LSG der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 29.10.2015 - L 23 SO 16/14
Fundstelle
openJur 2016, 5775
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 24. Oktober 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis einschließlich November 2011 für den Sozialhilfefall M G, geb. 1964, örtlich zuständig war.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 22.882,96 Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte seit dem 1. Dezember 2010 der für den Hilfefall M G für Eingliederungshilfeleistungen und Hilfe zum Lebensunterhalt zuständige Leistungsträger ist.

Die 1964 geborene und unter Betreuung stehende M G (im Folgenden: Hilfeempfängerin (HE)) leidet an einer geistigen Behinderung. Ausweislich des Schwerbehindertenausweises des Amtes für Soziales und Versorgung P vom 22. Januar 1993 wurde ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 und zudem die Merkzeichen G und H zuerkannt. Sie war pflegebedürftig im Sinne der Pflegestufe I, erhielt von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer und war in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig, zunächst in den Diakonischen Werkstätten T und ab dem 11. November 1996 in den D Behindertenwerkstätten P gGmbH.

Die HE lebte bis zum 40. Lebensjahr bei ihren Eltern in S. Nachdem die Betreuerin für sie zunächst einen Antrag auf einen vollstationären Heimplatz gestellt hat, zog die HE am 1. Februar 2006 auf eigenen Wunsch in eine ambulant betreute Wohngruppe des Evangelischen Diakonissenhauses in T. Dabei wurden ihr vom Beklagten Betreuungsleistungen im Umfang von acht Stunden pro Woche, ab dem 1. August 2006 von sieben Stunden pro Woche bewilligt.

Ab dem 1. Oktober 2008 wechselte die HE auf eigenen Wunsch in das ambulant betreute Wohnen der D Behindertenwerkstätten P gGmbH, K Straße in P. Dort bewilligte ihr der Kläger Leistungen im ambulant betreuten Wohnen von zunächst sechs, ab November 2006 von fünf Stunden pro Woche und ab November 2009 wieder im Umfang von sechs Stunden pro Woche.

Am 31. August 2010 stellte die Betreuerin der HE beim Kläger einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen der vollstationären Betreuung. Die HE sei wegen eines gestiegenen Hilfebedarfs (neurologische Veränderungen) nicht mehr in der Lage, weiterhin in einer ambulanten Wohnform zu leben.

Der Kläger leitete die Unterlagen unter Verweis auf einen Wechsel der Zuständigkeit nach § 98 Abs. 2 SGB XII an die Beklagte weiter. Diese sandte die Unterlagen am 30. November 2010 an den Kläger zurück.

Sie machte geltend, dass bei der HE anhand der medizinischen Unterlagen und fachlichen Einschätzungen ein ursprünglicher und fortlaufender stationärer Bedarf erkennbar sei. Zudem sei eine ambulante Versorgung mit einer hohen Fachleistungsstundenzahl, nämlich teilweise von acht Stunden pro Woche, bei bestehender Werkstatttätigkeit und entsprechender Fahrzeit erfolgt, was ebenfalls für einen stationären Bedarf spreche. Ein Zuständigkeitswechsel nach § 98 Abs. 2 SGB XII sei damit nicht gegeben. Mit Schreiben vom 8. Februar 2011 und 9. März 2011 bekräftigte die Beklagte die Ablehnung der Übernahme nochmals. Für den hier gegebenen Fall einer sog. gemischten Einrichtungskette finde § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII analog Anwendung mit der Folge, dass die ursprünglich gem. § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII bestehende örtliche Zuständigkeit auch nach dem Umzug der HE in eine stationäre Einrichtung erhalten bleibe.

Dessen ungeachtet bewilligte die Beklagte der HE, die ab dem 1. Dezember 2010 stationär im Wohnheim des D in P, D Wohnstätte K Straße, aufgenommen und betreut wurde, mit Bescheid vom 10. Januar 2011 ab dem 1. Dezember 2010 laufende Leistungen der Eingliederungshilfe in Form des Barbetrages. Die Leistungsgewährung erfolgte gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I vorläufig; mit Bescheid vom 18. Mai 2011 hob sie die Leistungsgewährung zum 1. Juni 2011 auf.

Mit Bescheid vom 8. April 2011 gewährte der Kläger der HE vorläufig gem. § 43 Abs. 1 SGB I und unter Verweis auf die nicht gegebene Zuständigkeit ab dem 1. Dezember 2010 bis zum 30. November 2011 Eingliederungshilfe in der vollstationären Wohnstätte des D, K Straße in P. Es erfolgte eine Einstufung in die Hilfebedarfsgruppe III, Leistungstyp 6 (externe Tagesstruktur). Zugleich bewilligte der Kläger der HE mit Änderungsbescheid vom 8. April 2011 - wiederum unter Hinweis auf die vorläufige Leistungserbringung gem. § 43 Abs. 1 SGB I - ab dem 1. Dezember 2010 Eingliederungshilfe für die Beschäftigung im Arbeitsbereich der nach § 136 SGB IX anerkannten Einrichtung D Behindertenwerkstätten P.

Mit Bescheid vom 31. Mai 2011 bewilligte der Kläger der HE ab dem 1. Juni 2011 bis zum 30. November 2011 vorläufig unter Verweis auf seine nicht gegebene Zuständigkeit einen Barbetrag gem. § 27 b Abs. 2 SGB XII von monatlich 49,27 €.

Am 8. April 2011 meldete der Kläger bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch aufgrund der vorläufigen Leistungsgewährung an. Zugleich machte er Erstattungsansprüche gegenüber dem Rentenversicherungsträger, der Pflegekasse und der Wohngeldstelle der Beklagten geltend. Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 bezifferte er seine Erstattungsansprüche erstmals gegenüber der Beklagten (VV II, 355). Mit Schreiben vom 29. November 2011 bezifferte der Kläger seinen Erstattungsanspruch für den Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis einschließlich 30. November 2011 mit insgesamt 22.945,90 €.

Der Kläger hat am 23. Dezember 2011 Klage zum Sozialgericht Potsdam - SG - erhoben, mit der er sein Begehren auf Erstattung der ihm im Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis einschließlich 30. November 2011 für den Hilfefall M G entstandenen Sozialhilfekosten in Höhe von zunächst 22.945,90 € weiterverfolgt hat. Er hat geltend gemacht, die Zuständigkeit der Beklagten für den Hilfefall ergebe sich aus § 98 Abs. 2 SGB XII. Eine Regelungslücke bestehe für derartige Fälle nicht. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass ein über den Wortlaut des § 98 Abs. 5 SGB XII hinausreichender Schutz der Orte des Betreuten Wohnens beabsichtigt gewesen sei. Soweit die Beklagte meine, die HE habe schon immer stationärer Hilfe bedurft, ändere dies an ihrer Zuständigkeit nichts. Denn § 98 Abs. 2 SGB XII knüpfe für die Zuständigkeit an den gewöhnlichen Aufenthalt bei Aufnahme in die Einrichtung an, ohne zu differenzieren, aus welchen Gründen der gewöhnliche Aufenthalt begründet worden sei.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 24. Oktober 2013 hat der Kläger die Klage in Höhe eines Betrages von 62,94 € zurückgenommen und im Übrigen beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Hilfefall M G für den Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis einschließlich November 2011 einen Betrag von 22.882,96 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Zuständigkeit des Klägers für den streitgegenständlichen Hilfefall ergebe sich aus § 98 Abs. 5 SGB XII i.V.m. einer analogen Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII. Im Falle des Übertritts eines HE von einer ambulant betreuten Wohnform in eine stationäre Wohnform bleibe die ursprüngliche Zuständigkeit bestehen. Der Schutz der Einrichtungsorte vor „Zuzüglern” müsse auch hier erhalten bleiben. Auch aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25. April 2013 - B 8 SO 6/12 R - ergebe sich nicht mit hinreichender Klarheit, dass eine analoge Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII für derartige Fälle nicht in Betracht komme. Zudem stelle das Betreute Wohnen des D eine Leistung in einer Einrichtung dar, da es sich um eine Außenstelle der stationären Wohnstätte des D handele. Demgemäß könne hier sogar von einer Einrichtungskette im klassischen Sinne ausgegangen werden.

