LSG der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 15.12.2015 - L 9 KR 82/13
Fundstelle
openJur 2016, 5319
  • Rkr:

1. Wer einen Statusfeststellungsantrag nach § 7a SGB IV stellt, muss für den zu prüfenden Zeitraum Aufzeichnungen über den Umfang der Tätigkeit und die Vergütung erstellen. Kann aufgrund fehlender Aufzeichnungen nachträglich der Umfang der Tätigkeit bzw. die Höhe der Vergütung nicht festgestellt werden, geht dies zu Lasten des Antragstellers.

2. Werden Tätigkeiten, die - z.B. Schreibarbeiten - generell sowohl in den Räumlichkeiten des Auftraggebers als auch in denen des Auftragsnehmers als auch an einem dritten Ort verrichtet werden können, wegen betrieblicher Zwänge des Auftraggebers in dessen Räumlichkeiten ausgeübt, spricht dies für eine Beschäftigung.

3. Angesichts zunehmender Freiheiten bezüglich der Arbeitszeitgestaltung, die im Zuge moderner Entwicklungen der Arbeitswelt auch Arbeitnehmern eingeräumt werden, spricht viel dafür, Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft nur dann als Indiz für Selbstständigkeit anzusehen, wenn gerade hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen.

4. Lässt sich im Nachhinein nicht mehr klären, in welchem Umfang ein Auftragnehmer Dritte zur Leistungserbringung eingesetzt hat, geht dies zu Lasten dessen, der die Selbständigkeit einer Tätigkeit geltend macht.

5. Zur Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag bei Schreibleistungen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Februar 2013 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2009, beide in der Fassung der Bescheide vom 6. September 2010 und vom 30. September 2014, wird aufgehoben, soweit darin die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 23. Juli bis 3. August 2007 festgestellt wird.

Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 4) aufgrund ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 23. Juli bis 3. August 2007 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte 11/12 und die Klägerin 1/12 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch um die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit von Mai bis August 2007.

Die Klägerin ist Trägerin mehrerer Berliner Krankenhäuser, u.a. des Krankenhauses U und des Krankenhauses N. Die Beigeladene zu 4) betreibt seit Mai 1990 ein als Gewerbe angemeldetes Schreibbüro. Mit Bescheid vom 16. September 1992 stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund (unter ihrer damaligen Bezeichnung „Bundesversicherungsanstalt für Angestellte“) fest, dass die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) nach § 229a Abs. 1 Sozialgesetzbuch / Sechstes Buch (SGB VI) am 31. Dezember 1991 geendet habe.

In der Zeit vom 1. Mai bis zum 30. August 2007 erledigte die Beigeladene zu 4) Schreibarbeiten für die Klägerin; schriftliche Verträge hierzu existieren nicht. Im Schreibbüro der Klägerin waren vom 15. Juni bis zum 1. Juli 2007 die Mitarbeiterin I S geringfügig, die Mitarbeiterin A S ab dem 1. Juli 2007 im Rahmen einer Vollzeittätigkeit – nach eigenen Angaben jedoch ohne Einsätze in den Krankenhäusern Am U und N – sowie ab dem 15. Juli 2007 die Mitarbeiterin D F, ebenfalls in Vollzeit, beschäftigt.

Gemeinsam mit der Klägerin stellte die Beigeladene zu 4) einen am 5./7. Juni 2007 unterzeichneten, am 13. Juli bei der Beklagten eingegangenen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Beide Beteiligte begehrten die Feststellung, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege. Hierbei und im Rahmen des sich anschließenden Verwaltungsverfahrens gab die Beigeladene zu 4) u.a. an,

- sie sei für zahlreiche Auftraggeber, auch diverse medizinische Einrichtungen, tätig,

- die Auftragsvergabe erfolge nach telefonischer Vereinbarung oder mündlicher Absprache incl. des Liefertermins, bis zu welchem Zeitpunkt der Auftrag be- und abgearbeitet werden solle,

- die Klägerin frage zunächst nach ihren Kapazitäten und fordere ein Kostenangebot an; sei sie – die Beigeladene zu 4) – an einer Zusammenarbeit interessiert, komme es zu persönlichen Verhandlungen über Umfang und Dauer der zu erbringenden Leistungen, wobei sie – die Beigeladene zu 4) – bei Bestehen mehrerer Aufträge verschiedener Auftraggeber Zeitangaben vorgebe, die zur optimalen Abarbeitung aller anstehenden Schreibarbeiten dienlich seien,

- ihr obliege in unternehmerischer Freiheit, den Auftrag entgegenzunehmen bzw. über die zeitliche Abfolge und die Konditionen der Abarbeitung zu entscheiden,

- sie dürfe den Auftrag auch an eine andere Firma weitergeben,

- der Inhalt der Schreibarbeiten umfasse das Erfassen von Arztbriefen (Epikrisen) und/oder Befunden nach Phonodiktat, wobei die Abarbeitung des Auftrags nur durch die Nutzung der unternehmenseigenen spezifischen Programmoberfläche der Klägerin möglich sei und daher zumeist vor Ort ausgeführt werde (jeder Auftrag unterliege hierbei gesondert dem Datenschutz wegen der Patientendaten),

- die Lieferung (laut Auftrag) werde direkt von der Klägerin vor Ort überprüft, abgenommen und mittels Unterschrift bestätigt,

- die Quittierung der Lieferung durch den zuständigen Auftraggeber bilde die Grundlage der Rechnungslegung,

- die Klägerin könne die Dienstleistungsvereinbarung sofort kündigen, wenn die von ihr erwartete Qualität und Quantität ausbleibe,

- sie arbeite bei der Klägerin vor Ort,

- sie habe keine regelmäßigen Arbeitszeiten einzuhalten und erhalte keine Weisungen,

- die Klägerin könne ihr Einsatzgebiet nicht ohne ihre Zustimmung ändern,

- die Einstellung von Vertretern und Hilfskräften sei nicht von der Zustimmung der Klägerin abhängig,

- sie beschäftige zurzeit keinen Arbeitnehmer mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von mehr als 400 Euro,

- die Kundengewinnung erfolge durch Akquisition (Flyer, Internet),

- ihre Tätigkeit habe im Juli 2007 geendet,

- sie sei bei der Beigeladenen zu 2) freiwillig krankenversichert.

Dem Antrag beigefügt hatte die Beigeladene zu 4) einen Werbeprospekt ihres Schreibbüros, worin sie als Leistungen „Diktierservice Büroservice Mail-Service Telefonservice Lieferservice“ anbot.

Die Klägerin brachte im Verwaltungsverfahren vor,

- die Beigeladene zu 4) werde aufgrund mündlicher Einzelbeauftragungen tätig und könne entscheiden, ob sie Aufträge annehme oder nicht,

- angenommene Aufträge führe die Beigeladene zu 4) weisungsunabhängig aus und lege das Ergebnis ihr zur Abnahme vor; damit sei das Auftragsverhältnis beendet,

- mit der Beigeladenen zu 4) werde ein Pauschalbetrag vereinbart, der sich am typischen Zeitraum orientiere, den sie – die Klägerin – für die Abarbeitung für erforderlich halte,

- die Beigeladene zu 4) könne ihren Gewinn durch schnelleres Arbeiten bzw. durch die Einschaltung von Subunternehmern (zu einer geringeren Vergütung) steigern,

- der Ort der Arbeitsleistung sei der Beigeladenen zu 4) nicht vorgegeben; dass sie in der letzten Zeit die Arbeit im Wesentlichen in ihren – der Klägerin – Räumen erbracht habe, beruhe nicht auf ihrem Direktionsrecht, sondern allein auf praktischen Gründen, weil zur Gewährleistung der Datenkompatibilität die Schreibdienstleistungen auf der von ihr – der Klägerin – verwendeten ORBIS-Programmoberfläche erbracht würden und deren Einsatz in den Büroräumlichkeiten der Beigeladenen zu 4) zu einem erheblichen Mehraufwand (Einrichten des Datenverarbeitungsprogramms auf den Betriebsmitteln der Beigeladenen zu 4) und regelmäßige Programmpflege) führen wurde,

- sie überprüfe die Anwesenheit der Beigeladenen zu 4) nicht,

- die Beigeladene zu 4) dürfe auch Subunternehmer und andere Personen beauftragen.

