ArbG Köln, Urteil vom 28.11.2014 - 5 Ca 3726/14
Fundstelle
openJur 2016, 11039
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 2 Sa 437/15
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat August 2013 einen Betrag in Höhe von 2.229,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.522,38 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat September 2013 einen Betrag in Höhe von 2.229,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.522,38 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Oktober 2013 einen Betrag in Höhe von 2.229,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.522,38 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat November 2013 einen Betrag in Höhe von 3.518,38 € brutto abzüglich bereits gezahlter 2.188,51 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Dezember 2013 einen Betrag in Höhe von 2.229,00€ brutto abzüglich bereits gezahlter 1.522,38 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2014 zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Januar 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465,00 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2014 zu zahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Februar 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465,00 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2014 zu zahlen.

8. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat März 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465,00 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2014 zu zahlen.

9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat April 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465,00 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2014 zu zahlen.

10. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden und die sich daraus ergebende Vergütung und etwaige Erhöhungen der Vergütung an den Kläger sowie weiterhin die pauschale Überstundenvergütung in Höhe von 166,00 € brutto monatlich zu zahlen.

11. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Mai 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465,00 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2014 zu zahlen.

12. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Juni 2014 einen Betrag in Höhe von 3.429,50 € brutto abzüglich bereits gezahlter 2.066,86 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2014 zu zahlen.

13. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Juli 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465,00 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen.

14. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat August 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272,00 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465,00 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen.

15. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat September 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272,00€ brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465,00 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.

16. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

17. Streitwert: 16.974,99 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine tarifliche Lohnerhöhung.

Die klagende Partei ist seit dem 04.01.1999 bei der Beklagten beschäftigt. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie Bezug genommen. Dem Arbeitsvertrag waren zudem die allgemeinen Regelungen zum Arbeitsvertrag beigefügt. Der Arbeitsvertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:

"Tarifliche Einstufung L II b

Vergütung: Tarifentgelt: 2.993 DM

Gesamtentgelt: 2.993 DM."

Die allgemeinen Regelungen zum Arbeitsvertrag enthalten unter Ziffer 2 folgende Regelungen:

"2. Vergütung

Die arbeitsvertraglich vorgesehene Eingruppierung des Mitarbeiters erfolgt vorbehaltlich einer späteren Überprüfung. Sollte sich hierbei eine fehlerhafte Eingruppierung herausstellen, erklärt sich der Mitarbeiter damit einverstanden, dass mit Wirkung ab dem auf die Feststellung folgenden Monat eine Neugruppierung herbeigeführt wird. Über-/Unterzahlungen werden mit der nächsten Vergütungsabrechnung verrechnet, wobei auf die sozialen Belange des Mitarbeiters Rücksicht zu nehmen ist und ggf. Überzahlungen auf mehrere Monate zu verteilen sind.

...

Freiwillige übertarifliche Zulagen sonstiger Art können bei Änderung der Tarifbezüge, gleich aus welchem Anlass, auf die tariflichen Erhöhungen angerechnet werden.

...

13. Schlussbestimmung

Ergänzend gelten die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen, ebenso wie die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen."

Zudem wurde mit Vertrag vom 25.05.2002 vereinbart, dass der Kläger zur "Kappung der geleisteten Mehrarbeit monatlich eine freiwillige Zulage in Höhe von 100 Euro brutto erhält". Auf Blatt 23 der Akte wird verwiesen. Zuletzt zahlte die Beklagte einen in den Abrechnungen als "freiwillige Zulage" deklarierten Betrag in Höhe von 166 Euro brutto pro Monat, vgl. Bl. 24 ff. Seit Januar 2014 erfolgte sodann die Zahlung einer derartigen Zulage in Höhe von lediglich 150 Euro brutto monatlich.

