OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.04.2016 - 7 A 11108/14
Fundstelle
openJur 2016, 11822
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 23. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger sind deutsche Staatsangehörige und haben dunkle Hautfarbe. Sie fuhren am 25. Januar 2014 mit ihren beiden Kindern in der von Mainz nach Koblenz verkehrenden Regionalbahn "trans regio MRB 25326". Nachdem drei Polizeibeamte der Bundespolizeiinspektion Kaiserslautern am Hauptbahnhof B. in den Zug eingestiegen und zunächst - bis zur Abfahrt des Zuges - im Eingangsbereich stehen geblieben waren, begannen diese bei der Abfahrt um ca. 12:17 Uhr mit der Bestreifung des Zuges. Die Kläger, die sich untereinander und mit ihren Kindern in englischer Sprache unterhielten, wurden von einem der Polizeibeamten aufgefordert, ihre Ausweise vorzulegen, wobei die Beteiligten unterschiedliche Angaben dazu machen, ob, in welchem Umfang und in welcher Sprache zuvor eine Befragung des Klägers erfolgt ist. Die Kläger kamen der Aufforderung nach und zeigten Bundespersonalausweise vor. Der Polizeibeamte telefonierte sodann und gab die Personalien zum Datenabgleich weiter. Nach Abschluss der ca. vierminütigen Kontrolle der Kläger wurden in diesem Zug keine weiteren Maßnahmen durchgeführt, da die Polizeibeamten den Zug wenigen Minuten nach der Kontrolle der Kläger am Bahnhof N. verließen.

Die Kläger haben am 24. März 2014 Klage erhoben. Zur Begründung haben sie vorgetragen, sie seien nur deshalb kontrolliert worden, weil sie dunkelhäutig seien. Dies belege der Umstand, dass die Beamten an ca. 20 Personen im Zug vorbeigegangen seien, ohne weitere Kontrollen vorzunehmen. Ein solches Verhalten sei mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG nicht zu vereinbaren.

Die Kläger haben beantragt,

festzustellen, dass die von den Beamten der Beklagten durchgeführten Personalienfeststellung am 25. Januar 2014 sowie der daraufhin unmittelbar telefonisch durchgeführte Personalienabgleich rechtswidrig gewesen sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Den Klägern fehle zum einen das notwendige Feststellungsinteresse. Zum anderen sei die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a Bundespolizeigesetz - BPolG - nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, welche Personen einer Kontrolle unterzogen würden, träfen die Polizeibeamten vor Ort anhand objektiver Kriterien sowie aufgrund ihrer Erfahrung. Solche Maßnahmen dienten der Gewinnung von polizeilichen Informationen im Zusammenhang mit der unerlaubten Einreise von Personen. Die von den Klägern benutzte Bahnstrecke stelle einen bekannten "Schleuserweg" dar.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 23. Oktober 2014 stattgegeben und die von den Klägern beantragte Feststellung getroffen. Die zulässige Klage sei begründet. Die angegriffene Maßnahme sei rechtswidrig gewesen und habe die Kläger in ihren Rechten verletzt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 1a BPolG, auf die die Beklagte die Befragung der Kläger gestützt habe, hätten nicht vorgelegen. § 22 Abs. 1a BPolG setze voraus, dass der Zug, in dem die Personenkontrolle erfolge, zur unerlaubten Einreise genutzt werde. Ein regionaler Zug, der seinen Ausgangs- und Endpunkt im Bundesgebiet habe, und bei dessen Fahrt weder Flug- oder Seehäfen passiert, noch Grenzen zu anderen Staaten erreicht oder überschritten würden, könne indes von vornherein nicht im Sinne dieser Vorschrift zur unerlaubten Einreise genutzt werden. Für dieses Verständnis spreche der Wortlaut der Vorschrift. Der Begriff der Einreise bedeute nach dem Wortsinn die Reise von einem in einen anderen Staat. Es werde ein Vorgang beschrieben, der abgeschlossen sei, wenn sich der Reisende in dem anderen Staat befinde. Dem entspreche die Regelung im Aufenthaltsgesetz, dass ein Ausländer grundsätzlich dann eingereist sei, wenn er die Grenze überschritten habe. Mithin komme eine Nutzung des Zuges "zur unerlaubten Einreise" nur in Betracht, wenn der Zug, in dem die Personenkontrolle stattfinde, einen unmittelbaren Bezug zum Überschreiten der staatlichen Grenze habe.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1a BPolG sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht auf grenzüberfahrende Züge beschränkt, sondern umfasse bei entsprechenden Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung auch regionale Züge, die ihren Ausgangs- und Endpunkt im Bundesgebiet hätten und bei deren Fahrt weder Flug- oder Seehäfen passiert würden noch Grenzen zu anderen Staaten erreicht oder überschritten werden könnten. Die zum gegenteiligen Ergebnis kommenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts seien nicht überzeugend. Der Wortlaut der Norm enthalte - anders als bei der Tatbestandvariante "Verkehrsflughäfen" - keine Beschränkung auf grenzüberschreitenden Verkehr. Überdies sei der Begriff der Einreise als auslegungsfähiger Rechtsbegriff auch einem Verständnis zugänglich, demzufolge die unerlaubte Einreise zwar mit dem Grenzübertritt vollendet, nicht jedoch beendet sei. Für ein derartiges Begriffsverständnis der unerlaubten Einreise spreche auch der gesetzessystematische Vergleich mit der Regelung in § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG, der zufolge im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km - mithin im Binnenland - zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet Identitätskontrollen durchgeführt werden könnten. Auch hier zielten die Kontrollen auf eine Phase nach dem eigentlichen Grenzübertritt. Die Entstehungsgeschichte spreche ebenfalls nicht für ein restriktives Verständnis der Norm, sondern belege vielmehr das Gegenteil. Den vom Bundesrat geäußerten Bedenken gegen die räumliche Ausdehnung des Kontrollbereichs sei in Bezug auf Züge und Bahnhöfe mit dem Tatbestandsmerkmal der Lageerkenntnisse oder grenzpolizeilichen Erfahrungen begegnet worden. Eine direkte Bindung an einen grenzüberschreitenden Verkehr - wie bei Verkehrsflughäfen - sei gerade nicht erfolgt. Entsprechendes ergebe sich auch aus der Entscheidung, die zunächst befristete Anwendbarkeit der Norm zu verlängern und später zu entfristen. Dementsprechend sei festzustellen, dass der Wille des Gesetzgebers nicht auf grenzüberschreitend verkehrende Züge beschränkt gewesen sei. Schließlich spreche der Gesetzeszweck für eine lageabhängige Anwendung der Norm auch auf Züge im regionalen Verkehr, zumal die Sorge naheliege, dass Kontrollen in Fernzügen zu einem Verdrängungseffekt in der Weise führten, dass nach einer unerlaubten Einreise zur Weiterreise nicht mehr Fern-, sondern vorwiegend Nahverkehrszüge genutzt würden.

Verfassungsrechtliche Gründe stritten ebenfalls nicht für die enge Auslegung des Verwaltungsgerichts. Die Tatbestandsmerkmale des § 22 Abs. 1a BPolG genügten insbesondere dem rechtsstaatlichen Gebot der Normklarheit und Bestimmtheit, zumal es sich bei den Maßnahmen des kurzzeitigen Anhaltens, Befragens und Verlangens, mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung auszuhändigen, um Eingriffsmaßnahmen geringer Intensität handele. Die durch § 22 Abs. 1a BPolG ermöglichten lageabhängigen Befragungen liefen auch nicht der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) zuwider.

Die Befragung und Ausweiskontrolle der Kläger seien im konkreten Fall rechtmäßig erfolgt. Soweit Lageerkenntnisse oder grenzpolizeiliche Erfahrungen verlangten, dass der Zug zur unerlaubten Einreise genutzt werde, beziehe sich dies nicht auf den konkreten Zug, sondern auf die Zugstrecke. Bezüglich der danach zu betrachtenden Rheinschiene bestünden entsprechende Erkenntnisse. Entsprechende Feststellungen zur Bedeutung der Rheinschiene weise auch das Lagebild für den Operativen Dienst, 3. Quartal 2013, der Bundespolizeiinspektion Trier auf. Dort enthalten seien korrespondierende ortsspezifische Handlungsempfehlungen zu Kontrollen nach § 22 Abs. 1a BPolG auf der Rheinstrecke. Die Kläger seien nicht allein aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert worden. Vielmehr hätten die Gesamtumstände die Polizeibeamten veranlasst, eine Befragung mit anschließender Ausweiskontrolle und einem Datenabgleich durchzuführen. Vor allem indiziere der Umstand, dass die Polizeibeamten in dem betreffenden Zug keine weiteren Befragungen durchgeführt hätten, keine rassistische Adressatenauswahl. Es hätten sachliche Gründe dafür vorgelegen, den Zug kurz nach der Befragung der Kläger zu verlassen, um am Bahnhof N. einen in die Gegenrichtung verkehrenden Zug zu erreichen. Auch der sich anschließende Abgleich mit dem Fahndungsbestand nach § 34 Abs. 1 Satz 2 BPolG sei rechtmäßig, insbesondere nicht unverhältnismäßig.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 23. Oktober 2014 die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung machen die Kläger - unabhängig von der Anwendung im konkreten Fall - die Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit des § 22 Abs. 1a BPolG geltend. Die verdachtsunabhängigen Kontrollen ermächtigten zu Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG von erheblichem Gewicht. Den danach zu stellenden Anforderungen an die Normenklarheit bzw. Bestimmtheit werde § 22 Abs. 1a BPolG nicht gerecht. Die Norm sei auch unter Berücksichtigung der mit ihr verfolgten durchaus legitimen Ziele nicht verhältnismäßig, da sie zu anlasslosen Kontrollen berechtige und damit ohne einschränkende Tatbestandsmerkmale einen Eingriff von erheblichem Gewicht zulasse. Darüber hinaus sei der Norm ein Verstoß gegen das Verbot rassistischer Diskriminierung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 GG immanent. Eine am Normzweck ausgerichtete Anwendung könne sich allein an phänotypischen Erscheinungen - mithin anknüpfend an unzulässige Merkmale - orientieren. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige, in der Norm selbst angelegte Diskriminierung sei verfassungsrechtlich nicht gegeben. Darüber hinaus sei § 22 Abs. 1a BPolG europarechtswidrig. Ohne eine normative Begrenzung der Kontrollbefugnisse sei § 22 Abs. 1a BPolG, der zu verdachtslosen Personenkontrollen ermächtige, mit Art. 20 und 21 des Schengener Grenzkodexes unvereinbar. Die nationalen Regelungen müssten gewährleisten, dass die tatsächliche Ausübung der Befugnisse nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen habe.

Über die unmittelbar gegen die Norm gerichteten verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bedenken hinaus verteidigen die Kläger die Auslegung des Verwaltungsgerichts zum räumlichen Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1a BPolG. Wortlaut, Historie, Systematik und Zweck stützten die Auslegung des Verwaltungsgerichts, der zufolge nur grenzüberfahrende Züge in den Anwendungsbereich der Norm fielen. Hierfür spreche auch eine grundrechtskonforme Lesart, da auf diese Weise den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit und Normklarheit genügt werden könne. Die weite Auslegung des § 22 Abs. 1a BPolG durch die Beklagte genüge diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen hingegen nicht. Vergleichbares gelte auch hinsichtlich der tatbestandlich vorausgesetzten Lageerkenntnisse oder grenzpolizeilichen Erfahrungen. Auch hier seien qualitative Anforderungen einzuhalten, um den Bestimmtheitsanforderungen zu genügen und zusätzlich auch die kompetenzielle Zuständigkeitsabgrenzung zwischen der Bundespolizei und der Landespolizei zu gewährleisten.

Schließlich sei die Anwendung der Norm - selbst wenn man ihr den beklagtenseits vertretenen weiten Geltungsbereich zuspreche - rechtswidrig. So fehlten bereits tatbestandlich Lageerkenntnisse oder grenzpolizeiliche Erfahrungen, dass die hier zu untersuchende Zugstrecke zwischen Mainz und Koblenz zur unerlaubten Einreise genutzt werde. Das von der Beklagten hierzu gelieferte Material sei unzureichend und ermögliche keine gerichtliche Kontrolle. Darüber hinaus habe die Beklagte bei der Kontrolle nach § 22 Abs. 1a BPolG und dem sich anschließenden Datenabgleich nach § 34 Abs. 1 BPolG die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens überschritten. Die Maßnahme beruhe auf einer diskriminierenden Auswahl, da ihre Hautfarbe zumindest eine verbotene Teilmotivation der polizeilichen Auswahlentscheidung gewesen sei. Hätten sie eine helle Hautfarbe gehabt, wäre der Eingriff mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unterblieben. Die anderen Umstände, die die Beklagte zur Begründung ihrer Auswahlentscheidung vortrage, könnten ihre Auswahl nicht nachvollziehbar begründen. Neben der auch an die Hautfarbe anknüpfenden Auswahl sei insbesondere die Fortsetzung der Maßnahme unverhältnismäßig gewesen, nachdem sie den Bundespolizisten in fließendem Deutsch geantwortet und zudem deutsche Ausweispapiere vorgezeigt hätten. Der im Anschluss an die Personalienfeststellung erfolgte Datenabgleich beruhe auf derselben diskriminierenden Adressatenauswahl und verstoße somit auch gegen Art. 3 Abs. 3 GG.

Der Senat hat das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. (BUG) als Beistand des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung zugelassen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2015 und am 21. April 2016 zu den Umständen der Kontrolle der Kläger am 25. Januar 2014 Beweis erhoben durch die Vernehmung der an der Kontrolle beteiligten Polizeibeamten, Herrn O., Herrn H., Herrn M., und eines Mitreisenden, Herrn P., als Zeugen. Darüber hinaus sind die Kläger zu den Umständen ihrer Kontrolle angehört worden. Wegen des Inhalts der jeweiligen Angaben wird auf die Niederschriften über die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2015 und vom 21. April 2016 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, des Beistandes des Klägers und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

I.

Die Klage, mit der die Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der am 25. Januar 2014 durch Bundespolizeibeamte der Beklagten durchgeführten Maßnahmen begehren, ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO bzw. als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig.

