Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 2. August 2000 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 4.742,58 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.11.1999 sowie weitere 400,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.11.2000 zu zahlen.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen dieser selbst zu 6/7 und die Beklagte zu 2) zu 1/7.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und zu 3) trägt der Kläger.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen diese selbst zu 12/25 und der Kläger zu 13/25.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten und die eigenen außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen er selbst zu 6/11 und die Be-klagte zu 2) zu 5/11.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen sie selbst zu 10/11 und der Kläger zu 1/11.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschwer des Klägers und der Beklagten zu 2): unter 10.000,00 DM.
I.
Der Kläger befuhr am 18.10.1999 gegen 10:00 Uhr mit seinem Pkw Chrysler GS Turbo 2 Coupé aus Richtung X kommend die M-Straße in Richtung X2. Hinter einer Linkskurve fuhr er auf einen in die gleiche Richtung fahrenden Bagger der Beklagten zu 2) auf, welcher vom Beklagten zu 1) gesteuert wurde. Der Bagger war im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung der Beklagten zu 2) bei der früheren Beklagten zu 3) versichert. Der Kläger wurde durch den Aufprall verletzt; sein Fahrzeug wurde total beschädigt.
Der Kläger hat behauptet, er habe mit angepasster Geschwindigkeit fahrend zum Überholen des Baggers angesetzt, als der Beklagte zu 1) mit diesem plötzlich und unerwartet nach links in den Überholfahrstreifen hineingefahren sei; er - der Kläger - habe zwar sofort gebremst und dabei bemerkt, dass der Beklagte zu 1) den Bagger wieder nach rechts gelenkt habe; die Kollision sei aber nicht mehr zu vermeiden gewesen.
Der Kläger hat den Beklagten zu 1) als Fahrer, die Beklagte zu 2) als Halterin und die frühere Beklagte zu 3) als Haftpflichtversicherer des Baggers gesamtschuldnerisch auf vollen Ersatz seines mit 9.877,15 DM bezifferten materiellen Schadens, den Beklagten zu 1) und die frühere Beklagte zu 3) außerdem auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in vorgestellter Höhe von 1.500,00 DM in Anspruch genommen.
Die Beklagten haben einen Schwenk des Baggers nach links bestritten und haben den Unfall auf ein Fahrfehler des Klägers zurückgeführt. Sie haben behauptet, der Kläger sei nicht angeschnallt gewesen; darauf seien seine Verletzungen zurückzuführen.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die frühere Beklagte zu 3) hafte von vornherein deswegen nicht, weil der Bagger als langsam fahrende Arbeitsmaschine nicht versicherungspflichtig gewesen sei. Ansprüche gegen die Beklagten zu 1) und 2) bestünden nicht; ein Verschulden auf Beklagtenseite sei nicht nachgewiesen, und Ansprüche aus der Gefährdungshaftung bestünden nicht, weil es sich beim Bagger um eine langsam fahrende Arbeitsmaschine gehandelt habe.
Mit der Berufung, die nur gegenüber den Beklagten zu 1) und zu 2) eingelegt worden ist, verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Ansprüche auf der Grundlage einer 50 % - Haftung weiter, wobei er die Schmerzensgeldforderung jetzt auch gegenüber der Beklagten zu 2) erhebt. Er behauptet, die konkrete Beschaffenheit des Baggers zum Unfallzeitpunkt habe eine Geschwindigkeit von mehr als 20 km/h erlaubt, so dass Ansprüche aus der Gefährdungshaftung in Betracht kämen. Er wendet sich gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts und behauptet weiter, während seines Überholvorgangs habe der Bagger einen Schwenk nach links vorgenommen, wohl um in eine Baustellenzufahrt einzubiegen, habe dann aber wieder nach rechts hinüber gelenkt, ohne dass allerdings die Kollision habe vermieden werden können. Er bestreitet einen Verstoß gegen die Anschnallpflicht und macht geltend, für seine Schmerzensgeldansprüche habe die Beklagte zu 2) deswegen einzustehen, weil der Beklagte zu 1) ihr Verrichtungsgehilfe sei.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil.
Der Senat hat die Ermittlungsakten 25 Js 116/00 und 38 Js 56/00 StA Münster ausgewertet. Er hat den Kläger gemäß § 141 ZPO angehört und das erstinstanzlich eingeholte unfallanalytische Gutachten durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. T2 weiter erläutern lassen. Wegen des Ergebnisses wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richtet; im übrigen ist sie unbegründet.
Ansprüche aufgrund der Gefährdungshaftung bestehen nicht (1). Ein Verschulden des Beklagten zu 1) ist nicht bewiesen, so dass er nicht gemäß §§ 823, 847 BGB haftet (2). Es ist aber auch nicht bewiesen, dass er sich verkehrsgerecht verhalten hat, so dass die Beklagte zu 2) als Geschäftsherrin gemäß §§ 831, 847 BGB haftet (3). Bezüglich des materiellen Schadens braucht der Kläger keine höhere Anspruchskürzung als die von ihm jetzt eingeräumten 50 % hinzunehmen (5). Bei der Schmerzensgeldbemessung fällt jedoch zusätzlich ins Gewicht, dass er nicht angeschnallt war (6). Die Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) sind nicht gemäß § 3 Nr. 8 PflVG aufgrund der rechtskräftigen Klageabweisung gegen die frühere Beklagte zu 3) ausgeschlossen (7).