Zum 01.08.2013 wurde der Tariflohn im Bereich des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen rückwirkend um 3 % erhöht. Eine Erhöhung um weitere 2,1 % erfolgte zum 01.05.2014. In der Vergangenheit wurde die Vergütung der klagenden Partei immer entsprechend den Tariflohnerhöhungen angepasst.

Die klagende Partei ist der Ansicht, einen Anspruch auf tarifvertragliche Lohnerhöhung zu haben. Sie macht unter anderem die Differenzen zu ihrer ausgezahlten Vergütung für die Monate August 2013 bis September 2014 geltend.

Der Kläger meint auch, dass die Beklagte das Weihnachtsgeld entsprechend der Tariflohnerhöhung hätte berechnen müssen.

Zudem ist er der Ansicht, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, die pauschale Überstundenvergütung einseitig zu reduzieren.

Die klagende Partei beantragt,

1)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat August 2013 einen Betrag in Höhe von 2.229 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.522,38 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2013 zu zahlen.

2)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat September 2013 einen Betrag in Höhe von 2.229 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.522,38 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen.

3)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Oktober 2013 einen Betrag in Höhe von 2.229 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1522,38 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen

4)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat November 2013 einen Betrag in Höhe von 3.518,38 € brutto abzüglich bereits gezahlter 2.188,51 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen.

5)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Dezember 2013 einen Betrag in Höhe von 2.229 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.522,38 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2014 zu zahlen.

6)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Januar 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2014 zu zahlen.

7)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Februar 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2014 zu zahlen.

8)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat März 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2014 zu zahlen.

9)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat April 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2014 zu zahlen.

10)Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die jeweils gültigen Entgelttarifverträge des Einzelhandels NRW auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden und die sich daraus ergebende Vergütung und etwaige Erhöhungen der Vergütung an den Kläger sowie weiterhin die pauschale Überstundenvergütung in Höhe von 166 € brutto monatlich zu zahlen.

11)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Mai 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2014 zu zahlen

12)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Juni 2014 einen Betrag in Höhe von 3.429,50 € brutto abzüglich bereits gezahlter 2.066,86 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2014 zu zahlen.

13)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat Juli 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2014 zu zahlen.

14)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat August 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2014 zu zahlen.

15)Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Lohn für den Monat September 2014 einen Betrag in Höhe von 2.272 € brutto abzüglich bereits gezahlter 1.465 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass der Kläger weder auf Grund einer Tarifbindung noch auf Grund des Arbeitsvertrages einen Anspruch auf die dynamische Tarifanwendung habe. Insbesondere ergebe sich aus der Tariferhöhung in der Vergangenheit kein Anspruch auf Tariflohnerhöhung in der Zukunft.

Der Betrag in Höhe von 166 € brutto pro Monat sei auf etwaige Lohnerhöhungen anrechenbar, so dass die Beklagte insoweit zur Kürzung berechtigt gewesen sei. Insoweit verweise sie auf eine Gehaltsmitteilung aus 2004, aus der sich ergebe, dass es sich stets um eine anrechenbare freiwillige Zulage gehandelt habe.

Hinsichtlich des Weihnachtsgeldes übersehe der Kläger, dass sich die Höhe nach dem Stichtag 30.11.2013 berechne. Die Berechnungen seien korrekt, da die Tarifkommission die Tariferhöhung - unstreitig - erst zum 10.12.2013 beschlossen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.Zulässigkeit

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Feststellungsklage zulässig.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Das Feststellungsinteresse ist im vorliegenden Fall gegeben, da die Beklagte die Ansicht vertrat, an den Tarifvertrag nicht gebunden zu sein. Es bedurfte mithin einer Feststellung, ob diese Rechtsansicht korrekt war, um eine grundsätzliche Frage zu klären und Rechtsstreitigkeiten in der Zukunft zu vermeiden.

II.Begründetheit

Die Klage ist auch begründet.