Hinsichtlich der statthaften Klageart ist zwischen den einzelnen Maßnahmen zu unterscheiden. Während in Bezug auf das als Verwaltungsakt zu qualifizierende Ausweisverlangen nach dessen Erledigung die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft ist, handelt es sich bei dem Datenabgleich um einen Realakt, der im Wege der Feststellungsklage zur gerichtlichen Prüfung gestellt werden kann. Für beide Klagearten ist aufgrund der Erledigung des Verwaltungsaktes (Ausweisverlangen) bzw. des in der Vergangenheit liegenden Rechtsverhältnisses (Datenabgleich) ein besonderes Feststellungsinteresse erforderlich. Die inhaltlichen Anforderungen an ein berechtigtes, über die Erledigung des Verwaltungsaktes oder die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinausgehendes Feststellungsinteresse unterscheiden sich insoweit nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1997 - 1 C 2/95 -, juris, Rn. 17; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 43 Rn. 25). Aus diesem Grund kann es auch dahinstehen, ob der nach Angabe der Beklagten zu Beginn der Maßnahme erfolgten Befragung der Kläger Regelungscharakter und damit Verwaltungsaktqualität beizumessen war oder ob es sich lediglich um einen Realakt im Sinne eines Ersuchens um freiwillige Auskunft handelte (zur Differenzierung vgl. Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E Rn. 209 f.).

Die Kläger haben ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.

Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Kläger in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, Rn. 20 = BVerwGE 146, 303, m.w.N., zur Fortsetzungsfeststellungsklage). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus.

Den Klägern steht zumindest gestützt auf das Grundrecht effektiven Rechtsschutzes ein berechtigtes Feststellungsinteresse zur Seite.

Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den Rechtsweg nicht nur bei aktuell anhaltenden, sondern grundsätzlich auch bei Rechtsverletzungen, die in der Vergangenheit erfolgt sind, allerdings unter dem Vorbehalt eines darauf bezogenen Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, u.a. -, BVerfGE 104, 220 [232 f.] = juris, Rn. 34 ff.). Dies umfasst die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung auch in Erledigungsfällen, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, u.a. -, BVerfGE 104, 220 [233 f.] = juris, Rn. 36; stRspr; auch BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, Rn. 32 = BVerwGE 146, 303).

Vorliegend kann es dahinstehen, ob neben der typischerweise kurzfristigen Erledigung auch ein "gewichtiger Eingriff" für ein auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gestütztes berechtigtes Feststellungsinteresse erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 -, juris, Rn. 28 = BVerfGE 110, 77) oder ob es auf die Intensität des erledigten Eingriffs und den Rang der betroffenen Rechte nicht ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, Rn. 30 ff. = BVerwGE 146, 303). In Bezug auf die Befragung, das Ausweisverlangen und den Datenabgleich selbst handelt es sich zwar um geringfügige und kurze Eingriffe (dazu unten II./2./b./cc/(2)/(a)). Allerdings begründet der klägerseits geltend gemachte Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG vorliegend die Möglichkeit eines gewichtigen Eingriffs.

II.

Die Klage ist begründet.

§ 22 Abs. 1a Bundespolizeigesetz - BPolG -, den die Beklagte als Eingriffsgrundlage für die nach ihren Angaben durchgeführte Befragung der Kläger und die Kontrolle ihrer Ausweispapiere herangezogen hat (1.), ist weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu beanstanden (2.). Allerdings ist dessen Anwendung im vorliegenden Fall - ebenso wie der sich daran anschließende Datenabgleich - rechtswidrig gewesen und hat die Kläger in ihren Rechten verletzt (3.).

1. Die Beklagte hat die nach ihren Ausführungen durchgeführte Befragung und die darauf folgende Ausweiskontrolle auf § 22 Abs. 1a BPolG gestützt. Grundlage für den Datenabgleich war § 34 Abs. 1 Satz 2 BPolG.

Nach § 22 Abs. 1a BPolG kann die Bundespolizei zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet in Zügen und auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes, soweit auf Grund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung anzunehmen ist, dass diese zur unerlaubten Einreise genutzt werden, sowie in einer dem Luftverkehr dienenden Anlage oder Einrichtung eines Verkehrsflughafens mit grenzüberschreitendem Verkehr jede Person kurzzeitig anhalten, befragen und verlangen, dass mitgeführte Ausweispapiere oder Grenzübertrittspapiere zur Prüfung ausgehändigt werden, sowie mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen.

Der Senat kann es aufgrund der aus anderen Gründen folgenden Rechtswidrigkeit der Maßnahmen (dazu 3.) offen lassen, ob - wofür nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme indes einiges spricht - zunächst vor dem Ausweisverlangen eine kurze Befragung der Kläger erfolgt ist, und nimmt dies zugunsten der Beklagten an. Die insoweit im Raum stehende Abgrenzung zwischen der Befragung nach § 22 Abs. 1a BPolG zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise einerseits und einer Identitätskontrolle zu diesem Zweck nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG andererseits hat sich an der (schwerpunktmäßigen) Zielrichtung der polizeilichen Maßnahme zu orientieren. Während § 22 BPolG auf die Gewinnung polizeilich relevanter Informationen gerichtet ist und die Aushändigung der Ausweise in erster Linie der Zuordnung einer Information zu einer Person oder einer Plausibilitätskontrolle dient, zielt die Identitätskontrolle vorrangig auf die Identifizierung unbekannter Personen oder auf einen Identitätsabgleich (vgl. Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 7). Mithin wird eine Maßnahme nach § 22 Abs. 1a BPolG ohne vorangehende Befragung regelmäßig ausscheiden und eine ohne diese durchgeführte Ausweiskontrolle eine Identitätskontrolle nach § 23 Abs. 1 BPolG darstellen (vgl. dazu VG Köln, Urteil vom 13. Juni 2013 - 20 K 4683/12 -, juris, Rn. 24 ff.), deren Tatbestandsvoraussetzungen vorliegend jedoch offenkundig nicht gegeben wären.

2. Der räumliche Geltungsbereich des § 22 Abs. 1a BPolG ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht auf grenzüberfahrende Züge beschränkt (a.). Die Norm ist überdies verfassungsgemäß (b.) und steht nicht in Widerspruch zu europarechtlichen Vorgaben (c.).

a. § 22 Abs. 1a BPolG erlaubt die dort genannten Maßnahmen unter anderem in Zügen und auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes, soweit auf Grund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung anzunehmen ist, dass diese zur unerlaubten Einreise genutzt werden. Der Gesetzeswortlaut "zur unerlaubten Einreise genutzt werden" beschränkt dabei den räumlichen Anwendungsbereich der Norm nicht auf Züge, die selbst die Grenze überfahren, sondern erfasst vielmehr insgesamt (Bahn-)Strecken, die - gestützt auf Lageerkenntnisse oder grenzpolizeiliche Erfahrung - zur unerlaubten Einreise genutzt werden. Eine Anknüpfung allein oder vordringlich an den tatsächlichen physischen Grenzübertritt wird dem Inhalt der Norm nicht gerecht.

aa. Der Begriff der unerlaubten Einreise bestimmt sich nach den §§ 13, 14 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - (vgl. Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 30; Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 21; Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 22 Rn. 8). Danach ist eine Einreise vereinfacht ausgedrückt unerlaubt, wenn der Betroffene bei der Einreise nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Papiere bzw. Aufenthaltstitel ist (§ 14 Abs. 1 AufenthG). Wann wiederum eine Einreise vorliegt, hängt davon ab, ob diese an einer zugelassenen Grenzübergangsstelle erfolgt oder nicht. An einer zugelassenen Grenzübergangsstelle ist ein Betroffener erst eingereist, wenn er die Grenze überschritten und die Grenzkontrolle passiert hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Im Übrigen liegt bereits eine Einreise vor, wenn der Betroffene die Grenze überschritten hat (§ 13 Abs. 2 Satz 3 AufenthG). Bezieht man ein, dass nach Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) die vorliegend relevanten Binnengrenzen abweichend von § 13 Abs. 1 AufenthG nicht nur an Grenzübergangsstellen, sondern an "jeder Stelle" ohne Personenkontrollen überschritten werden können und Grenzübergangsstellen nach der Verordnung für das Überschreiten der Außengrenzen zugelassene Orte für den Grenzübertritt sind (Art. 2 Nr. 8 Schengener Grenzkodex), es mithin an Binnengrenzen grundsätzlich keine Grenzübergangsstellen gibt, erfolgt die Einreise nach Deutschland mit dem (fahrenden) Zug mangels Grenzkontrollen bereits mit dem Grenzübertritt (vgl. dazu auch Nr. 13.2.7 VwV zu § 13 AufenthG).

Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten für ein erweitertes Begriffsverständnis herangezogene Argumentation, in Anlehnung an die strafrechtliche Unterscheidung zwischen Vollendung und Beendigung die unerlaubte Einreise nicht auf den Zeitpunkt des Grenzübertritts zu beschränken und stattdessen die Weiterfahrt zum Zielort ebenfalls dem Akt der unerlaubten Einreise zuzuordnen, ist bei der Begriffsbestimmung für die präventive Maßnahme nach § 22 Abs. 1a BPolG, bei der es auf eine strafrechtliche Einordnung mangels strafrechtlicher Teilnahmeproblematik nicht ankommt, nicht bedeutsam.

bb. Obschon dieses nach §§ 13, 14 AufenthG zu bestimmenden (eng umgrenzten) Begriffsinhalts der unerlaubten Einreise, die damit weitgehend mit dem Grenzübertritt zusammenfällt, ist der inhaltliche Aussagegehalt der Formulierung "zur unerlaubten Einreise genutzt" auch unter Berücksichtigung des Normzwecks, der ebenfalls auf unerlaubte Einreisen bezogen ist, und der Funktion des § 22 Abs. 1a BPolG zu bestimmen.

Die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG können zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise ergriffen werden. Hinsichtlich des Normzwecks besteht mithin eine Parallele zur Identitätsfeststellung nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG, der diese Maßnahme im Grenzgebiet erlaubt. Geht es bei der Verhinderung inhaltlich darum, eine bevorstehende Verwirklichung der unerlaubten Einreise zu vereiteln, und bei der Unterbindung eine bereits begonnene fortgesetzte Begehung der Tat abzuwehren (vgl. Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 21; Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 30), ergibt sich in der Zusammenschau mit dem eng umgrenzten Begriffsinhalt der unerlaubten Einreise, dass bei einer Kontrolle in Zügen - und zwar auch bei grenzüberfahrenden - und Bahnhöfen angesichts des (regelmäßig) bereits erfolgten Grenzübertritts, eine spezialpräventive Wirkung der Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG nicht zu erreichen ist. Dies gilt sowohl bei der auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der unerlaubten Einreise abstellenden Verhinderung als auch für die Unterbindung der unerlaubten Einreise, die zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt ist und damit nicht mehr unterbunden werden kann. Soweit in der Kommentarliteratur insoweit darauf abgestellt wird, das Unterbinden beziehe sich deshalb auf den sich an die unerlaubte Einreise anschließenden unerlaubten Aufenthalt (vgl. Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 21; Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 30), ist dies kritisch zu sehen, da § 22 Abs. 1a BPolG jenseits seines grenzbezogenen präventiven Regelungsinhalts als ausländerrechtliche Befugnisnorm herangezogen würde (vgl. Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 22 Rn. 8). Die fehlende Möglichkeit, mit Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG in Zügen und Bahnhöfen spezialpräventiv tätig werden zu können - anders bei Verkehrsflughäfen mit grenzüberschreitendem Verkehr -, stellt die Eignung der Norm indes nicht in Frage. Vielmehr zeigt dies lediglich auf, dass der zweckbezogene Schwerpunkt generalpräventiver Natur ist, indem einerseits Informationen über entsprechende Reiserouten gewonnen werden können und andererseits mithilfe der durchgeführten Stichproben eine vorwirkende Entdeckungsgefahr (vgl. Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E Rn. 367, "Abschreckungs- bzw. Verunsicherungsinstrument" [allgemein zu anlasslosen Personenkontrollen]; Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 18, "Erhöhung des Verfolgungs- bzw. Fahndungsdrucks") begründet wird.

Die danach in der Norm selbst angelegte, primär generalpräventive Funktion zeigt, dass der Begriff der unerlaubten Einreise, der selbst zwar eng mit dem physischen Grenzübertritt verknüpft ist, in seinem normativen Aussagegehalt indes nicht auf diesen allein reduziert werden kann. Dementsprechend fordert auch die Formulierung "zur unerlaubten Einreise genutzt" keine Beschränkung auf den konkreten, selbst die Grenze überfahrenden Zug.

cc. Für diese Auslegung des § 22 Abs. 1a BPolG spricht vor allem die Gesetzessystematik.

In § 22 Abs. 1a BPolG wird der räumliche Anwendungsbereich durch zwei unterschiedliche - den für eine bundespolizeiliche Kompetenz erforderlichen Grenzbezug herstellende (dazu unten 2./b./aa.) - Formulierungen beschrieben. Während bei Verkehrsflughäfen solche "mit grenzüberschreitendem Verkehr" erfasst werden, wird abweichend davon bei Zügen und Bahnhöfen gerade nicht direkt an einen grenzüberschreitenden Verkehr angeknüpft, sondern eine lageabhängige Eingrenzung des räumlichen Anwendungsbereichs vorgenommen. Dort dürfen Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG ergriffen werden, soweit auf Grund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung anzunehmen ist, dass Züge und Bahnhöfe zur unerlaubten Einreise genutzt werden. Die im Wortlaut des § 22 Abs. 1a BPolG angelegte systematische Unterscheidung zwischen Verkehrsflughäfen einerseits sowie Zügen und Bahnhöfen andererseits verdeutlich, dass letztgenannte inhaltlich den grenzüberschreitenden Verkehr nicht erfordern.

Hinzu kommt, dass die Formulierung "zur unerlaubten Einreise genutzt" nicht allein auf Züge bezogen verwendet wird, sondern auch Bahnhöfe umfasst. Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass bei einer isolierten Betrachtung von Zügen, die zur unerlaubten Einreise genutzt werden, die Annahme naheliegt, dabei könne es sich allein um solche handeln, die selbst die Grenzen überfahren oder zumindest Kontakt zu internationalen Flug- oder Seehäfen haben (vgl. dazu Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 22 Rn. 9). Unabhängig davon, dass diese isolierte Betrachtung die - wie zuvor dargelegt - im Gesetz angelegte Unterscheidung zu Verkehrsflughäfen übergeht und auch bei Zügen trotz der unterschiedlichen Formulierung auf grenzüberschreitenden (Zug-)Verkehr abstellt, wird diese Auslegung der eben nicht nur Züge, sondern auch Bahnhöfe einschließenden Variante nicht gerecht. Geht es nämlich um Bahnhöfe, die zur unerlaubten Einreise genutzt werden, und verlangt man - wie das Verwaltungsgericht -, dass diese zum Grenzübertritt selbst genutzt werden müssen, scheiden Kontrollen an Bahnhöfen nahezu vollständig aus. Denn es genügt nicht einmal, dass es sich um einen Grenzbahnhof handelt (so - wohl - Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 22 Rn. 9), da auch diese regelmäßig im Inland und damit nach dem Grenzübertritt liegen. Ein Bahnhof könnte in diesem Sinne nur zur "unerlaubten Einreise genutzt werden", wenn der Grenzübertritt im Bahnhof selbst erfolgt. Selbst wenn danach einzelne Anwendungsfälle für "grenzüberschreitende" Bahnhöfe verblieben, kann von einem Willen des Gesetzgebers für einen derart beschränkten Geltungsbereich für Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG auf Bahnhöfen nicht ausgegangen werden.

