AG Charlottenburg, Urteil vom 03.07.2015 - 232 C 43/15
Fundstelle
openJur 2016, 5847
  • Rkr:
Tenor

1. Der Beklagte zu 2 wird als Gesamtschuldnerin neben dem Beklagten zu 1 verurteilt, die von ihnen innegehaltene Wohnung Nr. 3 im Hause ... Berlin, 1. OG rechts, bestehend aus 4 Zimmern, Küche mit separatem Essbereich, Diele, Flur, Wannenbad, Duschbad, Hobbyraum und Wintergarten, insgesamt ca. 124,33 m²

a) zu räumen,

b) an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 2 kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Durch Mietvertrag vom 01.05.2013 (Bl. 95 d. A.) mieteten die Beklagten von dem Voreigentümer des Grundstücks, das die Klägerin zu Alleineigentum erworben hat, mit Wirkung ab 01.05.2013 die im Tenor bezeichnete Wohnung in der ... Berlin. Die Miete betrug insgesamt einschließlich Vorauszahlungen monatlich 1375,-. Die Wohnung wurde, was der Klägerin nicht bekannt war, allein von der Beklagten zu 2 bewohnt. Für die Monate Februar und März 2014 zahlten die Beklagten zunächst keine Miete. Daraufhin kündigte die Klägerin durch Schreiben ihrer Hausverwaltung vom 11.03.2015, welches am 11.03.2015 um 11.00 Uhr durch Boten unter der Anschrift ... zugestellt wurde, das Mietverhältnis gegenüber den Beklagten fristlos und ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Auf die genauen Einzelheiten dieses Schreibens (Bl. 23 d. A. der Akte) wird verwiesen. Da die Beklagte den Rückstand am 11./12.03.2014 beglich, wurde das Mietverhältnis fortgesetzt.

Mit Schreiben vom 27.01.2015 kündigte die Klägerin durch ihre Hausverwaltung das Mietverhältnis erneut gegenüber den Beklagten unter der Anschrift ... fristlos und ordentlich zum nächstmöglichen Termin wegen vollständigen Rückstands mit den Mieten November 2014 und Januar 2015 und eines Rests der Miete für Dezember 2014 (Bl. 40 d.A.).

Mit der Klageschrift vom 23.02.2015, welche der Beklagten zu 2 am 25.03.2015 und dem Beklagten zu 1 am 22.05.2015 zugestellt wurde, kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen vollständigen Rückstands mit den Mieten/Nutzungsentschädigung für die Monate Oktober 2014, Januar und Februar 2015 und eines Rests für den Monat Dezember 2014 erneut fristlos und ordentlich zum nächstmöglichen Termin.

Mit Schreiben ihres Anwalts kündigte die Klägerin das Mietverhältnis in getrennten Schreiben an die beiden Beklagten erneut fristlos und ordentlich wegen vollständigen Rückstands mit den Mieten für die Monate Oktober 2014 und Januar 2015 und eines Rests für den Monat Dezember 2014 (Bl. 66 und 69 d. A.)

Mit der Klage beansprucht die Klägerin von den Beklagten die Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von ihnen innegehaltene Wohnung Nr. 3 im Hause ... in ... Berlin, 1. OG rechts, bestehend aus 4 Zimmern, Küche mit separatem Essbereich, Diele, Flur, Wannenbad, Duschbad, Hobbyraum und Wintergarten, insgesamt ca. 124,33 m²

a) zu räumen,

b) an die Klägerin herauszugeben.

Da der Beklagte zu 1 den Anspruch anerkannt hat, hat das Gericht ihn durch Anerkenntnisteilurteil vom 23.06.2015 antragsgemäß als Gesamtschuldner zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt und die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten

Der Kläger stellt jetzt noch

den bisherigen Antrag gegenüber der Beklagten zu 2

Die Beklagte zu 2 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet, soweit nicht bereits durch Anerkenntnisteilurteil entschieden wurde.

Die Klägerin kann auch von der Beklagten zu 2 die Räumung und Herausgabe der streitigen Wohnung verlangen. Der Anspruch folgt aus § 546 Abs. 1 BGB.

