VG Braunschweig, Urteil vom 03.12.2015 - 5 A 43/15
Fundstelle
openJur 2016, 5346
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zuzuerkennen. Der Bescheid vom 21.02.2014 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung subsidiären Schutzes, hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben somalischer Staatsangehöriger und am {D.} in {E.} geboren.

Er reiste nach eigenen Angaben 2011 aus Kismayo per Auto, Flugzeug und zu Fuß Richtung Deutschland. In München sei er am 16.12.2013 angekommen. Am 20.12.2013 stellte der Kläger einen Asylantrag. Die Reise habe 8000,- $ gekostet. Einen Teil der Kosten habe er durch seine Beschäftigungen in Kenia und der Türkei finanziert. Den Rest habe er von seinem Schwager aus den USA.

Eine Abfrage in der EURODAC-Datenbank lieferte für den Kläger einen Treffer in Griechenland.

In seiner Anhörung vom 03.02.2014 gab der Kläger an, dass er dem Stamm Hawiye, Clan Scheeikaal angehöre. Er sei eines Tages nach Hause gekommen und habe gesehen, dass seine Frau mit einem fremden Mann geschlafen habe. Er habe diesem Mann mit einem Schlagstock die Hand gebrochen. Im späteren Verlauf habe sich seine Frau  ihm anvertraut und gesagt, sie sei von dem fremden Mann seit einiger Zeit zum Sex gezwungen worden. Kurze Zeit später sei sein Haus angegriffen worden. Denn der fremde Mann sei von der Al Shabaab gewesen, die ihn nun aufgrund der durch ihn zugefügten Verletzung verhaften wolle. Dies sei ihm erst bei seiner Verhaftung klar geworden. Er sei dann in ein Gefängnis gebracht worden. Dort sei er in Einzelhaft untergebracht gewesen, mit Waffen bewacht worden und habe Zwangsarbeit leisten müssen. Man habe ihn aufgrund seiner Auseinandersetzung mit dem Al-Shabaab-Mitglied verurteilt. Die Strafe sei das Abhacken seiner Hand gewesen. Das Urteil habe nach sieben Tagen vollzogen werden sollen. Nach der Urteilsverkündung habe ein Stammesführer für ihn gebürgt, sodass er frei gekommen sei. Dies habe er zur Flucht genutzt. Der bürgende Stammesführer sei getötet worden. Im Laufe der Anhörung korrigierte sich der Kläger dahingehend, dass es eine Verhandlung noch nicht gegeben habe und ihm lediglich die zu erwartende Strafe vorab mitgeteilt worden sei. In Somalia lebten noch seine Mutter, seine schwangere Frau und sein Kind.

Mit Bescheid vom 21.02.2014, dem Kläger zugestellt am 26.02.2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Nr. 1), ebenso die Anerkennung als Asylberechtigter (Nr. 2) und stellte fest, dass der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt werde (Nr. 3) und Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Nr. 4). Ferner wurde der Kläger zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen aufgefordert, andernfalls werde er nach Somalia abgeschoben (Nr. 5). Wegen der Begründung wird auf den Bescheid Bezug genommen. Die Beklagte hat im Wesentlichen angeführt, dass der Kläger nur sehr oberflächliche Angaben zum Ablauf der angeblich fluchtauslösenden Ereignisse habe machen können. An genaueren Schilderungen fehle es. Hinsichtlich der möglichen Affäre der Frau des Klägers mit einem Mitglied der Al-Shabaab habe der Kläger keine Nachforschungen angestellt, sondern habe angegeben, dass er seiner Frau vertraut habe. Dies passe nicht zu einer Flucht ohne seine Frau, mit der er bislang auch keinen Kontakt habe. Auch die Kontaktaufnahme mit dem Vater des Klägers während seiner Gefangenschaft bei der Al-Shabaab erscheine realitätsfremd. Auch, dass sich der Stammesführer für ihn verbürgt habe, sei nicht plausibel, da angesichts des schon feststehenden Urteils eine hohe Fluchtgefahr bestanden habe.

Der Kläger hat am 12.03.2014 hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung trägt er ergänzend zu seiner Anhörung vor, er fürchte für den Fall seiner Rückkehr, von der dortigen Al-Shabaab gefangen genommen und getötet zu werden.