Die einheitliche Bezugnahme der Formulierung "zur unerlaubten Einreise genutzt" auf Züge und Bahnhöfe legt danach - unter ergänzender Berücksichtigung der abweichenden Fassung bei Verkehrsflughäfen - den Schluss nahe, dass der Gesetzgeber hierdurch Kontrollbefugnisse nach § 22 Abs. 1a BPolG für lageabhängig zu identifizierende schienengebundene Einreiserouten begründen wollte. Mithin kommt es nicht darauf an, ob der einzelne Zug (oder Bahnhof) zum Grenzübertritt und damit zur unerlaubten Einreise genutzt wird, sondern darauf, ob die konkrete (Bahn-)Strecke - mit den auf ihr verkehrenden Zügen und den an ihr liegenden Bahnhöfen - diese Anforderungen erfüllt. Bestehen belastbare Erkenntnisse zu einer bestimmten Bahnstrecke, spielt es also keine Rolle, mit welchem Zug diese befahren wird (vgl. Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 34). Dass ein zwischenzeitlicher (zufälliger oder auch gesteuerter) Umstieg auf einen ausschließlich im Inland fahrenden Zug unschädlich ist, ergibt sich neben einer Sinn und Zweck betrachtenden Sichtweise, die auch die ansonsten schlichten Umgehungsmöglichkeiten zu berücksichtigen hat, letztlich gerade durch die Einbeziehung der an der Einreiseroute liegenden (Umsteige-)Bahnhöfe.

dd. Schließlich spricht die Gesetzgebungshistorie für den hier angenommenen räumlichen Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1a BPolG.

Dabei ist es allerdings wenig zielführend, Äußerungen einzelner Beteiligter aus dem Gesetzgebungsverfahren für oder gegen die eine oder andere anzuführen. Für die Auslegung des Gesetzes kann es ebenso wie für seine Entstehung nicht auf die Vorstellung des einzelnen Abgeordneten bzw. Regierungsmitglieds ankommen, da der Einzelne nicht den "Willen des Gesetzgebers bildet" (vgl. hierzu VerfGH RP, Urteile vom 17. April 1969 - VGH 2/69 -, AS 11, 73 [100], vom 8. Juni 2015 - VGH N 18/14 -, juris Rn. 111 [insoweit nicht abgedruckt in AS 43, 307] und vom 26. Oktober 2015 - VGH N 36/14 -, UA S. 65). Eindeutig dokumentiert ist in diesem Zusammenhang, dass im ursprünglichen Gesetzesentwurf der damaligen Koalitionsfraktionen Züge, Bahnhöfe und Verkehrsflughäfen ohne weitergehende Einschränkung zum räumlichen Geltungsbereich für verdachtsunabhängige Kontrollen zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise erklärt werden sollten (vgl. BT-Drucks. 13/10790, S. 3). Nachdem der Bundesrat neben generellen Einwänden gegen verdachtsunabhängige Kontrollen auch kritisierte, dass mit dieser räumlichen Ausdehnung der in die Zuständigkeit der (heutigen) Bundespolizei fallende Grenzschutz verlassen werde und ohne einen Grenzbezug auch erhebliche Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestünden (vgl. BT-Drucks. 13/11119, S. 5 f.), erfolgte ein Änderungsvorschlag durch den zuständigen Bundestagsausschuss, der letztlich die Vorlage für den späteren Gesetzesbeschluss bildete (vgl. BT-Drucks. 13/11159, S. 4).

In der Begründung hierzu heißt es zwar an einer Stelle, der (damalige) Bundesgrenzschutz erhalte "zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise die Befugnis, in Zügen, Bahnhöfen sowie Verkehrsflughäfen mit grenzüberschreitendem Verkehr" die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG durchzuführen (vgl. BT-Drucks. 13/11159, S. 6). Mithin unterscheidet dieser Begründungsteil - anders als der korrespondierende Vorschlag für den später auch so verabschiedeten Gesetzeswortlaut (vgl. BT-Drucks. 13/11159, S. 4) - nicht zwischen Zügen und Bahnhöfen einerseits und Verkehrsflughäfen andererseits, sondern benutzt für alle die Formulierung grenzüberschreitender Verkehr. Allerdings erfolgt im anschließenden Absatz eine gesonderte Begründung für die nur in Bezug auf Züge und Bahnhöfe normierte Lagebindung, die gewährleiste, dass keine flächendeckenden Personenkontrollen im (Bahn-)Reiserverkehr erfolgten (vgl. BT-Drucks. 13/11159, S. 6). Einer derartigen gesondert formulierten und begründeten Begrenzung hätte es nicht bedurft, wenn - gleich den Verkehrsflughäfen mit grenzüberschreitendem Verkehr - von vorneherein nur grenzüberfahrende Züge und grenzübergreifende Bahnhöfe hätten erfasst werden sollen.

Die spätere Verlängerung der ursprünglich befristeten Regelung sowie die letztliche Entfristung einschließlich der hierzu verfassten Entwurfsbegründungen sind zu der hier entscheidenden Frage des räumlichen Anwendungsbereichs indes ohne besonderen Aussagegehalt, weil dort zwar die Erforderlichkeit derartiger Befugnisse auch jenseits des durch § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Sätze 2 bis 4 BPolG beschriebenen Grenzraums herausgestellt wird, allerdings ohne die inhaltlichen Anforderungen an Züge und Bahnhöfe, die nach Lageerkenntnissen zur unerlaubten Einreise genutzt werden, weiter zu behandeln (vgl. BT-Drucks. 15/1861, S. 6 und 16/4665, S. 6).

b. Auch mit diesem, im Vergleich zur Auslegung durch das Verwaltungsgericht erweiterten räumlichen Anwendungsbereich wahrt § 22 Abs. 1a BPolG die verfassungsrechtlichen Vorgaben. Dies gilt in Bezug auf die Zuständigkeit der Bundespolizei (aa), die Vereinbarkeit der Norm mit dem Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG (bb), die Anforderungen an die Bestimmtheit und Normenklarheit (cc) und die Verhältnismäßigkeit (dd).

aa. Die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG sind von der auf Art. 73 Abs. 1 Nr. 5, Art. 87 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 GG gestützten Aufgabenzuweisung in § 2 BPolG gedeckt.

Die Verwaltungskompetenz des Bundes für den Grenzschutz gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG, die mit der Gesetzgebungskompetenz in Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG korrespondiert, umfasst sowohl die polizeiliche Überwachung der Grenzen einschließlich der Abwehr von Gefahren für die Grenzen als auch die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs. Außerdem erfordert der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes nicht nur die Überwachung der unmittelbaren Bundesgrenzen, sondern auch die Kontrolle des anliegenden Hinterlandes sowie des grenzüberschreitenden Verkehrs auf den Flughäfen und Grenzbahnhöfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Januar 1998 - 2 BvF 3/92 -, BVerfGE 97, 198 [214] = juris Rn. 81).

Die Befugnis nach § 22 Abs. 1a BPolG ist hierunter zu fassen, weil es sich - auch in der hier zugrunde gelegten Auslegung zum räumlichen Anwendungsbereich - um eine Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs handelt, der in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BPolG ausdrücklich zu den Grenzschutzaufgaben der Bundespolizei zählt. Dementsprechend kommt es nicht auf die Diskussion an, ob die Aufgabenzuweisung in § 2 Abs. 2 BPolG abschließend ist oder § 2 Abs. 1 BPolG auch darüber hinausgehende (ungeschriebene) Grenzschutzaufgaben umfasst (vgl. zum Streitstand Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 2 Rn. 10 ff.; Martens, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 2 Rn. 8; Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 2 Rn. 5). Unter Berücksichtigung der vor allem durch die verfassungsrechtlichen Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen zu bestimmenden Abgrenzung zwischen den sonderpolizeilichen Befugnissen der Bundepolizei und der allgemeinen polizeilichen Zuständigkeit der Landespolizei bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs ist insoweit nicht eine räumliche, sondern in erster Linie eine funktionale Betrachtung heranzuziehen (vgl. in diese Richtung Martens, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 2 Rn. 8). Dabei liegt es zwar in der Natur der Sache, dass Grenzschutzaufgaben vor allem in der Grenzregion wahrgenommen werden und damit (auch) eine räumliche Nähe zur Grenze und deren Übertritt aufweisen; dies schließt Maßnahmen ohne räumlichen Bezug zum Grenzübertritt indes nicht aus (vgl. in diese Richtung Martens, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 2 Rn. 8). Mithin kommt es nicht darauf auf, ob ein Zug selbst die Grenze überfährt und damit sowohl räumlich als auch funktional zum grenzüberschreitenden Verkehr gehört, wenn auch ohne räumliche Anbindung gewährleistet ist, dass es sich funktional um grenzüberschreitenden Verkehr handelt. Letzteres wird in § 22 Abs. 1a BPolG hinsichtlich der Kontrollbefugnisse in Zügen und Bahnhöfen durch die erforderlichen Lageerkenntnisse oder die grenzpolizeiliche Erfahrung erreicht, während bei Verkehrsflughäfen (auch) eine räumliche Anknüpfung an den Grenzübertritt erfolgt.

Wird danach bei Zügen und Bahnhöfen die Zuständigkeit der Bundespolizei funktional über Lageerkenntnisse oder grenzpolizeiliche Erfahrung hergestellt, sind an diese inhaltliche Anforderungen zu stellen, um das Gepräge der Bundespolizei als Polizei mit begrenzten Aufgaben zu wahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Januar 1998 - 2 BvF 3/92 -, BVerfGE 97, 198 [218] = juris, Rn. 89). Die Bundespolizei ist nach § 22 Abs. 1a BPolG nicht berechtigt, die den Ländern obliegenden Polizeiaufgaben bei Gelegenheit der Aufgabenwahrnehmung als Bahnpolizei (§ 3 BPolG) auszuführen. Dies ist weder mit dem Normzweck des § 22 Abs. 1a BPolG noch mit dessen kompetenzieller Einordnung zu vereinbaren.

bb. § 22 Abs. 1a BPolG enthält keinen strukturell angelegten Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, der eine Verfassungswidrigkeit der Norm selbst begründen würde.

(1) Nach § 22 Abs. 1a BPolG kann die Bundespolizei "jede Person", die an den dort näher bezeichneten und eingegrenzten Orten angetroffen wird, kurzzeitig anhalten, befragen und verlangen, dass mitgeführte Ausweispapiere oder Grenzübertrittspapiere zur Prüfung ausgehändigt werden. Darüber hinaus können mitgeführte Sachen in Augenschein genommen werden. Auch wenn der Normzweck, die Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise, das Handlungsziel vorgibt, muss also die Person, an die sich die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG richtet, nicht selbst in Verdacht stehen, unerlaubt einreisen zu wollen, unerlaubt eingereist zu sein oder sich an einer unerlaubten Einreise beteiligen zu wollen oder beteiligt zu haben (vgl. Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 22; Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 36 f.; Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 22 Rn. 12). Aus § 20 Abs. 2 BPolG ergibt sich, dass die Maßnahmen eben nicht allein gegen Verantwortliche oder - unter den in § 20 Abs. 1 BPolG genannten Voraussetzungen - gegen Nicht-Verantwortliche ergriffen werden dürfen. Bei § 22 Abs. 1a BPolG handelt es sich um einen Verdachtsgewinnungs- bzw. Informationseingriff (vgl. Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 36; Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E Rn. 367 [allgemein zu anlasslosen Personenkontrollen]). Bereits diese Regelungstruktur verdeutlicht, dass kein normativer Eingriff in das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG besteht.

(2) Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kreis der von der Norm Betroffenen - entgegen dem Wortlaut - nicht zwangsläufig jede Person umfasst, sondern mit Blick auf den Normzweck gerade solche, bei denen angenommen werden kann, sie könnten Informationen zur Erreichung des Zwecks mitteilen oder begründeten selbst eine zweckbezogene Verdachtsmöglichkeit im Sinne einer Vorstufe zu einem gerade nicht erforderlichen Gefahrenverdacht, ist § 22 Abs. 1a BPolG kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG immanent. Unabhängig davon, dass für eine solche Beschränkung des Adressatenkreises insbesondere unter Einbeziehung der vorangehend skizzierten generalpräventiven Funktion der Norm kein Anlass besteht (zur Verhältnismäßigkeit unten 2./b./dd.), bietet auch eine derartige Anwendung des § 22 Abs.1a BPolG, die sich weitgehend an äußerlich erkennbaren Kriterien orientieren müsste, ausreichend Raum für eine im Einklang mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG stehende Handhabung.

Sollen nach § 22 Abs. 1a BPolG zielgerichtet Maßnahmen gegenüber Personen ergriffen werden, die - ohne einen Gefahrenverdacht hervorzurufen - eine gesteigerte Nähe zum Normzweck aufweisen, ist es naheliegend, dass Ausschau nach nicht deutschen Staatsangehörigen gehalten wird. Eine (faktische) Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit und damit eine Sonderbehandlung von Ausländern wird indes von keinem der speziellen Diskriminierungsverbote nach § 3 Abs. 3 Satz 1 GG erfasst, sondern (lediglich) vom allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschlüsse vom 20. März 1979 - 1 BvR 111/74, u.a. -, BVerfGE 51, 1 [30] = juris, Rn. 95, vom 9. Februar 1994 - 1 BvR 1687/92 -, BVerfGE 90, 27 [37] = juris, Rn. 29 und vom 7. Februar 2012 - 1 BvL 14/07 -, BVerfGE 130, 240 [255] = juris, Rn. 46; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 126; Leibholz/Rinck/Hesselberger in: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Stand: 01/2016, Art. 3, Rn. 4011; Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand: 03/2016, Art. 3 Rn. 132). An dessen Rechtfertigung sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen, da die Ungleichbehandlung einerseits an ein personengebundenes Merkmal anknüpft und andererseits eine gewisse Nähe zu den besonderen Diskriminierungsverboten des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG aufweist (vgl. hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 26. Januar 1993 - 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92 -, BVerfGE 88, 87 [96] = juris, Rn. 35, vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 -, BVerfGE 124, 199 [220] = juris, Rn. 87 und vom 7. Februar 2012 - 1 BvL 14/07 -, BVerfGE 130, 240 [255] = juris, Rn. 42; a.A. Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand: 03/2016, Art. 3 Rn. 132). Die sachliche Rechtfertigung für eine Sonderbehandlung von Ausländern folgt hier unter Berücksichtigung des Normzwecks daraus, dass die zu verhindernde oder zu unterbindende unerlaubte Einreise nach den §§ 13, 14 AufenthG aus Rechtsgründen nur durch Ausländer erfolgen kann und die Bekämpfung illegaler Migration mit ihren Begleiterscheinungen dem Schutz gewichtiger öffentlicher Interessen (vgl. hierzu BT-Drucks. 16/4665, S. 6) dient.

