LG Hamburg, Urteil vom 04.12.2015 - 329 O 343/14
Fundstelle
openJur 2016, 6202
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten und des Nebenintervenienten durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. der Nebenintervenient vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Der Streitwert wird auf 7.760,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung zur Insolvenztabelle hinsichtlich einer Forderung auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Kommanditbeteiligung an der Schuldnerin.

Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der S. S. GmbH & Co. KG (im Folgenden „Schuldnerin“).

Die Klägerin zeichnete 12.03.2011 eine Kommanditbeteiligung an der Schuldnerin über 80.000,00 €, wobei die Beteiligung treuhänderisch von der U. I. T. GmbH gehalten werden sollte. Auf den Zeichnungsschein in Anlage K 16 wird Bezug genommen. Den Zeichnungsbetrag von 80.000 € zzgl. eines Agios in Höhe von 5 %, damit weitere 4.000 €, zahlte die Klägerin am 06.05.2011 auf ein Konto der Treuhandkommanditisten U. I. T. GmbH (Einzahlungsbestätigung in Anlage K 2).

Einziger Gesellschaftszweck der Schuldnerin war die Vergabe von verzinslichen Darlehen an die D. S. S. AG. Hierfür warb die Schuldnerin von 1.776 Anlegern Kommanditkapital in Höhe von 40,3 Mio. € ein. Die Darlehensnehmerin gehört zur S. Gruppe, an deren Spitze die S.H. GmbH steht. Die Darlehensnehmerin sollte die Investitionsaktivitäten der S. Gruppe bündeln und über Tochtergesellschaften in Immobilien oder in durch Immobilien gesicherte Forderungen investieren. Geleitet wurde die S. Gruppe von den Herren J. K. und S. S..

Die Schuldnerin vergab an die D. S. S. AG ein Darlehen in Höhe von insgesamt 38,37 Mio. €. Das Darlehen zahlte die Schuldnerin im Zeitraum von Juli 2010 bis Mai 2012 in 72 Zahlungen von durchschnittlich je 532.916,66 € aus. Von den erhaltenen Darlehenstranchen investierte die D. S. S. AG nur einen Betrag in Höhe von 3,21 Mio. € in den vertraglich vereinbarten Darlehenszweck. 8,85 Mio. € verwendete die D. S. S. AG zur Finanzierung von Verlusten, 7,68 Mio. € reichte sie als Darlehen an Dritte weiter und 6,82 Mio. € verwendete sie zum Erwerb von Beteiligungen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht zur Gläubigerversammlung vom 03.09.2013 (Anlage K 4, dort S. 19) wird Bezug genommen.

Außerdem vergab die Schuldnerin aus dem Kommanditkapital weitere Darlehen an nicht im Prospekt genannten Dritte, nämlich insgesamt drei Darlehen über zusammen 1,02 Mio. €. Auf den Bericht zur Gläubigerversammlung vom 03.09.2013 (Anlage K 4, dort S. 13) wird Bezug genommen. Die Darlehensvergabe erfolgte unverzinst sowie ohne Bonitätsprüfung und Sicherheitenbestellung.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 20.06.2013 (Anlage K 1) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 05.09.2013 (Anlage K 13) eine Hauptforderung in Höhe von 77.600 € (80.000 € Zeichnungsbetrag zzgl. 4.000 € Agio abzgl. 6.400 € Ausschüttungen und Boni) sowie Zinsen in Höhe von 2.279,10 € und pauschale Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 500 €, insgesamt damit 80.379,10 €, zur Tabelle an. Der Beklagte bestritt die Forderung.

Die Klägerin rügt Prospektfehler des in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlichten Prospekts (Anlage K 3-A) und des inhaltsgleichen, in der Republik Österreich veröffentlichten Prospekts (Anlage K 3-B). Sie ist der Ansicht, dass ihr wegen der Fehlerhaftigkeit des Prospekts ein Anspruch auf Schadenersatz aus Prospekthaftung zustehe.

