VG Hannover, Urteil vom 25.04.2016 - 13 A 3977/15
Fundstelle
openJur 2016, 6155
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 09.07.2015 verurteilt, die Klägerin im Wege des Schadenersatzes dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre sie zum 18.06.2013 nach A 13 befördert worden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadenersatz wegen einer nicht erfolgten Beförderung. Sie ist bei dem Beklagten beschäftigt und wurde im Jahr 2008 zur Kreisamtsrätin (BesGr. A 12) ernannt.

Die Klägerin wurde am 25.11.2008 noch im Amt einer Kreisamtfrau anlässlich ihrer bevorstehenden Beförderung mit dem Schlussurteil: „ die Leistungen (übertreffen) die allgemeinen Anforderungen im Wesentlichen erheblich …“

Unter dem 30.07.2015 wurde die Klägerin - nunmehr im Amt einer Kreisamtsrätin - erneut beurteilt. Das Gesamturteil lautete auf „Spitzenleistung“. Dies ist nach den Beurteilungsrichtlinien des Beklagten die bestmögliche Note.

Frau E. - die Beamtin, die anstelle der Klägerin letztendlich befördert wurde - leitete seit 1999 den Fachdienst „Unterhalt, Vormundschaft und Bundesleistungen“. Ihre Stelle wurde im Jahr 2001 von A 11 auf A 12 angehoben. Mitte des Jahres 2001 wurde Frau E. dann zur Kreisamtsrätin ernannt.

Frau E. wurde am 29.11.2007 beurteilt. Diese Beurteilung ist in den Verwaltungsvorgängen nicht enthalten. Nach der Darstellung im Bescheid vom 09.07.2015 soll das Endurteil auch auf „übertrifft erheblich die Anforderungen“ gelautet haben. Unter dem 02.04.2013 wurde E. erneut -beurteilt und zwar mit dem Gesamturteil „übertrifft erheblich die Anforderungen“. Dies ist nach den Beurteilungsrichtlinien des Beklagten die zweitbeste Note.

Aufgrund von organisatorischen Änderungen wurde die Bewertung der Stelle FDL (Fachdienstleitung) 407 erneut angehoben und der BesGr. A 13 zugeordnet.

In einer Beschlussvorlage für den Kreistag vom 14.05.2013 (Beiakte 002 Bd. 1 Bl. 30) wird Frau E. für die Ernennung zur KOAR vorgeschlagen. Sie habe sich bei der Bewältigung der zu leistenden Aufgaben besonders bewährt. Ihr Leistungsverhalten und ihre Leistungen würden als überdurchschnittlich bewertet. Es sei zu erwarten, dass sie auch künftig den Anforderungen als Führungskraft gerecht werde.

In den Verwaltungsvorgängen sind Dokumente über eine „Führungsklausur - Personalentwicklung“ enthalten. Hier wurden einige Namen von Mitarbeitern des Beklagten hinsichtlich der „Qualifizierung künftiger Führungskräfte“ genannt. Der Name der Klägerin ist nicht dabei (Beiakte 002 Bd. 2 Bl. 13).

Frau E. wurde am 18.06.2013 zur Kreisoberamtsrätin ernannt.

Anfang Februar 2014 meldete sich ein Verfahrensbevollmächtigte für die jetzige Klägerin. Sie rügte, dass auf der Stelle FDL 407 eine Beförderung ohne Ausschreibung vorgenommen wurde. In einem weiteren Schreiben der Klägerin vom 05.04.2014 sprach sie die Frage des Schadenersatzes an.

Der Beklagte antwortete durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten. Ein Bewerbungsverfahrensanspruch sei nicht entstanden; mit Zustimmung des Personalrates habe man von einer Ausschreibung abgesehen. Weil die Klägerin kein oder zumindest nur wenig Interesse an der FDL-Stelle gezeigt habe, habe für den Beklagten kein Anlass bestanden, sie, die Klägerin in das Bewerbungsverfahren mit einzubeziehen (Schriftsatz vom 09.05.2014, Beiakte 002 Bd. 1 Bl. 44). Im Übrigen sei Frau E. die besser qualifizierte Beamtin gewesen.