Mit Bescheid vom 28. Januar 2009 (bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 17. September 2009) stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) im Bereich Ausführung von Schreibarbeiten bei der Klägerin seit dem 1. Mai 2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und die Versicherungspflicht dem Grunde nach mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung beginne.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte die o.g. Bescheide dahingehend abgeändert, dass in der von der Beigeladenen zu 4) seit dem 1. Mai 2007 ausgeübten Beschäftigung Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Bescheid vom 6. September 2010).

Ausweislich der von der Klägerin erstmals im Klageverfahren eingereichten Rechnungen, die am 4. April, 19. Mai, 4. Juni, 12. Juni, 30. Juni, 10. Juli, 20. Juli und 20. August 2007 erstellt wurden, ergibt sich der Rechnungsbetrag jeweils aus der Multiplikation einer Stundenzahl mit einem „Einzelpreis“ von 18,00 Euro. Die Rechnungen lassen nicht erkennen, in welchem genauen Zeitraum die abgerechneten Leistungen erbracht wurden.

Den ebenfalls erstmals im Klageverfahren eingereichten, von der Beigeladenen zu 4) erstellten Stundennachweisen ist zu entnehmen, dass diese oder ihre Mitarbeiterinnen zumindest vom 22. bis 31. Mai 2007, am 3. Juni 2007, vom 18. bis 23. und vom 25. bis 30. Juni 2007, sowie vom 23. bis 28. Juli 2007 und vom 30. Juli bis zum 4. August 2007 u.a. Schreibarbeiten für die Klägerin ausgeführt hat. Auf den Stundennachweisen dokumentierte die Beigeladene zu 4) auch Tätigkeiten wie „Postversand“, „Befunde zuordnen“, „Faxen“, „diverse Rücksprachen bei Postbearbeitung“, „Befunde zusammensuchen“, „Befunde aus U zusammenlegen“, „Telefon […] (alle ankommenden Gespräche)“, „Postbearbeitung“, „ankommende Befunde […] zusammensortieren“, „Telefonbetreuung“, „Faxe absetzen nach Unterschrift“, „Korrekturen aus U 1. Stapel Post + Fax + Freigabe“ (ergänzt um die Zeitangabe „16.00 - 17.15“).

Weitere Unterlagen können die Klägerin bzw. die Beigeladene zu 4) nach eigenen Angaben nicht mehr vorlegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 6. Februar 2013 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben: Es hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 4) seit dem 1. Mai 2007 in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als medizinische Schreibkraft nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Zur Begründung hat das Sozialgericht darauf abgestellt, dass die Beigeladene zu 4) unstreitig ein gewerberechtlich angemeldetes Schreibbüro mit eigenem Internetauftritt und Arbeitgeberkonto betrieben habe, auf Abruf ohne Verpflichtung zu einem der Aufträge für die Klägerin tätig geworden sei, eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin mangels Weisungsbefugnis in Bezug auf die Arbeitszeit in dem Umfang der Tätigkeit nicht stattgefunden habe, sie für ihre Honorare Umsatzsteuer abführe und nicht zur höchstpersönlichen Leistung verpflichtet gewesen sei.

Gegen diesen ihr am 15. Februar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Beklagten vom 14. März 2013, zu deren Begründung sie vorträgt: die Beigeladene zu 4) sei weisungsgebunden in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Sie habe an einem Firmen-PC mit einem persönlichen Passwort gearbeitet, so dass die Weitergabe und Delegierung an andere ausgeschlossen erscheine.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Februar 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und bringt ergänzend vor: die Beigeladene zu 4) habe sie in den Monaten April bis August 2007 „betreut“. Zwischen ihr und der Beigeladenen zu 4) sei mit jeder Beauftragung ein Werkvertrag geschlossen worden. Eine Vergütung sei nur nach auftragsgemäßer Werkerstellung erfolgt, andernfalls Nachbesserung bzw. Minderung zu Lasten der Beigeladenen zu 4). Eine Anfrage bei dieser sei – so die Angaben der Mitarbeiterin H in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – erfolgt, wenn die Liste aller zu schreibenden Diktate der Pathologen voll gewesen sei; die Beigeladene zu 4) habe dann angegeben, wann sie arbeiten könne. Der Beigeladenen zu 4) sei stets einer der freien Schreibplätze zugewiesen worden. Für alle externen Schreibkräfte habe es immer dasselbe Passwort gegeben. Weil das verwendete Schreibprogramm von den Pathologen entwickelt worden sei, habe es nicht auf eine externe Bearbeitung umgestellt werden können.

Die Beigeladene zu 4) bringt vor, sie sei nur für die Pathologie der Klägerin unter der Leitung von Prof. L (Hauptsitz: Krankenhaus U) tätig geworden; diesem habe Prof. H (Krankenhaus N) unterstanden. Ihre Tätigkeit habe darin bestanden, digital aufgenommene Diktate der Ärzte – hierbei habe es sich nur um pathologische Befunde gehandelt – zu Papier zu bringen. Sie habe hierbei eine in der Pathologie schon vorhandene Maske verwendet. Dass damals alle Aufträge in den Räumen der Klägerin durchgeführt worden seien, habe auch am Fehlen technischer Autorisierungen gelegen, mit deren Hilfe die Diktate in ihrem eigenen Schreibbüro hätten geschrieben werden können. Aus Datenschutzgründen habe jeder Mitarbeiter sein eigenes Passwort gehabt. Die gleichen Arbeiten wie sie bzw. ihre Mitarbeiterin hätten auch festangestellte Mitarbeiter der Klägerin bzw. Arbeitskräfte von Zeitarbeitsfirmen verrichtet. Zu jedem Befund/Diktat habe ein sogenannter Schein gezählt, den der Arzt während der Behandlung bzw. während der OP habe ausfüllen müssen. Ihre – der Beigeladenen zu 4) – Aufgabe habe auch darin bestanden, die diktierten Befunden mit dem jeweiligen Schein abzugleichen. In diesem Zusammenhang sei es zu Absprachen mit anderen Mitarbeitern der Klägerin gekommen, z.B. durch den Hinweis, dass Scheine fehlten. Aus Servicegründen habe sie teilweise weitere Tätigkeiten übernommen, z.B. Telefaxe für die Klägerin versandt oder Befunde in die einzelnen Fächer verteilt. Sie habe auch Telefondienst bei der Klägerin übernommen.

Sie sei ab Juni 2007 von ihrer Mitarbeiterin S sowie ab August von der Mitarbeiterin F und – während ihres Urlaubs – im August 2007 von der Mitarbeiterin S unterstützt worden. An welchen Tagen sie oder ihre Mitarbeiterinnen im Einzelnen bei der Klägerin tätig gewesen seien, könne sie heute nicht mehr sagen. Am 15. Juli 2007 habe sie einen USA-Urlaub angetreten, so dass ab dieser Zeit ihre Mitarbeiterinnen für sie bei der Klägerin tätig gewesen seien. Subunternehmer habe sie grundsätzlich nie eingesetzt.

Alle Aufträge hätten sie und ihre Mitarbeiterinnen in den Räumen der Klägerin ausgeführt, zunächst im Krankenhaus U, später in N. Es gehöre zu ihren Prinzipien, zunächst in den Räumen der Auftraggeber tätig zu werden, um die Ärzte, die anderen Mitarbeiter, Abläufe und Zuständigkeiten kennenzulernen. Dies gleiche in etwa der Einarbeitung hauseigener Mitarbeiter. Ihre eigene Einarbeitung dauere in der Regel ca. sechs Monate.

