flächen in Wiesenvogel- und Rastvogellebensräumen ausgebracht wird, sondern unmittelbar nach jedem Mastdurchgang im Zuge des Entmistungsvorganges in Container zu laden und unmittelbar abzufahren ist. Eine (Zwischen-) Lagerung im Bereich der Anlage ist danach unzulässig. Die Kadaverlagerung hat in einer dicht zu schließenden Kadaverzelle zu erfolgen (vgl. Ziff. 3 der immissionsschutzrechtlichen Auflagen, Ziff. 1 und 2 der abfall- und bodenschutzrechtlichen Auflagen des Genehmigungsbescheides).

Unter Beachtung dieser Nebenbestimmungen besteht die Gefahr einer Übertragung der Vogelgrippe auf die Brut-und Rastbestände im EU-Vogelschutzgebiet nicht. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 13. August 2013 (Bl. 178 der Gerichtsakte im Verfahren 5 A 5054/12) ausführlich und für die Kammer nachvollziehbar dargelegt, dass aquatisch lebende Wildvögel das Hauptreservoir aller in der Natur vorkommenden Influenza-A-Virussubtypen darstellen und ihrerseits die Erreger verbreiten, ohne selbst zu erkranken. Die Ansteckung mit Vogelgrippeerregern verläuft daher von den Wildvögeln hin zu Hausgeflügelarten, nicht aber andersherum.

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Gefahr einer Übertragung von Vogelgrippe dann nicht besteht, wenn es sich nicht um eine Freilandgeflügelhaltung, sondern wie im Fall des vom Beigeladenen beabsichtigten Betriebs von Hähnchenmastanlagen um eine eingehauste Geflügelhaltung handelt. Das ergibt sich aus der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts, nach der es sich bei dem Verbot einer Freilandgeflügelhaltung, also dem Gebot der Einhausung einer an sich zulässigen Geflügelhaltung, um eine wirksame Vorkehrung zur Vermeidung der Gefahr einer Übertragung von Vogelgrippe handelt, durch die eine Infektion eigener Geflügelbestände mit Vogelgrippeviren durch Kontakt zu Wildvögeln und damit mittelbar die Gefahr der Weitergabe des Virus in die Nachbarschaft vermieden werden kann (Nds. OVG, Urteil vom 25. Februar 2015 - 1 KN 140/13 -, juris, Rn. 29).

Auf die weiteren Rügen des Klägers, etwa zum Artenschutz, kommt es nach alldem nicht mehr an.

Die weiteren Voraussetzungen der § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1 UmwRG liegen ebenfalls vor.

Die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides war hiernach aufzuheben.