Mit Bescheid vom 09.07.2015 lehnte der Beklagte gegenüber der Klägerin die Zahlung von Schadenersatz ab. Bei dem Dienstposten FDL 407 habe es sich um eine Vertrauensstellung gehandelt. Alle in Betracht kommenden Bewerber - einschließlich der Klägerin - hätten im Blickfeld gestanden, weshalb auch von einer Ausschreibung habe abgesehen werden dürfen. Frau E. habe sich als am besten geeignet erwiesen. Sie habe das Anforderungsprofil erfüllt, das sich aus der Funktionsbeschreibung des Dienstpostens ergebe. Diese stellenbezogene Qualifikation habe die Klägerin als Laufbahnbewerberin nicht mitgebracht. Die Beurteilung der Klägerin 2008 sei mit der Einschränkung „im Wesentlichen“ schlechter gewesen, als die von Frau E.. Es sei nicht erkennbar, dass die Klägerin bei einer Anlassbeurteilung besser als die ausgewählte Beamtin beurteilt worden wäre. Außerdem fülle Frau E. die Stelle zu 100 Prozent aus, während die Klägerin schon seit Jahren nur mit 60 Prozent teilzeitbeschäftigt gewesen sei.

Die Klägerin hat daraufhin am 03.08.2015 Klage erhoben.

Sie trägt vor: Der Beklagte habe ihren Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt. Sie habe auch keine Möglichkeit gehabt, den Schaden etwa durch die Einlegung von Rechtsmitteln zu verhindern.

Den Unterlagen des Beklagten sei keine Auswahlentscheidung zu entnehmen. Es seien weder andere in Betracht kommende Beamte dokumentiert noch die Kriterien, nach denen E. dann aus diesem Kreis als Beste ausgewählt worden sei. Im Schreiben vom 09.05.2014 habe ihr der Beklagte vorgeworfen, sich nicht um die - gar nicht ausgeschriebene Stelle - beworben zu haben und eingeräumt, sie sei deshalb nicht ins Auswahlverfahren einbezogen worden. Dies stehe im Widerspruch zu den jetzigen Ausführungen im angefochtenen Ablehnungsbescheid.

Ein Anforderungsprofil habe zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht vorgelegen.

Nur bei Frau E. sei eine Anlassbeurteilung eingeholt worden, ein sachgerechter Vergleich aktueller Beurteilungen sei dadurch unmöglich gemacht worden.

Sie habe jetzt eine Beurteilung erhalten, die auch den damaligen Zeitraum abdecke und in dieser Beurteilung sei sie besser als die beförderte Beamtin beurteilt worden.

Wegen all dieser Fehler trage nach der Rechtsprechung der Beklagte die Beweislast dafür, dass sie, die Klägerin, auch bei einem fehlerfreien Verfahren nicht befördert worden wäre.

Da die Auswahl von E. bewusst nicht öffentlich gemacht worden sei, habe sie, die Klägerin, auch nicht im Vorfeld durch Einlegung von Rechtsmitteln die Beförderung verhindern können.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.07.2015 zu verurteilen, sie im Wege des Schadenersatzes dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre sie zum 18.06.2013 nach A 13 befördert worden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es sei begründet von einer Ausschreibung der Stelle abgesehen worden, um bei potentiellen Bewerbern keine falschen Hoffnungen zu erwecken. Bei der gegebenen leistungsgerechten Auswahl wäre diese nur enttäuscht worden; dies sei schon aus Gründen der Fürsorgepflicht zu vermeiden gewesen (GA Bl. 61).

Die Klägerin könne sich nicht auf die jetzt vorgelegte Beurteilung berufen. Diese beziehe sich ausschließlich auf ihre jetzige Tätigkeit in der BesGr A 12. Über ihre Eignung als FDL 407 sage diese Beurteilung nichts aus. Das dortige Anforderungsprofil sei erheblich anspruchsvoller.

Der Beschluss des BVerwG vom 20.06.2013 seit dem Beklagten naturgemäß zum Zeitpunkt der zwei Tage zuvor erfolgten Beförderung von E. nicht bekannt gewesen. Insoweit fehle es an einer schuldhaften Pflichtenverletzung.

Die Klägerin sei auf die Anforderungen des Dienstpostens FDL 407 in keiner Weise vorbereitet und habe sich dafür in keiner Weise qualifiziert und habe deshalb hinter der ausgewählten Bewerberin zurückstehen müssen.

Er, der Beklagte, habe alle potentiellen Bewerber einschließlich der Klägerin in den Blick genommen.

Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass der Personalrat der Beförderung der Klägerin nach A 12 nur mit der Maßgabe zugestimmt habe, dass „eine spätere Umsetzung … auf eine Stelle mit Leitungsfunktion nicht beabsichtigt“ sei und nur „einvernehmlich mit Zustimmung des Personalrates“ erfolgen könne.

Im Übrigen habe die Klägerin auch Rechtsmittel unterlassen, um den Schaden abzuwenden.