Dem SG hat vorgelegen die Konzeption der D Behindertenwerkstätten P gGmbH, der zufolge im streitgegenständlichen Zeitraum dort sowohl 32 Plätze für stationär betreutes Wohnen als auch mindestens zwei Plätze für ambulant betreutes Wohnen im Villa-Anbau zur Verfügung standen.

Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 24. Oktober 2013 verurteilt, dem Kläger für den Hilfefall M G für den Zeitraum Dezember 2010 bis einschließlich November 2011 insgesamt 22.882,96 Euro zu zahlen, und der Beklagten die vollen Kosten des Verfahrens auferlegt.

Der Kläger habe als vorläufig Leistender einen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Die Beklagte sei nach § 98 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger. Die HE habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. § 30 Abs. 3 SGB I seit dem 1. Oktober 2008 im Zuständigkeitsbereich der Beklagten begründet. Die Vorschrift des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII sei vorliegend nicht, auch nicht analog, anwendbar mit der Folge, dass die ursprüngliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 SGB XII des Klägers für die der HE gewährten Leistungen bestehen geblieben wäre.

Die Voraussetzungen des § 98 Abs. 2 SGB XII seien nicht gegeben. Soweit das BSG in seiner Entscheidung vom 25. April 2013 (Az.: B 8 SO 6/12 R) - ohne abschließend und klar Stellung zu beziehen - darüber spekuliert habe, dass für eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII auch auf den Wechsel zwischen ambulant- und stationär betreuten Wohnformen sprechen könnte, „dass der sozialhilferechtlich relevante Bedarf des Betreuten-Wohnens, der durch Leistungen der Sozialhilfe zu decken ist, als Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX) im Kern unverändert bleibt und lediglich der äußere Rahmen, in dem die Hilfe geleistet wird (ambulant oder stationär), Veränderungen unterworfen ist”, weswegen der Schutz des Sozialhilfeträgers am Ort ambulant-betreuter Wohnmöglichkeiten dann bei unveränderter Bedarfslage nicht entfiele, folge die Kammer dem wegen der offenbar vom Gesetzgeber bewusst herbeigeführten Systematik des § 98 SGB XII nicht.

Auch das BSG führe in der genannten Entscheidung weiter aus, dass § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII allenfalls aus teleologischen Gründen bei einem einheitlichen Leistungsgeschehen des Betreuten-Wohnens entsprechend herangezogen werden könnte, während sich eine generelle Anwendbarkeit bei einem Wechsel zwischen Einrichtungen und Ambulant-betreuten-Wohnformen keinesfalls mit Wortlaut und Systematik des § 98 Abs. 5 SGB XII, der anders als Absatz 4 gerade nicht auf die gesamten Absätze 1 und 2 verweise, vereinbaren lasse.

Schon mit Blick auf die zahlreichen, schon unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) geführten Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialhilfeträgern zu dieser und ähnlich gelagerten Problematiken gehe die Kammer davon aus, dass eine planwidrige Regelungslücke, die entgegen dem klaren Wortlaut eine analoge Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII ermöglichen würde, nicht bestehe.

Entgegen der Auffassung der Beklagten handele es sich hier bei der von der HE im Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis zum 1. Dezember 2010 in Anspruch genommenen Hilfeform in den D Behindertenwerkstätten P auch nicht um eine quasi vollstationäre Betreuung. Denn nach der im streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Konzeption des D sei neben der (vollstationären) Wohnstätte mit 32 Plätzen ausdrücklich das Betreute Wohnen in der Villa angeboten und seien der HE insoweit entsprechende Leistungen im ambulant betreuten Wohnen und nicht für eine vollstationären Unterbringung bewilligt worden.

Auch der der HE bewilligte Umfang der ambulanten Leistungen von fünf bis acht Stunden spreche nicht für eine vollstationäre Unterbringung; unerheblich sei, dass zwei unterschiedliche Wohnformen, d.h. sowohl die Wohnstätte als auch die Wohnmöglichkeit im ambulant betreuten Wohnen quasi „unter einem Dach” beherbergt gewesen und unter identischer Trägerschaft angeboten worden seien.

Die Zuständigkeit der Beklagten für die weiteren Leistungen zu Gunsten der HE -Eingliederungshilfe für den Werkstattbesuch und die Gewährung des Barbetrages -folge aus § 97 Abs. 4 SGB XII.

Der Umfang der Kostenerstattung folge aus § 110 Abs. 1 SGB XII. Die Beklagte habe den vom Kläger geltend gemachten Umfang der der HE im Zeitraum 1. Dezember 2010 bis einschließlich November 2011 gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 22.882,96 €, worauf 11.261,92 € auf Eingliederungshilfeleistungen für den Werkstattbesuch und 11.621,04 € auf Eingliederungshilfeleistungen für die vollstationäre Unterbringung einschließlich des gewährten Barbetrages entfielen, nicht bestritten. Soweit der Kläger der HE entgegen der Rechtsprechung des BSG auch Leistungen für empfängnisverhütende Mittel gewährt hatte, habe der Kläger auf Anregung des Gerichts insoweit die Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 13. Dezember 2013 zugestellte Urteil am 13. Januar 2014 Berufung eingelegt, mit der sie die Aufhebung des Urteils begehrt hat. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie sei nicht der zuständige Leistungsträger gewesen, weil der Rechtsgedanke des § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII analog anzuwenden sei und es auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Hilfeempfängerin vor ihrer erstmaligen Unterbringung in einer ambulant betreuten Wohngruppe ankomme. Das BSG habe sich in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2013 (Az. B 8 SO 6/12 R) für eine analoge Anwendung des § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII ausgesprochen. Für eine analoge Anwendung könnte - so das BSG - sprechen, dass der sozialhilferechtlich relevante Bedarf des betreuten Wohnens, der durch Leistungen der Sozialhilfe zu decken sei, als Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Kern unverändert bleibe und lediglich der äußere Rahmen, in dem die Hilfe geleistet werde (ambulant oder stationär), Veränderungen unterworfen sei. Diese Voraussetzungen träfen auf den vorliegenden Fall zu. Zudem spreche einiges dafür, dass vorliegend sogar eine Einrichtungskette im klassischen Sinne vorliege, weil das betreute Wohnen des D zu den Leistungen in der Einrichtung zähle und sich nur als eine Außenstelle der stationären Wohnstätte des D darstelle. Nach der noch zum BSHG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) gehöre die dezentrale Unterkunft betreuter Personen (Außenwohngruppe) zu den Räumlichkeiten der Einrichtung, wenn die Unterkunft der Rechts- und Organisationssphäre des Einrichtungsträgers so zugeordnet sei, dass sie als Teil des Einrichtungsganzen anzusehen sei (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1994, Az. 5 C 24/92). Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt.