Er beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 21.02.2014, zugestellt am 26.02.2014 betreffend der Punkte 3 bis 5 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass subsidiärer Schutz zuzuerkennen ist, alternativ Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bis 7 Aufenthaltsgesetz bei der Person des Klägers vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 20.09.2015 hat die Kammer dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt. Mit Beschluss vom 12.11.2015 wurde der Rechtsstreit der Einzelrichterin übertragen.

Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Wegen des Ergebnisses wird auf die Verhandlungsniederschrift vom 03.12.2015 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

Gründe

Die zulässige Klage, über die nach § 102 Abs. 2 VwGO trotz Ausbleibens der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte, ist begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO), soweit ihm die Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 4 AsylG versagt wird, er zur Ausreise aufgefordert und ihm die Abschiebung nach Somalia angedroht wird.

Der Kläger hat in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylG) einen Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 AsylG.

Nach § 4 Abs. 1 S. 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Nach § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG gilt als ernsthafter Schaden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

In Somalia besteht ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) sind typische Beispiele eines solchen innerstaatlichen bewaffneten Konflikts Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfe. Der Konflikt muss ein gewisses Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen. Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände genügt es, dass die Konfliktparteien in der Lage sind, anhaltende und koordinierte Kampfhandlungen von solcher Intensität und Dauerhaftigkeit durchzuführen, dass die Zivilbevölkerung davon typischerweise erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird (BVerwG, U. v. 27.04.2010 – 10 C 4/09 –, juris Rn. 23).

Dies ist für Somalia anzunehmen. Ausweislich des Lageberichts des Auswärtigen Amtes herrscht in Süd-/Zentralsomalia Bürgerkrieg (Lagebericht Auswärtiges Amt vom 02.02.2015, S. 4). Seit dem Sturz des ehemaligen Oberhaupts Siad Barres 1991 ist Somalia ohne effektive Staatsgewalt. Seitdem kommt es zu gewalttätigen Kampfhandlungen der islamistischen Al-Shabaab. In dem ecoi.net-Themendossier Al-Shabaab, Stand September 2015 heißt es:

Die Al-Schabaab entstand dem Center for Strategic and International Studies (CSIS) zufolge aus der islamistischen Organisational-Itihaad al-Islamiya (AIAI). Die AIAI war eine in den 1980er-Jahren entstandene Gruppe somalischer Wahabiten, welche die Regierung von Mohammed Siad Barre durch einen islamischen Staat zu ersetzen versuchte. Ehemalige Mitglieder der AIAI gründeten die Al-Schabaab, die darauf als radikale Jugendmiliz in die Islamic Courts Union (ICU) integriert wurde (CSIS,15. Juli 2011, S. 3). Die ICU war ein Zusammenschluss von Scharia-Gerichten und Warlords, der 2005 die Kontrolle in Mogadischu und den südlichen Teilen Somalias übernahm (John Hopkins Bloomberg School of Public Health, 9. Februar 2014, S. 12; IOM, Februar 2014, S. 13). Auf Ersuchen der Ende 2004 gebildeten somalischen Übergangsregierung (Transitional Federal Government, TFG) gingen äthiopische Streitkräfte im Dezember 2006 gegen die ICU vor (USDOS, 11. März 2008). Dies führte zu einem Aufstand gegen die äthiopischen und somalischen Streitkräfte, aus dem die Al-Schabaab laut Human Rights Watch (HRW) als die mächtigste bewaffnete Oppositionsgruppe in den südlichen und zentralen Landesteilen hervorging (HRW, 8. September 2014). Seit 2008 entwickelte sich die Al-Schabaab von einer nationalistischen Organisation, die das Ziel hatte, die äthiopischen Truppen mit militärischen Mitteln zu vertreiben, zu einer transnationalen terroristischen Bewegung, die sich als Teil des globalen Kriegs der al-Qaida gegen den Westen darstellt (CSIS, 15. Juli 2011, S. 1).