Die Klägerin beanstandet, dass in den Prospekten behauptet werde, die Schuldnerin sei zu allen Geschäften und Handlungen, die zur Förderung des Gesellschaftszwecks unmittelbar erforderlich sind, berechtigt. Zudem teile der Prospekt mit, dass für die Geschäftstätigkeit der Schuldnerin keine behördliche Genehmigung erforderlich sei. Tatsächlich handele es sich bei der zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Darlehensvergabe um ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG, für das die Schuldnerin keine Erlaubnis besessen habe.

Die Klägerin beanstandet außerdem, dass der Prospekt unrichtige Angaben zur Geschäftstätigkeit der Darlehensnehmerin enthalte. So werde in dem Prospekt behauptet, dass Unternehmen der S. Gruppe Immobilien für durchschnittlich 63,84 Prozent des Verkehrswerts erwerben würden; dies sei gutachterlich festgestellt. Diese Verkehrswerte seien unwahr. Die S. Gruppe habe zudem Gutachter eingesetzt, die nicht die fachliche Bestellungsvoraussetzungen für das Sachgebiet „Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken“, sondern nur jene für das Sachgebiet „Schäden an Gebäuden“ erfüllten.

Die Klägerin beanstandet weiter, dass der Prospekt verschweige, dass Gesellschaften der S. Gruppe erlaubnispflichtige Einlagen-Geschäfte betrieben hätten, ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis nach dem KWG zu besitzen. Die Klägerin beanstandet außerdem, dass der Prospekt die nach österreichischem Recht erforderlichem Angaben zu Immobilien nicht enthalten habe.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr gegen die Schuldnerin außerdem ein Anspruch aus unerlaubter Handlung wegen einer Verletzung von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und § 32 KWG zustehe. Hierbei handele es sich um ein Schutzgesetz zugunsten des Kapitalanlegers. Die Schuldnerin habe gewerbsmäßig und in einem Umfang, der einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere, Kreditgeschäft betrieben, ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis zu besitzen. Die Schuldnerin habe daher gegen die Strafvorschrift des § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG verstoßen. Aufgrund der beabsichtigten unerlaubten Darlehensvergabe sei auch der ursprünglich zwischen den Gründungsgesellschaftern abgeschlossene Gesellschaftsvertrag sittenwidrig und nichtig. Der Klägerin stehe außerdem ein Anspruch aus unerlaubter Handlung wegen Betrugs, Kapitalanlagebetrugs, Kreditbetrugs und Untreue zu, weil die Schuldnerin entgegen dem Gesellschaftsvertrag Darlehen an nicht im Prospekt benannte Dritte vergeben habe.

Die Klägerin beantragt,

1. festzustellen, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren des Amtsgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 67g IN 148/13 über das Vermögen der S. S. GmbH & Co. KG eine Insolvenzforderung in Höhe von 80.379,10 € zusteht;

2. festzustellen, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren des Amtsgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 67g IN 148/13 über das Vermögen der S. S. GmbH & Co. KG die Insolvenzforderung aus unerlaubter Handlung zusteht;

3. festzustellen, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren des Amtsgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 67g IN 148/13 über das Vermögen der S. S. GmbH & Co. KG die Insolvenzforderung nach den Grundsätzen der Prospekthaftung zusteht;

4. festzustellen, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren des Amtsgerichts Hamburg zum Aktenzeichen 67g IN 148/13 über das Vermögen der S. S. GmbH & Co. KG eine Insolvenzforderung in Höhe von 77.600,00 € im Rang des § 38 InsO zusteht;

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass vertragliche Ansprüche gegen die Schuldnerin nicht bestehen, weil die Klägerin vertraglich allein mit der Treuhandkommanditistin, der U. I. T. GmbH verbunden gewesen sei.

Ansprüche aus Prospekthaftung bestünden nicht, weil die Schuldnerin zwar Emittentin der Anlage, aber nicht Herausgeberin des Prospekts sei. Prospektverantwortlich sei die U. I. E. GmbH, worauf der Prospekt auch ausdrücklich hinweise (Anlage K 3-A, S. 10).

Ansprüche aus Delikt bestünden nicht, weil die Schuldnerin kein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft betrieben habe. Die Angaben im Prospekt seien daher auch nicht unrichtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2015 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist als Insolvenzfeststellungsklage nach § 180 InsO hinsichtlich der Klageanträge zu 1 und 4 zulässig, aber unbegründet (dazu unter I.). Hinsichtlich der Anträge zu 2 und 3 ist die Klage unzulässig (dazu unter II.).