Der sozialhilferechtliche Bedarf des betreuten Wohnens der HE sei im Kern unverändert geblieben. Für die Klägerin sei zunächst mit Schreiben vom 31. Januar 2005 ein vollstationärer Heimplatz beantragt worden. Weil bei diesem Träger zu diesem Zeitpunkt kein Platz frei gewesen sei, sei die HE zunächst in einer Einrichtung des ambulant betreuten Wohnens untergebracht worden. Der Umfang Ihres Betreuungsbedarfs sei dort zunächst auf acht Stunden wöchentlich, später auf sieben Stunden wöchentlich eingeschätzt worden, nach dem Wechsel in die Einrichtung des D habe der Betreuungsumfang sechs Stunden wöchentlich betragen. Beim Wechsel in die stationäre Betreuungsform sei in der Kostenübernahmeerklärung vom 8. April 2011 als Förderschwerpunkt beschrieben worden, dass dieser im Bereich der individuellen Basisversorgung liege. Die HE habe intensive Unterstützung und Förderung bei der regelmäßigen Körperpflege und Hygiene, eine tägliche Kontrolle der Wäsche und des Wäschewechsels sowie Unterstützung im Bereich der Reinigung der Räumlichkeiten. Viel Unterstützungssein der Gesundheit Sorge erforderlich, der Ablösungsprozess vom Elternhaus müsse begleitet und unterstützt werden.

Vergleiche man dies mit den in den Verwaltungsvorgängen eingefügten Entwicklungsberichten, Gutachten und Hilfeplänen, werde ersichtlich, dass es auf diese Förderschwerpunkte seit Hilfebeginn angekommen sei. Aus den seitens der Leitung der Wohnstätte erstellten Entwicklungsberichten aus den Jahren 2009 und 2010 gehe hervor, dass es im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens erhebliche Probleme bei der Bewältigung der alltäglichen Lebensführung der HE gegeben habe.

Bereits die im Jahr 2005 erstellte Einschätzung des amtsärztlichen Dienstes sei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betreuungsbedarf der HE dem einer stationären Einrichtung entspreche. Von verschimmelten Lebensmitteln und verschimmelten Kaffeefiltertüten sei bereits im Entwicklungsbericht vom 16. Juli 2009 die Rede gewesen. Der tatsächliche Bedarf der HE habe den bewilligten Betreuungsstunden nicht entsprochen, was letztlich zu einer Verwahrlosung der HE geführt habe. Der vorliegende Hilfeverlauf stelle ein „einheitliches Leistungsgeschehen“ in dem vom BSG für eine analoge Anwendung des § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII geforderten Sinne dar. Die HE habe stets einer intensiven Unterstützung bedurft. Aus dem Hilfeverlauf werde ersichtlich, dass die Entscheidung, ob der äußere Rahmen, in dem die Hilfe geleistet wurde, ambulant oder stationär gestaltet war, letztlich sehr relativ und auch abhängig von jeweils zuständigen Sachbearbeiter gewesen sei. Es sei nicht auszuschließen, dass zum Teil auch Kostenerwägungen eine Rolle gespielt hätten.Die Übergänge zwischen ambulanter Betreuung und stationäre Betreuung seien teilweise fließend gewesen.

Im Übrigen sprächen auch Anhaltspunkte dafür, dass das so genannte „Betreute Wohnen“ bei dem Träger D Behindertenwerkstätten gGmbH der Gesamteinrichtung zuzuordnen. Zum einen seien die Entwicklungsberichte für das betreute Wohnen durchgängig von der Leiterin der Wohnstätte erstellt worden. Zum anderen ergebe sich aus dem Konzept des Trägers, dass die für die Betreuung in ambulanter Wohnform zuständigen Mitarbeiter dem Betreuerteam der Wohnstätte, also der stationären Einrichtung, angeschlossen gewesen seien. Zudem sei der von der HE genutzte Wohnraum durch den Träger dieser Einrichtung vorgehalten worden. Es sei somit davon auszugehen, dass auch das ambulante Wohnen der „Rechts- und Organisationssphäre des Einrichtungsträgers“ zuzuordnen gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 24. Oktober 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, festzustellen, dass die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Dezember 2010 bis einschließlich November 2011 für den Sozialhilfefall M G zuständig war.

Mit bei Gericht am 16. Oktober 2015 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger seinen Klageantrag umgestellt und mitgeteilt, dass ihm nach Klageerhebung im Kostenerstattungsverfahren nach §§ 10 ff. AG-SGB XII BB die Aufwendungen für den Hilfefall G. durch das Land erstattet worden seien. Die Erstattung sei ohne Einzelfallprüfung und ohne Prüfung der Zuständigkeit des Klägers für diesen Fall erfolgt. Aus diesem Grund werde der ursprüngliche Antrag auf Erstattung nicht weiterverfolgt. Die bisherige Leistungsklage habe aber notwendigerweise die Prüfung der Zuständigkeit der Beklagten für die Leistung enthalten. An der gerichtlichen Klärung dieser Vorfrage werde festgehalten. Er habe ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung, weil die Beklagte ihre Zuständigkeit bestreite und den Leistungsfall nicht ohne eine gerichtliche Entscheidung über die Zuständigkeit übernehmen werde und auch keine Kostenerstattung für zukünftige, nicht vom Land erstattete Zeiträume leisten werde. Die Antragsänderung sei nach § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG nicht als Klageänderung zu bewerten. Der Begriff „Leistung“ sei weit auszulegen und umfasse auch die Umstellung von einem Leistungs- auf einen Feststellungsantrag.

Im Übrigen hält er die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht ergänzend geltend, dass Grund für den Wechsel vom ambulant betreuten Wohnen in die stationäre Einrichtung ein mit der Zeit gewachsener Betreuungsbedarf der HE gewesen sei. Nach dem Auszug aus dem Elternhaus im Jahre 2006 habe der Betreuungsumfang von zunächst acht Stunden auf zuletzt fünf Stunden in 2008 abgesenkt werden können. Von 2009 ab habe sich der Betreuungsbedarf wieder kontinuierlich erhöht. Die Bedarfslage habe sich geändert. Beim Übertritt in die vollstationäre Einrichtung habe vor allem eine Inkontinenzproblematik, mangelnde Hygiene und Körperpflege im Vordergrund gestanden. Die Bedarfslage habe sich insoweit inhaltlich wie auch im Umfang der Betreuungsstunden geändert. Es habe kein „einheitliches Leistungsgeschehen“ vorgelegen. Auch die Betreuerin weise in ihrem Antrag vom 31. August 2010 darauf hin, dass der Betreuungsbedarf aufgrund neurologischer Veränderungen enorm gestiegen sei. Der gestiegene Hilfebedarf stelle sich auch in der Einschätzung der Hilfebedarfsgruppe dar. Während bei der Aufnahme in das ambulant betreute Wohnen noch von einem Hilfebedarf der Gruppe 2 ausgegangen worden sei, sei im Herbst 2010 ein Bedarf im oberen Bereich der Gruppe 3 festgestellt worden. Diese Tendenz habe sich fortgesetzt, nach Aufnahme in die vollstationäre Betreuung sei der Bedarf im November 2011 in der Hilfebedarfsgruppe 4 eingeschätzt worden.