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung und mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter und nach § 101 Abs. 2 VwGO weiterhin ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Beklagten. Entsprechend war der ablehnende Bescheid vom 09.07.2015 aufzuheben.

Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, wenn diese Rechtsverletzung für die Nichtbeförderung des Beamten kausal war und wenn der Beamte es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - BVerwG 2 C 23.12 -, juris Rn 42 m. w. N.). Rechtsgrundlage dieses unabhängig vom Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) bestehenden Anspruchs ist das Beamtenverhältnis; eines Rückgriffs auf die Verletzung der Fürsorgepflicht bedarf es nicht ((OVG Lüneburg, Urteil vom 10. Februar 2015 – 5 LB 105/14 –, Rn. 36, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 26.1.2012 - BVerwG 2 A 7.09 -, juris Rn 15 m. w. N.; Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2014 - 5 LA 167/13 -; Beschluss vom 30.6.2014 - 5 LA 51/14 -; Urteil vom 25.11.2014 - 5 LB 7/14 -, juris Rn 36).

Die Klägerin hat einen Schaden erlitten. Nicht sie, sondern Frau E. wurde am 18.06.2013 nach A 13 befördert, während die Klägerin im Statusamt einer Kreisamtsrätin (A 12) verblieb. Ihr entgeht seither die entsprechende höhere Besoldung und sie hat seither auch nur versorgungsrechtliche Ansprüche nach A 12 erworben.

Dieser Schaden wurde ihr vom Beklagten schuldhaft rechtswidrig zugefügt. Denn der Beklagte hat bei der Auswahlentscheidung zugunsten von Frau E. den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt.

Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beamten auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Beförderung bzw. Nichtbeförderung (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 28. November 2011 – 2 BvR 1181/11 –, Rn. 20, juris).

Grundsätzlich dienen die konkreten Stellenausschreibungen und die sich daran anschließende Auswahlverfahren der verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Bewerber. Um eine Durchsetzung der in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechte sicherstellen zu können, erfordert der Bewerbungsverfahrensanspruch eine angemessene Gestaltung des Auswahlverfahrens (BVerfG, a.a.O., Rn. 21, juris, unter Hinweis auf BVerfGK 10, 355 <357>; zu Art. 12 Abs. 1 GG vgl. BVerfGE 73, 280 <296>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01 u. a. -, DVBl 2002, S. 1629; BVerfGK 5, 205 <215>).

Diese Pflicht zur angemessenen Ausgestaltung des Stellenbesetzungsverfahrens hat der Beklagte bei der hier streitigen Stellenbesetzung verletzt.

Eine Verletzung der vorstehende Grundsätze liegt bereits in dem Umstand, dass entgegen der Bestimmung des § 9 Abs. 1 NBG, wonach Bewerber sollen durch Stellenausschreibung ermittelt werden sollen, der Beklagte den streitigen Dienstposten nicht ausgeschrieben hat.

Er durfte auch nicht ausnahmsweise von einer Ausschreibung absehen.

Zwar beruft sich der Beklagte im Bescheid vom 09.07.2015 darauf, dass es sich bei dem Dienstposten FDL 407 um eine besondere Vertrauensstellung handele. Anhaltspunkte dafür, dass es sich tatsächlich um eine besondere Vertrauensstellung handelt, hat der Beklagte jedoch nicht dargelegt. Sie ergeben sich auch nicht aus dem vorgelegten Verwaltungsvorgang.

Dass Bewerber auf eine Stellenausschreibung sich Hoffnungen machen und bei einer Ablehnung enttäuscht sein können, liegt in der Natur der Sache. Wäre dies ein hinreichender Grund, um von einer Stellenausschreibung abzusehen, könnte von jedweder Ausschreibung abgesehen werden. Denn immer, wenn eine Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern getroffen werden muss, werden die Erwartungen der nicht ausgewählten Bewerber enttäuscht.

Dem Beklagten ist zwar einzuräumen, dass die Klägerin - wenn sie denn auch ohne ausdrückliche Bewerbung in den potentiellen Bewerberkreis einbezogen war - jedenfalls durch die fehlende Ausschreibung nicht in ihren Rechten verletzt worden sein kann. Jedoch ist nach der Würdigung aller Umstände davon auszugehen, dass die Klägerin gerade nicht als mögliche Beförderungskandidatin die Auswahlentscheidung einbezogen war.

Im Bescheid vom 09.07.2015 führt der Beklagte zwar aus, alle potentiellen Bewerber - einschließlich der Klägerin - hätten im Blickfeld bei der Auswahlentscheidung gestanden. Einen Nachweis für diese Behauptung bleibt der Beklagte jedoch schuldig.