Die (zulässige) Unterscheidung anhand der Staatsangehörigkeit ist indes zu trennen von der Frage, aufgrund welcher im Vorfeld der Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG erkennbarer Kriterien eine etwaig fremde Staatsangehörigkeit und damit eine gesteigerte Nähe zum Normzweck angenommen wird. Auch bei Anwendung dieses an sich neutralen oder zulässigen Differenzierungskriteriums handelte es sich nämlich um eine grundsätzlich unzulässige Diskriminierung nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, wenn sich die (neutrale oder zulässige) Differenzierung weitgehend oder zwingend aus einem der dort genannten Merkmale ergibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241 [254 f.] = juris, Rn. 49; Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand: 03/2016, Art. 3 Rn. 217). Eine derartig enge Verknüpfung zwischen den Merkmalen in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und der Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit, die einen normativen Eingriff des § 22 Abs. 1a BPolG in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG begründen könnte, besteht indes nicht. Besondere Kleidung oder Gepäck mit hinweisgebenden Anhängern oder Aufdrucken, die auf eine Einreise und/oder eine fremde Nationalität hindeuten können, kommen dabei ebenso in Betracht wie das offen getragene oder sonst erkennbare Ausweispapier eines anderen Staates.

Ebenfalls nicht die Verfassungsmäßigkeit der Norm betrifft es im Weiteren, wenn sich die Normanwendung im Einzelfall als verdeckte Diskriminierung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG darstellt (vgl. Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand: 03/2016, Art. 3 Rn. 216), wenn also der wahre (diskriminierende) Grund für eine Ungleichbehandlung verschleiert werden soll.

Der Umstand, dass sich durch eine zulässige Differenzierung anhand der Staatsangehörigkeit eine Belastung von Personengruppen ergeben wird, die (auch) geschützte Differenzierungsmerkmale nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG aufweisen, stellt die Vereinbarkeit des § 22 Abs. 1a BPolG mit dem Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nicht in Frage. Unabhängig davon, ob man eine solche mittelbare bzw. reflexhafte Diskriminierung aus dem Schutzbereich des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG herausnimmt und die Verfassungsmäßigkeit direkt an dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG misst (so Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand: 03/2016, Art. 3 Rn. 215) oder - worauf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hindeutet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1997 - 1 BvL 12/91 -, BVerfGE 97, 35 [43] = juris, Rn. 34; Urteil vom 30. Januar 2002 - 1 BvL 23/96 -, BVerfGE 104, 373 [393] = juris, Rn. 69; Beschluss vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241 [254] = juris, Rn. 49; jeweils zur Differenzierung nach dem Geschlecht) - auch mittelbare Diskriminierungen durch Art. 3 Abs. 3 GG erfasst werden (vgl. Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 255), gelten insoweit letztlich abgeschwächte Rechtfertigungsanforderungen (vgl. Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand: 03/2016, Art. 3 Rn. 218; Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 256; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 135).

cc. § 22 Abs. 1a BPolG wahrt auch unter Einbeziehung des hier zugrunde gelegten räumlichen Anwendungsbereichs die verfassungsrechtlichen Vorgaben an die Normenklarheit und Normenbestimmtheit.

(1) Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Eingriffs müssen hinreichend klar und bestimmt geregelt sein. Der Gesetzgeber ist gehalten, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Die Betroffenen müssen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten können, und die gesetzesausführende Verwaltung muss für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 17. September 2013 - 2 BvE 6/08, u.a. -, BVerfGE 134, 141 [184] = juris, Rn. 126, m.w.N.). Mithin hat der Gesetzgeber Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festzulegen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 370/07, u.a. -, BVerfGE 120, 274 [316] = juris, Rn. 209, m.w.N.).

Allerdings mangelt es an der notwendigen Bestimmtheit nicht schon deshalb, weil eine Norm auslegungsbedürftig ist. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn die Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können. Es ist in erster Linie Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane, Zweifelsfragen zu klären und Auslegungsprobleme mit den herkömmlichen Mitteln juristischer Methode zu bewältigen (BVerfG, Beschluss vom 17. September 2013 - 2 BvE 6/08, u.a. -, BVerfGE 134, 141 [184 f.] = juris, Rn. 127, m.w.N.).

Schließlich ist bei der Frage, welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, auch die Intensität der Einwirkungen auf die Regelungsadressaten zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94, u.a. -, BVerfGE 102, 254 [337] = juris, Rn. 325, m.w.N.; BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Februar 2006 - Vf. 69-VI-04 -, juris, Rn. 29).

(2) Nach diesen Maßgaben ist § 22 Abs. 1a BPolG, der zu Eingriffen in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) berechtigt, hinreichend klar und bestimmt.

(a) Bei den in § 22 Abs. 1a BPolG vorgesehenen Maßnahmen des kurzzeitigen Anhaltens, Befragens und Verlangens, mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung auszuhändigen, handelt es sich um Eingriffe von geringer Intensität (vgl. OVG RP, Urteil vom 27. März 2014 - 7 A 11202/13 -, juris, Rn. 29; BayVerfGH, Entscheidung vom 28. März 2003 - Vf. 7-VII-00, Vf. 8-VIII-00 -, juris, Rn. 114; jeweils zur Identitätskontrolle; vgl. auch Gnüchtel, NVwZ 2013, 980 [983], demzufolge die Eingriffsintensität der Maßnahme nach § 22 Abs. 1a BPolG auf geringerer Stufe als die Identitätsfeststellung anzusiedeln sei; a.A. HambOVG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 Bf 226/12 -, juris, Rn. 71, zur Identitätsfeststellung; VerfGH Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. Oktober 1999 - 2/98 -, juris, Rn. 81; Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E Rn. 376).

Eine schwerwiegende Eingriffsintensität ergibt sich entgegen dem Einwand der Kläger weder aus einem - wie ausgeführt nicht gegebenen - normativen Verstoß des § 22 Abs. 1a BPolG gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG noch in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu anderen Datenerhebungs- und Datennutzungsbefugnissen. Dies gilt im Besonderen hinsichtlich der Entscheidungen zur Rasterfahndung (BVerfG, Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320), zur automatischen Kennzeichenerfassung (BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, u.a. -, BVerfGE 120, 378) und zur Vorratsdatenspeicherung (BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, u.a. -, BVerfGE 125, 260).

Soweit in den genannten Entscheidungen ein "besonders schwerer Eingriff" (BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, u.a. -, BVerfGE 125, 260 [318] = juris, Rn. 210) und Eingriffe von "erheblichem Gewicht" (BVerfG, Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 [347] = juris, Rn. 93; Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, u.a. -, BVerfGE 120, 378 [407], = juris, Rn. 92) angenommen oder zumindest für möglich gehalten werden, sind die dafür herangezogenen Erwägungen auf die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG nicht übertragbar.

Neben der hier nicht gegebenen Heimlichkeit der Datenerhebung und Datenverwendung, die eine Steigerung der Eingriffsintensität begründet (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, u.a. -, BVerfGE 125, 260 [335] = juris, Rn. 241 ff.; Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, u.a. -, BVerfGE 120, 378 [402 f., 406] = juris, Rn. 79, 89; Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 [353] = juris, Rn. 113), werden auch die Auswertungs- und Datenverknüpfungsmöglichkeiten, die zum Teil Erkenntnisse zum Persönlichkeits- und Bewegungsprofil offenbaren können, zur weiteren Begründung der dort angenommenen hohen Eingriffsintensität herangezogen (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, u.a. -, BVerfGE 125, 260 [319] = juris, Rn. 211; Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, u.a. -, BVerfGE 120, 378 [403 ff.], = juris, Rn. 80 ff.; Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 [347 f.] = juris, Rn. 96 ff.). Die nach § 22 Abs. 1a BPolG gewonnenen persönlichen Daten werden jedoch weder gesammelt oder gespeichert noch erfolgt eine strukturierte bzw. fortwirkende Auswertung oder Verknüpfung mit anderen Datenbeständen. Allein die Möglichkeit zum Datenabgleich nach § 34 BPolG, der lediglich einen punktuellen Datenabgleich, nicht jedoch eine Datenspeicherung erlaubt (vgl. Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 34 Rn. 2), begründet keine vergleichbare Steigerung des Informationseingriffs.

Soweit auch die Gefahr, von weiteren Folgeeingriffen betroffen zu werden, für eine (weiter) gesteigerte Eingriffsintensität herangezogen wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, u.a. -, BVerfGE 125, 260 [319 f.] = juris, Rn. 212; Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, u.a. -, BVerfGE 120, 378 [403], = juris, Rn. 80; Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 [351] = juris, Rn. 108), ist zu differenzieren. Sind die erhobenen, gespeicherten bzw. zusammengeführten Daten selbst die Grundlage für Folgeeingriffe, weil der Betroffene - ohne in seiner Person einen konkreten Gefahren- oder Tatverdacht zu begründen - beispielweise zu einem ungünstigen Zeitpunkt in einer bestimmten Funkzelle gewesen oder von einer bestimmten Person kontaktiert wurde (vgl. BVerfG, Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, u.a. -, BVerfGE 125, 260 [319 f.] = juris, Rn. 212) oder weil er in ein bestimmtes Fahndungsraster passt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 [352] = juris, Rn. 110), ist die Möglichkeit, mit Folgeeingriffen konfrontiert zu werden, bei der Bestimmung der Eingriffsintensität mit zu berücksichtigen. In dieser Konstellation setzt sich mithin auch die Maßnahme der Datenerhebung und -speicherung im Folgeeingriff fort. Etwas anderes gilt hingegen, wenn nicht die erhobenen (und gegebenenfalls überprüften) Daten die Grundlage für Folgeeingriffe bilden, sondern beispielsweise der Umstand, dass der Betroffene zur Fahndung ausgeschrieben war, und die an sich mit geringer Eingriffsintensität in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung versehene Datenerhebung allein dazu führt, dass der Betroffene auffällig wird (in diese Richtung differenzierend auch BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, u.a. -, BVerfGE 120, 378 [403 f.], = juris, Rn. 82, Kennzeichenerfassung zum Zweck, gestohlene Fahrzeuge ausfindig zu machen; a.A. wohl HambOVG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 Bf 226/12 -, juris, Rn. 72).

Schließlich ist auch die Streubreite des Eingriffs zu berücksichtigen, die dazu beiträgt, dass Risiken des Missbrauchs und ein Gefühl des Überwachtwerdens entstehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, u.a. -, BVerfGE 120, 378 [402], = juris, Rn. 78; Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 [354 f.] = juris, Rn. 117; auch BVerfGE Urteil vom 2. März 2010 - 1 BvR 256/08, u.a. -, BVerfGE 125, 260 [318 f., 335] = juris, Rn. 210, 241). Die durchaus vorhandene Streubreite des § 22 Abs.1a BPolG (im Jahr 2015 ergaben sich bei 317.221 durchgeführten Kontrollen lediglich 13.867 Feststellungen zur unerlaubten Einreise, vgl. BT-Drucks. 18/8037, S. 5 f.) ist allerdings nicht mit derjenigen der Rasterfahndung, der automatischen Kennzeichenerfassung oder der Vorratsdatenspeicherung vergleichbar.

Hinzu kommt weiter, dass auch der Verdachtslosigkeit des Eingriffs, die im Zusammenwirken mit einer großen Streubreite grundsätzlich eine hohe Eingriffsintensität aufweist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 [354 f.] = juris, Rn. 117), bei Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG eine andere Qualität zukommt als bei sonstigen präventiven oder repressiven polizeilichen (Vorfeld-)Maßnahmen (zu letzterem vgl. HambOVG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 Bf 226/12 -, juris, Rn. 48; BVerfG, Urteil vom 27. Juli 2005 - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348 [377 f.] = juris, Rn. 122 ff.). § 22 Abs. 1a BPolG begründet keine Vorfeldmaßnahme in dem Sinne, dass eine an sich verdachtsabhängige Eingriffsbefugnis in einen vorgelagerten Bereich ausgedehnt wird, um dort verdachtsunabhängige Maßnahmen zur Gefahrenerforschung zu begründen. Soweit also die Aussage getroffen wird, gefahr- oder verdachtsbegründende Eingriffe bildeten auch mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Grenzen staatlichen Handelns den Grundtypus, von dem durch anlasslose Eingriffsbefugnisse abgewichen werde (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 -, BVerfGE 115, 320 [355 f.] = juris, Rn. 119, "Abkehr von traditionellen polizeilichen Strukturen"; vgl. auch VerfGH Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. Oktober 1999 - 2/98 -, juris, Rn. 85 ff.), ist dies zwar grundsätzlich zutreffend, gilt indessen nicht für die hier in Rede stehende Aufgabenwahrnehmung im Bereich des Grenzschutzes. Der Grenzschutz, konkret in Gestalt der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs, war und ist - unabhängig von der Frage der Zulässigkeit solcher Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen (vgl. dazu Art. 20 und 21 Schengener Grenzkodex) - bereits im Ausgangspunkt auf eine Jedermann-Kontrolle beim Grenzübertritt ausgerichtet. Einer konkreten Gefahr oder auch nur eines Gefahrenverdachts bedarf es hierfür nicht; die allein im Grenzübertritt als Vermutung gründende allgemeine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eröffnet die Kontrollmöglichkeit (vgl. Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 23 Rn. 4; Hoppe, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 23 Rn. 21; Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 23 Rn. 16). In diesem Zusammenhang sei nur darauf hingewiesen, dass auch die Grenzübertrittskontrollen von Personen an Schengen-Außengrenzen in der Weise erfolgen, dass alle Personen einer Mindestkontrolle unterzogen werden, die die Feststellung ihrer Identität anhand der vorgelegten oder vorzuzeigenden Reisedokumente ermöglicht (vgl. Art. 7 Abs. 2 Schengener Grenzkodex). Mithin begründet § 22 Abs. 1a BPolG keine Ausdehnung an sich verdachtsgebundener Maßnahmen in einen verdachtslosen Vorfeldbereich, sondern stellt eine strukturell verdachtsunabhängige Maßnahme dar, die gegenüber einer (vollwertigen) Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs in ihrer Anwendungsbreite und -intensität deutlich zurückgenommen ist. Unter Berücksichtigung der geringen Kontrolldichte ist es bei den stichprobenartigen Maßnahmen hinnehmbar, dass anders als bei systematischen Grenzkontrollen an Grenzübergangsstellen auch Personen kontrolliert werden, die weder die Grenze kürzlich überquert haben noch sie demnächst überqueren wollen (a.A. VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. Oktober 1999 - 2/98 -, juris, Rn. 113). Dies ändert nichts am Charakter der Befugnisnorm, die ihren Ursprung und ihre Funktion im Bereich der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs hat.