Beim ambulant betreuten Wohnen des D in P habe es sich auch nicht um eine Außenwohnstätte im Sinne des BSHG gehandelt. Wie sich aus der Konzeption ergebe, werde das betreute Wohnen gerade als <noindex> aliud zur vollstationären Wohnstätte betrachtet. Zielgruppe seien nach Ziffer 3 der Konzeption ausdrücklich diejenigen Menschen, die in einer vollstationären Einrichtung überversorgt wären. Dass es teilweise Überschneidungen personeller und organisatorischer Art zwischen vollstationären Wohnstätten und Anbietern ambulanter Wohnbetreuung gebe, ergebe sich daraus, dass zunehmend Träger zur Abrundung ihres Angebotes und im Interesse einer kontinuierlichen Betreuung bei wechselndem Bedarf sowohl stationäre wie auch ambulante Hilfen anböten. Dies allein rechtfertige nicht, den einzelnen Hilfen ihren Charakter als ambulante oder stationäre Hilfe abzusprechen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beteiligten , insbesondere auf die darin enthaltenen Entwicklungsberichte Bezug genommen, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Beklagte als den für den Hilfefall M G zuständigen Leistungsträger angesehen.

Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist zulässig und begründet. Hinsichtlich des Leistungsbegehrens (§ 54 Abs. 5 SGG) hat sich der Rechtsstreit erledigt und war das Urteil abzuändern. Soweit das Sozialgericht mit dem angefochtenen Urteil die Beklagte über die Feststellung der Zuständigkeit hinaus zur Erstattung verurteilt hat, hat der Kläger die Klage zurückgenommen und ist die Entscheidung des SG gegenstandslos geworden. Der Tenor war insoweit aus Gründen der Klarstellung neu zu fassen.

Bei dem am 16. Oktober 2015 gestellten Feststellungsantrag handelt es sich nicht um eine Klageänderung gemäß § 99 Abs. 1 SGG.

Die Umstellung der vom Kläger erhobenen Leistungsklage in eine Feststellungsklage stellt keine Klageänderung dar. Es kann dahinstehen, ob der Übergang von einer Klageart zur anderen bereits grundsätzlich von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG erfasst ist, wonach es nicht als Änderung der Klage anzusehen ist, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag erweitert oder beschränkt wird (vgl. BSG vom 15. Februar 1990 - R Ar 42/89, NZA 1990, 705 m.w.N.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Komm., 11. Auflage, § 99, Rn 4 m.w.N.) oder ob diese Umstellung unter § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG fällt, wonach eine Änderung des Begehrens wegen Änderung der Verhältnisse bei identischem Klagegrund nicht als Klageänderung anzusehen ist („wenn ohne Änderung des Klagegrundes statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird“) (vgl. Hintz/Lowe, SGG, § 99 Rn. 10 m.w.N.).

Für die wohl von der herrschenden Meinung vertretene Auffassung, dass der Übergang von einem zuvor als Leistungsklage formulierten Klagebegehren zu einem Feststellungsbegehren unter § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG falle, spricht, dass damit keine Änderung des sachlichen Klagebegehrens und des Klagegrundes vorgenommen wird und hierin vielmehr eine Beschränkung des Klageantrags gesehen werden kann (so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 19. August 1982 – 3 C 4/82 –, juris). Vorliegend stellt die Feststellung der sachlichen Zuständigkeit im Hinblick auf die zunächst erhobene Leistungsklage, bei der diese Frage als Vorfrage notwendig zu entscheiden war, gleichsam nur eine Beschränkung des Klageantrages dar. Der bisherige (Leistungs-)Klageantrag – auf Erstattung der in der Zeit vom 1. Dezember 2010 des 30. November 2011 aufgewendeten Sozialleistungen – enthielt den neuen (Feststellungs-)Antrag – die Zuständigkeit der Beklagten in diesem Zeitraum festzustellen – bereits als Minus.

Für die Auffassung, dass die vorliegend gegebene Umstellung eines Leistungs- auf ein Feststellungsbegehren von § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG erfasst wird, spricht die Parallele zu der Umstellung eines Anfechtungs- oder Verpflichtungsbegehrens auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Der Fall, dass statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird (§ 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG), ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere dann anzunehmen, wenn sich bei einer Anfechtungs– oder einer Verpflichtungsklage das auf Kassation gerichtete Begehren dadurch erledigt hat, dass die Behörde den angegriffenen Bescheid im Laufe des Verfahrens aufgehoben bzw. den begehrten erlassen hat, der Kläger aber die Rechtswidrigkeit des ursprünglich ergangenen belastenden Bescheids festgestellt wissen möchte. Sofern ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung besteht, kann der Kläger die Klage nach absolut herrschender Meinung – im Rahmen des § 99 Abs. 3 SGG - auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen (vgl. BSG von 2. September 2009 – B 6 KA 44/08 R, juris). Ähnlich liegt der Fall hier. Das auf die Erstattung der 2010/2011 aufgewendeten Sozialleistungskosten gerichtete Leistungsbegehren hat sich durch die zwischenzeitlich erfolgte Zahlung durch das Land Brandenburg erledigt, der Kläger hat dennoch ein fortbestehendes berechtigtes Interesse an der Feststellung der sachlichen Zuständigkeit, weil die Beklagte den Rechtsstreit nicht ohne eine gerichtliche Entscheidung über die Zuständigkeit übernehmen wird und auch für zukünftige, nicht vom Land erstattete Zeiträume, keine Kostenerstattung leisten wird.

Von welcher der beiden Fallgestaltungen des § 99 Abs. 3 SGG die Umstellung des Klagebegehrens im vorliegenden Fall erfasst wird, kann der Senat dahinstehen lassen, denn in jedem Fall müssen die in § 99 Abs. 1 SGG aufgeführten Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt sein, stellt die Umstellung des Klageantrags keine Klageänderung dar.

Der Beklagte verfügt auch, wie oben ausgeführt, über das für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse.

Die Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG analog), dass die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum (Dezember 2010 – November 2011) der für den Sozialhilfefall M G zuständige Sozialhilfeträger ist, ist auch begründet.

Die Beklagte ist nach § 98 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger. Gemäß § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII ist für die stationäre Leistung der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. Vorliegend hatte die HE ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) seit dem 1. Oktober 2008 im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Denn sie hat sich dort aus eigenem Willen zukunftsoffen unter Umständen aufgehalten, die erkennen ließen, dass sie an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilte (vgl. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I). Auf einen rechtsgeschäftlichen Wohnsitz oder Domizilwillen kommt es bei der Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht an (vgl. BSG, SozR 3-1200 § 30 Nr. 5).

Die HE hatte während der Zeit vor Aufnahme in die D Wohnstätte in der K Straße in P einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Für die Beurteilung der Zuständigkeit ist nicht auf den Wohnsitz der HE in S vor ihrer ersten Aufnahme in die ambulant betreute Wohngruppe des E Diakonissenhauses in T im Februar 2006 abzustellen. Eine Zuständigkeit des Klägers ergibt sich weder in direkter (hierzu unter 1.) noch in analoger (hierzu unter 2.) Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII.

1. Bei der von der HE bis zum 1. Oktober 2008 bewohnten Wohnung im ambulant betreuten Wohnen der D Behindertenwerkstätten P gGmbH, K Straße in P hat es sich nicht um eine stationäre Einrichtung gehandelt.

Eine stationäre Einrichtung im Sinne des § 13 SGB XII ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist <noindex> (BVerwGE 95, 149, 152; BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff.; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff.; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff.; BSGE 106, 264 ff. Rn. 13 = juris) und der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dient (vgl. § 13 Abs. 2 SGB XII; näher dazu BSG SozR 4-5910 § 97 Nr. 1, Rn. 15).

Prägend für die "verantwortliche Trägerschaft" im Sinne des Einrichtungsbegriffs ist, dass der Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Leistungsberechtigten übernimmt (st. Rspr. seit BVerwGE 95, 149, 150). Die Hilfeleistung in einer Einrichtung umfasst - schon durch die Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Räumlichkeiten des Trägers - die gesamte Betreuung des Leistungsberechtigten, solange sich dieser in der Einrichtung aufhält (BVerwGE 48, 228 ff. = Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr. 6). Dieses war hier nicht der Fall, solange die HE im ambulant betreuten Wohnen der D Behindertenwerkstätten gGmbH wohnte.