Im Rahmen eines Parallelverfahrens vor der 11. Kammer des Arbeitsgerichts Köln - 11 Ca 4126/14 - wurde im Rahmen der Entscheidungsgründe unter anderem wie folgt ausgeführt:

"Die Klägerin hat ab dem 01.08.2013 einen Anspruch auf eine um 3 % erhöhte Bruttovergütung auf Grund der Tariflohnerhöhung im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen. Der Tarifvertrag ist auf das vorliegende Arbeitsverhältnis anwendbar. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass eine ausdrückliche Branche im Arbeitsvertrag nicht geregelt ist, ergibt sich dies bereits daraus, dass die angenommene Tarifgruppe sich aus dem Einzelhandelstarifvertrag Nordrhein-Westfalen ergibt.

...

Der Anspruch der Klägerin ergibt sich zwar nicht aus § 5 Abs. 4 TVG, da der Lohntarifvertrag für den Einzelhandel im Bundesland Nordrhein-Westfalen nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde, noch aus § 4 Abs. 1 TVG, weil es an einer mitgliedschaftlichen Bindung der Parteien an dem streitgegenständlichen Tarifvertrag fehlt.

Die Klägerin hat jedoch einen einzelvertraglichen Anspruch, der sich aus der Bezugnahmeklausel in Ziffer 13 der allgemeinen Regelung zum Arbeitsvertrag und insbesondere aus Ziffer 2 dieser Regelungen ergibt.

Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen ist. Die Auslegung derartiger typischer Vertragsklauseln erfolgt nach den §§ 133, 157 BGB. Danach sind die Tarifverträge für den Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden. Der Arbeitsvertrag verweist insoweit an mehreren Stellen auf tarifvertragliche Regelungen.

Dies beginnt bereits mit der Bezeichnung der Vergütung als Tarifentgelt und dem insoweit angenommenen Zusammenhang mit einer tariflichen Einstufung. Hierbei handelt es sich auch nicht um die individuelle Vereinbarung einer Vergütung in Anlehnung an den Tarifvertrag. Dies folgt aus der Regelung zur Vergütung unter Ziffer 2 der allgemeinen Regelungen zum Arbeitsvertrag, in der sich die Beklagte eine Überprüfung der arbeitsvertraglichen Eingruppierung vorbehält, die denknotwendig die Anwendung des entsprechenden Lohntarifvertrages voraussetzt. Denn eine entsprechende Korrektur der Eingruppierung ist nur dann möglich, wenn der Tarifvertrag Anwendung finden soll und es sich nicht um eine individuelle Vereinbarung einer Vergütung handelt.

Weiter ergibt sich aus Abs. 3 der Ziffer 2 der allgemeinen Regelungen, dass es sich in jedem Fall um eine dynamische Verweisung handelt, da hier von tariflichen Erhöhungen gesprochen wird, die es nur geben kann, wenn der Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung in Bezug genommen wird. Lediglich freiwillige übertarifliche Zulagen können insoweit auf tarifliche Erhöhungen angerechnet werden. Die Erhöhungen selbst sollen damit entsprechend der tariflichen Regelungen erfolgen und können nur aufgrund der Anrechnung übertariflicher Zulagen geringer ausfallen.

Schließlich ergibt sich auch aus der Schlussbestimmung, dass tariflich vertragliche Regelungen Anwendung finden sollen. Aus der Tatsache, dass hier kein konkreter Tarifvertrag in Bezug genommen wird, ergibt sich, dass der jeweils gültige Tarifvertrag für die Vertragsparteien bindend sein soll. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei fehlender Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrages regelmäßig anzunehmen, der Tarifvertrag solle in der jeweiligen Fassung gelten (BAG v. 17.06.2014- 3 AZR 732/12- Rn. 29 nach juris; BAG v. 17.01.2006- 9 AZR 41/05- Rn. 30 nach juris). Soweit diese Regelungen nur ergänzend gelten sollen, stehen dem insbesondere die Vergütungsregelungen in Ziffer 2 der allgemeinen Regelungen nicht entgegen, da diese, wie gezeigt, auch für eine dynamische Anwendung der tariflichen Regelungen spricht.