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Insolvenzforderung in Höhe von 80.379,10 €. Ansprüche der Klägerin gegen die Schuldnerin – seien es gesellschaftsrechtliche, vertragliche oder deliktische Ansprüche – sind nach deutschem Recht zu beurteilen (dazu unter 1.). Gegen die Schuldnerin bestehen weder Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung (dazu unter 2.) noch deliktische Ansprüche (dazu unter 3.). Ob der Klägerin die Forderung als Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO zusteht, bedarf daher keiner Entscheidung (dazu unter 4.).

1. Ob der Klägerin Ansprüche gegen die Schuldnerin zustehen, richtet sich unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten nach deutschem Recht. Dies gilt im Hinblick auf das Gesellschaftsstatut (dazu unter a) ebenso wie für die Anknüpfung vertraglicher Ansprüche (dazu unter b) und deliktischer Ansprüche (dazu unter c).

a) Die Klägerin macht geltend, dass ihr Ansprüche gegen die Schuldnerin und damit gegen die Gesellschaft, der sie über eine Treuhandkommanditistin beigetreten ist, zustehen. Die Beurteilung solcher Ansprüche zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern richtet sich nach dem Gesellschaftsstatut. Nach diesem Personalstatut der Gesellschaft beurteilen sich die Regeln, nach denen eine Gesellschaft „entsteht, lebt und vergeht“ (BGH NJW 1957, 1433, 1434). Dies gilt insbesondere für die Haftung innerhalb einer Gesellschaft (Thorn, in: Palandt, 74. Aufl. 2015, Anh. Art. 12 EGBGB, Rn. 18).

Gesellschaftsstatut ist im vorliegenden Fall deutsches Recht. Dabei kann dahinstehen, ob nach Gründungstheorie daran anzuknüpfen ist, wo die Gesellschaft gegründet wurde, oder nach der Sitztheorie, wo die Gesellschaft ihren Sitz hat. Die Schuldnerin wurde in Deutschland gegründet und hat ihren Sitz in Deutschland. Auf den Handelsregisterauszug in Anlage B 1 wird Bezug genommen.

b) Deutsches Recht ist auch anwendbar, soweit die Klägerin geltend macht, dass ihr im Hinblick auf eine Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten Ansprüche zustehen. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags das Recht anzuwenden, das auf den Vertrag anzuwenden ist oder anzuwenden wäre, wenn er geschlossen worden wäre. Das (hypothetische) Vertragsstatut richtet sich nach der Rom I-VO. Es besteht damit gemäß Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO eine freie Rechtswahl der Parteien. Im vorliegenden Fall sieht § 23 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags – ebenso wie § 12 Nr. 2 des Treuhandvertrags – vor, dass der Vertrag dem Recht der Bundesrepublik Deutschland unterliegt. Der Gesellschaftsvertrag und der Treuhandvertrag sind mit identischem Inhalt sowohl im deutschen Prospekt (Anlage K 3-A, S. 68 u. 73) als auch im österreichischen Prospekt (Anlage K 3-B, S. 64 u. 72) abgedruckt.

c) Deutsches Recht ist schließlich auch anwendbar, soweit die Klägerin Ansprüche aus unerlaubter Handlung geltend macht. Die Bestimmung des anwendbaren Rechts richtet sich insoweit nach der Rom II-VO, die gemäß Art. 31 u. 32 Rom II-VO auf schadensbegründende Ereignisse anzuwenden ist, die nach dem Inkrafttreten der Rom II-VO am 11.01.2009 eingetreten sind. Sowohl der Beitritt der Klägerin als auch die Darlehensvergaben der Schuldnerin erfolgten nach dem 11.01.2009.

Gemäß Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO ist das Recht des Staats anzuwenden, mit dem die unerlaubte Handlung unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Umstände eine offensichtlich engere Verbindung aufweist. Eine offensichtlich engere Verbindung kann sich insbesondere aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis zwischen den Parteien – wie einem Vertrag – ergeben, das mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Verbindung steht.