Der jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten schreibt zudem im Schriftsatz vom 09.05.2014, die Klägerin sei - weil sie sich nicht beworben habe - gerade nicht in das Bewerbungsverfahren einbezogen worden. Diesen Widerspruch hat der Beklagte nicht erklären können. Dafür, dass tatsächlich die Klägerin gar nicht in eine Auswahlentscheidung einbezogen wurde, spricht zum einen auch die in der Beiakte 002 Bd. 2 auf 12, 13 befindlichen Dokumente zur „Fortsetzung der Führungsklausur-Personalentwicklung“. Diese Dokumente stehen zwar formal nicht in Zusammenhang mit dem Stellenbesetzungsverfahren FDL 407, es werden dort aber Namen für die Qualifizierung künftiger Führungskräfte genannt. In dieser Liste wird die Klägerin nicht genannt. Weiterhin ist die vom Beklagten vorgetragene Absprache mit dem Personalrat (GA Bl. 106) ebenfalls ein starkes Indiz dafür, dass die Klägerin nicht in den Kreis der potentiellen Bewerber einbezogen worden war.

Auch aus dem Stellenbesetzungsvorgang ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Klägerin bei der Frage der Stellenbesetzung überhaupt in irgendeiner Weise berücksichtigt wurde.

Das Gericht ist nach alledem zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht als potentielle Mitbewerberin für die zu besetzende A-13-Stelle bei der Auswahlentscheidung einbezogen worden war.

Die Auswahlentscheidung ist zudem nicht dokumentiert worden. Die fehlende Dokumentation der Auswahlentscheidung stellt ebenfalls bereits einen erheblichen Verfahrensfehler dar. Denn die Auswahlentscheidung ist zwingend zu dokumentieren. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Beamte gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 09. Juli 2007 – 2 BvR 206/07 –, Rn. 21, juris, m.w.N.).

Zwar ist dem Beklagten auch einzuräumen, dass die Klage gleichwohl keinen Erfolg haben kann, wenn der Beklagte die Klägerin bereits von vornherein als nicht geeignete Kandidatin ausschließen durfte. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Wohl können Bewerber für einen Dienstposten, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Gründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen nicht mehr in den Eignungs- und Leistungsvergleich einbezogen werden. Dies gilt auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2015 – 5 ME 196/15 –, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 6.4.2006 - BVerwG 2 VR 2.05 -). Aus dem Organisationsrecht des Dienstherrn resultiert die Ermächtigung des Dienstherrn, Auswahlentscheidungen dadurch vorzuprägen, dass er ein Anforderungsprofil von zu besetzenden Dienststellen festlegt. Das Anforderungsprofil ist eine Maßnahme der Personalauswahl mit dem Ziel, den geeigneten Bewerber für eine zu besetzende Stelle zu finden. Mit der Aufstellung eines Anforderungsprofils wird auf die Besetzung des jeweiligen Dienstpostens als solchen unabhängig von den jeweiligen Bewerbern abgestellt. Beim Anforderungsprofil geht es nicht schon um den Vorgang der Dienstpostenbesetzung, sondern vielmehr um den Maßstab, mit dem der am besten geeignete Bewerber gefunden wird. Wenn ein Anforderungsprofil für die Besetzung einer Stelle erstellt wird, dann ist dies gewissermaßen eine antizipierte Auswahlentscheidung. Damit schichtet der Dienstherr das Auswahlverfahren ab. Das Anforderungsprofil wird zur Grundentscheidung des Auswahlverfahrens gemacht, es wird gleichsam vor die Klammer des Auswahlverfahrens im eigentlichen Sinne gezogen (Zeiler, ZBR 2010, S. 191).

Diese Voraussetzungen, um einen potentiellen Bewerber von vornherein auszuschließen, liegen im hier streitigen Fall jedoch nicht vor.

Zwar trägt der Beklagte vor, die Klägerin erfülle nicht das Anforderungsprofil für die Stelle FDL 407, welches sich aus der Funktionsbeschreibung der zu besetzenden Stelle ergebe. Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung darf jedoch grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu in seinem Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1/13 –, BVerwGE 147, 20-37, u.a. ausgeführt:

„Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und damit, soweit eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht (vgl. Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <242> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31), auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet (Urteil vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <153> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30). Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar. Zwar entscheidet der Dienstherr über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 - NVwZ 2012, 368 <369>). Wie er seine Stellen zuschneidet, welche Zuständigkeiten er ihnen im Einzelnen zuweist und welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der daraus im Einzelnen resultierenden Aufgaben für erforderlich ansieht, fällt in sein Organisationsermessen, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6, jeweils Rn. 54). Setzt ein Dienstposten nach seiner Funktionsbeschreibung spezifische Anforderungen voraus, die der Inhaber zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Dienstaufgaben erfüllen muss, können diese Kriterien im Rahmen der Stellenausschreibung verlangt werden.