(b) Ausgehend von dieser als gering einzustufenden Intensität des Eingriffs, die bei der Frage zu berücksichtigen ist, welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94, u.a. -, BVerfGE 102, 254 [337] = juris, Rn. 325, m.w.N.; BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Februar 2006 - Vf. 69-VI-04 -, juris, Rn. 29), ist § 22 Abs. 1a BPolG hinreichend klar und bestimmt.

Auch wenn § 22 Abs. 1a BPolG verdachtsunabhängige Maßnahmen gestattet, handelt es sich nicht um eine voraussetzungslose Eingriffsnorm, die vollkommen willkürliches, durch kein Ziel vorgegebenes Kontrollieren ermöglichte. Der Zweck ist hinreichend klar und deutlich festgelegt. § 22 Abs. 1a BPolG ermächtigt ausweislich des Wortlauts zu Kontrollmaßnahmen zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise. Die Norm ist ausweislich der Gesetzesbegründung darauf gerichtet, illegaler Einreise und Schleusungskriminalität nach dem Wegfall der Filterfunktion von Grenzkontrollen im Schengen-Raum durch stichprobenartige Kontrollen auf den inländischen Hauptverkehrsadern begegnen zu können (vgl. BT-Drucks. 16/4665, S. 7). Neben der eindeutigen Bestimmung von Anlass und Zweck der Norm enthält diese - soweit dies bereichsspezifisch bei einer anlasslosen Kontrollbefugnis strukturell möglich ist - auch handlungsbegrenzende Tatbestandsmerkmale, indem die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG nur in Zügen und Bahnhöfen erfolgen dürfen, bei denen aufgrund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung angenommen werden kann, dass diese zur unerlaubten Einreise genutzt werden (vgl. dazu jeweils zur Bedeutung der Lageabhängigkeit bei der sog. Schleierfahndung VerfGH Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21. Oktober 1999 - 2/98 -, juris, Rn. 117 ff.; SächsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 213; BayVerfGH, Entscheidung vom 7. Februar 2006 - Vf. 69-VI-04 -, juris, Rn. 34; a.A. HambOVG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 Bf 226/12 -, juris, Rn. 53 f., zur Identitätsfeststellung).

Die den räumlichen Anwendungsbereich einschränkenden und die Verbindung zum Normzweck herstellenden Tatbestandsmerkmale der Lageerkenntnisse und der grenzpolizeilichen Erfahrung sind ihrerseits hinreichend klar und bestimmt (zur Definition vgl. Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 27; Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 32 ff.; Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 22 Rn. 10). Der hinreichenden Bestimmtheit steht insbesondere nicht entgegen, dass Lageerkenntnisse und grenzpolizeiliche Erfahrungen auslegungs- und ausfüllungsbedürftige Rechtsbegriffe sind, die neben einer Anknüpfung an Tatsachen vor allem auch Wertungen und Einschätzungen enthalten. Der hiergegen erhobene Einwand, die Polizei bestimme die näheren Voraussetzungen des Eingriffs selbst und führe das Vorliegen der maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen selbst herbei (vgl. HambOVG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 Bf 226/12 -, juris, Rn. 53 f., zur Identitätsfeststellung), greift nicht durch. Die konkrete Eingriffsschwelle hat der Gesetzgeber festgelegt, indem er zum einen eine grundsätzlich anlasslose Kontrolle vorgesehen und zum anderen den räumlichen Anwendungsbereich lageabhängig begrenzt hat. Die gesetzgeberseits formulierte Begrenzung wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass ein unbestimmter Rechtsbegriff auf Tatbestandsseite durch den Normanwender - hier die Bundespolizei - auszufüllen ist und neben Anknüpfungstatsachen auch Wertungen und Prognosen einfließen. Hierin unterscheiden sich Lageerkenntnisse oder grenzpolizeiliche Erfahrung nicht von dem in seiner Bestimmtheit nicht anzuzweifelnden Gefahrenbegriff, der ebenfalls - gestützt auf eine Tatsachenbasis - eine (subjektive) Einschätzung über einen zukünftigen Geschehensablauf enthält (vgl. Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, D Rn. 46 f.).

Davon zu trennen ist die Frage nach der gerichtlichen Kontrolle. Als unbestimmte Rechtsbegriffe unterliegen die Lageerkenntnisse und die grenzpolizeiliche Erfahrung der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 34; Müller-Terpitz, DÖV 1999, 329 [336]). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber der Verwaltung hier einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative einräumen wollte, sind - unabhängig davon, ob hierfür eine sachliche Rechtfertigung bestünde - nicht vorhanden. Durch die gerichtliche Kontrolle wird gewährleistet, dass der Normanwender den gesetzlich gesetzten Rahmen nicht verlassen und sich eben nicht die Eingriffsvoraussetzungen selbst schaffen kann. Dass eine nachträgliche gerichtliche Kontrolle aufgrund der einfließenden Einschätzungen inhaltslos wäre (so HambOVG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 Bf 226/12 -, juris, Rn. 54., zur Identitätsfeststellung), ist nicht ersichtlich. Insoweit ist es allerdings erforderlich, dass die Bewertungen und Tatsachen oder tatsächlichen Anhaltspunkte, auf denen die Lageerkenntnisse oder die grenzpolizeiliche Erfahrung beruhen, entsprechend dokumentiert und einer inhaltlichen Überprüfung durch das Gericht zugänglich sind (vgl. dazu SächsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 221 f.). Welche Anforderungen an die Dokumentation zu stellen sind, ist indes eine Frage des Einzelfalls. Mit Blick auf den Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung genügt es jedenfalls, wenn sich die Bundespolizei zu vorhandenen Lageerkenntnissen auf die von ihr erarbeiteten Lageberichte beziehen kann und die den Lageberichten zugrunde liegende Tatsachen- und Prognosebasis - wenn im konkreten Verfahren erforderlich - dargelegt und damit einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich gemacht werden kann.

Schließlich ist auch die Formulierung "zur unerlaubten Einreise genutzt" trotz ihrer Auslegungsfähigkeit einer die Grenzen der Normanwendung hinreichend bestimmenden Auslegung zugänglich. Es ist in erster Linie Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane, Zweifelsfragen zu klären und Auslegungsprobleme mit den herkömmlichen Mitteln juristischer Methode zu bewältigen. Dem ist der Senat mit seiner Auslegung nachgekommen.

dd. Weiterhin ist § 22 Abs. 1a BPolG auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit fordert, dass das Gesetz einem legitimen Zweck dient, hierzu geeignet und erforderlich ist, und dass es zwischen der Schwere der grundrechtlichen Beeinträchtigung und der Bedeutung des legitimen Zwecks einen angemessenen Ausgleich schafft.

Die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG dienen einem legitimen Ziel. Die Norm selbst benennt als Zweck die Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise. Über den Wortlaut hinausgehendes (legitimes) Ziel ist es auch, der Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit der unerlaubten Einweise - insbesondere auch begünstigt durch banden- und/oder gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern - entgegenzutreten (vgl. Drewes, in: Derwes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 18).

Die Maßnahmen sind auch geeignet. Die Eignung wird insbesondere nicht dadurch in Frage gestellt, dass bei den in den Jahren 2013 bis 2015 durchgeführten Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG im Inland (Züge und Bahnhöfe) und auf Flughäfen lediglich in gerundet 0,3 % (2013), 1,1 % (2014) und 4,4 % (2015) der Kontrollen Feststellungen zu unerlaubter Einreise getroffen werden konnten und bezogen auf die Kontrollen allein im Inland in den Jahren 2013 und 2014 sogar nur Trefferquoten von unter 1 ‰ vorliegen (vgl. dazu BT-Drucks. 18/4149, S. 4 ff. [zu 2013 und 2014] und BT-Drucks. 18/8037, S. 5 f. [zu 2015]). Denn zum einen ist ein Gesetz bereits geeignet, wenn die abstrakte Möglichkeit der Zweckerreichung besteht, die zugelassenen Maßnahmen also nicht von vornherein untauglich sind, sondern dem gewünschten Erfolg förderlich sein können (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94, u.a. -, BVerfGE 100, 313 [373] = juris, Rn. 214). Zum anderen durfte der Gesetzgeber im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative zur Eignung der Maßnahmen auch die generalpräventiven Wirkungen der Befugnisnorm einbeziehen, die sich gerade nicht in konkreten Treffern abbilden lassen (vgl. dazu SächsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 226, zur Schleierfahndung; siehe auch BT-Drucks. 15/1861, S. 6).

Die gesetzliche Regelung ist auch erforderlich. Hieran fehlt es nur, wenn ein anderes, gleich wirksames, aber die Grundrechte eindeutig weniger stark einschränkendes Mittel zur Verfügung steht (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94, u.a. -, BVerfGE 100, 313 [375] = juris, Rn. 219). Als milderes Mittel scheiden Maßnahmen mit einer geringeren Streubreite aus, weil durch eine erhöhte Eingriffsschwelle zwar ein kleinerer Adressatenkreis betroffen wäre, jedoch die generalpräventive Wirkung des § 22 Abs. 1a BPolG gerade auch auf stichprobenartigen Kontrollen eines weiten Adressatenkreises beruht (vgl. auch SächsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 227, zur Schleierfahndung). Hinzu kommt, dass unter den europarechtlichen Rahmenbedingungen, die systematische Kontrollen an Schengen-Binnengrenzen ausschließen (vgl. Art. 20, Art. 21 Schengener Grenzkodex), ein geeigneter Kontrollraum zur Verhinderung oder Unterbindung unerlaubter Einreise durch Stichproben nach nicht zu beanstandender Einschätzung des Gesetzgebers nicht auf das unmittelbare Grenzgebiet beschränkt werden soll (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 28. März 2003 - Vf. 7-VII-00, Vf. 8-VIII-00 -, juris, Rn. 111).

§ 22 Abs. 1a BPolG ist schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt, dass die Einbußen an grundrechtlich geschützter Freiheit nicht in unangemessenem Verhältnis zu den legitimen Gemeinwohlzwecken stehen, denen die Grundrechtsbeschränkung dient. Ausgehend von der - wie dargelegt - geringen Eingriffsintensität der Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG ist die niedrige Eingriffsschwelle und die damit verbundene Streubreite der Maßnahmen unschädlich. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Maßnahmen als Element des Grenzschutzes dem Schutz bedeutsamer Güter dienen, deren Verletzung strafbewehrt ist, wobei nicht allein die unerlaubte Einreise selbst (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG), sondern auch die teilweise mit einer Strafandrohung von bis zu zehn Jahren versehene Schleuserkriminalität (§ 96 AufenthG) als Begleiterscheinung der unerlaubten Einreise einzubeziehen ist (vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 28. März 2003 - Vf. 7-VII-00, Vf. 8-VIII-00 -, juris, Rn. 118). Hinzu kommt, dass der Schutz der genannten Güter gerade auch durch die generalpräventive Wirkung der damit auf eine gewisse Streubreite angelegten Maßnahmen erreicht wird. Des Weiteren sind die Befugnisse nach § 22 Abs. 1a BPolG hinsichtlich der herangezogenen Person zwar anlasslos; durch die räumliche Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Züge und Bahnhöfe, bei denen aufgrund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung die Annahme besteht, dass diese zur unerlaubten Einreise genutzt werden, oder auf Flughäfen mit grenzüberschreitendem Verkehr werden jedoch nur Personen betroffen, die - örtlich betrachtet - in einer gewissen Nähebeziehung zu den mit § 22 Abs. 1a BPolG verfolgten Gemeinwohlzwecken stehen. Bei einer abwägenden Gegenüberstellung der geringfügigen Grundrechtsbeeinträchtigung und des damit verfolgten präventiven Gefahrenschutzes ist die Vorschrift nicht zu beanstanden.

c. § 22 Abs. 1a BPolG ist mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar. Die Art. 20 und 21 Schengener Grenzkodex stehen der Anwendung des § 22 Abs. 1a BPolG nicht entgegen. Bei den Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG handelt es sich - da sie nicht an der Grenze oder bei Grenzübertritt erfolgen - um Kontrollen innerhalb des Hoheitsgebiets nach Art. 21 Schengener Grenzkodex (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - Rs. C-188/10 u.a., [Melki und Abdeli] -, juris, Rn. 68; Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 55 f.), die unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 21 lit. a Schengener Grenzkodex zulässig sind.

aa. Nach Art. 21 lit. a Satz 1 Schengener Grenzkodex berührt die Abschaffung der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen (vgl. Art. 20 Schengener Grenzkodex) nicht die Ausübung der polizeilichen Befugnisse durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des nationalen Rechts, sofern die Ausübung solcher Befugnisse nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen hat (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - Rs. C-188/10 u.a., [Melki und Abdeli] -, juris, Rn. 69).

Nach Satz 2 der Vorschrift darf die Ausübung der polizeilichen Befugnisse insbesondere nicht der Durchführung von Grenzübertrittskontrollen gleichgestellt werden, wenn die polizeilichen Maßnahmen (i.) keine Grenzkontrollen zum Ziel haben; (ii.) auf allgemeinen polizeilichen Informationen und Erfahrungen in Bezug auf mögliche Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit beruhen und insbesondere auf die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität abzielen; (iii.) in einer Weise konzipiert sind und durchgeführt werden, die sich eindeutig von systematischen Personenkontrollen an den Außengrenzen unterscheidet; (iv.) auf der Grundlage von Stichproben durchgeführt werden. Mithin ist unter den in Art. 21 lit. a Satz 2 i) bis iv) Schengener Grenzkodex alternativ (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 59) aufgezählten Situationen anzunehmen, dass die Maßnahmen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzkontrollen haben und dementsprechend nach Art. 21 lit. a Satz 1 Schengener Grenzkodex zulässig sind.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs genügt es indes nicht, wenn die Kontrollen im Tatsächlichen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzkontrollen haben, weil sie beispielsweise - wie dies für die Kontrollen nach § 22 Abs. 1a BPolG nicht in Abrede gestellt werden kann - nur stichprobenartig durchgeführt werden. Vielmehr verlangt die Rechtsprechung eine normative Einschränkung der Kontrollbefugnisse, um zu gewährleisten, dass diese nicht die gleiche Wirkung wie nach Art. 20 Schengener Grenzkodex unzulässige Grenzkontrollen haben können (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - Rs. C-188/10 u.a., [Melki und Abdeli] -, juris, Rn. 73 f.; Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 68). In diesem Zusammenhang gilt, dass die normativen Einschränkungen der Kontrollbefugnisse umso genauer sein müssen, je zahlreicher die Indizien für eine mögliche, einer Grenzkontrolle gleichkommende Wirkung sind (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 75).

bb. Nach diesen Maßstäben begründet § 22 Abs. 1a BPolG Befugnisse, die im Sinne des Art. 21 lit. a Schengener Grenzkodex nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben. Dies ist auch normativ hinreichend abgesichert (a.A. wohl VG Stuttgart, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 1 K 5060/13 -, juris, Rn. 33, allerdings ohne weitergehende Begründung zu den Unterschieden zu dem dort inhaltlich an sich geprüften § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG).