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keine Ansprüche aufgrund der Gefährdungshaftung gemäß § 7 StVG. Denn der Bagger, mit dem er zusammen gestoßen ist, war gemäß § 8 StVG von der Gefährdungshaftung freigestellt, weil seine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit nicht über 20 km/h lag. Fahrzeuge dieses Typs sind in Deutschland auf 20 km/h gedrosselt. Der Sachverständige Dipl.-Ing. T2 hat bei einem Fahrversuch keine höhere Geschwindigkeit erzielt, und er hat auch keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass an der Drosselung manipuliert worden war. Danach fällt der Bagger unter die Ausnahmevorschrift des § 8 StVG.
Allerdings unterlagen nach der Rechtsprechung des RG (DAR 1930 Sp. 263, 264 = Recht 1930 Nr. 2401) auch solche Kraftfahrzeuge, die auf 20 km/h gedrosselt waren, der Gefährdungshaftung, wenn die Drosselung durch einen technischen Eingriff ohne besondere Schwierigkeiten überwunden werden konnte. Demgegenüber tritt der Senat der neueren Rechtsprechung des BGH bei, welcher in seinem Urteil vom 17.06.1997 (NZV 97, 390 = r+s, 366 = VersR 97, 1515) für das Eingreifen der Ausnahmevorschrift des § 8 StVG nur noch die konstruktionsbedingte Beschaffenheit des Fahrzeugs maßgeblich sein lässt und nicht mehr die Möglichkeit ihrer Veränderung (vgl. dazu auch Brötel, NZV 97, 381). Dem tritt der Senat bei, denn die typischen Risiken, die ein Eingreifen der Gefährdungshaftung gebieten, haften einem mit geschwindigkeitsreduzierten Vorrichtungen ausgestatteten Fahrzeug im Unfallzeitpunkt gerade nicht an, jedenfalls solange nicht, bis diese Vorrichtungen tatsächlich beseitigt worden sind (so auch LG Bad Kreuznach r+s 2000, 324 - Gabelstabler -).
2.
Gegenüber dem Beklagten zu 1) bestehen auch keine Ansprüche aufgrund der Verschuldenshaftung gemäß §§ 823, 847 BGB. Denn es ist nicht bewiesen, dass er als Baggerführer sich verkehrswidrig verhalten hat und dadurch die Schäden des Klägers verschuldet hat.
Er wollte zwar die Fahrbahn nach links verlassen, um in eine Baustellenzufahrt einzubiegen, aber noch nicht an der Stelle, an der sich dann die Kollision ereignet hat, sondern erst acht Meter danach. Die Unfallanalyse durch den Sachverständigen hat die Behauptung des Klägers nicht bestätigt, dass der Beklagten zu 1) mit dem Bagger bereits vorher nach links hinübergeschwenkt ist.
Ebenso wenig ist bewiesen, dass der Beklagte zu 1) den Blinker nach links zu einem Zeitpunkt gesetzt hat, als der Kläger sich dem Bagger beim Überholen bereits soweit genähert hatte, dass er dessen plötzliches Blinken nach links als Gefahrenzeichen verstehen konnte, auf welches er mit einer Gewaltbremsung reagiert hat, die seinen Pkw unlenkbar machte.
Der Unfallhergang legt zwar die Vermutung nahe, dass der Kläger mit seiner Bremsung auf eine plötzlich erkannte oer befürchtete Gefahr reagiert hat, weil es wenig plausibel wäre, wenn er ohne Grund auf freier, relativ übersichtlicher Strecke beim Überholversuch auf einen ordnungsgemäß im rechten Fahrstreifen fahrenden
Bagger aufgefahren wäre. Daraus lässt sich aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit ein schuldhafter Fahrfehler des Beklagten zu 1) herleiten. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieser zwar rechtzeitig geblinkt hatte, dass der Kläger aber dieses Blinkzeichen zu spät bemerkt hat und sich deswegen zu einer Gefahrenbremsung veranlasst sah.
3.
Bei diese Sachlage steht aber auch keineswegs fest, dass der Beklagte zu 1) sich verkehrsgerecht verhalten hat. Das hat zur Folge, dass die Beklagte zu 2) als Geschäftsherrin gemäß § 831 BGB für die Schäden des Klägers zu haften hat, welche der Beklagte zu 1) in Ausführung der ihm übertragenen Verrichtung verursacht hat (vgl. BGHZ 24, 21; ferner Senat, r+s 98, 278; Lemcke, in: Anm. zu BGH VI ZR 205/96, r+s 97, 364; Lepa, NZV 97, 137 ff.).
4.