Sie habe darauf geachtet, auch nachts oder an Feiertagen arbeiten zu dürfen, und habe von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht. Ihre typische Arbeitswoche dauere von Montag bis Sonntag. Während ihrer Tätigkeit im Krankenhaus U, d.h. in den ersten zwei bis vier Wochen, habe sie keinen eigenen Schlüssel für die dortigen Räumlichkeiten gehabt. Nach dem „Wechsel“ ans Krankenhaus N habe sie über einen eigenen Schlüssel verfügt.

Ob sie entsprechend ihrer Übung auch mit der Klägerin Werkverträge, d.h. in der Regel feste Rahmenbedingungen, vereinbart habe, könne sie heute nicht mehr sagen. Die Klägerin habe einen Stundenlohn gezahlt. Wenn die Technik der Klägerin ausgefallen sei, habe diese Zeit gleichwohl vergütet werden müssen, dies sei z.B. am 24. Mai 2007 geschehen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt die Beigeladene zu 4) ferner, Anfragen der Klägerin hätten sich auf den Zeitraum von mindestens einer Woche gerichtet. Für mehrere Auftraggeber gleichzeitig habe sie nicht gearbeitet. Nach jedem Schreibvorgang habe sie Diktatnummer und Dauer des Diktats notiert und anschließend den o.g. Schein beigefügt. Die betroffenen Ärzte hätten das Geschriebene am nächsten Morgen gelesen. Ggf. anfallende Korrekturen seien wie andere Schreibleistungen vergütet worden. Ihr Urlaub in den USA habe am 5. August 2007 geendet.

Der Senat hat durch seinen Berichterstatter den Sachverhalt mit den Beteiligten am 29. August 2014 und am 21. Januar 2015 erörtert und schriftliche Auskünfte der Zeuginnen S, S und F eingeholt.

Mit Bescheid vom 30. September 2014 hat die Beklagte die bisherigen Bescheide dahin geändert, dass in der vom 1. Mai bis 31. August 2007 ausgeübten Beschäftigung der Beigeladenen zu 4) bei der Klägerin Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, nicht jedoch in der Krankenversicherung und in der Pflegeversicherung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Sozialgesetzbuch / Elftes Buch (SGB XI).

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und in weitem Umfang begründet. Das Sozialgericht hätte der Klage nur für die Zeit vom 23. Juli bis 3. August 2007 stattgeben dürfen. Denn im Übrigen unterlag die Beigeladene zu 4) aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

A. Streitgegenstand ist der Bescheid vom 28. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2009, beide in der Fassung der Bescheide vom 6. September 2010 und vom 30. September 2014.

Der Bescheid vom 6. September 2010 ändert die vorangegangenen Bescheide, die sich auf die (unzulässige) Feststellung einzelner Elemente der Versicherungspflicht beschränkten, und "ergänzt" sie in ihren Verfügungssätzen um die notwendigen Feststellungen zur Versicherungspflicht. Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt – und erst damit einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht –, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten i.S.v. § 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 KR 17/09 R -; Senat, Urteil vom 20. November 2013 – L 9 KR 294/11 –; jeweils juris).

Der Bescheid vom 30. September 2014 stellt in der Sache ein Teilanerkenntnis der Beklagten dar, das die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angenommen hat.

Der Senat hat damit nur noch über die Frage der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 1. Mai bis 31. August 2007 zu entscheiden.

B. Die streitgegenständlichen Bescheide sind im Ergebnis nicht zu beanstanden, soweit die Beklagte darin die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 4) in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Zeiträume 1. Mai bis 22. Juli und 4. bis 31. August 2007 aufgrund ihrer Tätigkeit für die Klägerin festgestellt hat.

I. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht u.a. in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch / Sechstes Buch - SGB VI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch / Drittes Buch - SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV -. Beschäftigung ist danach die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach Satz 2 dieser Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, und des Senats, vgl. Urteil vom 20. November 2013 – L 9 KR 294/11 –; jeweils juris).

Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert – wie oben unter 1. beschrieben – eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d.h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, juris).

II. Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs stellt sich die Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) für die Klägerin in der Zeit vom 1. Mai bis zum 22. Juli 2007 und vom 4. August bis zum 30. August 2007 als Beschäftigung dar.

1. Ausgangspunkt sind zunächst die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 4). Da diese nach eigenem Bekunden keinen schriftlichen Vertrag geschlossen haben, ist von der tatsächlichen Durchführung auf das vertraglich Gewollte zu schließen.

Danach haben sich die Vertragsparteien darauf geeinigt, dass die Beigeladene zu 4) nach vorangehender Terminabsprache in erster Linie Schreibarbeiten für die Klägerin durchführt. Hierbei war es ihre Aufgabe, Phonodiktate von Mitarbeitern der pathologischen Abteilungen der Krankenhäuser U und N mittels entsprechender technischer Vorrichtungen und unter Verwendung eines von der Klägerin vorgehaltenen Softwareprogramms in einen geschriebenen Text zu übertragen. Darüber hinaus musste die Beigeladene zu 4) weitere typische Büroarbeiten erledigen, wie z.B. den Telefondienst, Telefaxversand, Verteilen von Schreibwerk auf Fächer. Dass es sich insoweit nicht um vergütungsfreie reine Gefälligkeitsdienste handelte, entnimmt der Senat handschriftlichen Aufzeichnungen der Beigeladenen zu 4) auf den eingereichten Stundennachweisen. Das Festhalten dieser Tätigkeiten auf den Stundennachweisen, teilweise sogar mit ausdrücklicher Zeitangabe, macht nur Sinn, wenn sie vergütungsrelevant waren. Im Übrigen entsprechen diese Leistungen dem Angebotsspektrum der Klägerin, wie sich ihrem im Verwaltungsverfahren eingereichten Werbeprospekt entnehmen lässt.

Innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens (im Sinne eines Fertigstellungstermins) war die Beigeladene zu 4) frei, an welchen (Wochen-)Tagen und zu welcher Uhrzeit sie die Diktate schrieb; Anwesenheitskontrollen führte die Klägerin insoweit nicht durch. Vorgaben, in welcher Reihenfolge die Diktate zu schreiben waren, gab es nur insofern, als bestimmte Diktate mit dem Zusatz „eilt“ bzw. „cito“ (lateinisch für schnell) versehen und daher vorrangig abzuarbeiten waren.

Hinsichtlich des Arbeitsorts haben sich die Vertragsparteien darauf verständigt, dass die Beigeladene zu 4) ihre Tätigkeit in den Räumen der Klägerin an einem ihr jeweils zugewiesenen Schreibplatz ausübt. Dies lag im beiderseitigen Interesse. Es entsprach nicht nur den Gepflogenheiten der Beigeladenen zu 4), sich in ihre Tätigkeit bei einem neuen Auftraggeber ungefähr während der ersten sechs Monate in dessen Räumlichkeiten zu einzuarbeiten, um die sonstigen Mitarbeitern dieses Auftraggebers, aber auch die dortigen Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten kennenzulernen. Die interne Verrichtung der Schreibarbeiten war auch wegen des zum Einsatz gelangenden EDV-Programms, welches von Mitarbeitern der Pathologie-Abteilungen der Klägerin entwickelten worden war, außerhalb deren Räumlichkeiten nicht möglich.

Hinsichtlich der Vergütung der Tätigkeit vereinbarten die Vertragsparteien einen Stundenlohn von 18.- Euro. Dies entnimmt der Senat den eingereichten Rechnungen. Soweit die Klägerin demgegenüber behauptet, ein Pauschalbetrag sei vereinbart worden, widerspricht dies den Abrechnungsmodalitäten, denn sie beglich die Rechnungen der Beigeladenen zu 4) allem Anschein nach ohne Beanstandung des zugrunde gelegten Stundenlohns. Dieser Stundenlohn galt auch, wenn die Beigeladene zu 4) ihrer Tätigkeit bei der Klägerin wegen eines Ausfalls deren EDV nicht nachgehen konnte oder wenn bereits Geschriebenes einer Korrektur bedurfte.

Die Beigeladene zu 4) war befugt, zumindest die übernommenen Schreibarbeiten auch durch Dritte (eigene Beschäftigte oder Subunternehmer) durchführen zu lassen.