Zunächst ist festzustellen, dass nur wenige Indizien für eine einer Grenzkontrolle gleichkommenden Wirkung sprechen. Die Kontrollbefugnisse nach § 22 Abs. 1a BPolG sind einerseits - auch wenn dies, wie sich aus Art. 21 lit.a Satz 1, 2. Halbs. Schengener Grenzkodex ergibt, grundsätzlich zulässig wäre - nicht auf das Grenzgebiet beschränkt, berechtigen jedoch andererseits auch nicht zu flächendeckenden Kontrollen im Grenzgebiet. Soweit nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Sonderregelung für den räumlichen Geltungsbereich als Indiz für das Vorliegen einer gleichen Wirkung im Sinne des Art. 21 lit. a Satz 1 Schengener Grenzkodex herangezogen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - Rs. C-188/10 u.a., [Melki und Abdeli] -, juris, Rn. 72; Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 70), darf also in Bezug auf § 22 Abs. 1a BPolG nicht außer Acht gelassen werden, dass er aufgrund des eigeschränkten räumlichen Anwendungsbereichs strukturell gar nicht in der Lage ist, die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen zu begründen. Die Einrichtung einer sogenannten "zweiten Kontrolllinie" ist beispielsweise nicht möglich, weil nur ausgewählte Verkehrsmittel und -wege erfasst werden. Mithin ist § 22 Abs. 1a BPolG im Sinne des Art. 21 lit. a Satz 2 iii) Schengener Grenzkodex in einer Weise konzipiert und wird auch tatsächlich in einer Art angewendet, die sich eindeutig von systematischen Personenkontrollen an der Außengrenzen unterscheidet.

In Bezug auf Kontrollen in Zügen und Bahnhöfen kommt hinzu, dass dort nur lageabhängig Befragungen durchgeführt werden dürfen. In diesem Bereich erfolgen die Kontrollen also in Anlehnung an Art. 21 lit. a Satz 2 ii) Schengener Grenzkodex, demzufolge polizeiliche Maßnahmen nicht Grenzübertrittskontrollen gleichgestellt werden dürfen, wenn sie auf allgemeinen polizeilichen Informationen und Erfahrungen in Bezug auf mögliche Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit beruhen (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 72). Die Verpflichtung, sich für die Kontrollen auf solche Informationen und Erfahrungen zu stützen, trägt weiterhin wesentlich zur Selektivität der durchgeführten Kontrollen - in Abgrenzung zu allgemeinen Grenzkontrollen - bei (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 78).

Tatsächlich werden die Kontrollen nach § 22 Abs. 1a BPolG nur stichprobenartig durchgeführt (vgl. dazu auch BT-Drucks. 16/4665, S. 7: "Aufdeckung in Form von Stichproben"), so dass bei indizieller Betrachtung die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG auch unter diesem Gesichtspunkt gemäß Art. 21 lit. a Satz 2 iv) Schengener Grenzkodex nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben.

Einzig im Bereich der Zielrichtung ist angesichts des Normzwecks des § 22 Abs. 1a BPolG, der der Verhinderung und Unterbindung der unerlaubten Einreise dient, die ein Indiz begründende Nähe zu Grenzübertrittskontrollen gegeben, durch die nach Art. 2 Nr. 9 bis Nr. 11 Schengener Grenzkodex zum einen festgestellt werden soll, ob die betreffenden Personen in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats einreisen oder aus dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats ausreisen dürfen, und zum anderen vermieden werden soll, dass Personen die Grenzübertrittskontrollen umgehen (vgl. Urteil vom 22. Juni 2010 - Rs. C-188/10 u.a., [Melki und Abdeli] -, juris, Rn. 71). Berücksichtigt man jedoch, dass Grenzkontrollen bzw. Grenzübertrittskontrollen im Sinne des Schengener Grenzkodexes - soweit sie zulässig sind - darauf ausgerichtet sind, jede Person einer Mindestkontrolle zu unterziehen (vgl. Art. 7 Abs. 2 Schengener Grenzkodex), demgegenüber die Zielrichtung des § 22 Abs. 1a BPolG ausweislich der Gesetzesbegründung darauf ausgerichtet ist, durch "eine Aufdeckung [...] in Form von Stichproben [...] illegaler Einreise und Schleusungskriminalität ohne die Filterfunktion der Grenzkontrollen überhaupt noch begegnen zu können" (vgl. BT-Drucks. 16/4665, S. 7), bestätigt auch dies, dass mit § 22 Abs. 1a BPolG nicht das Ziel verfolgt wird, Grenzkontrollen durchzuführen.

Bestehen demnach nur geringfügige Indizien, die für eine mögliche, einer Grenzkontrolle gleichkommende Wirkung sprechen, sind die Anforderungen an eine normative Absicherung nicht besonders streng, weil letztlich die Verwirklichung des Ziels der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen nicht allzu gefährdet ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 75). Den hiernach zu stellenden normativen Anforderungen, die verhindern, dass gestützt auf § 22 Abs. 1a BPolG Befugnisse ausgeübt werden, die die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben, wird die Vorschrift gerecht.

Ausgehend davon, dass gemäß Art. 21 lit. a Satz 2 Schengener Grenzkodex die Ausübung polizeilicher Befugnisse insbesondere dann nicht der Durchführung von Grenzübertrittskontrollen gleichgestellt werden darf, wenn "eine oder mehrere der dort aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind" (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 59), muss es den Anforderungen an eine normative Absicherung folglich genügen, wenn diese für ein oder mehrere der dort aufgeführten Voraussetzungen festgestellt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es spiegelbildlich unschädlich, wenn einzelne der in Art. 21 lit. a Satz 2 Schengener Grenzkodex genannten Voraussetzungen, die - wie hier - im Tatsächlichen vorliegen und dementsprechend bei der Indizien gestützten Prüfung der Gefährdungssituation für das Ziel des Art. 20 Schengener Grenzkodex einzubeziehen sind, normativ nicht abgesichert sind. Dies gilt hier in Bezug auf Art. 21 lit. a Satz 2 i) und iv) Schengener Grenzkodex, da ausweislich der Gesetzesbegründung und der tatsächlichen Ausübung der Kontrollbefugnisse, diese zwar keine Grenzkontrollen zum Ziel haben (Art. 21 lit. a Satz 2 i) Schengener Grenzkodex) und auch nur auf Grundlage von Stichproben durchgeführt werden, entsprechende Beschränkungen jedoch gesetzlich nicht fixiert sind.

Hinreichend gesetzlich geregelt ist demgegenüber der räumliche Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1a BPolG, der - wie dargelegt - bereits einer systematischen Kontrolltätigkeit entgegensteht und damit die Befugnisse auf ein Maß beschränkt, das sich im Sinne des Art. 21 lit. a Satz 2 iii) Schengener Grenzkodex eindeutig von systematischen Personenkontrollen an den Außengrenzen (vgl. dazu Art. 7 Abs. 2 Schengener Grenzkodex) unterscheidet. Ebenfalls normativ abgesichert ist bei Kontrollen in Zügen und Bahnhöfen, dass diese nur lageabhängig durchgeführt werden dürfen, mithin auch die Voraussetzungen in Anlehnung an Art. 21 lit. a Satz 2 ii) Schengener Grenzkodex Niederschlag im Gesetz gefunden haben. Soweit es bei der normativen Absicherung (auch) darum geht, sowohl die Notwendigkeit der Kontrollen als auch die konkret gestattete Kontrollmaßnahme selbst einer Kontrolle zu unterziehen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - Rs. C-278/12 [Adil] -, juris, Rn. 76), ist dies angesichts der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung gewährleistet, die sich auf die Lageabhängigkeit ebenso erstreckt (siehe oben) wie auf den - zum Teil damit in Zusammenhang stehenden - räumlichen Anwendungsbereich.

3. Während nach alledem die Norm des § 22 Abs. 1a BPolG rechtlich nicht zu beanstanden ist, ist ihre Anwendung vorliegend indes rechtswidrig. Dabei sieht der Senat von einer weiteren Beweiserhebung zum Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen - insbesondere zu den entsprechenden Lageerkenntnissen oder der grenzpolizeilichen Erfahrung - ab (a.), weil die Normanwendung jedenfalls hinsichtlich der Auswahl der Kläger als zu kontrollierende Personen nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweiserhebung als ermessensfehlerhaft anzusehen ist (b). Daraus folgend ist auch der Datenabgleich nach § 34 Abs. 1 Satz 2 BPolG rechtswidrig (c.).

a. Wie bereits im Zusammenhang mit dem räumlichen Anwendungsbereich der Norm ausgeführt, stellt § 22 Abs. 1a BPolG nicht auf den einzelnen, selbst die Grenze überfahrenden Zug ab, sondern auf eine konkrete Bahnstrecke mit den auf ihr verkehrenden Zügen und den an ihr gelegenen Bahnhöfen. Mithin haben sich auch die entsprechenden Lageerkenntnisse und die grenzpolizeiliche Erfahrung auf die konkrete Bahnstrecke zu beziehen.

Die Begriffe "Lageerkenntnisse" und "grenzpolizeiliche Erfahrung" sind gesetzlich nicht definiert. Unter Lageerkenntnissen lassen sich - als Bausteine der polizeilichen Lagebilder, die ihrerseits eine systematisch verdichtete Beschreibung von polizeilich relevanten Daten und Fakten zu einem bestimmten Bereich und zu einer bestimmten Zeit darstellen - jegliche polizeilichen Informationen fassen, die in Hinblick auf den jeweiligen polizeilichen Zweck relevant sind (vgl. Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 27; Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 22 Rn. 10). Der Begriff der grenzpolizeilichen Erfahrung nimmt Bezug auf sich wiederholende, polizeilich relevante Vorgänge aus der Vergangenheit, aus denen gestützt auf Erfahrungswerte Folgerungen für das Vorliegen einer abstrakten Gefahr - hier: die Nutzung zur unerlaubten Einreise - gezogen werden (vgl. Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 27; Wehr, BPolG, 1. Aufl. 2013, § 22 Rn. 10; vgl. auch Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 34, Nähe zum "Gefahrenverdacht").

Als unbestimmte Rechtsbegriffe unterliegen die Lageerkenntnisse und die grenzpolizeiliche Erfahrung - wie bereits ausgeführt - der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. Hoppe/Peilert, in: Heesen/Hönle/Peilert/Martens, BPolG, 5. Aufl. 2012, § 22 Rn. 34; Müller-Terpitz, DÖV 1999, 329 [336]). Dies setzt gleichzeitig voraus, dass die Bewertungen und Tatsachen oder tatsächlichen Anhaltspunkte, auf denen die Lageerkenntnisse oder die grenzpolizeilichen Erfahrungen beruhen, in einer die inhaltliche Kontrolle ermöglichenden Weise belegt werden können (vgl. dazu SächsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 221 f.). Mit Blick auf den Vortrag der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung genügt es hierzu grundsätzlich, wenn sich die Bundespolizei bezüglich der Lageerkenntnisse auf die von ihr erarbeiteten Lageberichte beziehen kann sowie die den Lageberichten zugrunde liegende Tatsachen- und Prognosebasis darlegt und sie damit einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich gemacht werden kann. In diesem Zusammenhang haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zum einen plausibel und nachvollziehbar geschildert, wie die im Verfahren konkret vorgelegten Lagebilder erarbeitet worden seien, und zum anderen auch ausgeführt, dass das für die Lagebilder ausgewertete Datenmaterial zwar nicht im Lagebericht selbst benannt, eine entsprechende Rückführbarkeit auf die Datengrundlage jedoch möglich sei, da sämtliche Feststellungen lückenlos festgehalten würden.

Ausgehend davon liegt es unter Berücksichtigung des Lagebildes für den operativen Dienst - Fahndung im Grenzgebiet, auf dem Gebiet der Bahnanlagen und dem Verkehrsflughafen Hahn - der Bundespolizeidirektion Trier (3. Quartal 2013) zwar nahe, gestützt auf Lageerkenntnisse für die im vorliegenden Verfahren betroffene Strecke zwischen Mainz und Koblenz als Teil der sogenannten Rheinschiene anzunehmen, dass diese zur unerlaubten Einreise genutzt wird. Denn dort wird zum einen unter Ziffer 4.1.1 ausgeführt, dass außerhalb des Grenzgebiets unerlaubt eingereiste und unerlaubt aufhältige Personen überwiegend auf der Rheinschiene und dem Umsteigebahnhof Koblenz festgestellt würden. Zum anderen wird unter Ziffer 7.2.2 eine ortsspezifische Handlungsanweisung zu § 22 Abs. 1a BPolG gegeben und als Brennpunkt im Bereich Koblenz die linke und rechte Rheinstrecke benannt, welche Direktverbindungen sowohl ins Rhein-Main-Gebiet als auch in die Ballungszentren des Ruhrgebiets und in die westeuropäischen Nachbarstaaten darstellten. Allerdings konnte eine weitergehende gerichtliche Prüfung nicht vorgenommen werden, weil die Beklagte das den oben genannten Auswertungsergebnissen und Folgerungen zugrunde gelegte Datenmaterial nicht weiter konkretisiert hat und die Kläger in Abrede gestellt haben, dass eine entsprechend belastbare Datengrundlage vorhanden ist.

Mangels Entscheidungserheblichkeit sieht der Senat davon ab, den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären. Die Aufklärungspflicht verlangt nicht, dass das Gericht Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unnötig sind, weil es auf ihr Ergebnis nach seinem Rechtsstandpunkt für den Ausgang des Rechtsstreits nicht ankommt (vgl. BVerwG Urteil vom 24. Oktober 1984 - 6 C 49.84 -, BVerwGE 70, 216 [221 f.] = juris, Rn. 16; Beschluss vom 22. März 2010 - 2 B 6.10 -, juris, Rn. 6). Hier kommt es nicht darauf an, ob der Senat sich vom Vorliegen des allein in Streit stehenden Tatbestandsmerkmals der Lageerkenntnisse oder grenzpolizeilicher Erfahrung eine Überzeugung bilden kann, weil die angegriffenen Maßnahmen auch dann, wenn man zugunsten der Beklagten davon ausginge, dass die von ihr herangezogenen Lagebilder plausibilisiert, konkretisiert und belegt worden wären, aufgrund einer als ermessenfehlerhaft zu behandelnden Auswahl der zu kontrollierenden Personen rechtswidrig gewesen sind (dazu b. und c.).

b. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stellt sich die auf § 22 Abs. 1a BPolG gestützte Kontrolle der Kläger als ermessensfehlerhaft dar, weil der Senat hiernach nicht die Überzeugung gewinnen konnte, dass die Hautfarbe der Kläger nicht zumindest ein mitentscheidendes Kriterium für ihre Kontrolle gewesen ist.

aa. Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG darf niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Art. 3 Abs. 3 GG konkretisiert - ebenso wie Absatz 2 - den allgemeinen Gleichheitssatz und setzt damit der dort eingeräumten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers feste Grenzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 -, BVerfGE 21, 329 [343] = juris, Rn. 32; Urteil vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, u.a. -, BVerfGE 85, 191 [206] = juris, Rn. 52; Beschluss vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241 [254] = juris, Rn. 48; stRspr). Die in Absatz 3 genannten Merkmale dürfen nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt (vgl. nur BVerfG Urteil vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82, u.a. -, BVerfGE 85, 191 [206] = juris, Rn. 52; Beschluss vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241 [254] = juris, Rn. 48; stRspr).