Im Jahr 2009 zogen sich die äthiopischen Truppen aus Somalia zurück und die al-Schabaab übernahm laut Amnesty International (AI) bis Ende 2010 die Kontrolle in weiten Teilen Süd- und Zentralsomalias (AI, Dezember 2011). Seit dem Rückzug äthiopischer Truppen unterstützten Truppen der Afrikanischen Union (AMISOM) aus Uganda und Burundi die somalische Übergangsregierung (SWP, November 2013, S. 3). Im August 2011 zog sich die al-Schabaab aus Mogadischu zurück und kam auch in anderen Landesteilen unter Druck (AI, Dezember 2011). Im Oktober 2011 drangen, nachdem die kenianische Regierung die al-Schabaab beschuldigt hatte, TouristInnen und MitarbeiterInnen von Hilfsorganisationen zu entführen, kenianische Truppen in den Süden Somalias ein (BBC, 28. Oktober 2011). In der ersten Jahreshälfte 2012 verlor die al-Schabaab die Kontrolle in mehreren Städten im Süden des Landes (Badhaadhe, Afmadow, Afgoye) und im September 2012 in Kismayo (SWP, November 2013, S. 3; ICG, 26. Juni 2014, S. 9-15). Die al-Schabaab kontrollierte 2013 jedoch weiterhin große Teile ländlicher Gebiete in Süd- und Zentralsomalia, darunter Gebiete in den Regionen Juba, Shabelle, Bay und Bakol (USDOS, 30. April 2014).

Trotz der Rückeroberung von einigen Städten des Landes durch kenianische Gruppen bleibt die Al-Shabaab nach wie vor eine Gefahr in den betreffenden Gebieten in Süd- und Zentralsomalia. Von einer flächendeckenden effektiven Staatsgewalt kann laut Auswärtigem Amt nicht gesprochen werden (Lagebericht Auswärtiges Amt vom 02.02.2015, S. 5).  Es herrschen weiterhin Zustände, die im Hinblick auf die Einhaltung der Menschenrechte und die humanitäre Lage desaströs sind. Der somalischen Regierung ist es nicht gelungen, in den von ihnen kontrollierten Gebieten Sicherheit zu gewähren und die Menschenrechte der Einwohner zu beschützen (Human Rights Watch, World Report 2015 - Somalia, 29.01.2015, abrufbar unter: http://www.refworld.org/docid/54cf838115.html [zuletzt zugegriffen am 30.10.2015]).

Die Einzelrichterin teilt nach den vorliegenden, in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln die Einschätzung des VG Stade hinsichtlich der Lage in Somalia (U. v. 12.06.2015 - 3 A 2570/13 - n.v.; ebenso  VG München, U. v. 28.07.2014 - M 11 K 13.30603 -, juris):

Wie auch im aktuellsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 2. Februar 2015 beschrieben wird, gilt Somalia weiterhin als ein Beispiel für einen „failed state“. Es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach. Wesentliche Staatsfunktionen können von den staatlichen Strukturen nicht ausgeübt werden. Von einer flächendeckenden effektiven Staatsgewalt kann nicht gesprochen werden (vgl. Lagebericht, Auswärtiges Amt vom 02.02.2015, S. 4). In Süd-und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht nach Auswertung der Erkenntnismittel Bürgerkrieg (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 02.02.2015, S. 4, 5).