Entsprechend § 254 BGB sind die Schadensersatzansprüche des Klägers quotenmäßig zu kürzen. Denn da die Unfallverursachung insgesamt nicht geklärt ist, kann zugunsten des Klägers nicht von einer Unabwendbarkeit i.S. von § 7 II StVG ausgegangen werden mit der Folge, dass eine Abwägung der Verursachungsanteile stattzufinden hat, in welche die Betriebsgefahr des vom Kläger geführten Fahrzeugs einzubeziehen ist, die durch den Überholvorgang erhöht war. Soweit es die Fahrzeugschäden betrifft, hat der Kläger bei seiner jetzigen auf hälftiger Schadensteilung beruhenden Antragstellung die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs gegenüber dem lediglich vermuteten Verschulden auf Beklagteneseite angemessen berücksichtigt.
Bei der Höhe des Fahrzeugschadens ist der Senat ausgegangen von der im wesentlichen unstreitigen Abrechnung des Klägers. Da im Schadensgutachten eine Wiederbeschaffungszeit von 10 Arbeitstagen angesetzt ist, konnten beim Nutzungsausfall l4 Kalendertage berücksichtigt werden. Eine Kürzung ergab sich jedoch bei dem Tagessatz des Nutzungsausfalls. Hier hat der Senat wegen des Fahrzeugalters pro Tag lediglich 128,00 DM anstelle der begehrten 156,00 DM angesetzt. Es ergab sich danach ein berücksichtigungsfähiger Gesamtschaden von 9.485,15 DM, wovon die Beklagte zu 2) entsprechend ihrer Haftungsquote die Hälfte = 4.742,58 DM zu ersetzen hat.
6.
Der Schmerzensgeldbemessung sind die in der ärztlichen Bescheinigung vom 01.02.2000 (Bl. 19 ff. d. A.) dokumentierten Schäden zugrunde gelegt worden. Der Kläger hat beim Unfall eine Schädelprellung mit multiplen Schnittverletzungen erlitten, ferner eine Fremdkörpereinsprengung im Bereich der Stirn, Prellungen und Hautabschürfungen im Bereich des rechten Ellenbogens und des rechten Knies sowie eine Thoraxprellung. Soweit es die Mitverursachung durch den Kläger angeht, war hier jedoch zusätzlich zu den oben abgehandelten Abwägungsfaktoren das Mitverschulden zu berücksichtigen, welches darin liegt, dass der Kläger den Sicherheitsgurt nicht angeschnallt hatte. Er behauptet zwar, angeschnallt gewesen zu sein. Vom Gegenteil ist der Senat jedoch überzeugt aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen in Verbindung damit, dass es sich bei den Verletzungen des Klägers um solche handelt, die typischerweise bei einer Frontalkollision dadurch entstehen, dass der Fahrzeugführer mit der Stirn gegen die Windschutzscheibe stößt. Dass die Körperschäden im wesentlichen durch ordnungsgemäßes Anschnallen vermieden worden wären, ist ganz überwiegend wahrscheinlich (§ 287 ZPO). Unter Berücksichtigung aller Umstände erschien das zuerkannte Schmerzensgeld von 400,00 DM angemessen.
7.
Die Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) sind nicht gemäß § 3 Nr. 8 PflVG präkludiert. Zwar ist die Klageabweisung gegenüber der früheren Beklagten zu 3) (Allianz Versicherung) rechtskräftig geworden, weil der Kläger ihr gegenüber keine Berufung eingelegt hat. Die in § 3 Nr. 8 PflVG angeordnete Rechtskrafterstreckung des klageabweisenden Urteils gegen den Versicherer auf den Versicherungsnehmer greift aber nur im Bereich der Pflichtversicherung gemäß § 1 PflVG ein. Als langsam fahrende Arbeitsmaschine unterlag aber der Bagger gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 b PflVG nicht der Versicherungspflicht. Im Urteil vom 30.09.1997 (r+s 98, 16 = VersR 97, 1525 m.Anm. Lorenz) hat der BGH klargestellt, dass ebenso wie bei der Frage nach der Gefährdungshaftung auch für die Versicherungspflicht bei langsam fahrenden Arbeitsmaschinen die konstruktionsbedingte Beschaffenheit der alleinige Maßstab ist, und dass es auf die Möglichkeit, durch einen relativ einfachen Eingriff eine höhere Geschwindigkeit zu erzielen, nicht ankommt, solange dieser Eingriff nicht vorgenommen worden ist. Von einer fehlenden Versicherungspflicht ist auch das Landgericht im angefochtenen Urteil ausgegangen und hat deswegen - und nicht etwa, weil es in Bezug auf die frühere Beklagte zu 3) den Haftungstatbestand verneint hätte - die gegen sie gerichtete Klage abgewiesen, so das auch deswegen die Rechtskrafterstreckung des § 3 Nr. 8 PflVG nicht Platz greift (vgl. hierzu die ähnliche Situation bei Feyock/Lemor/Jacobsen, Kraftfahrtversicherung, § 3 PflVG Rdn. 55).
8.
Die Zinsentscheidung und die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 284, 288 BGB, §§ 92, 708 Nr. 10, 713, 546 ZPO.