Vorliegend ist zwar die einheitliche Trägerschaft der D Behindertenwerkstätten P gGmbH gegeben, die Räume des so genannten Paarwohnens in der „Villa“ wurden vom selben Einrichtungsträger wie die Wohnstätte vorgehalten, die Betreuung der Bewohner erfolgte mit demselben Personal wie die Betreuung in der Wohnstätte, auch die Entwicklungsberichte über die Bewohner der „Villa“ wurden von der Leiterin der Wohnstätte verfasst.

Insoweit hat bereits das BVerwG zur so genannten „Außenstelle“ einer stationären Einrichtung ausgeführt, dass betreute Personen auch in einer dezentralen Unterkunft stationär untergebracht sein können, wobei eine dezentrale Unterkunft in diesem Sinne nur dann zu den Räumlichkeiten "der" Einrichtung gehört, wenn die Unterkunft der Rechts- und Organisationssphäre des Einrichtungsträgers so zugeordnet ist, dass sie als Teil des Einrichtungsganzen anzusehen ist (BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff.). Die Vorhaltung von Wohnraum durch den Träger der Einrichtung selbst ist also wesentliches Merkmal einer Zuordnung zur "Rechts- und Organisationssphäre des Einrichtungsträgers". Hierin kommt die räumliche Bindung an die Einrichtung zum Ausdruck, die auch dann bestehen muss, wenn sich die Einrichtung nicht "unter einem Dach" befindet.

Die Betreuung in den Räumen des so genannten ambulanten Wohnens/Paarwohnens in der „Villa“ stellt sich dennoch nicht als Teil des Einrichtungsganzen dar. Denn es fehlt an der Übernahme der Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der dort betreuten Leistungsberechtigten.

Unter welchen Voraussetzungen die Betreuung in einer Einrichtung das Merkmal des "S t a t i o n ä r e n" erfüllt, lässt sich nicht abstrakt und generell beantworten, hängt vielmehr von der Art der jeweiligen Hilfemaßnahme und dem Konzept der in Anspruch genommenen Einrichtung ab (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1994 – 5 C 24/92 –, BVerwGE 95, 149-155, Rn. 18).

In der im Verwaltungsvorgang befindlichen „Konzeption betreutes Paarwohnen“ heißt es insoweit, die D Behindertenwerkstätten P gGmbH betreibe eine Wohnstätte mit 32 Plätzen für Menschen mit einer überwiegend geistigen Behinderung. Mit dem Neubau der Fertigstellung der Wohnstätte im November 2006 habe sich die Möglichkeit ergeben, die Villa, die in den Neubau der Wohnstätte integriert worden sei, zum Paarwohnen auszubauen. Damit habe sich die Möglichkeit ergeben, dass Personen aus P, … die keiner stationären oder teilstationären Betreuung bedürften, mit Unterstützung allein leben könnten. Mit dem Angebot solle die gemeindenahe Versorgung im Rahmen der ambulanten Hilfen gesichert werden. Unter Ziffer 3 „Zielgruppe“ heißt es, das Paarwohnen ist gedacht für erwachsene Personen mit einer leichten bis mittelgradigen geistigen Behinderung, die ambulante Hilfen im Sinne von §§ 53, 54 SGB XII bedürfen und nur mithilfe dieser Unterstützung in einer Wohnung leben möchten und können. Die Klienten verfügen über genügend Ressourcen, um mit intensiver ambulanter Unterstützung zu einer selbstständigen Lebensweise befähigt zu werden. Zur Zielgruppe gehören vor allem Menschen, die in einer vollstationären Wohneinrichtung überversorgt sind, die aus der elterlichen Wohnung ausziehen und in einer eigenen Wohnung leben möchten. Ziel ist die Vermeidung einer stationären Betreuung. Die Betreuung findet in der Wohnung der zu betreuenden Personen statt. Jeder Bewohner hat ein eigenes Zimmern kann dieses nach persönlichen Vorstellungen und finanziellen Möglichkeiten wohnlich einrichten (Ziffer 6.3.). Ziffer 6.4.: die Aufwendungen für Miete (inklusive Nebenkosten) und Lebensunterhalt trägt jeder Klient selbst aus eigenem Einkommen oder Sozialleistungen.

Für die rechtliche Qualifikation der Leistung ist allerdings ohne Belang wie sich eine Einrichtung bezeichnet, ebenso wenig ist von Belang die Bezeichnung der Leistungen in den zwischen Leistungserbringer und den Sozialhilfeträgern abgeschlossenen Vereinbarungen.

Auch ist allein aus dem Umstand, dass die Fähigkeit eines Leistungsberechtigten, außerhalb einer stationären Einrichtung zu leben, von vornherein angezweifelt wird, nicht zu schließen, es handele sich um eine stationäre Wohnform. Auch dass im Einzelfall die Kosten für die geleistete Betreuung (zusammen mit den gesondert bewilligten Leistungen für den Lebensunterhalt und die Unterkunft) den Umfang der Kosten einer (teil-)stationären Maßnahme erreichen oder auch übersteigen, steht der Annahme einer ambulanten Betreuung nicht entgegen (BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 13/09 R –, BSGE 106, 264 ff. = juris).

In welcher Form eine Leistung tatsächlich erbracht wird, ist allein abhängig von der Art der Hilfe und den konkreten Umständen der Leistungserbringung in jedem Einzelfall (so auch: Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 13 Rn. 17, Stand November 2014; Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 98 SGB XII Rn. 33).

Erhält beispielsweise ein Leistungsberechtigter auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit eine umfassende Betreuung beim Wohnen in einer Einrichtung auch dann, wenn nach dem Therapiekonzept bzw. dem Hilfeplan aktive, direkte Hilfen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit des Leistungsberechtigten in den Hintergrund rücken und andere, stärker auf Abruf angelegten Hilfen in den Vordergrund treten (vgl. BVerwGE 95, 149, 150), wird eine solche Hilfe wegen der Eingliederung des Hilfebedürftigen in die Einrichtung gleichwohl in stationärer Form erbracht.

Wohnt hingegen ein Leistungsberechtigter ohne organisatorische Anbindung und ohne umfassende Betreuung, werden also nur zeitlich begrenzte Hilfen erbracht, liegt eine Leistungserbringung in ambulanter Form vor (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – B 8 SO 7/14 R –, juris).

Nach der Rechtsprechung des BSG ist überdies maßgebliches Abgrenzungskriterium von stationärer Betreuung zu ambulanten Leistungen des Betreuten-Wohnens die Intensität der Betreuung (BSG a.a.O.).

Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten-Wohnen ist „die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung“ (BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 7/10 R - juris, Rn 15; Urteil vom 25. April 2013 – B 8 SO 16/11 R –, juris, Rn. 16).

Das BSG hat hierbei als zentralen Gesichtspunkt der Hilfeleistung des Betreuten-Wohnens das „Ziel der Verselbstständigung der nachfragenden Personen, das letztlich gerade darauf ausgerichtet ist, das Wohnen in der eigenen Häuslichkeit möglichst selbstbestimmt bewältigen zu können“ bezeichnet (BSG a.a.O.). Danach geht es bei den betreuten Wohnmöglichkeiten um die wohnbezogene Betreuung des Menschen. Dieser solle so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter erreichen können (Söhngen in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 98 SGB XII, Rn. 52 ff. m.w.N.).