Aufgrund der seit spätestens 1991 fehlenden effektiven Staatsgewalt und der faktischen Machtausübung bewaffneter extremistischer, in Fundamentalopposition zur ehemaligen Übergangsregierung sowie zur neuen Bundesregierung stehenden Gruppen bestehen in weiten Teilen Somalias für die allgemeine Menschenrechtslage desaströse Folgen. Grundlegende Menschenrechte wie das Recht auf Leben, Freiheit und körperliche Unversehrtheit würden regelmäßig verletzt. Die entsprechenden Detailbeschreibungen sind in den vorliegenden Lageberichten des Auswärtigen Amtes seit 2006 ungeachtet der Unterschiede in der Beschreibung der politischen Lage im Wesentlichen unverändert. Ebenso steht seit Jahren fest, dass die Verhältnisse in Somaliland und Puntland zwar besser sind, diese Gegenden sind aufgrund der in Somalia herrschenden Bürgerkriegszustände de facto aber unmöglich zu erreichen (vgl. Lagebericht, Auswärtiges Amt vom 02.02.2015, S. 5; vgl. Auswärtiges Amt, Reisewarnung vom 28.04.2015, abrufbar unter:http://www.auswaertigesamt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SomaliaSicherheit_node.html), so dass keine interne Fluchtalternative besteht. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes sind nach übereinstimmenden Schätzungen diverser VN-Organisationen und internationaler Nichtregierungsorganisationen im somalischen Bürgerkrieg 2007 bis 2011 über 20.000 Zivilisten zu Tode gekommen, davon der größte Teil in Süd- und Zentralsomalia. Im Jahr 2012 sind allein in Mogadischu mindestens 160 Zivilisten getötet worden. Außerdem hat es mindestens 6.700 Verletzte durch Kampfhandlungen gegeben (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 12.06.2013, I. 1.1). Entsprechend dieser Ausgangslage entsprach es spätestens seit ca. 2007 der Praxis der Beklagten bei glaubhafter Herkunft aus Süd- und Zentralsomalia generell zumindest Abschiebungsschutz wegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts oder drohender Menschenrechtsverletzungen zu gewähren (vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 19.03.2014 - 7 A 234/13 -). Eine quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.04.2010 - 10 C 4.09 - und vom 17.11.2011 - 10 C 13.10 -) erfolgte insoweit nicht. Sie war auch nicht möglich, weil es keine Staatsgewalt und deshalb auch keine Erfassung von Verletzungs- und Todesopfern bewaffneter Konflikte oder Straftaten gab und auch der Zugang von internationalen Hilfsorganisationen, Pressevertretern und anderen Personen, die insoweit Zahlenmaterial hätten liefern können, stark eingeschränkt bis unmöglich war (vgl. hierzu VG Regensburg, Urteil vom 31.03.2014 - RN 7 K 13.30434 - juris). Diese Einschätzung der Gefahrenlage durch das Bundesamt in Somalia und insbesondere in Mogadischu entsprach auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. Urteil vom 28.06.2011 - Nr. 8319/07 - Sufi u. Elmi - Vereinigtes Königreich - NVwZ 2012, 681). Danach herrschte in Mogadischu in einem Ausmaß Gewalt, dass grundsätzlich jedermann in der Stadt tatsächlich einer Gefahr im Sinne einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt war.

Aus den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln ergibt sich nicht, dass sich die Gefahrenlage in Süd- und Zentralsomalia maßgeblich verändert hat. Zwar hat der EGMR in einer Entscheidung vom 5. September 2013 (Nr. 886/11 - K.A.B./Schweden Rn. 86-97) im Fall eines somalischen Staatsangehörigen, dessen Abschiebung nach Somaliland angedroht worden war und bei dem die Weiterschiebung nach Mogadischu nicht auszuschließen war, unter Auswertung aktueller Erkenntnisquellen entschieden, dass sich die Situation so verbessert habe, dass nicht mehr angenommen werden könne, es bestehe für Jedermann in Mogadischu das ernsthafte Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gemäß Art. 3 EMRK. In einer „Dissenting Opinion“ zur Entscheidung vom 5. September 2013 wurde ausgeführt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine eigenen Vorgaben in der Entscheidung vom 28. Juni 2011 nicht ausreichend berücksichtigt habe. Insbesondere sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass die Einschätzung des Rückgangs ziviler Opfer nicht auf belastbaren Zahlen beruhe, es sei die Zahl der Rückkehrer vor dem Hintergrund der weiterhin extrem hohen Zahl der Vertriebenen überbewertet und die fehlende gesicherte Lebensgrundlage für Rückkehrer missachtet worden sowie die Unberechenbarkeit der Situation nach zwanzig Jahren Bürgerkrieg nicht hinreichend berücksichtigt worden (vgl. hierzu VG Regensburg, Urteil vom 31.03.2014 - a.a.O.). Die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angenommene positive Entwicklung in Mogadischu hat sich nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln weder bestätigt noch fortgesetzt. Vielmehr bestätigt der aktuellste Bericht des Auswärtigen Amtes das in Mogadischu Bürgerkrieg herrscht. Auch belegen die dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel, dass in der Hauptstadt Mogadischu wieder vermehrt mit Anschlägen durch die Al-Shabaab zu rechnen ist. Beispielsweise hat nach Berichten der Amnesty International (vgl. Amnesty International Briefing, 23.10.2014, S. 2) die Al-Shabaab ihre Aktivitäten in Form von Konfliktengegen andere bewaffnete Gruppen im Jahr 2014 weiter erhöht. Der Anstieg derAl-Shabaab Aktivität im Allgemeinen hat auch zu einer Zunahme der Gewalt gegen Zivilisten mit der Folge zunehmender ziviler Opfer geführt (vgl. Amnesty International Briefing, 23.10.2014, S. 2 m.w.N.). Die Al-Shabaab-Miliz hat im Jahr 2014 selbst auf schwer bewachte in Mogadischu befindliche (Regierungs-)Gebäude tödliche Angriffe verübt. Beispielsweise erlebte die „Villa Somalia“, der Sitz der somalischen Regierung, zweitödliche Angriffeim Jahr 2014, zuletzt in Juli 2014, bei dem Al-Shabaab-Kämpfer das Gelände stürmten. Wenngleich die Angriffe der Al-Shabaab in Mogadischu erfahrungsgemäß insbesondere während des Ramadan jedes Jahr stark zunahmen, erreichte die Anzahl der während des Ramadan im Juli 2014 verübten Anschläge eine der höchsten Ebenen seit dem Rekordjahr 2010, als die Al-Shabaab-Miliz den Großteil der Stadt Mogadischus kontrolliert hatte (vgl. Amnesty International Briefing, 23.10.2014, S. 2/3 m.w.N.).