Auf diese Regelungen verständigten sich die Vertragsparteien grundsätzlich, d.h. im Sinne einer Rahmenvereinbarung, die die allgemeinen Bedingungen einer Zusammenarbeit regeln sollten, die aber weder eine Verpflichtung der Beigeladenen zu 4) zum Tätigwerden auf Geheiß der Klägerin noch eine Verpflichtung der Klägerin, der Beigeladenen zu 4) Schreibaufträge anzubieten, beinhaltete. Zur Ausfüllung dieser Rahmenvereinbarung schlossen die Vertragsparteien vielmehr eine Vielzahl einzelner Absprachen über den Umfang und den zeitlichen Rahmen der von der Beigeladenen zu 4) zu erledigenden Aufgaben. Nur wenn diese einen Auftrag annahm (den sie ebenso gut auch ablehnen durfte), war sie zum Tätigwerden und die Klägerin anschließend zur Vergütung verpflichtet. Dass allerdings – wie von der Klägerin bzw. der Beigeladenen zu 4) anfangs behauptet – hierbei zunächst die Klägerin wegen eines „Auftrags“ bei der Beigeladenen zu 4) anfragte, diese ein Kostenangebot abgab und daraufhin ein Einverständnis erzielt wurde, ist in dieser Form nicht nachvollziehbar. Insofern lag – wie sich den Schilderungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat entnehmen lässt – jedem (jeweils mindestens eine Woche dauernden) Einsatz der Beigeladenen zu 4) eine Anfrage der Klägerin, veranlasst durch den bei ihr entstandenen Arbeitsanfall, zugrunde, ohne dass die Tätigkeitsbedingungen im einzelnen erneut ausgehandelt wurden. Dies entspricht im Übrigen den vorgelegten Stundennachweisen, die unterschiedlich hohe Stundensätze, wie sie als Ergebnis individueller Kostenangebote der Beigeladenen zu 4) zu erwarten gewesen wären, gerade nicht ausweisen.

2. Diese vertraglichen Vereinbarungen sind rechtlich nicht als Werk-, sondern als Dienstverträge zu qualifizieren.

a. Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB). Für die Abgrenzung zum Dienstvertrag ist maßgebend, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird. Charakteristisch für den Werkunternehmer ist seine Selbständigkeit. Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich. Ob ein Werkvertrag, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben; ein abhängig beschäftigter Arbeitnehmer wird nicht durch Auferlegung einer Erfolgsgarantie zum Werkunternehmer (BAG, Urteil vom 25. September 2013 – 10 AZR 282/12 –, juris, m.w.N.; Senat, Urteil vom 14. Mai 2014 – L 9 KR 449/12 –, juris). Der Senat geht davon aus, dass zumindest reine Schreibarbeiten grundsätzlich Gegenstand sowohl eines Werk- als auch eines Dienst-/ Arbeitsvertrags sein können.

b. Hieran gemessen haben die Klägerin und die Beigeladene zu 4) weder durch die Rahmenvereinbarung noch durch die Einzelaufträge Werkverträge geschlossen.

Zwar lässt sich nicht leugnen, dass in der Vereinbarung eines Zeitrahmens, innerhalb dessen die Schreibarbeiten zu erledigen waren, eine Regelung über die Fälligkeit einer (Werk-)Leistung (vgl. hierzu Palandt/Sprau, BGB, § 631 Rd. 12 m.w.N.) liegen kann, wie sie dem Dienstvertragsrecht fremd ist. Es ist aber schon fraglich, ob die Vereinbarung eines Fertigstellungstermins tatsächlich gewollt war. Denn dem Vorbringen der Beteiligten ist nicht zu entnehmen, dass eine Überschreitung dieses Termin zu Sanktionen für die Beigeladene zu 4), etwa einem Schadensersatzanspruch, einer Vertragsstrafe oder dem Recht der Klägerin zum Rücktritt vom Vertrag (§ 323 BGB), führen sollte. Hatte die Terminsüberschreitung für die Beigeladene zu 4) indes keine rechtlichen Konsequenzen, kommt der Vereinbarung eines solchen Termins auch kein besonderer Stellenwert zu.

Entscheidend gegen einen Werkvertrag spricht zum einen, dass die Beigeladene zu 4) – anders als es für einen Werkunternehmer typisch ist – die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nicht nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisiert hat. Sie hat sich vielmehr weitgehend an den Belangen der Klägerin als Auftraggeberin orientiert, indem sie ihre Tätigkeit stets in deren Räumlichkeiten an einem ihr jeweils zugewiesenen Arbeitsplatz verrichtet, hierdurch die Möglichkeit zur Kommunikation mit anderen Mitarbeiter/innen der Klägerin hergestellt und auf das EDV-System der Klägerin zurückgegriffen hat. Darüber hinaus hat sie sich durch die Erledigung weiterer Aufgaben, wie Telefondienst, Postverteilung und -bearbeitung, Faxversand, in die Arbeitsabläufe der Klägerin integriert.

Gegen einen Werkvertrag spricht aber auch, dass die Vertragsparteien keine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart haben. Gerade bei Schreibarbeiten bietet sich im Interesse des Auftraggebers eine Vergütung an, die an die zu schreibende Menge (Dauer der Diktate) oder an die geschriebene Menge (Seiten, Zeilen, Anschläge) anknüpft, weil die Höhe der Vergütung dann nicht vom Arbeitstempo des Auftragnehmers abhängt. Die von den Vertragsparteien gewählte Vergütung auf Basis eines Stundenlohns aber garantiert der Beigeladenen zu 4) ein umso höheres Entgelt, je länger sie für die Abarbeitung der Diktate benötigt.

Im Übrigen haben die Klägerin und die Beigeladene zu 4) teilweise auch durch ihre Wortwahl zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht von einer Werkleistung als Vertragsgegenstand ausgehen (z.B. „Ort der Arbeitsleistung“, „Arbeitsort“, „selbständige Dienstleistung“, „Schreibdienstleistungen“ - Schreiben der damaligen Klägerbevollmächtigten an die Beklagte vom 16. April 2008; „Arbeitsort“, „Dienstleistungsvereinbarung“ - Schreiben der Beigeladenen zu 4) an die Beklagte vom 18. Januar 2009).

3. Für die weitere Prüfung der Statusfrage ist zu beachten, dass Vertragsparteien eine Rahmenvereinbarung geschlossen haben, die lediglich die Bedingungen für künftig abzuschließende Verträge über zeitlich befristete Einsätze regelte und aus der sich – wie bereits dargestellt – weder eine Leistungsverpflichtung der Beigeladenen zu 4) noch eine Pflicht der Klägerin zur Auftragserteilung ergab. Diese Rahmenvereinbarung allein kann daher nicht Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein (BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R –, juris, m.w.N.). Abzustellen ist vielmehr auf die Vereinbarungen der Vertragsparteien zu den jeweiligen „Aufträgen“, weil erst durch diese die Rechtsbeziehungen hinreichend konkretisiert wurden. In diesem Zusammenhang kommen dann auch die Regelungen der Rahmenvereinbarung zum Tragen, soweit sie die einzelnen Rechtsverhältnisse rechtlich beeinflussen.

Daraus ergibt sich, dass Gegenstand der Prüfung nicht – wie von der Beklagten und vom Sozialgericht angenommen – ein einheitliches Rechtsverhältnis ist, welches sich auf den gesamten streitigen Zeitraum vom 1. Mai bis zum 31. August 2007 erstreckt, sondern eine Mehrzahl von Vereinbarungen über zeitlich befristete Einsätze. Maßgebend für die Beurteilung der Versicherungspflicht sind dann aber auch nur die die einzelnen Rechtsverhältnisse, ggf. unter Berücksichtigung der Rahmenvereinbarung, was wiederum zur Folge hat, dass auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des jeweiligen "Auftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, juris). Die Frage, ob die Beigeladene zu 4) berechtigt war, einzelne „Aufträge“ abzulehnen, ist demnach für die Statusbeurteilung ohne Bedeutung. Insoweit unterscheidet sich die Situation der Beigeladenen zu 4) nicht von der eines Arbeitnehmers, der in kurzer Abfolge eine Mehrzahl von auf kurze Zeiträume befristete Arbeitsverträge mit demselben oder mit unterschiedlichen Arbeitgebern abschließt: Auch ihm steht es frei, über das Eingehen oder die Ablehnung eines neuen Arbeitsverhältnisses zu entscheiden, ohne dass hierdurch die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dieses oder der anderen Arbeitsverhältnisse beeinflusst würde.