Bei der näheren Bestimmung der „betreuten Wohnmöglichkeiten“ ist nach Sinn und Zweck der Leistung auf Art und Zielsetzung der Betreuungsleistungen abzustellen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet ist (BSG a.a.O.; Söhngen a.a.O. Rn. 54).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist im vorliegenden Fall bei der Betreuung der HE ab Oktober 2008 im so genannten ambulant betreuten Wohnen der D Behindertenwerkstätten P gGmbH von einer ambulanten Leistung auszugehen.

Seinerzeit hatte die Betreuerin der HE, die damals noch bei ihren Eltern lebte, zwar zunächst mit Schreiben vom 31. Januar 2005 einen vollstationären Heimplatz in den D Wohnstätten P gGmbH beantragt, die HE entschied sich dann aber für einen Einzug in eine WG des ambulant betreuten Wohnens des Diakonissenhauses in T. In der Darstellung des Hilfebedarfs des Amtes für Soziales und Wohnen, Sachgebiet Eingliederungshilfe, vom 20. Juli 2005 wird zwar noch eine stationäre Maßnahme als geeignete Maßnahme benannt, es heißt dort aber, perspektivisch erscheine der Übergang in eine betreute Wohngruppe möglich. Der sozialpädagogische und medizinische Dienst (SPMD) des Landes Brandenburg befürwortete sodann als Ergebnis einer am 27. Oktober 2005 stattgefundenen Fallkonferenz eine – lediglich – ambulante Betreuung, es wurde ein Bedarf in der Hilfebedarfsgruppe 2 nach Metzler festgestellt. Die HE bezog in der Folge ein Zimmer in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft des Diakonissenhauses in T, in der ihr zunächst acht, später sieben Stunden pro Woche Betreuungsleistungen bewilligt wurden. Mit Schreiben vom 29. Mai 2008 beantragte die Betreuerin den Wechsel der HE ins ambulant betreute Wohnen der D Behindertenwerkstätten P gGmbH und teilte mit, dass es schon zum Zeitpunkt des Auszugs aus dem Elternhaus der Wunsch der HE gewesen sei, nach P zu ziehen. Damals habe es keine Möglichkeit gegeben, dies zu realisieren. Nun sei ein Platz frei. Frau G arbeite in den D Behindertenwerkstätten und pflege dort ihre Beziehungen zu Freunden und Kollegen. Der Umzug erfolgte dann zum 1. Oktober 2008 in eine WG, die sich die HE ab diesem Zeitpunkt mit einem jungen Mann teilte.

Der HE wurde sodann mit Bescheid vom 26. September 2008 für Oktober 2008 ein Betreuungsumfang von sechs Fachleistungsstunden in der Kalenderwoche zuerkannt, ab dem 1. November 2008 wurden ihr fünf Fachleistungsstunden gewährt. Als tatsächlich geleistet aktenkundig sind im Oktober 22,5 Stunden, so beispielsweise in der fünften Woche 2,5 Stunden im Bereich alltägliche Lebensführung für Einkauf, Kochen, Reinigung des eigenen Bereichs, eine Stunde im Bereich individuelle Basisversorgung für Kochen, Einkaufen, bewusste Ernährung, eine Stunde für Kommunikation, Orientierung und 0,5 Stunden im Bereich emotionale/psychische Entwicklung für Gespräche zur eigenen Unsicherheit. Im Monat November 2008 wurden lediglich 10 Fachleistungsstunden nachgewiesen, im Monat Dezember 2008 insgesamt 16 Fachleistungsstunden.

In dem ersten Entwicklungsbericht vom 24. Februar 2009 über den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis Ende Februar 2009 heißt es, Frau G habe sich in ihrem neuen Umfeld sehr gut eingelebt fühle sich nach eigener Aussage sehr wohl. Mit ihrem direkten Nachbarn und auch mit den Bewohnern der angrenzenden Wohnstätte, komme sie gut zurecht. Bei der Bewältigung der alltäglichen Lebensführung bedürfe sie sowohl der verbalen als auch der praktischen Unterstützung. Die Reinigung ihres eigenen sowie des gemeinschaftlich genutzten Bereichs führe sie nur oberflächlich aus. Sie müsse regelmäßig daran erinnert werden, die Kaffeemaschine zu reinigen und den restlichen Kaffee zu entsorgen, sonst würde sie es vergessen und den Kaffee mehrere Tage so stehen lassen. Bei der Wäschepflege müsse stark darauf geachtet werden, dass nicht täglich mindestens einmal die Waschmaschine angestellt werde. Eine Kontrolle sei sehr schwierig, da sie ihre Wäsche selbstständig wasche, d.h. meist sofort, wenn sie (von der Arbeit in der WfbM) nachhause komme. Beim Einkaufen kaufe sie immer relativ wenig ein, da sie wahrscheinlich viel von den Eltern mitbekomme. Wenn es darum gehe für ein gemeinsames Abendessen einzukaufen gehe sie davon aus, dass ihr direkter Nachbar das meiste, sie selbst nur wenig, einkaufen müsse. Bei der Zubereitung eines Abendessens müsse mit ihr im Vorfeld abgesprochen werden, was gekocht werden solle und was dafür benötigt werde. Bei der Zubereitung selbst benötige sie sehr viel verbale und teilweise praktische Anleitung. Sie könne nicht selbstständig Kochen. Sie benötige im hauswirtschaftlichen Bereich sehr viel verbale aber auch praktische Anleitung. Sie sei bei allem was sie mache sehr unsicher und benötige unbedingt die Bestätigung durch den Betreuer. Sie sei nicht in der Lage in akuten Situationen Medikamente selbstständig bzw. Medikamenten in einem ganz bestimmten Rhythmus selbstständig einzunehmen. Sie habe einen sehr hohen Kontaktbedarf, insbesondere wenn es Schwierigkeiten im Arbeits- und/oder im Bekanntenkreis gebe.

Während der HE von Januar bis Juni 2009 monatlich 20 Stunden Betreuung (entspricht fünf Stunden wöchentlich) bewilligt wurden, erhielt sie im Juli 2009 bereits 22 Stunden monatlich. Mit Schreiben der Wohnstättenleiterin vom 21. Juli 2009 wurde mitgeteilt, dass sich im Laufe der letzten Monate immer mehr ein erhöhter Betreuungsbedarf herauskristallisiert habe. Im Entwicklungsbericht vom 16. Juli 2009 (Berichtszeitraum Februar bis Juni 2009) heißt es dazu, in der letzten Zeit sei auffällig geworden, dass Frau G. nicht in der Lage sei, ihrer Körperhygiene sorgsam und ausreichend nachzukommen, sie verbreite unangenehme Gerüche. Es ist erstmals von gelegentlichem Einnässen die Rede.