Der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich - vor allem auch hinsichtlich der verwendeten Begrifflichkeiten - keine eindeutige Linie entnehmen, unter welchen qualitativen Voraussetzungen eine verbotene Diskriminierung "wegen" der dort genannten Merkmale angenommen wird (zum Streitstand vgl. Heun, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2004, Art. 3 Rn. 119 ff. m.w.N.). Unabhängig von der Bezeichnung bezieht sich eine unzulässige Anknüpfung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ("wegen") letztlich auf die Frage eines Ursachenzusammenhangs. Mithin kommt es jedenfalls im Bereich der Normanwendung darauf an, ob eine (plausible) Begründung der Ungleichbehandlung ohne Rückgriff auf ein Merkmal nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG erfolgt.

Eine rechtfertigungsbedürftige Diskriminierung liegt also nach Art. 3 Abs. 3 GG bereits vor, wenn eine Ungleichbehandlung an ein dort genanntes Merkmal in diesem Sinne kausal anknüpft; ob daneben auch andere Gründe in einem Motivbündel maßgeblich waren, ist dann unerheblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 -, BVerfGE 89, 276 [288 f.] = juris, Rn. 49).

Mithin handelt es sich nicht erst um einen Eingriff in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, wenn die Ungleichbehandlung ausschließlich oder ausschlaggebend an eines der dort genannten Merkmale anknüpft (vgl. OVG RP, Urteil vom 27. März 2014 - 7 A 10993/13.OVG -, juris, Rn. 36, "allein aufgrund der Hautfarbe"; OVG RP in der mündlichen Verhandlung in dem für erledigt erklärten Verfahren 7 A 10532/12.OVG, Pressemitteilung 30/2012 vom 30. Oktober 2012, "ausschlaggebendes Kriterium"; zum Diskriminierungsverbot nach Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention vgl. auch EGMR, Entscheidung vom 13. Dezember 2005 - Nr. 55762/00, u.a., Timishev/Russland -, Rn. 58, "exclusively or to a decisive extent" [abrufbar unter: www.hudoc.echr.coe.int]; Urteil vom 13. November 2007 - Nr. 57325/00, D.H. u.a/Tschechien -, Rn. 176, "ausschließlich oder wesentlich" NVwZ 2008, 533 [534]), sondern bereits dann, wenn bei einem Motivbündel ein unzulässiges Differenzierungsmerkmal ein tragendes Kriterium unter mehreren gewesen ist. Eine verdachtsunabhängige Kontrolle nach § 22 Abs. 1a BPolG in Anknüpfung an die Hautfarbe ist unzulässig.

bb. Nach diesen Maßstäben liegt ein Eingriff in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG vor, da der Senat nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht die hinreichende Überzeugung gewinnen konnte, dass die Hautfarbe der Kläger, die von dem Merkmal der Rasse in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG erfasst wird (vgl. nur Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 122), für ihre Kontrolle nicht doch mitentscheidend gewesen ist. Dies geht in der vorliegenden zur Entscheidung stehenden Konstellation zulasten der Beklagten.

(1) Entgegen dem Vorbringen der Kläger folgt aus § 3 Abs. 3 Satz 1 GG keine prozessuale Beweislastumkehr. Die Beklagte muss, wenn sie gestützt auf § 22 Abs. 1a BPolG Personen kontrolliert, grundsätzlich nicht darlegen und beweisen, dass ein Merkmal nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG für die Auswahl nicht ein mittragendes bzw. mitentscheidendes Kriterium gewesen ist.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass § 22 Abs. 1a BPolG dazu ermächtigt, im Rahmen des Normzwecks und des räumlichen Anwendungsbereichs jedermann einer anlasslosen Kontrolle zu unterziehen. Mit Blick auf die in erster Linie generalpräventive Wirkung des § 22 Abs. 1a BPolG (dazu bereits oben) bedarf es insbesondere zur Wahrung des Normzwecks gerade keiner unterhalb einer Verdachts- oder Gefahrenschwelle liegenden Vorauswahl der zu kontrollierenden Personen. Werden solche Jedermann-Kontrollen - beispielsweise allein nach dem Zufallsprinzip - durchgeführt und dabei auch Personen kontrolliert, die ein besonders geschütztes Merkmal im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG aufweisen, besteht keine Beweis- und Begründungslast dafür, dass der Auswahlentscheidung keine unzulässige Anknüpfung an eines der dort genannten Differenzierungsmerkmale zugrunde gelegen hat. Zu beachten ist allerdings, dass die gerichtliche Kontrolle sich in dieser Konstellation auch darauf zu beziehen hat, ob tatsächlich solche Jedermann-Kontrollen durchgeführt wurden.

(2) Eine andere Ausgangssituation ergibt sich, wenn den Kontrollen nach § 22 Abs. 1a BPolG eine Vorauswahl der zu kontrollierenden Personen zugrunde gelegt wird, weil bei diesen - immer noch unterhalb einer konkreten Verdachts- oder Gefahrenschwelle - eine zwar unspezifische, aber gesteigerte Nähe zum Normzweck (Verhinderung und Unterbindung unerlaubter Einreise) angenommen wird. Eine solche zielgerichtete Auswahl setzt eine schlüssige, die Auswahlentscheidung tragende Begründung voraus, die ihrerseits nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben verstoßen darf. Kommt es bei einer solchen zielgerichteten Auswahl zu einer Kontrolle von Personen, die ein besonders geschütztes Merkmal im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG aufweisen, trägt die Beklagte ebenfalls keine generelle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Auswahlentscheidung nicht auf einer unzulässigen Anknüpfung an eines der dort genannten Differenzierungsmerkmale beruht.

Allerdings gilt etwas anderes, wenn die eine zielgerichtete Auswahlentscheidung tragende Begründung sich als nicht belastbar bzw. nicht nachvollziehbar erweist. Bei Ermessensentscheidungen kommt es nämlich darauf an, dass die Entscheidungsfindung sich unbeeinflusst von Fehlern vollzieht, da sich allein am Entscheidungsergebnis - hier bezogen auf die konkrete Auswahlentscheidung - die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit regelmäßig nicht feststellen lässt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20. September 1984 - 7 C 80/82 -, juris, Rn. 29). Berücksichtigt man weiter, dass die Fehlerfreiheit der Entscheidungsfindung die Fehlerfreiheit des Entscheidungsergebnisses gewährleisten soll, kann nicht der Betroffene die Beweislast dafür tragen, dass festgestellte Fehler in der Entscheidungsfindung auch das Entscheidungsergebnis beeinflusst haben (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20. September 1984 - 7 C 80/82 -, juris, Rn. 29). Mithin obliegt es in diesem Fall der Behörde, trotz eines Fehlers in der Entscheidungsfindung die Rechtmäßigkeit des Entscheidungsergebnisses zu beweisen.

Übertragen auf die Kontrolle nach § 22 Abs. 1a BPolG folgt daraus, dass bei einer zielgerichteten Auswahlentscheidung, deren tragende Begründung (Entscheidungsfindung) sich bei gerichtlicher Kontrolle als fehlerhaft bzw. als zumindest nicht schlüssig erweist, die Behörde die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung (Entscheidungsergebnis) darlegen und gegebenenfalls auch beweisen muss. Bestehen also in dieser Situation Anhaltspunkte dafür, dass ein besonders geschütztes Merkmal im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG als zumindest mitentscheidender Anknüpfungspunkt herangezogen worden sein könnte, trägt die Behörde letztlich auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass keine gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verstoßende Auswahlentscheidung getroffen wurde.

(3) Ausgehend davon stellt sich die auf § 22 Abs. 1a BPolG gestützte Kontrolle der Kläger als ermessensfehlerhaft dar, weil sich die für die Auswahlentscheidung seitens der Beklagten vorgetragene Begründung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als nicht schlüssig darstellt. Die genaue Motivlage der die Kläger kontrollierenden Bundespolizeibeamten ließ sich auch im Rahmen der umfangreichen Beweisaufnahme nicht feststellen. Der Senat konnte nicht die hinreichende Überzeugung gewinnen, dass die Hautfarbe der Kläger nicht zumindest ein mitentscheidendes Kriterium für ihre Kontrolle gewesen ist.

(a) Der die Kontrolle durchführende Bundespolizeibeamte, der Zeuge O., begründete im Verfahren die Entscheidung, die Kläger gestützt auf § 22 Abs. 1a BPolG anzusprechen, die Ausweise zu kontrollieren und im Anschluss daran einen Datenabgleich durchzuführen, mit dem Gesamtbild und schloss eine Auswahlentscheidung wegen der Hautfarbe aus.

Er habe sich noch im Einstiegsbereich stehend einen Überblick über den Waggon verschafft. Dabei sei ihm die Familie der Kläger aufgefallen, die direkt vor ihm in der ersten Vierer-Sitzgruppe auf der rechten Seite gesessen habe. Im Einstiegsbereich sei ihm weiter nichts aufgefallen, insbesondere kein Gepäck. Erst als er bei der Familie der Kläger gestanden habe, seien ihm Plastiktüten und eine Handtasche aufgefallen. Er schätze, dass es zwei bis drei Plastiktüten gewesen seien. An Beschriftungen der Tüten könne er sich nicht erinnern. Schon im Einstiegsbereich habe er gehört, dass sich die Kläger in sehr gutem Englisch unterhalten hätten. Er habe sie ansprechen wollen, weil er sich Gewissheit darüber habe verschaffen wollen, ob es sich um Touristen oder Militärangehörige handelte. Diese Entscheidung habe er bereits im Eingangsbereich getroffen (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 9). Sofern zu dem Gesamtbild, das er beschrieben habe, auch die gute Kleidung gehöre, könne gerade eine solche Kleidung ein Anhaltspunkt für das Bemühen sein, möglichst bei der illegalen Einreise und Durchreise nicht aufzufallen (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 11). Die Rheinstrecke von Mainz nach Koblenz und weiterführend Richtung Norden werde sehr oft genutzt von Leuten, die durch Deutschland durchreisen wollten, um anderswo illegal einzureisen, meistens nach Skandinavien. Die Leute seien häufig gut gekleidet, hätten Plastiktüten dabei und leichtes Gepäck (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 9). Er könne für sich hundertprozentig persönlich ausschließen, dass er die Kläger wegen ihrer Hautfarbe kontrolliert habe (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 11). Er sei sich ganz sicher, das Gespräch mit der Frage nach dem Reiseweg begonnen zu haben, und zwar in englischer Sprache. Der Kläger habe ihm zunächst in Englisch geantwortet, habe aber dann zur deutschen Sprache gewechselt. Er habe dem Kläger zu verstehen gegeben, dass ihm das die Sache wirklich erleichtere (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 10 f.).

Während der Zeuge O. im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahmen vom 5. und 11. Januar 2015 noch angegeben hatte, der Kläger habe ihm zwei deutsche Reisepässe übergeben, und er es als auffällig empfunden habe, dass diese bei einer Inlandsfahrt mitgeführt würden, sagte er in den mündlichen Verhandlungen aus, die Kläger hätten sich mit Personalausweisen ausgewiesen (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 9 und vom 21. April 2016, S. 10). Da allein der Kläger das Gespräch geführt und ihm auch den Personalausweis der Klägerin gegeben habe, habe er aufgrund des Gesamtbildes einen Datenabgleich durchgeführt (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 9). Ihm sei auch das Verhältnis der Personen untereinander nicht klar gewesen (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 10). Durch den Datenabgleich habe er klären wollen, ob die Personalausweise als gestohlen gemeldet oder schon einmal mit Schleuserkriminalität in Erscheinung getreten seien (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 10). Im Rahmen des Gesamtbildes bei der Kontrolle habe er schon den Verdacht gehabt, dass sich die Familie der Kläger hier illegal aufhalten bzw. illegal durchreisen könnte (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 11 f.).

(b) Diese zur Begründung der Auswahlentscheidung vorgetragenen Umstände sind jedenfalls teilweise nicht verständlich und nicht nachvollziehbar.

Im Ausgangspunkt ist es nicht zu beanstanden, dass der Zeuge auf die Kläger aufgrund ihrer in flüssiger englischer Sprache geführten Unterhaltung aufmerksam geworden ist. Zwar wird auch die Sprache in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG als unzulässiges Anknüpfungsmerkmal benannt. Die Aufnahme der Sprache in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG zielt allerdings darauf, jegliche sprachliche Minderheit gegen Diskriminierung zu schützen und hierdurch den Gebrauch der Muttersprache sowie die Nutzung eigener kultureller Einrichtungen zu gewährleisten (vgl. Heun, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2004, Art. 3 Rn. 129; Stark, in: v.Mangoldt/Klein/Stark, GG, 5. Aufl. 2005, Art. 3 Abs. 3 Rn. 389; Kischel, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand: 03/2016, Art. 3 Rn. 228). In dieser geschützten Funktion wird die Sprache jedoch nicht betroffen, wenn sie lediglich unter Berücksichtigung ihres indiziellen Aussagegehalts - die Sprache ist eben auch Ausdruck einer nationalen Identität - als ein die Annahme einer ausländischen Staatsangehörigkeit stützendes bzw. förderndes Element herangezogen wird.

Soweit sich danach die bereits im Eingangsbereich getroffene Entscheidung, die Kläger anzusprechen, zunächst noch als schlüssig erweist, vermag das von dem Zeugen geschilderte Gesamtbild, auf das sich auch die Beklagte beruft, die endgültige Entscheidung, eine Kontrolle durchzuführen, sowie die konkrete Durchführung der Kontrolle nicht zu tragen.