Dass Al-Shabaab relativ leicht prominente und theoretisch gut bewachte Ziele in der Hauptstadt angreifen kann, stellt nach Einschätzung von Beobachtern eine schwerwiegende Besorgnis für die Regierung dar und schwächt ihre Hoffnungen für eine schnelle Rückkehr zu „Normalität“ in Somalia (vgl. VG München, Urteil vom 23.01.2014 - M 11 K 13.31193 - juris mit Verweis auf Länderbericht der UK Border Agency zu Somalia vom 05.08.2013). Es kann daher nur der Schluss gezogen werden, dass sich die Methoden des innerstaatlichen Konflikts in Mogadischu und anderer „befreiter“ Städte geändert haben, nicht aber, dass sie beendet sind. Die Gefahrenlage in Süd- und Zentralsomalia hat sich seit 2011 nicht Wesentlich verbessert. Das Gericht verweist insoweit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Braunschweig in seinem Urteil vom 19. März 2014 (7 A 175/13), denen es folgt (vgl. auch VG Braunschweig, Urteil vom 19. März 2014 - 7 A 234/12 - sowie Urteile vom 20.02.2014 - 7 A 255/12, 7 A 165/13, 7 A 154/12 -). (…)

Die insoweit getroffene Einschätzung hinsichtlich der Lage in Somalia wird im Übrigen durch eine Stellungnahme des UNHCR („International Protection Considerations with Regard to people fleeing Southern and Central Somalia“, Januar 2014) bestätigt, die auf der Grundlage einer Auswertung der Situation bis 24. Dezember 2013 ebenfalls von einem weiterhin gegebenen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt mit erheblichen Opfern in der Zivilbevölkerung ausgeht. Darüber hinaus rät Amnesty International in einem Briefing vom 23. Oktober 2014 („Forced Returns to South and Central Somalia, Including to Al-Shabaab Areas: A Blatant Violation of International Law), dass Länder unter keinen Umständen versuchen sollen, Individuen nach Süd- und Zentralsomalia zurückzuschicken, da die fragilen Sicherheitsbedingungen nicht zu grundlegenden, dauerhaften und stabilen Veränderungen geführt haben. Letztlich lassen die verfügbaren Erkenntnisquellen allenfalls Schätzungen bezüglich der Todesopfer zu, nicht aber zu sonstigen Gewaltopfern. Das Gericht geht gerade auch für die Lage in Mogadischu von einer erheblichen Dunkelziffer aus. Eine quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zuletzt Urteil vom 14.02.2014 - 10 C 6.13 - juris) ist daher weiterhin - belastbar -nicht möglich.