4. Nach diesen Maßgaben erlauben die für die Beurteilung der einzelnen Rechtsverhältnisse relevanten Umstände mit Ausnahme des Zeitraums 23. Juli bis 3. August 2007 die Zuordnung der von der Beigeladenen zu 4) für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit zum Typus der abhängigen Beschäftigung. Die Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale führt im vorliegenden Fall zu einem deutlichen Überwiegen der für eine Beschäftigung sprechenden Umstände.

a. Allerdings unterlag die Beigeladene zu 4) nur in eingeschränktem Umfang einem Weisungsrecht der Klägerin.

Hinsichtlich der zeitlichen Lage der Tätigkeit machte die Klägerin der Beigeladenen zu 4) nur wenige Vorgaben. Diese war nur in der Anfangszeit, solange sie nicht über einen eigenen Schlüssel für die Räumlichkeiten der Klägerin verfügte, auf die allgemeinen, auch für angestellte Mitarbeiter geltenden Büroarbeitszeiten angewiesen.

Auf der anderen Seite dürfen die zunehmenden Freiheiten bezüglich der Arbeitszeitgestaltung, die im Zuge moderner Entwicklungen der Arbeitswelt auch Arbeitnehmern eingeräumt werden (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Grünbuch Arbeiten 4.0, 2015, S. 64ff; Bissels/Meyer-Michaelis, DB 2015, 2331ff, sprechen von der “zeitlichen […] Entgrenzung der Arbeit“) nicht außer Acht gelassen werden. Vor diesem Hintergrund geht der Senat davon aus, dass Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft nur dann als Indiz für Selbstständigkeit anzusehen sind, wenn gerade hieraus verbesserte Verdienstchancen erwachsen.

Was den Ort ihrer Tätigkeit angeht, war die Beigeladene zu 4) auf die Räumlichkeiten der Klägerin beschränkt. Dies entsprang indes weniger – wie von den Vertragsparteien teilweise behauptet – einer „freien“ Vereinbarung, sondern war offenkundig der verwendeten EDV-Technik geschuldet. Während die Klägerin zunächst vortrug, die verwendete O-Programmoberfläche würde bei einem Einsatz in den Büroräumlichkeiten der Beigeladenen zu 4) zu einem erheblichen Mehraufwand (Einrichten des Datenverarbeitungsprogramms auf den Betriebsmitteln der Beigeladenen zu 4) und regelmäßige Programmpflege) führen, ergab die Befragung der Mitarbeiterin H in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass das von den Pathologen der Klägerin entwickelte Schreibprogramm auf eine externe Verwendung gar nicht hätte umgestellt werden können. Dies ist nicht unerheblich. Können bestimmte Tätigkeiten (wie z.B. Schreibarbeiten) generell sowohl in den Räumlichkeiten des Auftraggebers als auch in denen des Auftragsnehmers als auch an einem dritten Ort verrichtet werden, kommt den Gründen, warum sie gleichwohl nur an einem bestimmten Ort ausgeübt werden, zumindest dann Bedeutung zu, wenn der Arbeitsort vom Auftraggeber nicht frei gewählt werden kann, sondern er – wie im vorliegenden Fall – durch betriebliche Zwänge des Auftraggebers bestimmt wird. Die Frage, ob ein Weisungsrecht hinsichtlich des Ortes der Tätigkeit besteht, lässt sich daher nicht schon dann verneinen, wenn er sich – wie hier – aus den mit der vertraglich vereinbarten Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten ergibt. Im Übrigen ist es für die Frage der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation grundsätzlich unerheblich ist, warum der Erwerbstätige auf eine Ausübung im Betrieb des Auftraggebers angewiesen ist; maßgeblich ist nur die davon ausgehende Wirkung (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 – B 12 KR 28/03 R –, juris; Berchtold, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann Kommentar zum Sozialrecht, 4.A., § 7 SGB IV Rd. 23). Hinzukommt im vorliegenden Fall, dass der Beigeladenen zu 4) in den Räumen der Klägerin von dieser jeweils ein konkreter Schreibplatz zugewiesen wurde.

Inhaltlich war es grundsätzlich der Beigeladenen zu 4) überlassen, an welchen Tagen und in welcher Reihenfolge sie die einzelnen Phonodiktate übertrug. Jedoch bestimmten die Klägerin bzw. deren leitende Mitarbeiter durch die einer Weisung gleich stehenden Zusätze „eilt“ bzw. „cito“, dass die damit versehenen Diktate möglichst zügig abzuarbeiten waren. Unabhängig hiervon sind Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbstständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können. Die der Beigeladenen zu 4) eingeräumten Freiheiten haben diesen Rahmen nicht verlassen, denn sie nutzte ihre zeitlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor allem, um den Weg zur Arbeitsstelle von ihrem Wohnort außerhalb B jenseits der allgemeinen Verkehrsstoßzeiten zurücklegen zu können.

b. Ein ggf. auch erheblich eingeschränktes Weisungsrecht schließt indes die Zuordnung zum Typus der Beschäftigung dann nicht aus, wenn es zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert ist (BSG, Urteile vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –; Senat, Urteil vom 07. August 2013 – L 9 KR 269/11 –; jeweils juris). Auch solche Dienste werden als Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben und in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 – B 12 KR 44/00 R –, juris). Solange jemand in einen für ihn fremden, d.h. den Interessen eines anderen dienenden und von seinem Willen beherrschten Betrieb eingegliedert ist und damit der objektiven Ordnung dieses Betriebes unterliegt, ist er abhängig beschäftigt (BSG, Urteil vom 18. November 1980 – 12 RK 76/79 –, juris). Ein solcher Fall einer Integration in von anderer Seite vorgegebene Betriebsabläufe liegt hier vor.

aa. Die Beigeladene zu 4) führte ihre Schreibarbeiten in der für sie fremden, ihrem Einfluss entzogenen und nicht von ihrem Willen beherrschten betrieblichen Ordnung der Klägerin aus.

bb. Die Beigeladene zu 4) nutzte bei der Verrichtung ihrer Tätigkeit nicht nur eine von anderen vorgehaltene bzw. betriebene Infrastruktur (was für sich genommen noch nicht von vornherein für die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation spräche; vgl. BSG, Urteil vom 2014 - B 12 KR 17/11 R -, juris), sondern war – weniger wegen der von ihr durchgeführten Schreibarbeiten als vielmehr aufgrund ihrer sonstigen o.g. Aufgaben – in vielfacher Hinsicht in den Arbeitsprozess der Klägerin eingegliedert. So sicherte der von der Beigeladenen zu 4) übernommene Telefondienst die (telefonische) Erreichbarkeit des jeweiligen Betriebsbereichs. Das Versenden von Telefax-Schreiben diente der schriftlichen Kommunikation der Abteilung mit anderen Arbeitsbereichen bzw. mit externen Stellen. Das Verteilen von Post und deren Bearbeitung stellte reibungslose Abläufe innerhalb der Kliniken sicher. Dass die betrieblichen Arbeitsabläufe in den Krankenhäusern für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 4) von Bedeutung sind, hat sie auch selbst zum Ausdruck gebracht. Denn sie hat ihr Prinzip, die ersten (ungefähr sechs) Monate nach dem Beginn der Zusammenarbeit mit einem neuen Auftraggeber in dessen Räumlichkeiten zu arbeiten, gerade damit begründet, dass sie die anderen Mitarbeiter, die Abläufe und die Zuständigkeiten kennen lernen wolle. Zum anderen hat sie ausdrücklich Absprachen mit anderen Mitarbeitern der Klägerin (z.B. durch den Hinweis, dass Scheine fehlten) erwähnt. Dies alles wäre bedeutungslos, wenn die Beigeladene zu 4) nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen wäre.