Die von der Klägerin behauptete unerlaubte Handlung der Schuldnerin steht in enger Verbindung mit dem Beitritt der Klägerin zur Schuldnerin. Es ist daher zu berücksichtigen, dass sowohl im Hinblick auf den Sitz und die Gründung der Schuldnerin in Deutschland, als auch im Hinblick auf die Rechtswahl im Gesellschaftsvertrag und im Treuhandvertrag deutsches Recht das Gesellschaftsstatut und das Vertragsstatut bildet (s. vorstehend unter a und b). Keine entscheidende Bedeutung kommt hingegen dem Umstand zu, dass die Klägerin ihren Wohnsitz in Österreich hat und ihr Beitritt auf Grundlage des Prospekts erfolgte, der ausweislich ihrer Beitrittserklärung (Anlage K 16) gemäß den Bestimmungen des österreichischen Kapitalmarktmarktgesetzes erstellt und veröffentlicht wurde. Denn Zweck der Anknüpfung an die offensichtlich engere Verbindung gemäß Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO ist es, den Schadensausgleich im Interesse der Parteien einer einheitlichen Rechtsordnung zu unterstellen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (Thorn, in: Palandt, 74. Aufl. 2015, Art. 4 Rom II-VO, Rn. 11). Das Interesse der Parteien an der Geltung einer einheitlichen Rechtsordnung hat insbesondere in der Vereinbarung einer Rechtswahlklausel im Gesellschaftsvertrag seinen Niederschlag gefunden.

2. Die Klägerin hat gegen die Schuldnerin keinen Anspruch aus Prospekthaftung. Denn Adressaten einer Prospekthaftung – sowohl im engeren als auch im weiteren Sinne – sind in erster Linie die sog. Gründer, Gestalter und Initiatoren der Anlagegesellschaft, zudem sog. Hintermänner, Treuhänder und Garanten (Emmerich, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 141-148). Ansprüche aus Prospekthaftung sind hingegen nicht gegen die Gesellschaft gerichtet, zu der der Beitritt erfolgte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet die Gesellschaft nicht aus vorvertraglichem Aufklärungsverschulden (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 – XI ZR 376/09 –, Rn. 16 m.w.N.).

a) Dies liegt zum einen darin begründet, dass zur Gesellschaft selbst keine Vertragsbeziehung besteht. Die Prospekthaftung im weiteren Sinne ist ein Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB. Abgesehen von dem Sonderfall des § 311 Abs. 3 BGB, in dem auch ein Dritter haften kann, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat, trifft die Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss denjenigen, der den Vertrag im eigenen Namen abschließen will. Das sind bei einem Beitritt zu einer Kommanditgesellschaft grundsätzlich die schon beigetretenen Gesellschafter, mit Ausnahme der rein kapitalistisch beigetretenen Gesellschafter (BGH, Urteil vom 09. Juli 2013 – II ZR 9/12 –, Rn. 26 f.). Vertrags- und Verhandlungspartner der Klägerin ist hingegen nicht die Schuldnerin, sondern in erster Linie die U. I. T. GmbH, mit der die Klägerin gemäß dem Zeichnungsschein den Erwerb und das treuhänderische Halten der Kommanditbeteiligung an der Schuldnerin vereinbarte.

b) Zum anderen stehen einem gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruch auch die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft entgegen. Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass derjenige, der einer Publikumsgesellschaft beitritt, um sein Vermögen anzulegen, bei einer mangelhaften Aufklärung über die Risiken und Chancen des Anlageprojekts von der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonstige Rückabwicklung der Gesellschaftsbeteiligung verlangen kann, weil eine etwa fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden kann; anders lässt sich eine geordnete Auseinandersetzung der Fondsgesellschaft nach dem Regelwerk über die fehlerhafte Gesellschaft bzw. den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt nicht durchführen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 – IX ZR 198/10 –, Rn. 13; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 – XI ZR 376/09 –, Rn. 16).