….

. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber um den Dienstposten gemessen. Fehler im Anforderungsprofil führen daher grundsätzlich auch zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Grundsatz der Bestenauswahl orientierten Gesichtspunkten beruhen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <270 f.> = juris Rn. 18). Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist aber nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - IÖD 2013, 98; zum Amtsbezug auch Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Hiermit ist nicht vereinbar, einen Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht. Dies steht mit dem Laufbahnprinzip nicht in Einklang. Danach wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 15). Eine Ausrichtung an den Anforderungen des konkreten Dienstpostens lässt überdies außer Acht, dass die Betrauung des Beamten mit einem bestimmten Dienstposten nicht von Dauer sein muss. Der Dienstherr kann den Aufgabenbereich des Beamten nach seinen organisatorischen Vorstellungen und Bedürfnissen jederzeit ändern, sofern ein sachlicher Grund hierfür vorliegt (Urteil vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 41.89 - BVerwGE 89, 199 = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 34). Der ausgewählte Bewerber soll daher der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist. Schließlich ermöglicht die an den Anforderungen eines Dienstpostens orientierte Auswahlentscheidung eine vom Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung unabhängige Ämtervergabe (vgl. zur Missbrauchsgefahr derartiger Auswahlentscheidungen Urteil vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53).“

Dem schließt sich das Gericht an.

Ausnahmen hiervon sind nach diesen Grundsätzen nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle.

Derartige besondere Kenntnisse und Fähigkeiten lassen sich anhand der Stellenbeschreibung nicht erkennen. Selbst wenn zugunsten des Beklagten davon ausgegangen werden würde, dass sich aus der Dienstpostenbeschreibung ein zulässiges Anforderungsprofil ableiten ließe, würde auch die Klägerin diese Anforderungen erfüllen.

Die Klägerin erfüllt ebenso wie die ausgewählte Beamtin die Laufbahnvoraussetzungen des früheren gehobenen Dienstes. Zwingende besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und die er sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann, lassen sich aus der Arbeitsplatz- und Stellenbeschreibung (Beiakte 002 Bd. 1, Bl. 19 ff.) nicht erkennen.

Dass der Beklagte ein zulässiges Anforderungsprofil (eine Arbeitsplatz- und Stellenbeschreibung stellt für sich allein schon kein Anforderungsprofil im vorstehend genannten Sinne dar) und mit welchem Inhalt formuliert hat, lässt sich nicht feststellen. Dafür bietet der vom Beklagten vorgelegte Stellenbesetzungsvorgang keinerlei Anhaltspunkte.

Es gibt daneben keine anderen Gründe, die es rechtfertigen, die Klägerin von dem Stellenbesetzungsverfahren von vornherein auszuschließen.

Aus dem Umstand, dass die Klägerin im Jahr 1999 an der Vorgänger-Stelle der heutigen Stelle FDL 407 kein Interesse gezeigt hatte, wie ihr im angefochtenen Bescheid vorgeworfen wird, lässt sich kein ausschlaggebendes Kriterium für einen Ausschluss ableiten. Seither waren rund 14 Jahre vergangen und die in Rede stehende Stelle hatte sich durch Aufgabenverlagerung und Höherbewertung wesentlich gewandelt. Auch dass die Klägerin möglicherweise ebenfalls Interesse an einer anderen Beförderungsstelle (GA Bl. 20) gezeigt hat, stellt keinen zulässiges Grund dar, sie aus dem Bewerberkreis für die dem Dienstposten FDL 407 zugeordnete A 13-Stelle auszuschließen.

Soweit die Beklagte im angefochtenen Bescheid ausführt, mit einer Arbeitszeit von 60 v.H. sei die der E. übertragene Stelle nicht auszufüllen, hätte die Beklagte - wenn denn diese Einschätzung überhaupt zutreffend und die Stelle tatsächlich nicht teilzeitgeeignet sein sollte - abklären können und müssen, ob die Klägerin im Fall einer positiven Auswahlentscheidung bereit wäre, ihre Arbeitszeit entsprechend zu erhöhen. Allein der Umstand, dass jemand bislang in Teilzeit gearbeitet hat, führt jedenfalls nicht dazu, ihn von vornherein nicht als potentiellen Bewerber mit zu berücksichtigen.