Diese Integration der Beigeladenen zu 4) fand, soweit sie im Telefondienst bzw. Post- und Faxversand tätig war, im Bereich der (internen und externen) Kommunikation, eines für jedes Unternehmen zentralen Aufgabenbereichs, statt. Aber auch die von ihr übernommenen Sortier- und Verteilaufgaben sind für jedes Unternehmen von der Größe eines Krankenhauses von elementarer Bedeutung. Der Einwand, die Eingliederung der Beigeladenen zu 4) in die betriebliche Organisation der Klägerin bzw. der beiden o.g. Krankenhäuser betreffe nur untergeordnete Bereiche, wäre daher nicht gerechtfertigt.

c. Die Beigeladene zu 4) trug kein wesentliches Unternehmerrisiko.

Zunächst ist nicht erkennbar, dass sie in irgendeiner Form Kapital mit dem Risiko des Verlusts eingesetzt hat. Die Klägerin der Beigeladenen zu 4) stellte sämtliche Technik zur Verfügung, die diese zur Erledigung der Schreibarbeiten benötigte. Selbst wenn externe Schreibkräfte – was nach Kenntnis des Senats nicht unüblich ist – eigene Kopfhörer und Fußtasten (zum Abspielen und Rückspulen der Diktate) mitbringen, betrifft dies Arbeitsgegenstände, deren finanzielle Bedeutung im Verhältnis zu den sonstigen Betriebskosten (Räume, EDV-Technik, Software) zu vernachlässigen ist

Die Beigeladene zu 4) hat auch nicht ihre Arbeitskraft mit dem Risiko, keine Vergütung zu erhalten, eingesetzt. Dem stand grundsätzlich schon die Vergütung nach Zeiteinheiten – ein typisches Merkmal einer Beschäftigung (BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R –, juris; BSGE 14, 142; Rolfs, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16.A., SGB IV § 7 Rn. 14) – entgegen. Diese Vergütungsform wurde zwischen den Vertragsparteien vereinbart und praktiziert, obwohl der von der Beigeladenen zu 4) verwendete Rechnungsvordruck auch eine Abrechnung nach Mengeneinheiten (nach Anschlägen oder Seiten) vorsah und dies für die Klägerin ggf. günstiger gewesen wäre (s.o. II.2). Die Vertragsparteien haben sich also bewusst für die aus Sicht der Beigeladenen zu 4) risikoärmste Vergütungsform entschieden. Dieser Effekt wurde dadurch verstärkt, dass die Beigeladene zu 4) selbst für Zeiten, in denen sie z.B. wegen eines Ausfalls der EDV-Technik nicht arbeiten konnte, entlohnt wurde. Auch insoweit war sie nicht dem Risiko ausgesetzt, Zeit (des Wartens) ohne Anspruch auf Vergütung verbringen zu müssen. Insofern trug die Auftraggeberin, die Klägerin, das Betriebsrisiko – ein Umstand, wie er für Arbeitsverhältnisse typisch ist (§ 615 BGB; hierzu Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. A., § 615 BGB Rn. 120ff). Auch eine Schlechtleistung hatte für die Beigeladene zu 4) keine rechtlichen Folgen. Falls sie ein Diktat wegen Fehlerhaftigkeit nochmals schreiben musste, wurde die hierfür benötigte Arbeitszeit ebenso wie bei einer „Erstschrift“ vergütet.

Ob die Klägerin rechtlich die von der Beigeladenen zu 4) behauptete Möglichkeit gehabt hätte, „die Dienstleistungsvereinbarung sofort [zu] kündigen, wenn die von ihr erwartete Qualität und Quantität ausbleibe“, ist im Hinblick auf § 626 Abs. 1 BGB äußerst zweifelhaft. Danach kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Eine Schlechtleistung rechtfertigt grundsätzlich nur dann eine außerordentliche Kündigung, wenn der Arbeit-/Dienstnehmer vorsätzlich seine Leistungskraft zurückhält (Henssler, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6.A., 626 Rn. 149 m.w.N.)

Die Beigeladene zu 4) hatte darüber hinaus keine Möglichkeit, ihre Einkünfte bei der Klägerin durch besonders schnelles und effektives Arbeiten zu steigern. Die Vergütung auf der Grundlage eines Stundenlohns bewirkt im Kern eher das Gegenteil: Je schneller die Beigeladene zu 4) arbeitete, umso weniger Stunden konnte sie in Rechnung stellen. Ein solches Vorgehen wäre allenfalls dann lukrativ gewesen, wenn die Beigeladene zu 4) in der eingesparten Zeit für andere Auftraggeber zu einem höheren Stundensatz hätte tätig werden können. Die Beigeladene zu 4) hat jedoch nicht für mehrere Auftraggeber parallel (zeitgleich) gearbeitet, sodass offen bleiben kann, ob sie bei anderen Auftraggebern einen höheren Stundensatz erzielt hätte.

d. Für eine Beschäftigung spricht ferner, dass dieselbe Tätigkeit auch von festangestellten Mitarbeitern der Klägerin ausgeübt wurde (BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, juris)

e. Zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat nicht mehr vollständig aufklärbar ist die Frage, in welchem Umfang die Beigeladene zu 4) Dritte zur Erfüllung ihrer Leistungsverpflichtung eingesetzt hat. Dies wirkt sich zu Lasten der Klägerin aus.

aa. Für das Vorliegen einer Beschäftigung ist u.a. entscheidend, dass die Tätigkeit in der Regel in eigener Person erbracht wird. Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung nämlich in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen. Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung des BAG die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar. Da nach § 613 Satz 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung Verpflichtete dagegen durchaus berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen. Ein ihm dergestalt zustehender eigener Gestaltungsspielraum spricht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Allerdings führt wiederum die bloße (erlaubte bzw. unbeanstandet gebliebene) Möglichkeit der Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung nicht automatisch zur Annahme (unternehmertypischer) Selbstständigkeit. Die Befugnis, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt vielmehr eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht. Maßgebend ist, ob Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen werden kann (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R –, juris, m.w.N.).

bb. Nach den vertraglichen Vereinbarungen durfte die Beigeladene zu 4) zur Erfüllung ihrer Leistungsverpflichtung Dritte, d.h. eigene Beschäftigte oder Subunternehmer, einsetzen. Dieser Umstand für sich genommen mag ein Indiz für Selbständigkeit sein, wöge im konkreten Fall aber die für eine Beschäftigung sprechenden Umstände nicht auf. Die entscheidende Frage, in welchem Umfang die bei der Beigeladenen zu 4) beschäftigten Zeuginnen F und S bei der Klägerin tätig waren, lässt sich heute – vom Zeitraum 23. Juli bis 3. August 2007 abgesehen – nicht mehr beantworten.

(1) Die Zeugin S war ausweislich ihres Arbeitsvertrages ab dem 1. Juli 2007 als „Medizinische Schreibkraft / Arzthelferin“ bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei der Beigeladenen zu 4) beschäftigt, wurde jedoch nach eigenen Angaben nie in einem der beiden o.g. Krankenhäusern der Klägerin eingesetzt. Die entgegenstehende Behauptung der Beigeladenen zu 4), sie sei dort von der Zeugin S während ihres Urlaubs ab dem 15. Juli 2007 vertreten worden, ist somit nicht belegt. Weitere Erkenntnisquellen als die Befragung der Beigeladenen zu 4) und der Zeugin S stehen nicht zur Verfügung.

(2) Die Zeugin F war ausweislich der eingereichten Lohnabrechnungen – einen Arbeitsvertrag konnten weder sie noch die Beigeladene zu 4) mehr vorlegen – ab dem 15. Juli 2007 in Vollzeit bei der Beigeladenen zu 4) beschäftigt. Angaben dazu, in welchem Umfang sie in einem der beiden o.g. Krankenhäuser der Klägerin eingesetzt wurde, haben weder sie noch die Beigeladene zu 4) gemacht. Weitere Erkenntnisquellen sind nicht ersichtlich.