Unter dem 6. Oktober 2009 wurde dennoch vom Fachdienst Soziales und Wohnen, Team Eingliederungshilfe, ein aktueller Hilfebedarf der HE im Umfang von wöchentlich lediglich sechs Stunden erhoben und eine Überprüfung nach einem Jahr für sinnvoll erachtete. Im folgenden Entwicklungsbericht vom 31. Juli 2010 (Berichtszeitraum November 2009 bis Mai 2010) wird eine weitere deutliche Verschlechterung beschrieben, insbesondere eine Stuhl- und Harninkontinenz wird mitgeteilt sowie dass das Verhalten der HE im Laufe der letzten Monate immer mehr als Selbst- und Fremdgefährdung zu bewerten sei. Im Entwicklungsbericht vom 6. September 2010 wird zusammenfassend festgestellt, dass die HE einen umfassenden Förderbedarf habe, der ambulant nicht ausreichend abgedeckt werden könne. Es gelinge aktuell nicht, regelmäßige Termine (z.B. morgens die Kontrolle des Bettes) sicherzustellen. Eine Festsetzung der Stundenzahl sei schwierig. Der derzeitige Hilfebedarf der Hilfebedarfsgruppe 3 entspreche dem einer stationären Einrichtung der Eingliederungshilfe. Im Entwicklungsbereich zur Feststellung des individuellen Hilfebedarfs/Erhebungsbogen aus September 2010 heißt es unter anderem, die in den letzten Jahren zunehmende Harn- und Stuhlinkontinenz habe Frau G bisher nicht wahrgenommen. Nach Aussagen des behandelnden Neurologen sei Frau G auch grundsätzlich hierzu nicht in der Lage. Die diagnostische Abklärung ihrer deutlichen Verhaltensänderung sei jedoch derzeit nicht abgeschlossen, Anhaltspunkte einer neurologischen Veränderung lägen bereits heute vor. Der Verdacht einer beginnenden Demenz konnte während einer teilstationären Behandlung im Klinikum Ernst von Bergmann vom 14. bis 18. Juni 2010 nicht sicher bestätigt werden.

Die Darstellung des Alltagsablaufs der Hilfeempfängerin sowie der Umfang der ihr zunächst gewährten Hilfestellungen von lediglich fünf bzw. sechs Stunden wöchentlich und die festgestellte Hilfebedarfsgruppe 2, sprechen aus Sicht des Senats dafür, dass es sich um eine ambulante Hilfestellung gehandelt hat, d.h. die Unterstützung der HE, ein möglichst selbstständiges Leben zu führen. Von einer umfassenden Übernahme der Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung der HE durch die D Behindertenwerkstatt P gGmbH konnte zunächst noch keine Rede sein. Erst im Laufe der Zeit hat sich der Hilfebedarf in einem Umfang erhöht, der eine lediglich ambulante Betreuung nicht mehr zuließ.

Aus diesem Grund stellt sich auch die Betreuung im so genannten ambulanten Bereich und die Betreuung im stationären Bereich der Wohnstätte der D Behindertenwerkstatt P gGmbH nicht als einheitliches Leistungsgeschehen dar, bei dem der sozialhilferechtlich relevante Bedarf des Betreuten-Wohnens im Kern unverändert geblieben ist und sich lediglich der äußere Rahmen, in dem die Hilfe geleistet wird, verändert hat.

Das BSG hatte in seiner Entscheidung vom 25. April 2013 (B 8 SO 6/12 R, juris, Rn. 15) insoweit ausgeführt, dass eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII auch auf den Wechsel zwischen ambulant- und stationär-betreuten Wohnformen aus teleologischen Gründen allenfalls bei einem einheitlichen Leistungsgeschehen des betreuten Wohnens infrage käme. Von einem einheitlichen Leistungsgeschehen des betreuten Wohnens sei nur auszugehen, wenn der sozialhilferechtlich relevante Bedarf des Betreuten-Wohnens, der durch Leistungen der Sozialhilfe zu decken ist, als Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten (vgl. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX) im Kern unverändert bleibe und lediglich der äußere Rahmen, in dem die Hilfe geleistet werde (ambulant oder stationär), Veränderungen unterworfen sei.

Ein im Kern unverändert gebliebener sozialhilferechtlicher Bedarf ist vorliegend gerade nicht gegeben. Vielmehr hat sich der Betreuungsbedarf erheblich erweitert von einem anfänglichen Bedarf an gelegentlichen Hilfestellungen zu einem – wie der Kläger zu Recht ausführt - qualitativen Wechsel in eine „Rund-um-die-Uhr-Betreuung“.

2. Eine Zuständigkeit des Klägers ergibt sich auch nicht in entsprechender Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII aus dem Umstand, dass der die Zuständigkeit begründende gewöhnliche Aufenthalt der HE vor Aufnahme in die stationäre Betreuung im Wohnheim in P am Ort der Unterbringung in einer betreuten Wohnform im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII lag (sog. gemischte Einrichtungskette).

Nach § 98 Abs. 5 SGB XII ist für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Mit dieser Norm wurde - anders als noch unter Geltung des BSHG für Ambulant-Betreutes-Wohnen eine der Regelung für stationäre Leistungen in § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII vergleichbare Regelung mit Wirkung ab 1.1.2005 geschaffen. Wäre über § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII hinaus § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII analog anwendbar, wäre im Rahmen einer sog. gemischten Kette zwischen Einrichtungen und Ambulant-Betreutem-Wohnen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 6/12 R - Rn 15) vorliegend auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor Eintritt in die erste Einrichtung (bis 31. Januar 2006) im Landkreis P abzustellen.

Der Auffassung, dass die Zuständigkeit des für die Leistung im Rahmen der betreuten Wohnform zuständigen Leistungsträgers im Sinne einer analogen Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII bei Eintritt in eine stationäre Einrichtung weiter bestehen bleibt, weil bei einer "gemischten Kette" zwischen stationären und betreuten Wohnformen auf den ursprünglichen gewöhnlichen Aufenthalt vor Eintritt in die erste dieser Einrichtungen abzustellen ist (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Januar 2012 – L 4 SO 67/11 – und Beschluss vom 26. April 2011, - L 9 SO 60/11 B ER – jew. juris; Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 17.12.2010 - 6 K 2167/10 - juris; s.a. Schlette, in: Hauck/Noftz, SGB XII, K § 98, Rn. 96a "spricht einiges dafür") ist jedoch nicht zu folgen (ebenso Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Februar 2012 – L 1 SO 135/10 –, R. 60, juris, m.w.N.; Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 17. Oktober 2012 – L 8 SO 74/11 –, Rn 19, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 06. Juli 2012 – 21 K 4376/11 –, juris; Söhngen, in: juris PK SGB XII § 98, Rn. 60 m.w.N.).

Die besondere Zuständigkeitsregelung für die Leistungsgewährung in stationären Einrichtungen in § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII dient dem Schutz der Sozialhilfeträger am Ort derartiger Wohnmöglichkeiten vor überproportionalen Kostenbelastungen durch Leistungen an „Zuzügler" (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 7. Juni 2007 – S 3 B 106/07 und S 3 B 60/07 -, FEVS 55, 517 = juris, Rn. 26; SG Lüneburg, Urteil vom 2. Juli 2009 - S 22 SO 90/08 -, ZfF 2010, 253 = juris, Rn. 26; zu § 97 Abs. 2 BSHG auch BT-Drs. 12/4401, S. 84) und gewährleistet diesen Schutz auch dann, wenn der Leistungsberechtigte aus einer Einrichtung in eine andere oder von dort in weitere Einrichtungen übertritt. Indem das Gesetz den Sozialhilfeträger für zuständig erklärt, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die erste Einrichtung oder in den zwei Monaten davor hatte, werden die Träger innerhalb der „Einrichtungskette" geschützt. Die gleiche Funktion erfüllt § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII in den Fällen der Leistungsgewährung in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten

Nach Auffassung des Hessischen LSG würde diese Schutzfunktion unterlaufen werden, würde eine nach dieser Vorschrift begründete örtliche Zuständigkeit durch den Aufenthalt des Leistungsberechtigten in einer stationären Einrichtung enden. Nach der gesetzlichen Wertung erscheine der Träger am Ort einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit im Falle des Übertritts eines zugezogenen Leistungsberechtigten in eine stationäre Einrichtung sogar in besonderer Weise schutzwürdig: Wenn er schon nicht mit den im Rahmen des ambulanten betreuten Wohnens anfallenden Sozialhilfekosten belastet werden solle, gelte dies erst recht für die - regelmäßig höheren - Kosten einer anschließenden stationären Unterbringung (Hessisches LSG, Urteil vom 25. Januar 2012 – L 4 SO 67/11 –, Rn. 27, Beschluss vom 26. April 2011, L 9 SO 60/11 B ER, jew. juris).