Dies gilt im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung, dass die Klägerin der Schuldnerin nicht unmittelbar als Kommanditistin, sondern über die Treuhandkommanditistin als Treugeberin beigetreten ist. Denn für die Beurteilung der Ansprüche des Anlegers ist es unerheblich, ob dieser als Direktkommanditist beigetreten ist oder nur mittelbar über einen Treuhänder beteiligt ist, solange er im Innenverhältnis einem Gesellschafter gleichgestellt ist (BGH, Urteil vom 20.01.2015, II ZR 444/13, Rn. 7). Eine solche Gleichstellung mit einem Gesellschafter besteht hier. § 3 Nr. 10 des Gesellschaftsvertrags (S. 60 des Prospekts in Anlage K 3-A) sieht vor, dass die mittelbar beitretenden Treugeber wie unmittelbar beteiligte Kommanditisten behandelt werden und die Bedingungen des Gesellschaftsvertrags für Direktkommanditisten und Treugeber gleichermaßen gelten. Die Erwägungen, die unter dem Gesichtspunkt der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft einer Rückabwicklung des als Direktkommanditisten beigetretenen Gesellschafters entgegenstehen, gelten damit gleichermaßen auch für die Klägerin, die der Schuldnerin über eine Treuhandkommanditistin beigetreten ist.

3. Die Klägerin hat gegen die Schuldnerin auch keine Ansprüche aus Delikt. Schadensersatzansprüche können bereits nicht auf eine Verletzung von § 32 KWG als Schutzgesetz gestützt werden (dazu unter a). Jedenfalls könnte die Klägerin nur Zahlung an die Gesellschaft, nicht aber Zahlung an sich verlangen (dazu unter b). Einem Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft stehen zudem die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft entgegen (dazu unter c).

a) Die Darlehensvergabe der Schuldnerin an die D. S. S. AG stellt im Hinblick auf § 32 KWG keine Verletzung eines Schutzgesetzes zugunsten der Klägerin dar. Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB ist nur ein Gesetz, das gerade den Schutz des geschädigten Rechtsguts und seines Inhabers bezweckt. Der Geschädigte muss in den persönlichen Schutzbereich des Schutzgesetzes fallen, d.h. er muss zum Kreis der Personen gehören, deren Schutz die Norm bezweckt (BGH, Urteil vom 18. November 2003 – VI ZR 385/02 –, Rn. 12).

Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar ist es zutreffend, dass § 32 Abs. 1 KWG allgemein bezweckt, Gläubiger unerlaubt handelnder Betreiber von Bankgeschäften vor Vermögensverlusten zu bewahren, die durch die mangelnde Einhaltung bankaufsichtsrechtlicher Vorgaben verursacht werden (BGH, Urteil vom 07. Juli 2015 – VI ZR 372/14 –, Rn. 27). Allerdings fallen nicht jegliche Gläubiger unerlaubt handelnder Betreiber von Bankgeschäften in den Schutzbereich der Norm, sondern nur solche Gläubiger, deren Einlage gerade von der Erlaubnispflicht betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2006 – VI ZR 339/04 –, Rn. 13; BGH, Urteil vom 21. April 2005 – III ZR 238/03 –, Rn. 18: Schutzgesetz zugunsten der Bankkunden). Aus diesem Grund hat der BGH in seiner Entscheidung vom 11. Juli 2006 (Az. VI ZR 339/04) § 32 KWG als Schutzgesetz zu Gunsten des dortigen Klägers angesehen, weil der Kläger, neben 150 weiteren Anlegern, Darlehen an die Beklagte ausreichte, obwohl die Beklagte für diese Bankgeschäfte keine Erlaubnis besaß. In der Entscheidung des BGH vom 19. März 2013 (VI ZR 56/12) wurde § 32 KWG als Schutzgesetz angesehen, weil der Kläger, neben 50 weitere Winzern, "Winzergelder" bei der Winzergemeinschaft beließ und die Winzergemeinschaft daher ohne Erlaubnis Bankgeschäfte betrieben habe. Im vorliegenden Fall stehen indes nicht die Einlageleistung der Klägerin und die Zahlungen aller weiteren Anleger an die Schuldnerin als erlaubnispflichtig in Rede, sondern die Darlehensvergabe der Schuldnerin an Dritte. Ein Schutz der Klägerin wird daher allein über einen bloßen Reflex hervorgerufen. Das ist für die Annahme eines Schutzgesetzes nicht ausreichend (BGH, Urteil vom 17. September 2013 – XI ZR 332/12 –, Rn. 24).