Für eine Änderung der Lage in Somalia sind auch weiterhin keine Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr ist es seit Juni 2015 zu weiteren Anschlägen der Al-Shabaab gekommen. Ausweislich des regelmäßig aktualisierten ecoi.net Themendossiers Al-Shabaab (abrufbar unter www.ecoi.net) kam es seit Juni 2015 zu folgenden Ereignissen:

JUNI 2015

Mindestens fünf Soldaten wurden bei einem nächtlichen Angriff der al-Schabaab auf einen Stützpunkt der Armee in Kismayo getötet. (BBC, 29. Juni 2015)

Mindestens 30 Menschen wurden bei einem Angriff von Bewaffneten auf einen Militärstützpunkt der Afrikanischen Union in Leego getötet. Laut Angaben der al-Schabaab kontrolliert die Gruppe den Stützpunkt, was aber nicht bestätigt wurde. (BBC, 26. Juni 2015)

Bei einem Selbstmordanschlag auf einen diplomatischen Konvoi der Vereinigten Arabischen Emirate in Mogadischu wurden mindestens 12 Menschen getötet. Der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate überlebte den Anschlag. Die al-Schabaab bekannte sich zu dem Anschlag. (BBC, 24. Juni 2015)

Die al-Schbaab verübte einen Anschlag auf ein Ausbildungslager des nationalen Geheimdienstes. Laut Regierungsangaben verhinderten Soldaten den Anschlag und mindestens drei Kämpfer wurden getötet. (BBC, 21. Juni 2015)

JULI 2015

Bei einem schweren Bombenanschlag auf das Hotel Jazeera Palace in Mogadischu wurden mindestens 13 Menschen getötet und über 40 weitere verletzt. Die al-Schabaab bekannte sich zu dem Anschlag. (BBC, 26. Juli 2015)

Der somalische Parlamentsabgeordnete Abdulahi Hussein Mohamud wurde gemeinsam mit seinen zwei Leibwächtern und seinem Fahrer von Mitgliedern der al-Schabaab in Mogadischu getötet. (AFP, 26. Juli 2015)

Bei einem Anschlag von Mitgliedern der al-Schabaab auf zwei Hotels in Mogadischu wurden mindestens fünf Menschen und die Angreifer getötet. Eines der beiden Hotels befindet sich nahe dem somalischen Parlament. (AFP, 10. Juli 2015)

AUGUST 2015

Bei zwei Bombenanschlägen in der Nähe von Kismayo und in Mogadischu wurden laut offiziellen Angaben mindestens 18 Menschen getötet. (AFP, 22. August 2015)

SEPTEMBER 2015

Laut AugenzeugInnen wurde ein Militärstützpunkt der Afrikanischen Union in Janale, etwa 90 Kilometer süd-westlich von Mogadischu, von der al-Schabaab angegriffen. Laut Angaben der Afrikanischen Union steht der Stützpunkt nach einem „taktischen Rückzug“ wieder unter Kontrolle der Streitkräfte der Afrikanischen Union. (BBC, 1. September 2015)

OKTOBER 2015

Laut BBC vom 07.10.2015 wurde der Neffe des Somalischen Präsidenten von der Al-Shabaab erschossen.

NOVEMBER 2015

Am 01.11.2015 gab es einen Anschlag der Al-Shabaab auf ein Hotel in Mogadishu, bei dem Hotelbesitzer, Wachleute und Zivilisten ums Leben gekommen sind (vgl. Meldung auf www.spiegel.de vom 01.11.2015).

Insofern kann nach wie vor nicht von einer beruhigten Lage in Süd- und Zentralsomalia, insbesondere Mogadishu und auch der Heimatstadt des Klägers, Kismayo ausgegangen werden.

Der Kläger hat weiterhin stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht, § 4 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 AsylG.

Nach der Rechtsprechung des BVerwG kann sich eine Bedrohung in Sinne des § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG aus einer allgemeinen Gefahr für eine Vielzahl von Zivilpersonen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts ergeben, wenn sich die Gefahr in der Person des betreffenden Ausländers verdichtet. Eine solche Verdichtung bzw. Individualisierung kann sich zum einen aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Ausländers ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist (OVG Lüneburg, U. v. 07.09.2015 – 9 LB 98/13 –, juris Rn. 44 unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13/10 -, juris Rn. 18 m.w.N.).