Für eine an Art. 33 GG orientierte Auswahlentscheidung spielt es weiterhin keine Rolle, ob der Beklagte „aus Gründen der Fairness“ Frau E. eine andere A 13 Stelle hätte anbieten müssen bzw. können oder nicht. Auch die behauptete Vereinbarung mit dem Personalrat kann das in der Verfassung gewährleistete Prinzip der Bestenauslese nicht außer Kraft setzen.

Nach alledem hat der Beklagte das Stellenbesetzungsverfahren rechtswidrig betrieben und dadurch den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt.

Der Beklagte hat den Bewerbungsverfahrensanspruch auch zumindest fahrlässig und mithin schuldhaft verletzt.

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem allgemeinen Beamtenverhältnis gilt der allgemeine, objektiv-abstrakte Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. § 276 Abs. 2 BGB und BVerwG, Urteil vom 26.1.2012, a. a. O., Rn 39; Nds. OVG, Beschluss vom 30.6.2014 - 5 LA 51/14 -; Urteil vom 25.11.2014, a. a. O., Rn 50; OVG Lüneburg, Urteil vom 10. Februar 2015 – 5 LB 105/14 –, Rn. 50, juris).

Zwar beruft er sich zu seiner Entlastung darauf, dass er am 18.06.2013 vom erst zwei Tage später getroffene Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.06.2013 noch keine Kenntnis hatte. Auf die Frage der Rechtmäßigkeit eines Anforderungsprofils kommt es hier indes schon deshalb nicht mehr an, weil der Beklagte kein - jedenfalls kein dokumentiertes - Anforderungsprofil erstellt hat, woran er seine Auswahlentscheidung orientierte. Nach dem Bild, wie es sich aus den Verwaltungsvorgängen ergibt, hat er vielmehr gar keine Auswahlentscheidung zwischen mehreren Bewerbern, insbesondere nicht zwischen der Klägerin und der dann beförderten Beamtin getroffen, sondern war von Anfang an nur auf Frau E.als zu befördernde Beamtin fixiert.

Die rechtswidrige und schuldhafte Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruches der Klägerin ist weiterhin kausal für den geltend gemachten Schaden (geringere Amtsbezüge, möglicherweise später auch geringere Versorgung im Ruhestand). Es besteht ein adäquat kausaler Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden, d.h. der Nichtbeförderung.

Ein derartiger adäquat kausaler Zusammenhang besteht dann, wenn einem Beamten ohne den Rechtsverstoß das angestrebte Amt voraussichtlich übertragen worden wäre (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44, bestätigt durch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811.09 - BayVBl 2010, 303).

Ob ein solcher Zusammenhang gegeben ist, hängt von allen Umständen des konkreten Falles ab. Das Gericht hat demgemäß den hypothetischen Kausalverlauf zu ermitteln, den das Auswahlverfahren ohne den Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätte. Es muss ermitteln, welche Handlungsalternativen der Dienstherr erwog und warum er sich für den konkret eingeschlagenen fehlerhaften Weg entschieden hat. Es muss beurteilen, welchem Bewerber der Dienstherr den Vorzug gegeben hätte, wenn er eine rechtmäßige Alternative verfolgt hätte ((BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 – 2 A 7/09 –, BVerwGE 141, 361-376, Rn. 43).

Allerdings ist die Darlegung und Ermittlung eines derartigen hypothetischen Kausalverlaufs desto schwieriger, je fehlerhafter das Auswahlverfahren im konkreten Fall gewesen ist. Denn auch wenn es häufig möglich sein wird, einzelne Rechtsfehler eines Auswahlverfahrens hinwegzudenken, um den hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn nachzuzeichnen, werden hinreichende Anhaltspunkte für eine derartige Betrachtung oftmals fehlen, wenn das Auswahlverfahren durch eine Vielzahl miteinander verschränkter Rechtsfehler gekennzeichnet ist (Nds. OVG, Beschluss , Urteil vom 10.022.2015 - 5 LB 105/14 -, juris, Rdnr. 54 mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 26.1.2012, a. a. O., Rn 43; Nds. OVG, Beschluss vom 30.6.2014 - 5 LA 51/14 -).

Grundsätzlich trägt zwar dabei derjenige, der Schadenersatz begehrt, die Beweislast dafür, dass das rechtswidrige Handeln kausal für den eingetretenen Schaden ist.