Die Zuständigkeit des Klägers kann jedoch mangels Regelungslücke nicht auf eine analoge Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII gestützt werden. Eine Analogie, die Übertragung einer gesetzlichen Regelung auf einen Sachverhalt, der von der betreffenden Vorschrift nicht erfasst wird, ist nur geboten, wenn dieser Sachverhalt mit dem geregelten vergleichbar ist, nach dem Grundgedanken der Norm und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordert und eine (unbewusste) planwidrige Regelungslücke vorliegt (BVerfGE 82, 6, 11 f., m.w.N.; BSGE 77, 102 ff.; BSGE 89, 199 ff.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn es besteht keine planwidrige Regelungslücke.

Wenngleich der Rechtsgedanke des § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII für eine Kette verschiedener betreuter Wohnformen ohne die zwischenzeitliche Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts außerhalb einer solchen auch im Rahmen des § 98 Abs. 5 SGB XII Anwendung finden kann (vgl. BSG, Urteil vom 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris), ist bei der fehlenden Regelung gemischter Ketten aus betreuten Wohnformen und stationären Einrichtungen im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift gegenüber der allgemeinen Regelung des § 98 Abs. 1 SGB XII von einer bewussten Nichtregelung dieser Konstellation durch den Gesetzgeber auszugehen. Dies gilt umso mehr, als die Vorschrift des § 98 Abs. 5 SGB XII durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 02.12.2006 (BGBl I 2670) erneut geändert wurde und hier insoweit eine Klarstellung des Anwendungsbereichs erfolgte. Ebenso erfolgte eine Änderung des § 98 Abs. 1 durch Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes v. 20.12.2012 (BGBl. I, 2783 m.W.v. 1.1.2013), ohne dass der Gesetzgeber dies zum Anlass weiterer Regelungen genommen hätte.

Nach Auffassung der Gegenmeinung besteht ein Analogieverbot nicht. Der Gesetzgeber habe auch nicht ausdrücklich davon abgesehen, eine § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII entsprechende Regelung für die Fallkonstellation der „gemischten Einrichtungskette“, d. h. des Übergangs aus einer stationären Einrichtung in eine betreute Wohnform zurück in eine stationäre Einrichtung, vorzusehen. Vielmehr fänden sich in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/1514, S. 67 zu § 93; BT-Drucks.12/4401 S. 84 zu § 97 BSHG) keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber diese Fallkonstellation überhaupt in Blick genommen hatte oder gar ausdrücklich von einer Regelung habe absehen wollen (Hess. LSG, a.a.O., Rn. 27).

Dem widerspricht jedoch der Hinweis des LSG Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 23.2.2012 (a.a.O. Rn 59) auf ein Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen Rheinland-Pfalz (MASGFF, jetzt: MSAGD) vom Anfang des Jahres 2009 (ohne Datum), wonach mehrere Versuche, die bundeseinheitlichen Regelungen zu ändern, bisher leider fehlgeschlagen seien.

Zwar hat das BSG es auch in einer seiner jüngeren Entscheidungen erneut offen gelassen, ob unter Berücksichtigung des Normzwecks von § 98 Abs. 5 SGB XII eine analoge Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII auf Fälle der sog. gemischten Einrichtungskette gerechtfertigt wäre (BSG, Urteil vom 13. Februar 2014 – B 8 SO 11/12 R – juris). Es hat aber in einer weiteren Entscheidung vom 23. Juli 2015 - im Hinblick auf die Zuständigkeit für stationäre und teilstationäre Leistungen – ausdrücklich bekräftigt, dass angesichts der Änderungen, die § 98 Abs. 2 und 5 SGB XII seit seinem Inkrafttreten zum 1.1.2005 erfahren hat, ohne dass eine (neue) Regelung – dort zu teilstationären Leistungen des Betreuten-Wohnens - in das Gesetz aufgenommen worden ist, insoweit nicht von einer unbewussten Lücke auszugehen sei (BSG, Urteil vom 23. Juli 2015 – B 8 SO 7/14 R –, juris). Nichts anderes gilt für den hier zu entscheidenden Fall des Wechsels zwischen stationärer und ambulanter Betreuungsform.

Zutreffend verweist das Thüringer Landessozialgericht (Urteil vom 17. Oktober 2012 – L 8 SO 74/11 –, Rn 19, juris) darauf, dass auch die systematische Auslegung zu keiner erweiterten Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII führt. Einer solchen Interpretation stehe schon die Vorschrift des § 109 SGB XII entgegen, welche lediglich stationäre Einrichtungen und den Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt von der Feststellung als gewöhnlicher Aufenthaltsort im Sinne des § 98 SGB XII ausnimmt. Gerade die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine solche ausdrückliche Regelung für notwendig erachtet hat, spreche dagegen, von den ausdrücklichen Zuständigkeitsregelungen des § 98 SGB XII weitere Ausnahmen einzuräumen. Hinzu komme, dass die Vorschrift des Absatzes 2 in § 98 SGB XII als Ausnahmevorschrift von § 98 Abs. 1 SGB XII eng auszulegen sei (insoweit a.A.: LSG Hessen a.a.O.). Zu Recht verweist das Thüringer LSG zudem darauf, dass der Hinweis, ohne Ausweitung des § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII auf die gemischte Kette sei eine missbräuchliche Verlagerung der Zuständigkeit möglich, spekulativ erscheine und keiner anerkannten Auslegungsmethode, sondern eher dem Bereich der gesetzgeberischen Überlegungen zuzuordnen ist. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der erkennende Senat an.

§ 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII begründet somit weder in direkter noch in entsprechender Anwendung eine Zuständigkeit des Klägers. Der für die HE im streitgegenständlichen Zeitraum zur Leistung verpflichtete Leistungsträger ist nach § 98 Abs. 2 SGB XII die Beklagte.

Soweit der Kläger sein ursprüngliches auf die Erstattung von 22.882,96 € gerichtetes Klagebegehren im Berufungsverfahren nicht weiterverfolgt, ist das Urteil des Sozialgerichts Potsdam insoweit gegenstandslos geworden, als es die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages verurteilt. Der Tenor war insoweit klarzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Dass der Kläger sein Erstattungsbegehren im Berufungsverfahren nicht aufrechterhalten hat, führt nicht zu einer Kostenquotelung. Der Wert des auf Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten als Leistungsträger im Zeitraum von Dezember 2010 bis November 2011 gerichtete Begehren übersteigt nicht die Summe der in diesem Zeitraum aufgewendeten – und zunächst geltend gemachten - Sozialhilfeleistungen. Mit der Umstellung der Leistungs- auf die Feststellungsklage ist keine Änderung des Wertes des Streitgegenstandes verbunden. Die Beklagte hat als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens in vollem Umfang zu tragen.

Die Höhe des nach § 197a SGG in Verbindung mit § 63 Gerichtskostengesetz – GKG - festzusetzenden Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 1, Abs. 3, § 47 Abs. 1, Abs. 2 GKG und dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers.

Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage der Zuständigkeit bei so genannten gemischten Einrichtungsketten zugelassen.