Sie kann zum anderen ausnahmsweise auch bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U. v. 14.07.2009 - 10 C 9.08 -, juris Rn. 13 ff.). Bezugspunkt für die Gefahrenprognose ist dabei der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr, in der Regel die Herkunftsregion des Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U. v. 31.01.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 13). Soweit sich eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr ausnahmsweise aus dem hohen Gefahrengrad für jede sich in dem betreffenden Gebiet aufhaltende Zivilperson ergibt, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich. Der bei Bewertung der entsprechenden Gefahren anzulegende Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei der Prüfung der tatsächlichen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK (BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 -, juris Rn. 20).

Der Kläger ist aufgrund gefahrerhöhender Umstände in seiner Person einer ernsthaften Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt.

Zum einen hat der Kläger glaubhaft angegeben, dass er bei seiner Rückkehr die Bestrafung der Al-Shabaab befürchten muss, da diese die noch ausstehende Strafe vollstrecken oder ihn schlimmstenfalls aufgrund seiner Flucht töten würden.

Die von der Beklagten angeführten Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Klägers bei seiner Anhörung teilt die Einzelrichterin nicht. Vielmehr ergibt sich schon aus dem Anhörungsprotokoll der Beklagten eine detailreiche und umfassende Schilderung des Aufeinandertreffens mit dem Al-Shabaab-Mann, die daran anschließende Verletzung durch den Kläger und die Verhaftung am späteren Abend. Insbesondere der Angabe der Beklagten, die Behauptung einer Affäre seiner Frau mit dem anderen Mann sei unglaubhaft, da der Kläger keinerlei Nachforschungen angestellt habe, stimmt die Einzelrichterin nicht zu. Vielmehr hat der Kläger selbst in seiner Anhörung angegeben, dass er seiner Frau immer vertraut habe und ihn die Gerüchte über eine Affäre unter anderem von Menschen mitgeteilt worden sei, denen er eine böse Absicht zur Verfolgung ihrer eigenen Ziele unterstellte.

Von dem Vortrag in seiner Anhörung ist der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht abgewichen. Vielmehr konnte er gestikulierend darstellen, wie sein Angriff auf den Mann abgelaufen ist. Es erscheint auch nicht unplausibel, dass ein angesehener Mann des Stammes des Klägers für ihn gebürgt hat. Wie schon in der Anhörung von dem Kläger angegeben, ging der Bürge davon aus, dass der Kläger nicht fliehen, sondern das Urteil hinnehmen werde. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger dementsprechend an, er sei nach seiner Freilassung noch vier Tage bei seiner Frau gewesen, um erst dann die Flucht anzutreten. Auch konnte sein Clan ihn nicht vor der Bestrafung schützen. Denn ausweislich der Angaben des Klägers respektiert die Al-Shabaab zwar das Wort eines angesehenen Mannes, wie hier dem Bürgen des Klägers. Bei dem Vollzug von Strafen gäbe es jedoch keine Ausnahmen, auch nicht, wenn dies von Stammesführern verlangt werde. Dies deckt sich mit den Erkenntnismitteln der Einzelrichterin, wonach einflussreiche Clans in Somalia ihre Clanangehörigen zwar vor Rekrutierungen durch die Al-Shabaab eingeschränkt schützen können, nicht jedoch bei Auseinandersetzungen und daraus folgenden Bestrafungen (EASO, Informationsbericht über das Herkunftsland Süd- und Zentralsomalia, August 2014, S.61).

Zweifel an den Angaben des Klägers hat die Einzelrichterin auch nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung nicht. Er konnte die Ereignisse umfassend und abschließend schildern. Auch auf Nachfragen gab er Auskunft, ohne sich in Widersprüche zu verwickeln.

Zum anderen ist für die Einschätzung der Gefährdung des Klägers maßgeblich entscheidend, dass er in seine Herkunftsstadt Kismayo nicht direkt aus dem Ausland zurückkehren könnte. Vorliegend hat der Kläger glaubhaft angegeben, aus Kismayo zu stammen. Zweifel daran wurden weder von der Beklagten behauptet noch sind sie ersichtlich. Insbesondere konnte er in der mündlichen Verhandlung die örtlichen Gegebenheiten von Kismayo beschreiben und den Stadtteil benennen, in dem er lebte.