Eine derart rechtmäßige Handlungsalternative für den Beklagten würde vorliegen, wenn die ausgewählte und letztendlich beförderte Beamtin im Verhältnis zur Klägerin leistungsstärker und auch bei einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung zu befördern gewesen wäre. Der Beklagte kann sich hier indes nicht darauf berufen, dass die ausgewählte Beamtin besser geeignet war als die Klägerin.

Soweit sich der Beklagte auf die Beurteilungen aus dem Jahr 2007 bzw. 2008 beruft, kann er damit keinen Erfolg haben.

Die Beurteilung für Frau E. aus dem Jahr 2007 liegt dem Gericht nicht vor. Das Gericht geht jedoch davon aus, dass die Beamtin wie vom Beklagten vorgetragen mit „übertrifft erheblich die Anforderungen“ beurteilt worden ist.

Die Klägerin ist ebenfalls im Jahr 2008 beurteilt worden. Zwar heißt es bei ihr, dass ihre Leistungen die allgemeinen Anforderungen im Wesentlichen erheblich übertreffen. Die Formulierung „im Wesentlichen“ stellt zwar eine gewisse Einschränkung dar, muss jedoch außer Betracht bleiben. Denn nach den „Richtlinien über die dienstlichen Beurteilungen der Beschäftigten beim Landkreis Hildesheim“ (GA Bl. 27 ff.) sind derartige Einschränkungen bzw. Zwischenbeurteilungen nicht vorgesehen. Vom Gesamturteil her gesehen sind beide Beurteilungen nach alledem gleich; jedoch ist einzustellen, dass die Klägerin noch als Kreisamtfrau, E. bereits als Kreisamtsrätin beurteilt worden war.

Letztendlich kann diesen Beurteilungen bei einer Auswahlentscheidung zwischen der Klägerin und der E. aber keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zukommen. Die Beurteilungen sind nicht mehr aktuell und für eine Auswahlentscheidung nicht mehr aussagekräftig. Abgesehen vom Zeitablauf war die Klägerin zwischenzeitlich ebenfalls zur Kreisamtsrätin befördert worden. Die im Ablehnungsbescheid des Beklagten vertretene Auffassung, es sei aufgrund der Beurteilung von 2008 „nicht erkennbar, inwiefern eine solche (d.h. neue, Anm. d. Gerichts) Anlassbeurteilung speziell für die in Rede stehende Beförderungsstelle … (die bisherigen) dienstlichen Beurteilungen hätte übertreffen können“, geht nach alledem fehl. Aus der Beurteilung des Jahres 2008 lassen sich mangels Aktualität überhaupt keine Schlussfolgerungen mehr ziehen.

Zwar hat der Beklagte Frau E. vor ihrer Ernennung im April 2013 beurteilt. Die Beamtin erhielt wiederum die zweitbeste Note. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass Frau E.zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im Vergleich zu der Klägerin die leistungsstärkere Beamtin war.

Zum Stand April 2013 lag dem Beklagten keine aktuelle Beurteilung der Klägerin vor. Der Beklagte hat bei der Klägerin von einer Beurteilung abgesehen (obwohl nach seinen eigenen Beurteilungsrichtlinien bei der Klägerin ohnehin eine Regelbeurteilung angestanden hätte). Die Klägerin wurde allerdings als Kreisamtsrätin am 30.07.2015 beurteilt. Für die gesamte Zeit ab 25.11.2008 - und damit auch für die Zeit, in der die Auswahlentscheidung gefallen ist - erhielt sie mit dem Gesamturteil „Spitzenleistung“, eine Note, die eine ganze Notenstufe über der Beurteilung der E. vom 02.04.2013 lag, die Grundlage der Beförderung von Frau E war. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin erst in letzter Zeit ihre Leistungen so bedeutend gesteigert hat, dass sie gleichwohl für den gesamten Beurteilungszeitraum diese Endnote zugesprochen bekam. Die Beurteilung der Klägerin spricht vielmehr dafür, dass sie auch schon im Jahr 2013 eine „Spitzenleistung“ erbracht hat.

Von einer rechtmäßigen Handlungsalternative, die der Beklagte verfolgt hat, kann nach alledem nicht die Rede sein.

