LG Neuruppin, Beschluss vom 18.01.2016 - 2 T 3/16
Fundstelle
openJur 2016, 5434
  • Rkr:
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 13.11.2015 – 15 IN 423/13 – aufgehoben.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 13.11.2015 stellte das Amtsgericht das Verfahren mangels weiterer die Kosten des Verfahrens deckender Masse gemäß § 207 InsO ein. Zuvor war mit Beschluss vom 13.06.2014 die dem Schuldner zunächst bewilligte Stundung der Kosten des Verfahrens aufgehoben und der Schuldner mit Schreiben vom 07.05.2015 aufgefordert worden, durch Leistung eines Kostenvorschusses von 1.592,50 € die Einstellung des Verfahrens zu verhindern.

Der Beschluss vom 13.11.2015 ist dem Postzusteller am 09.12.2015 zum Zwecke der Zustellung übergeben worden. Mit seiner am 22.12.2015 eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet sich der Schuldner gegen den vorgenannten Beschluss und führte zur Begründung aus, dass er zwischenzeitlich die Zahlung eines Betrages von 1.800,00 € zur Deckung der Verfahrenskosten angewiesen habe. Der Betrag ist in der Folge auf dem Konto der Gerichtskasse gutgeschrieben worden.

Mit Beschluss vom 13.01.2016 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die zwischenzeitliche Zahlung nichts ändere, da am Tag der Einstellung der Vorschuss nicht gezahlt gewesen sei.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 216 Abs. 1, 6 InsO, 567, 569 ZPO zulässig und begründet.

Die Voraussetzungen für die Einstellung des Verfahrens gemäß § 207 InsO liegen nicht vor. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kommt es nicht lediglich darauf an, ob die Kosten des Verfahrens im Zeitpunkt des Einstellungsbeschlusses vom 13.11.2015 nicht gedeckt waren. Vielmehr ist die im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geleistete Zahlung zu berücksichtigen, so dass nunmehr von einer Deckung der Verfahrenskosten auszugehen ist. Ob die Voraussetzungen für die Einstellung des Verfahrens vorliegen, ist bezogen auf den Zeitpunkt der neu zu treffenden Entscheidung des Beschwerdegerichts zu prüfen (§ 571 Abs. 2 ZPO). Die Beschwerdeinstanz ist eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz. Nach der amtlichen Begründung des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses liegt dieser Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens die Überlegung zu Grunde, dass den im Beschwerdeverfahren angefochtenen Entscheidungen in der Regel kein mit dem erstinstanzlichen Urteilsverfahren vergleichbares förmliches Verfahren mit eingehender Tatsachenfeststellung und ausführlich begründeter Abschlussentscheidung zu Grunde liegt (BT-Dr 14/4722, S. 113). Das Beschwerdegericht hat deshalb weiterhin die Möglichkeit, aber auch die Verpflichtung, neue Tatsachen und Beweise uneingeschränkt zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob diese vor oder nach der erstinstanzlichen Entscheidung entstanden sind (vgl. BGH NZI 2008, 391). Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der vom Amtsgericht zitierten Entscheidung des LG Mühlhausen, Beschluss vom 15.05.2008 – 2 T 96/08. Vielmehr ist dort, was im Sachverhalt der Entscheidung ausdrücklich klargestellt worden ist, auch zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung kein Vorschuss eingezahlt gewesen.

Soweit schließlich einem Versagungsantragsteller das Nachschieben von Gründen im Beschwerdeverfahren untersagt ist (vgl. BGH NZI 2009, 54 ff.), kann hieraus kein allgemeiner Grundsatz abgeleitet werden, dass neue Umstände bei einer Beschwerde im Insolvenzverfahren nicht mehr zu berücksichtigen sind. Vielmehr liegt der besondere Grund hierfür darin, dass andernfalls die Sperre, die der Schlusstermin für die Versagungsgründe bildet, unterlaufen werden könnte. Gründe für eine derartige Beschränkung des Beschwerdevorbringens bestehen jedoch im vorliegenden Fall nicht (vgl. auch BGH, Beschluss vom 02.04.2009 – IX ZB 245/08).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten fallen für das Beschwerdeverfahren nicht an, da die sofortige Beschwerde Erfolg hatte. Außergerichtliche Kosten sind dem Schuldner schon deshalb nicht erstattungsfähig, da er nur aufgrund seines neuen Beschwerdevorbringens obsiegt hat.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 ZPO).

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