Demnach hatte die Klägerin einen Anspruch auf die geltend gemachten Tariflohnerhöhungen."

Diesen Ausführungen schließt sich die 5. Kammer ohne Einschränkung an. Ergänzend ist noch folgendes auszuführen:

Selbst für den Fall, dass entgegen den überzeugenden Darstellungen der 11. Kammer Zweifel bezüglich der Anwendbarkeit des Tarifvertrages bleiben sollten, so gingen diese zu Lasten des Verwenders, § 305c Absatz 2 BGB. Angesichts der Formulierungen des Arbeitsvertrages sowie der Allgemeinen Regelungen verbleiben nach Auffassung der 5. Kammer derartige Zweifel jedoch nicht. Ein verständiger Leser kann die von der Beklagten vorformulierten Klauseln im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nur so verstehen, dass die Beklagte die dynamische Anwendbarkeit des Tarifvertrages vereinbaren wollte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der früheren Rechtsprechung des BAG zur Problematik der Gleichstellungsabrede. Hiernach waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Verweisungsklauseln in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen. Mit der Verweisung auf die einschlägigen Tarifverträge sollten die Arbeitnehmer arbeitsvertraglich so gestellt werden, wie sie tarifrechtlich stünden, wenn sie tarifgebunden wären. Ziel der Bezugnahme war danach die einheitliche Anwendung des in Bezug genommenen Tarifrechts unabhängig von der Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis nahm an den dynamischen Entwicklungen des in Bezug genommenen Tarifvertrages deshalb auch nur so lange teil, wie der Arbeitgeber selbst tarifgebunden war (vgl. nur BAG vom 26. August 2009 - 4 AZR 285/08).

Die bisher zugrunde gelegte Auslegungsregel zur Feststellung einer Gleichstellungsabrede wendet das BAG für Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen worden sind ("Neuverträge”) nicht mehr an. Aus Gründen des Vertrauensschutzes findet sie aber weiterhin auf Bezugnahmeklauseln Anwendung, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (BAG vom 18.11.2009, 4 AZR 514/08; BAG vom 17.11.2010, 4 AZR 127/09).

Hiernach wäre zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen gewesen, dass der Entgelttarifvertrag des Einzelhandels zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien allgemeinverbindlich war, so dass es sich um eine Gleichstellungsabrede mit der Folge gehandelt hätte, dass nach alter Rechtsprechung des BAG - der Vertrauensschutz war vorliegend grundsätzlich zu beachten - mit dem Wegfall der Allgemeinverbindlichkeit auch keine Pflicht mehr bestanden hätte, etwaige Tariflohnerhöhungen zu berücksichtigen.

Dennoch hat die Kammer der Klage aufgrund folgender Erwägungen stattgegeben:

Aufgrund der in der 5. Kammer anhängigen Parallelverfahren 5 Ca 3725/14 sowie 5 Ca 3724/14 war gerichtsbekannt, dass die Beklagte auch nach Wegfall der Allgemeinverbindlichkeit die Arbeitsverträge - nebst allgemeinen Regelungen - nicht abänderte, sondern wörtlich unverändert übernahm und auch bei Neueinstellungen zugrunde legte. Diese Vorgehensweise verdeutlicht, dass es der Beklagten offenbar nicht nur um einen deklaratorisch erklärten Gleichlauf einer ohnehin über die Allgemeinverbindlichkeit geltenden Regelung ging. Vielmehr sollten die arbeitsvertraglichen Regelungen gerade unabhängig von der Einschlägigkeit des Tarifvertrages Wirkung entfalten. Denn es hätte nach Wegfall der Allgemeinverbindlichkeit keinen Grund gegeben, die Verträge nicht zu ändern. Dennoch unterließ es die Beklagte, ihre Formularverträge anzupassen.