(3) Die Zeugin S war der von der Klägerin eingereichten DEÜV-Meldung vom 17. Juli 2007 zufolge in der Zeit vom 15. Juni bis 1. Juli 2007 geringfügig nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV bei der Beigeladenen zu 4) beschäftigt. Ein Nachweis für die davon abweichende Behauptung der Beigeladenen zu 4), die Zeugin sei im Juli 2007 bei ihr geringfügig beschäftigt gewesen, ist nicht erbracht worden. An welchen Tagen zwischen dem 15. Juni und dem 1. Juli 2007 die Zeugin in einem der beiden o.g. Krankenhäuser der Klägerin eingesetzt wurde, steht nicht fest. Die Beigeladene zu 4) hat ebenso wie die Zeugin erklärt, hierzu keine Angaben machen zu können. Auf der Grundlage von Eintragungen in ihren Taschenkalender hat die Zeugin mitgeteilt, sie habe sich am 28. April und am 9. Juni 2007 mit der Beigeladenen zu 4) zu einem Gespräch und am 22. Juni 2007 (17 Uhr) im Krankenhaus N, Abteilung Pathologie, getroffen. An den folgenden Samstagen habe sie gearbeitet, könne aber den Aufzeichnungen nicht mehr entnehmen, ob für die Beigeladene zu 4) oder für das Krankenhaus N (die Zeugin war später bei der Klägerin beschäftigt). Weitere Erkenntnismöglichkeiten sind auch hier nicht erkennbar.

cc. Dass für den größten Teil des streitgegenständlichen Zeitraums nicht mehr feststellbar ist, in welchem Umfang die Zeuginnen F und S für die Beigeladene zu 4) bei den beiden o.g. Krankenhäusern der Klägerin gearbeitet haben, geht zu Lasten der Klägerin.

(1) Die Feststellungslast für die Tatsachen, die Versicherungspflicht begründen, trägt allgemein derjenige, der sich auf sie beruft (BSG, Urteile vom 29. September 1998 - B 1 KR 10/96 R -, und 4. Dezember 1997 - 12 RK 3/97 -; jeweils juris). Wer ein Recht in Anspruch nimmt, trägt im Zweifel die Beweislast für die rechtsbegründende Tatsache, wer ein Recht leugnet, die Beweislast für die rechtshindernden, rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Tatsachen (BSG, Urteil vom 26. November 1992 - 7 RAr 38/92 -, juris, m.w.N.). Wie sich die objektive Beweislast verteilt, also welche Tatbestandsmerkmale rechtsbegründend und welche rechtshindernd sind, ist der für den Rechtsstreit maßgeblichen Norm, in der Regel einer Norm des materiellen Rechts zu entnehmen (vgl. a.a.O., m.w.N.). Ist die objektive Beweislast nicht unmittelbar selbst und eindeutig vom Gesetz bestimmt, ist letztlich maßgeblich, welche Seite nach dem Plan des Gesetzgebers, hilfsweise nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, im Falle der Nichterweislichkeit mit dem potentiellen Unrecht belastet werden kann (Berg, JuS 1977, 23 <26>; Baader, Vom richterlichen Urteil, 1989, S 21 ff; vgl. BVerfGE 52, 131 <143, 146f>). Es sind dabei nicht nur der Zweck der Norm, sondern auch ihre Stellung sowie Erfordernisse wirksamen Rechtsschutzes zu berücksichtigen. Anhaltspunkte für die Abgrenzung bieten so unterschiedliche Kriterien wie Regel und Ausnahme (BVerwGE 3, 267 <273>; BVerwGE 12, 247 <250>; Berg, JuS 1977, 23 <27>), die Zumutbarkeit der Belastung mit einem Beweisnachteil (vgl. BVerfG a.a.O.; BGHZ 72, 132 <136>) und der Zurechenbarkeit der Ungewissheit bzw. Unaufklärbarkeit zur Verantwortungssphäre der einen oder anderen Seite (BVerwGE 44, 265 <271>; BVerwGE 55, 288 <297>; zusammenfassend: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19. Mai 2011 – L 10 KR 52/07 –, juris).

In diesem Zusammenhang wird bezogen auf Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV vertreten, dass den Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm beantragte Feststellung treffe (Pietrek, in: jurisPR-SozR 21/2010 Anm. 3; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. August 2011 – L 8 KR 306/08 –, juris). Diese Auffassung berücksichtigt nach Auffassung des Senats nicht hinreichend, dass Bezugspunkt der Darlegungs- und Beweislast jeweils nur die einzelne streiterhebliche Tatsache sein kann, nicht aber eine rechtliche Schlussfolgerung (so ausdrücklich BGHZ 20, 109; BGH NJW 1973, 2207; NJW 1984, 721; NJW-RR 1989, 1282; Münchener Kommentar zur ZPO/Prütting § 286 ZPO Rn. 96; vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11.A., § 103 Rd. 19a; Hintz/Lowe, SGG, § 128 Rd. 16; Martin Kühl in: Breitkreuz/Fichte, Sozialgerichtsgesetz - Kommentar, § 103 Rd. 6; Beck’scher OnlineKommentar ZPO/Bacher § 284 ZPO, Rn. 64), wie z.B. das Vorliegen einer Beschäftigung.

(2) Die Tatsache, dass ein Auftragnehmer berechtigt ist, Dritte zur Erfüllung seiner Leistungspflicht einzusetzen, ist – wie bereits dargestellt – ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit, ist jedoch in der Abwägung und Gewichtung nur einer von zahlreichen zu berücksichtigenden Umständen. Steht hingegen fest, dass Art und Umfang des Einsatzes Dritter im Einzelfall die zu prüfende Tätigkeit geprägt haben, kommt dem im Rahmen des Abwägungsvorgangs wesentlich größeres Gewicht zu. Eine Beschäftigung ist dann kaum noch zu begründen. Streitet also die umfangreiche, die Tätigkeit prägende Delegation der Leistung auf Dritte für eine Qualifikation als selbständige Tätigkeit, geht die Tatsache, dass der Umfang der Delegation nicht nachgewiesen ist, zu Lasten desjenigen, der sich auf die Selbständigkeit beruft. Dies ist im vorliegenden Fall die Klägerin. Zu ihren Lasten hat der Senat daher davon auszugehen, dass eine Delegation tatsächlich nicht erfolgt ist.

dd. Demgegenüber steht aufgrund der Angaben der Beigeladenen zu 4) fest, dass diese sich vom 15. Juli bis zum 5. August 2007 wegen Urlaubs im Ausland aufhielt, sie selbst in dieser Zeit demnach keine Büroarbeiten für die Klägerin ausgeübt hat. Weil aber gleichwohl für die Zeiträume 23. bis 27. Juli 2007 und 30. Juli bis 3. August 2007 (jeweils montags bis freitags) Leistungen abgerechnet wurden, müssen diese von einer Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 4) erbracht worden sein. Im Zeitraum 23. Juli 2007 bis 3. August 2007 bzw. für den/die zugrunde liegenden Auftrag/Aufträge erfolgte somit eine vollständige Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte. Dieser Umstand prägt nach dem o.g. Maßstab die ausgeübte Tätigkeit so sehr, dass eine Beschäftigung nicht mehr bejaht werden kann. Dies gilt indes nicht auch für die am 15. Juli 2007 beginnende erste Urlaubswoche der Beigeladenen zu 4), weil für diesen Zeitraum keine Rechnung vorgelegt wurde, sodass ein Tätigwerden ihrer Mitarbeiterinnen nicht nachgewiesen ist.

f. Allerdings lassen sich auch Umstände feststellen, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen.