Seine Rückführung nach Kismayo würde über Mogadischu erfolgen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 02.02.2015, S. 17). Um Kismayo zu erreichen, müsste der Kläger ländliche Gebiete Südsomalias queren. Hierbei besteht jedoch für den Kläger die Gefahr, von der Al-Shabaab entdeckt zu werden und damit eine Lebensgefahr. Ausweislich Amnesty International (Briefing vom 23.10.2014, „Forced returns to South and central Somalia, including Al-Shabaab areas: A blatant violation of international law”) werden Reisende auf den Transportrouten in Süd- und Zentral-Somalia häufig an den Checkpoints von Al-Shabaab befragt und standen unter Verdacht. Die Bewegungen müssen vor der Al-Shabaab gerechtfertigt werden, insbesondere bei einer Einreise aus Gebieten, die von der Regierung kontrolliert werden, wie hier Mogadischu. Dies bestätigt auch der Bericht von EASO. Danach sieht Al-Shabaab überall Spione. Jede Bewegung kann als verdächtig gelten und muss begründet werden, vor allem, wenn sie zwischen Al-Shabaab-Gebieten und von der Regierung und AMISOM kontrollierten Gebieten stattfindet. Für Reisen innerhalb von Al-Shabaab kontrollierten Gebieten müssen die Menschen eine Genehmigung einholen (EASO, Informationsbericht über das Herkunftsland Süd- und Zentralsomalia, August 2014, S. 115). Da die Al-Shabaab Angst verbreiten will, führt sie ganze Kampagnen gezielter Tötungen durch (EASO, Informationsbericht über das Herkunftsland Süd- und Zentralsomalia, August 2014, S. 98). Hierdurch würde der Kläger als Rückkehrer aus westlichen Ländern bei einer Entdeckung durch die Al-Shabaab in besonderer Gefahr schweben.

Insofern kann es dahingestellt bleiben, ob sich die Sicherheitslage in der Herkunftsstadt des Klägers, Kismayo, wesentlich von der Sicherheitslage in Mogadischu unterscheidet. Denn dem Kläger ist es nicht möglich, Kismayo ohne existentiellen Gefahren zu erreichen (vgl. auch Auswärtiges Amt, Somalia: Reisewarnung Stand 29.10.2015).

Vor diesem Hintergrund ergibt sich auch nichts anderes aus dem Urteil des VG Stade, welches den subsidiären Schutz bei einem somalischen Staatsangehörigen verneint hatte (VG Stade, U. v. 05.10.2015 - 3 A 3658/13 -, juris). In diesem Fall des VG Stade ging es um einen aus Mogadischu stammenden Kläger, der über nahe Familienangehörige und eine Großfamilie in der Region Mogadischu verfügte und vor seiner Ausreise keinerlei Beeinträchtigungen in Somalia erlebt hatte. Dieser Fall ist nicht vergleichbar mit dem hier zu entscheidenden Fall eines aus Kismayo stammenden Klägers, der bereits durch die Al-Shabaab bedroht und misshandelt worden ist.

Dem Kläger ist es auch nicht zuzumuten, nach Mogadischu zurückzukehren. Interner Schutz nach §§ 4 Abs. 3, 3e Abs. 1 AsylG ist für den Kläger dort nicht zu erreichen. Die Lage in Mogadischu ist - wie oben beschrieben - nach wie vor bürgerkriegsähnlich. Weiterhin hat der Kläger in Mogadischu keinerlei familiäre Verbindungen, die ihn unterstützen und schützen könnten. Auch gibt es in Mogadischu keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und es fehlt an Rückübernahmeabkommen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 02.02.2015, S. 16).

Andere inländische Fluchtalternativen i.S.d. §§ 4 Abs. 3, 3 Abs. 1 AsylG sind in Somalia für den Kläger nicht vorhanden, da er sie nicht - wie oben dargestellt - ohne existentielle Gefahren erreichen kann.

Ausschlussgründe bezüglich der Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 4 Abs. 2 AsylG sind weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen.

Die in Ziff. 4 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen, ist mit der Anerkennung des subsidiären Schutzes gegenstandslos.

Schließlich erweist sich die unter Ziff. 5 des angefochtenen Bescheids enthaltene Abschiebungsandrohung für den Kläger als rechtswidrig, da die Beklagte in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zur Gewährung subsidiären Schutzes verpflichtet und daher nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AsylG nicht zum Erlass einer Abschiebungsandrohung ermächtigt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.