Nach alledem war der Klage in diesem Punkt stattzugeben.

Der Kläger war ebenfalls erfolgreich, soweit er sich gegen die einseitige Reduzierung bzw. Anrechnung der pauschalen Überstundenvergütung durch die Beklagte zur Wehr setzte:

Mit Vertrag vom 25.05.2002 verständigten sich die Parteien darauf, die geleisteten Überstunden des Klägers zu streichen und "zur Kappung der Mehrarbeit eine freiwillige Zulage" zu zahlen. Zunächst wurden 100 Euro brutto monatlich gezahlt. Gemäß den letzten Abrechnungen, die der Kläger vorgelegt hatte, leistete die Beklagte einen Betrag in Höhe von 166 Euro brutto. Soweit die Beklagte im Prozess nunmehr vortrug und behauptete, dass es sich um eine gänzlich freiwillige Zulage offenbar ohne Bezug zu etwaigen Überstunden handeln würde, so wäre zu erwarten gewesen, dass die Beklagte auch hätte vortragen können, in welcher Form die Vereinbarung vom 25.05.2002 einvernehmlich aufgehoben bzw. abgeändert wurde. Dies unterließ sie. Offenbar war die Beklagte der Meinung, durch einseitige Gehaltsmitteilungen in der Zukunft einvernehmliche Vereinbarungen abändern zu können.

Die Zusatzvereinbarung vom 25.05.2002 war mangels anderweitigen Sachvortrages mithin weiterhin wirksam. Der Kläger konnte auch nachvollziehbar darlegen, dass diese Zulage zuletzt auf 166 Euro brutto pro Monat erhöht wurde. Die Beklagte erläuterte jedenfalls nicht, weshalb aufgrund der gleichen Terminologie sowie der ähnlichen Höhe ein solcher Rückschluss nicht möglich sein sollte. Insbesondere wäre dann - wenn ein Zusammenhang zu der letzten Zahlung und der Vereinbarung vom 25.05.2002 nicht bestanden hätte - die Frage zu stellen, in welcher Form die Beklagte ihrer weiterhin bestehenden Verpflichtung aus dem Vertrag vom 25.05.2002 nachkommt, wenn nicht durch die Zahlung in Höhe von 166 Euro brutto.

Ein weiterer Gedanke, der verdeutlicht, dass die Beklagte weiterhin verpflichtet ist, diesen Betrag monatlich zu zahlen:

Die Vertragsformulierung verdeutlicht, dass ein Bezug zu den Überstunden durchaus bestand. Die Parteien verständigten sich auf eine Streichung der geleisteten Überstunden. Gleichzeitig sollte pauschal ein Betrag monatlich gezahlt werden. Dies kann nach verständiger Würdigung allein den Sinn haben, Überstunden nicht mehr tatsächlich aufschreiben und abrechnen zu müssen, sondern dies in Zukunft eben durch eine pauschale Zahlung zu vereinfachen. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss aber auch, dass die Beklagte eine solche Pauschale nicht einseitig verändern bzw. streichen kann. Denn die Folge wäre, dass Überstunden nunmehr ohne zusätzliche Zahlung geleistet werden müssten. Eine solche Regelung wäre nach den §§ 305 ff. BGB ohnehin unwirksam.

Zuletzt berechnete der Kläger die Forderung auch der Höhe nach korrekt und nachvollziehbar. Insbesondere war ihm insoweit Recht zu geben, als dass er die Auffassung vertrat, die Beklagte hätte das zum 30.11.2013 fällige Weihnachtsgeld unter Berücksichtigung der Tariflohnerhöhung berechnen müssen. Denn die Erhöhung wurde zwar später vereinbart, jedoch rückwirkend. Insofern hätte die Beklagte im Nachhinein eine Korrektur vornehmen müssen.

Die Kostenentscheidung ergab sich aus § 91 ZPO. Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruhte dem Grunde nach auf § 61 Absatz 1 ArbGG.