b) Selbst wenn in der Darlehensvergabe oder dem Einlagengeschäft der Schuldnerin eine Verletzung eines Schutzgesetzes zu Gunsten der Klägerin oder eine Verletzung des Gesellschaftsvertrags läge, könnte die Klägerin nicht im Wege der Rückabwicklung eine Zahlung an sich verlangen. Denn ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wäre weder auf Rückabwicklung des Beitritts der Klägerin, noch auf Ausgleich des Schadens durch Zahlung an die Klägerin, sondern lediglich – entsprechend der Naturalrestitution gem. § 249 BGB – auf Wiederherstellung des Gesellschaftsvermögens gerichtet. Dies folgt aus dem Grundsatz der Kapitalerhaltung, aus der allen Gesellschaften gemeinsamen Zweckwidmung des Gesellschaftsvermögens und insbesondere aus dem Gebot der Gleichbehandlung aller Gesellschafter (BGH, Urteil vom 29. Juni 1987 – II ZR 173/86 –, Rn. 24).

Im Hinblick auf die Insolvenz der Schuldnerin bedeutet dies, dass es sich allenfalls um einen Gesamtschaden handeln kann, der gemäß § 92 InsO nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann.

c) Deliktischen Ansprüchen stehen schließlich – in gleicher Weise wie bereits vorstehend unter 2.b) ausgeführt – die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft entgegen. Es ist daher auch unerheblich, ob der ursprünglich zwischen den Gründungsgesellschaftern abgeschlossene Gesellschaftsvertrag im Hinblick auf eine beabsichtigte unerlaubte Darlehensvergabe sittenwidrig sein könnte. Der Beitritt der Klägerin ist jedenfalls im Interesse einer geordneten Abwicklung unter allen später beigetretenen Gesellschaftern als wirksam zu betrachten, so dass ein auf Rückabwicklung gerichteter Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft auch aus diesem Grund nicht bestehen kann.

4. Da die Forderung der Klägerin nicht besteht, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Hauptforderung, wie mit dem Klageantrag zu 4 beantragt, der Klägerin als Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO zusteht.

Das Gericht hat hierbei den Klageantrag zu 4 dahin ausgelegt, dass gegenüber dem Antrag zu 1 nicht die Feststellung einer weiteren Forderung begehrt wird, sondern dass über den Antrag zu 1 hinaus die Feststellung begehrt wird, dass der Klägerin die Hauptforderung in Höhe von 77.600 € (ohne Zinsen und Kosten des Rechtsverfolgung im Rahmen der Gesamtforderung von 80.379,10 €) nicht als nachrangige Forderung, sondern als Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO zusteht.

II.

Hinsichtlich der Anträge zu 2 und 3 ist die Klage unzulässig.

1. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass ihr eine Insolvenzforderung aus unerlaubter Handlung zusteht, fehlt es an einem Feststellungsinteresse. Ein rechtliches Interesse an einer solchen Feststellung besteht, soweit sichergestellt werden soll, dass die Verbindlichkeit nicht gemäß § 302 Nr. 1 InsO von einer Restschuldbefreiung berührt wird. Eine Restschuldbefreiung findet gemäß § 286 InsO aber nur für natürliche Personen statt. Die Schuldnerin ist keine natürliche Person.

2. Soweit die Klägerin Feststellung einer Haftung nach den Grundsätzen der Prospekthaftung begehrt, fehlt es ebenfalls an einem Feststellungsinteresse. Ein solches Interesse wird auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung begründet, wonach sich an eine entsprechende Feststellung Ansprüche gegen einen sog. Prospektkontrollor in Österreich anschließen können. Denn der Prospektkontrollor ist nicht Partei des Rechtsstreits, so dass eine Entscheidung keine Bindungswirkung gegen ihn entfalten könnte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

IV.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 182 InsO. Zugrunde zu legen war der Betrag der Hauptforderung in Höhe von 77.600 €, deren Feststellung zur Tabelle die Klägerin begehrt, bei einer Quotenerwartung von 10 % (Anlage K 15). Zinsen und Rechtsverfolgungskosten bleiben hierbei unberücksichtigt, § 4 ZPO (OLG München NJW 1967, 1374).