Dies gilt zunächst hinsichtlich der Angaben des Zeugen zu auffälligem Gepäck in Form mehrerer Plastiktüten: Nach dem glaubhaften Vorbringen der Kläger bei ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung führten diese ein solches Gepäck nicht mit sich, sondern hatten lediglich die Handtasche der Klägerin und eine Plastiktüte mit am Bahnhof eingekauftem Proviant dabei. Die Schilderungen der Kläger zu den mitgeführten Utensilien - auch für die Kinder - waren in jeder Hinsicht überzeugend. Die Angaben wirkten insbesondere in keiner Weise abgesprochen, sondern wiesen mit Blick auf den inzwischen bestehenden Zeitablauf auch natürliche, auf Erinnerungsverlust zurückzuführende Unterschiede und auch nur ganz geringfügige Widersprüche (z.B. hinsichtlich der gekauften Zeitschriften) auf. Die Kläger machten deutlich, wenn sie sich an Einzelheiten nicht mehr erinnern konnten und schilderten gleichzeitig auch Vorgänge aus dem Randgeschehen, was für eine erlebnisbasierte Erinnerung spricht. Sie konnten auf Nachfragen (z.B. zu mitgeführten Jacken, Wickelutensilien für die kleinere Tochter oder Spielsachen für die Kinder) schlüssige und nachvollziehbare Antworten geben - abermals unter Hinweis auf durchaus bestehende Erinnerungslücken.

Die Klägerin gab an, es habe sich um einen Tagesausflug gehandelt. Sie hätten einen Buggy dabei gehabt, weil ihre jüngste Tochter damals erst 1 ½ Jahre alt gewesen sei. Auf der Ablage im unteren Bereich des Buggys hätten sie die Wickelutensilien dabei gehabt. Diese seien nicht in Plastiktüten, sondern unverpackt gewesen. Sie könne sich nicht erinnern, dass sie Rucksäcke dabei gehabt hätten (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 3). Der Buggy habe nicht direkt bei ihnen gestanden, da er zu sperrig gewesen sei. Er habe in der Nähe der Tür gestanden (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 4). Sie gehe davon aus, dass sie ihre Mäntel nicht mehr angehabt hätten; wo diese sich während der Reise befanden, könne sie heute nicht mehr sagen. Sie wisse genau, welches Spielzeug die Kinder dabei gehabt hätten. Wenn sie Spielzeug dabei gehabt hätten, hätten sie, die Kinder, das in der Regel selbst in der Hand getragen. Es habe keine Taschen oder ähnliche Behältnisse gegeben, auch keine Plastiktüten, in denen Spielzeug enthalten gewesen sei (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 6). Die Jacken der Kinder hätten sich wahrscheinlich zwischen ihnen befunden und die Mützen seien in den Jackenärmeln versteckt gewesen. Sie selbst habe ein Foto von ihnen auf ihrem Handy (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 7). Auch der Kläger gab an, dass die Kinder keine Taschen, Rucksäcke oder Ähnliches dabei gehabt hätten. Es könne nicht die Rede davon sein, dass sie mehrere Plastiktüten dabei gehabt hätten. Allenfalls hätten sie eine Tüte für die Zeitschriften dabei gehabt (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 4). Die Klägerin gab hierzu noch an, sie habe ihre Handtasche dabei gehabt, die sie auch heute, in der mündlichen Verhandlung, trage. Darüber hinaus habe man am Mainzer Bahnhof Snacks für die Kinder gekauft, die sich in einer Plastiktüte befunden hätten. Am Mainzer Hauptbahnhof habe sie sich noch eine Zeitschrift gekauft, nämlich DIE ZEIT. Diese Zeitschrift sei nicht in einer Plastiktüte verpackt gewesen, sondern sie habe diese in der Hand oder im Arm gehabt (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. April 2016, S. 3).

Gegen die Glaubwürdigkeit der Kläger spricht insbesondere nicht, dass beide angaben, sie seien auf Deutsch angesprochen worden (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 3 und vom 21. April 2016, S. 4, 7), während der Zeuge O. ausführte, die Ansprache sei in englischer Sprache erfolgt, wofür angesichts der vorherigen Gesprächsführung der Kläger in englischer Sprache und den insoweit detailreichen Angaben des Zeugen (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 8 f. und vom 21. April 2016, S. 9 f.) Vieles spricht. Insoweit werden die Angaben des Zeugen O. auch durch die Aussagen der beiden anderen beteiligten Bundespolizeibeamten, den Zeugen H. und M., bestätigt (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 14 f., 16). Da die Kläger sowohl fließend Deutsch als auch Englisch sprechen und der Kläger nach den Angaben des Zeugen O. mühelos die Sprache wechselte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie sich bezogen auf die Sprache, in der sie von dem Zeugen O. angesprochen worden sind, irren, weil dies nicht mit besonderen Erinnerungen verknüpft gewesen ist.

Im Vergleich zu den konkreten, in der Sache überzeugenden Ausführungen der Kläger zu ihrem mitgeführten Gepäck stellen sich die Angaben des Zeugen O. als nur vage dar und ziehen die Schilderungen der Kläger nicht in Zweifel. Auch die Zeugen H. und M. konnten keine konkreten Angaben zum mitgeführten Gepäck machen. Der Zeuge M. gab bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 30. Dezember 2014, S. 3 (Bl. 596 GA) an, keine Erinnerung an das mitgeführte Gepäck zu haben. Der Zeuge H. führte in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 30. März 2015, S. 3 (Bl. 17 der Verwaltungsakte "VerwV BPOLP Ref. 23 Befragung I 23-180402-0001-19") zwar aus, er habe mehrere Plastiktüten wahrnehmen können. Allerdings handelt es sich zum einen auch insoweit letztlich um unspezifische Angaben und zum anderen sagte er bei seiner späteren Zeugenvernehmung aus, sich an Einzelheiten der Kontrolle überhaupt nicht mehr erinnern zu können. Er habe sich auf seine Funktion als Sicherer konzentriert (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 14).

Damit entfällt das Gepäck als wesentlicher Bestandteil des behaupteten Gesamtbildes, das Grundlage der Auswahlentscheidung gewesen sein soll.

Auch die englische Sprache als Anknüpfungspunkt für die Kontrolle erscheint durch die weitere Durchführung der Kontrolle - jetzt in deutscher Sprache - nicht mehr hinreichend plausibel. In dem Augenblick, in dem der Kläger dem Zeugen O. in fließendem Deutsch geantwortet hat, und jedenfalls spätestens, als zwei deutsche Personalausweise vorgelegt wurden, die neben der Staatsangehörigkeit auch die Beziehung der Personen untereinander verdeutlichten, blieb von der behaupteten ursprünglichen Vorstellung über den Anlass der Kontrolle nichts mehr übrig. Nichtsdestotrotz wurden die Maßnahmen nach § 22 Abs. 1a BPolG fortgesetzt und es wurde zudem ein Datenabgleich nach § 34 Abs. 1 Satz 2 BPolG durchgeführt. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass sich einzelne Erkenntnisse, die die vorgetragene Grundannahme nach und nach widerlegt haben, erst während der Kontrolle ergeben haben. Allerdings lassen sich aus dem Umstand, dass die Kontrolle trotzdem fortgesetzt und sogar intensiviert wurde, indem - letztlich ohne erkennbare Anhaltspunkte - eine Vermutung von der nächsten Vermutung abgelöst wurde, Rückschlüsse auf die Nachvollziehbarkeit der vor Beginn der Maßnahme bestehenden Erwägungen ziehen. Letztlich bleibt für den Senat die Motivlage unklar.

Auch die beiden anderen Bundespolizeibeamten, die Zeugen H. und M., konnten weder in ihren schriftlichen Stellungnahmen noch in ihrer Vernehmung weiterführende Angaben zur Motivlage des die Auswahl treffenden und die Kontrolle durchführenden Zeugen O. machen. Beide gaben in ihren schriftlichen Stellungnahmen an, dass vor einer Kontrolle in der Regel keine Abstimmung zwischen den Bundespolizeibeamten erfolge, sondern der kontrollführende Beamte allein die Entscheidung treffe (vgl. schriftliche Stellungnahmen vom 30. März 2015, S. 2 [Zeuge H.] und vom 30. Dezember 2014, S. 2 [Zeuge M.], Bl. 16 bzw. Bl. 20 der Verwaltungsakte "VerwV BPOLP Ref. 23 Befragung I 23-180402-0001-19"). Der Zeuge H. sagte weiter aus, der Zeuge O. habe ihm vor der Kontrolle mitgeteilt, er wolle die Kläger ansprechen, weil diese sich auf Englisch unterhielten (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 14 und schriftliche Stellungnahme vom 30. Dezember 2014, S. 2, a.a.O.). Der Zeuge M. gab an, man habe sich über die Gründe, die Kläger zu befragen, nicht unterhalten. In den Gesprächen, die danach geführt worden seien, sei deutlich geworden, dass die englische Sprache Ursache der Befragung gewesen sei. Außerdem sei es noch um Tüten gegangen, später dann um sogenanntes mitgeführtes Gepäck (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 17. Juli 2015, S. 16 f.).

Damit fehlt es an einer schlüssigen, die Auswahlentscheidung tragenden Begründung.

(c) In Konsequenz daraus ist es Sache der Beklagten darzulegen und zu beweisen, dass die Kontrolle der Kläger nicht aufgrund einer Anknüpfung an ihre Hautfarbe und damit unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG erfolgt ist.

Soweit dem äußeren Ablauf des Geschehens, bei dem in dem konkreten Zug nur eine Kontrolle durchgeführt wurde und diese eine Familie mit dunkler Hautfarbe betraf, klägerseits indizielle Wirkung dafür beigemessen wird, es habe sich um eine diskriminierende Kontrolle gehandelt, teilt der Senat diese Einschätzung nicht. Die Beklagte hat einen nachvollziehbaren sachlichen Grund dafür benannt, weshalb es in dem konkreten Zug keine weiteren Kontrollen gegeben habe. Die Bundespolizeibeamten seien nach der Kontrolle der Kläger am nächsten Bahnhof ausgestiegen, um kurz vor dem Ende ihres Zuständigkeitsbereiches einen Zug in die Gegenrichtung zu erreichen. Nichtsdestotrotz ist die Wirkung auf Außenstehende, denen die Gründe für die singuläre Kontrolle in dem Zug nicht bekannt sind, zu beachten und kann Anlass geben, die Motive für die durchgeführte Kontrolle zu hinterfragen.

Die Angaben des Zeugen O., er könne für sich persönlich hundertprozentig ausschließen, die Kläger wegen ihrer Hautfarbe kontrolliert zu haben, lassen sich - unabhängig von der Frage, ob er damit nur eine alleinige oder ausschlaggebende Bedeutung der Hautfarbe ausgeschlossen hat - nicht widerlegen. Gleichzeitig deuten jedoch der Ablauf der Kontrolle mit der zur Überzeugung des Senats widerlegten Grundannahme des auffälligen Gepäcks sowie insbesondere die Fortsetzung und Intensivierung der Kontrolle trotz der sich nach und nach ergebenden, gegen eine Fortführung sprechenden Erkenntnisse darauf hin, dass auch andere Gründe für die Auswahlentscheidung in Betracht kommen. Vor diesem Hintergrund kann der Senat trotz der umfangreichen Beweisaufnahme nicht mit der für seine Überzeugung notwendigen Sicherheit ausschließen, dass die Hautfarbe der Kläger entgegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG für die Kontrolle doch ein mitentscheidendes Kriterium gewesen ist. Diese Unaufklärbarkeit geht zulasten der Beklagten.

cc. Der danach anzunehmende Eingriff in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ist nicht gerechtfertigt. Da Art. 3 Abs. 3 GG keinen Gesetzesvorbehalt aufweist, ist grundsätzlich allein eine Rechtfertigung durch kollidierendes Verfassungsrecht möglich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 1995 - 1 BvL 18/93, u.a. -, BVerfGE 92, 91 [109] = juris, Rn. 68; Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 2 BvR 2118/01 -, juris, Rn. 27). Hier kommt in Anlehnung an den Normzweck des § 22 Abs. 1a BPolG als Einschränkung die Verhinderung und Unterbindung unerlaubter Einreise in Betracht, die dem Schutz bedeutsamer Güter dient, deren Verletzung strafbewehrt ist, wobei nicht allein die unerlaubte Einreise selbst (§ 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG), sondern auch die teilweise mit einer Strafandrohung von bis zu zehn Jahren versehene Schleuserkriminalität (§ 96 AufenthG) als Begleiterscheinung der unerlaubten Einreise einzubeziehen ist (vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 28. März 2003 - Vf. 7-VII-00, Vf. 8-VIII-00 -, juris, Rn. 118).

Eine an die Rasse anknüpfende Auswahlentenscheidung bei einer Kontrolle nach § 22 Abs. 1a BPolG ist allerdings unverhältnismäßig. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Einbußen an grundrechtlich geschützter Freiheit nicht in unangemessenem Verhältnis zu den legitimen Gemeinwohlzwecken stehen, denen die Grundrechtsbeschränkung dient. Dabei steht dem Eingriff in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, mithin eine grundsätzlich unzulässige Anknüpfung an ein besonders geschütztes Differenzierungskriterium, bezogen auf den Normzweck eine Erfolgsquote von (gerundet) lediglich 0,3 % (2013), 1,1 % (2014) und 4,4 % (2015) gegenüber, die sich nochmals auf unter 1 ‰ (2013 und 2014) verringert, wenn man die Kontrollen an Flughäfen außer Acht lässt (vgl. dazu BT-Drucks. 18/4149, S. 4 ff. [zu 2013 und 2014] und BT-Drucks. 18/8037, S. 5 f. [zu 2015]). In diesem Zusammenhang kann auch die generalpräventive Wirkung nicht berücksichtigt werden, weil diese gerade auch ohne eine zielgerichtete Vorauswahl der zu kontrollierenden Personen erreicht wird. Mithin ist die Verhältnismäßigkeit einer diskriminierenden Vorauswahl allein an den sich daraus konkret folgenden "Treffern" im Sinne des Normzwecks zu messen. Dies zugrunde gelegt lässt sich nicht feststellen, dass der Befugnis nach § 22 Abs. 1a BPolG eine so große Bedeutung zum Schutz der genannten öffentlichen Belange zukommt, dass sie ausnahmsweise die Ungleichbehandlung aufgrund der Rasse rechtfertigen könnte.

c. Der im Anschluss an das Ausweisverlangen telefonisch durchgeführte Abgleich der Personalien der Kläger mit dem Fahndungsbestand nach § 34 Abs. 1 Satz 2 BPolG war folglich ebenfalls rechtswidrig. Die Norm ermächtigt nicht zur Datenerhebung, sondern setzt eine rechtmäßige Datenerhebung voraus (vgl. Drewes, in: Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, 5. Aufl. 2015, § 34 Rn. 12), an der es hier - wie dargelegt - fehlte.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).