Hierzu zählt der Senat jedoch weniger die Tatsache, dass der Beigeladenen zu 4) keine Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zustanden. Solche Rechte und Pflichten sind zwingende, nicht abdingbare Rechtsfolgen eines Arbeits-/Beschäftigungsverhältnisses. Daher kommt vertraglichen Vereinbarungen, die einen Verzicht auf diese Elemente vorsehen, allenfalls sehr geringe Bedeutung zu. Nur wenn sie ausdrücklich vereinbart werden, spricht dies entscheidend für den Willen der Vertragsparteien, ein Arbeits- und somit auch ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen (Senat, Urteile vom 26. November 2014 – L 9 KR 154/12 – und vom 20. November 2013 – L 9 KR 152/11 –; jeweils juris, m.w.N.).

Indizien für eine selbständige Tätigkeit liegen aber darin, dass die Beigeladene zu 4) ihre Leistung – selbständig – in Rechnung stellte und ein Gewerbe angemeldet hat. Auch diesen formalen Kriterien kommt indes nur untergeordnete Bedeutung zu.

5. Die Feststellung einer Beschäftigung und der daraus resultierenden Versicherungspflicht nach § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III lässt sich, wie schon die Ausführungen unter II.4.e.cc zeigen, nicht für den gesamten streitigen Zeitraum treffen.

a. Ausschlaggebend hierfür ist zunächst der Umstand, dass zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr aufklärbar ist, welche „Aufträge“ die Klägerin und die Beigeladene zu 4) im streitigen Zeitraum im Einzelnen vereinbart haben. Dass die Anfragen der Klägerin sich auf einen Tätigkeitszeitraum von mindestens einer Woche erstreckten, belegt noch nicht, dass für jede Woche des streitgegenständlichen Zeitraums von vier Monate Aufträge vereinbart wurden. Aufgrund dessen lässt sich zunächst eine Beschäftigung und somit auch Versicherungspflicht nur für die Tage feststellen, für die aufgrund der Aufzeichnungen in den o.g. Stundennachweisen feststeht, dass die Beigeladene zu 4) für die Klägerin Büroarbeiten erledigt hat, d.h. für den 22. bis 31. Mai 2007, den 3. Juni 2007, den 18. bis 23. Juni 2007 und den 25. bis 30. Juni 2007. Für alle sonstigen Tage und Zeiträume ist eine Beweislastentscheidung anhand der unter II.4.e.cc.(1) genannten Kriterien zu treffen. Der unter II.4.e.dd. genannte Zeitraum (23. - 3. August 2007) ist hiervon ausgenommen, da für ihn nach dem oben Gesagten eine Beschäftigung und damit auch Versicherungspflicht ausscheidet.

b. Eine Beweislastentscheidung kann nur an einzelnen nicht erwiesenen Tatsachen anknüpfen, nicht aber an einer rechtlichen Subsumtion (s.o. II.4.e.cc.). Maßgebliche Tatsache ist hier das Tätigwerden an sich. Es ist demnach die Frage zu beantworten, zu wessen Lasten es geht, wenn das Tätigwerden der Auftraggeberin an bestimmten Tagen nicht mehr nachweisbar ist. Da das Tätigwerden zu den die Annahme einer Beschäftigung begründenden Umständen zählt, könnte zunächst vieles dafür sprechen, die Beweislast dem Beteiligten zuzuweisen, der sich auf das Vorliegen einer Beschäftigung beruft, hier der Beklagten. Dies greift indes nach Auffassung des Senats aus folgenden Überlegungen zu kurz:

aa. Ansatzpunkt sind die gesetzlichen Regelungen zu den Pflichten des Arbeitgebers. Dieser hat gemäß § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB IV für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p SGB IV) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Näheres hierzu regelt die auf § 28n Nr. 4 SGB IV basierende Beitragsverfahrensordnung (BVV). Nach deren § 8 Abs. 1 Satz 1 (in der 2007 geltenden Fassung) hat er in den Entgeltunterlagen u.a. folgende Angaben über den Beschäftigten aufzunehmen: den Beginn und das Ende der Beschäftigung (Nr. 5), das Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV, seine Zusammensetzung und zeitliche Zuordnung (Nr. 10) sowie das beitragspflichtige Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung, seine Zusammensetzung und zeitliche Zuordnung (Nr. 11). In diesem Zusammenhang hat der Arbeitgeber Unterlagen, die der Aufgabenerfüllung der Prüfung dienen, insbesondere zur Klärung, ob ein versicherungs- oder beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder nicht, auf Verlangen vorzulegen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BVV). Die Regelungen zur Aufzeichnungspflicht des Arbeitsgebers dienen Kontrollzwecken (Wehrhahn, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB IV § 28f Rd. 2) und resultieren aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber typischerweise über die größte Nähe zu den aufzeichnungspflichtigen Daten verfügt.

Dass damit auch eine Risikozuweisung verbunden ist, ergibt sich aus § 28f Abs. 2 SGB IV: Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (Satz 1). Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen (Satz 3). Verletzt demnach ein Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht und ist dies kausal dafür, dass – wie im vorliegenden Fall – die Versicherungspflicht nicht festgestellt werden kann, tritt zu seinen Lasten eine Umkehr der Beweislast ein: der prüfende Rentenversicherungsträger darf nunmehr anhand der ermittelten Lohnsumme Beiträge berechnen und geltend machen. Dies setzt jedoch voraus, dass in einem ersten logischen Schritt (inzident) die Versicherungspflicht bejaht wurde. Nicht nur geringfügige Aufzeichnungsmängel haben daher in Gestalt einer Beweislastumkehr (Seewald, SGb 03, 349; Kreikebohm SGB IV, 2.A., § 28f Rd. 8; Wehrhahn, a.a.O., Rn. 9) zur Folge, dass Versicherungspflicht zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung zu unterstellen ist (Landessozialgericht für das Land Niedersachsen, Urteil vom 19. Dezember 1990 – L 4 Kr 14/88 –, juris; Kreikebohm, a.a.O., Rd. 10; zur früheren Rechtslage: BSG, Urteile vom 17. Dezember 1985 – 12 RK 30/83 – und vom 29. April 1976 – 12/3 RK 66/75 –, juris, m.w.N.).

bb. Dieses Ergebnis ist sachgerecht. Es verhindert nicht nur, dass Arbeitgeber durch die Vernachlässigung ihrer gesetzlichen Pflichten Wettbewerbsvorteile erlangen können (Werner, in: jurisPraxiskommentar, 2.A., § 28f SGB IV, Rd. 42). Die Belastung mit einem Beweisnachteil ist dem Arbeitgeber auch eher zumutbar, weil die Unaufklärbarkeit der maßgeblichen Tatsachen aus seiner Verantwortungssphäre stammt. Dem kann ein Arbeitgeber nicht allgemein entgegenhalten, die Pflichten des § 28f SGB IV träfen nur denjenigen, dessen Arbeitgeberstellung schon zu Beginn der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht feststehe. Zum einen ergibt sich aus dem Wortlaut von Abs. 2 Satz 1 („… und können dadurch die Versicherungs-[…]pflicht […] nicht festgestellt werden…“), dass die Norm gerade auch potentielle Arbeitgeber im Blick hat. Zum anderen muss jeder Arbeitgeber, der einen Statusfeststellungsantrag nach § 7a SGB IV stellt, damit rechnen, dass das von ihm in Gang gesetzte Verfahren mit der Feststellung der Versicherungspflicht endet. Wenn er gleichwohl entscheidungserhebliche Unterlagen vernichtet, wäre seine Berufung auf deren Fehlen treuwidrig (§ 242 BGB).

c. Nachdem die Klägerin Beginn und Ende der von der Beigeladenen zu 4) ausgeübten Tätigkeit im Rahmen der einzelnen Aufträge entgegen § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB IV nicht aufgezeichnet hat, trägt sie die Beweislast dafür, dass aufgrund dieses Umstands nicht festgestellt werden kann, an welchen einzelnen Tagen die Beigeladene zu 4) eine Beschäftigung ausübte und infolge dessen der Versicherungspflicht unterlag. Aufgrund dessen ist für den gesamten noch offenen Zeitraum Versicherungspflicht anzunehmen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechts-streites.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vor-liegen.