Durch die fristlosen Kündigungen ist das Mietverhältnis der Parteien gemäß § 543 Abs. 1 und 2 Nr. 3 a und b BGB beendet worden. Konkret befanden sich die Beklagten bei Ausspruch der Kündigung vom 23.02.2015 mit den Mieten Oktober 2014, Januar und Februar 2015 im Rückstand und waren damit für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete in Verzug und über mehr als zwei Termine mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug, der die Miete für zwei Monate erreichte (und sogar übertraf). Gleiches gilt für die Kündigung vom 12.05.2015 aufgrund es Rückstands mit den Mieten der Monate Oktober 2014 und Januar 2015 und eines Teils der Miete für den Dezember 2014. Bei der Kündigung vom 27.01.2015 war die Beklagte ebenfalls mit einem Betrag, der zwei Monatmieten erreichte, nämlich jedenfalls den Mieten für November 2014 (ggf. stattdessen auch hier Oktober 2014, was aber keine Unterschied macht) und Januar 2015 in Verzug. Die in dieser Kündigung auch ausgesprochene ordentliche Kündigung, bewirkte außerdem eine Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 2 Satz 2 BGB, weil ein Zahlungsrückstand, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, auch einen Grund für eine ordentliche Kündigung darstellt (vgl. Palandt-Weidenkaff, 74. Aufl., Rn. 16 zu § 573 BGB). Diese Kündigung wirkte gemäß § 573 c Abs. 1 BGB zum Ablauf des April 2015. Dabei kann die Beklagte auch nicht einwenden, dass diese Kündigung unwirksam gewesen sei, weil der Beklagte zu 1 dort, wo sie zuging nicht wohnhaft war. Da die Kündigung ausdrücklich an beide Beklagten gerichtet war und der Klägerin nicht bekannt war, dass der Beklagte zu 1 dort nicht wohnhaft war, wäre es treuwidrig, wenn die Beklagte sich darauf berufen wollte. Im Übrigen ist eine Kündigung gegenüber beiden Mietern aber auch dann entbehrlich, wenn der Auszug eines Mieters bereits längere Zeit zurückliegt und er mit der Wohnung nichts mehr zu tun haben will, insbesondere geräumt hat, ohne dem Vermieter die neue Anschrift mitzuteilen (vgl. Blank in Schmidt-Futterer, 11. Aufl., Rn. 31 zu § 542 BGB). Das muss im vorliegenden Fall, bei dem der andere Mieter gar nicht erst eingezogen ist und seine andere Anschrift nicht mitgeteilt hat, erst recht gelten.

Der Rechtsstreit ist auch zur Entscheidung reif. Die Schonfristregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB konnte die Beklagte gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB nicht für sich in Anspruch nehmen, weil bereits die Kündigung vom 11.03.2014 durch Zahlung hinfällig geworden war und weil die Kündigung, wie ausgeführt, auch aufgrund der ordentlichen Kündigung erfolgreich ist. Im Übrigen hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch eindeutig erklärt, das Mietverhältnis nicht fortsetzen zu wollen, weil sie sich die hohe Miete nicht leisten könne, so dass es auch deshalb keine Rolle spielen würde, wenn eine etwaige Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB noch nicht abgelaufen wäre (vgl. Blank in Schmidt-Futterer, a.a.O., Rn. 58 zu § 569 BGB).

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO. Diese Entscheidung betrifft auch den Beklagten zu 1. Da er bereits ein Anerkenntnis ausgesprochen hat, ergeht sie ihm gegenüber aufgrund seines Anerkenntnisses und bedurfte es insoweit seiner Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung nicht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 1 und 7, 711 ZPO.

Eine Räumungsfrist (§ 721 Abs. 1 ZPO) war der Beklagten nicht zu bewilligen. Die Problematik ist in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden. Bei der Abwägung der Interessen der Parteien, war zwar zu bedenken, dass die Wohnungssuche in Berlin derzeit schwierig ist. Die Beklagte muss sich aber entgegenhalten lassen, dass sie zum wiederholten Mal mit Miet/Nutzungsentschädigungszahlungen in Rückstand geraten ist. Zwar sind, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, für die Zeit ab Februar oder März 2015 Zahlungen erfolgt. Für den Monat Juni 2015 wurde sie aber nur in erheblich reduzierter Höhe geleistet. Unter diesen Umständen muss die Klägerin mit weiteren Ausfällen rechnen. In einem solchen Fall, wenn also die Zahlung der laufenden Nutzungsentschädigung während einer etwaigen Räumungsfrist nicht gewährleistet ist, ist dem Vermieter die Einräumung einer Räumungsfrist nicht zumutbar (vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 15). Hier kommt hinzu, dass das Räumungsbegehren der Klägerin aufgrund der Kündigung vom 27. Januar bereits seit fünf Monaten bekannt ist. Da sie nach ihrer eigenen Einschätzung die Wohnung nicht würde halten können, wäre von ihr zu erwarten gewesen, dass sie sich umgehend um eine neue Wohnung bemüht.

Keinhorst

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