Sofern den von dem Dienstherrn im Rechtsstreit vorgelegten Unterlagen - wie hier - nicht zu entnehmen ist, dass er eine rechtmäßige Handlungsalternative verfolgt hat, die Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs allerdings schwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist, kann dies dem betroffenen Beamten nicht angelastet werden. In einem solchen Fall kann das Gericht Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zu Gunsten des betroffenen Beamten erwägen oder der Situation bei seiner Prognose eines möglichen Erfolgs des betroffenen Beamten bei rechtmäßigem Verhalten des Dienstherrn Rechnung tragen. Ein Anspruch auf Schadensersatz wird hierbei schon dann regelmäßig in Betracht kommen, wenn der betroffene Beamte bei einer Entscheidung nach leistungsbezogenen Auswahlkriterien zumindest reelle Beförderungschancen gehabt hätte, wenn also seine Beförderung ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG nach Lage der Dinge ernsthaft möglich gewesen wäre (OVG Lüneburg, Urteil vom 10. Februar 2015, a.a.O., Rn. 55, juris, mit Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 26.1.2012, a. a. O., Rn 44 f.; Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn 26 - Rn 28; Nds. OVG, Beschluss vom 30.6.2014 - 5 LA 51/14 -; Urteil vom 25.11.2014, a. a. O., Rn 56).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann im vorliegenden Einzelfall eine mit Blick auf das Ergebnis hinreichend sichere Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs nicht mehr erfolgen. Das Gericht kann den hypothetischen Kausalverlauf weder dahingehend ermitteln, dass die Klägerin 2013 anstelle der Frau E. tatsächlich befördert worden wäre, wenn der Beklagte ihren Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt hätten, noch dass es ausgeschlossen erscheint, dass die Klägerin sich in der Konkurrenz mit den anderen Bewerbern, insbesondere in Konkurrenz mit E.durchgesetzt hätte. Bei dem Leistungsbild der Klägerin, wie es sich insbesondere aufgrund der Beurteilung vom 09.06.2015 darstellt, kann die ernsthafte Möglichkeit einer für sie positiven Auswahlentscheidung bei einem ordnungsgemäßen Stellenbesetzungsverfahren nicht verneint werden. Die sich aus Vorstehendem ergebende Unerweislichkeit des hypothetischen Kausalverlaufs geht zu Lasten des Beklagten (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 10. Februar 2015 – a.a.O, –, Rn. 56, juris; BVerwG, Urteil vom 26.1.2012, a. a. O., Rn 44 f.; OVG NRW, Urteil vom 20.6.2013 - 1 A 1/11 -, juris Rn 51 und Rn 59 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 30.6.2014 - 5 LA 51/14 -).

Letztendlich konnte die Klägerin den Schaden nicht durch die Einlegung von Rechtsbehelfen verhindern. Da der Beklagte das Stellenbesetzungsverfahren nicht öffentlich durchgeführt hatte, hatte die Klägerin bis zur tatsächlichen Beförderung der E.keine Kenntnis von der Entscheidung zugunsten dieser Beamtin.

Soweit der Beklagte meint, die Klägerin hätte auch nach der erfolgten Ernennung der Frau E. noch Anfechtungsklage gegen diesen Verwaltungsakt erheben können, führt auch dieser Einwand nicht zur Klageabweisung. Einer Anfechtung steht der Grundsatz der Ämterstabilität entgegen.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dem vom Beklagten zitierten Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16/09 - durchaus eine Ausnahme vom Grundsatz der Ämterstabilität zugelassen., dies allerdings nur in engen Grenzen. Ausgangspunkt war, dass der Dienstherr den nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Rechtsschutz einem Mitbewerber verhindert hatte. Obwohl der seinerzeit unterlegene Mitbewerber eine Verfassungsbeschwerde angekündigt hatte, wurde der Konkurrent ernannt, ohne dieses Verfahren abzuwarten. In diesem Fall entschied das BVerwG, dass „die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Ernennung …. nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität [scheitert], weil dem Kläger der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Rechtsschutz nicht erschöpfend vor der Ernennung gewährt worden ist. Aus diesem Grund …[sei] eine inhaltliche Nachprüfung der Ernennung verfassungsrechtlich geboten.“

Im Fall der Klägerin hat der Beklagte jedoch nicht angekündigte und mögliche Rechtsmittel eines Mitbewerbers rechtswidrigerweise verhindert. Die Klägerin war - mangels Kenntnis vom Stellenbesetzungsverfahren - gar keine Mitbewerberin, die gegen eine negative Auswahlentscheidung hätte vorgehen können. Würde auch in Fällen der vorliegenden Art - in denen ohne Ausschreibung eine freie Stelle einfach mit einem vom Dienstherrn präferierten Beamten besetzt wird - eine nachträgliche Dritt-Anfechtung zugelassen, würde der nach wie vor geltende Grundsatz der Ämterstabilität ad absurdum geführt. Das BVerwG wollte in seiner Entscheidung diesen Grundsatz aber nicht aufgeben, sondern nur bei einer sehr engbegrenzten Fallgestaltung, die so hier nicht gegeben ist, eine Ausnahme zuzulassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.