LG Wuppertal, Urteil vom 28.09.2000 - 7 O 150/00
Fundstelle
openJur 2016, 4981
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.400,00 DM abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin führte unter der Konto-Nr. xxx ein Girokonto für die Firma U GmbH & Co. KG (nachstehend Schuldnerin benannt) in G. Gegen diese Firma erwirkte der Beklagte am 25.01.2000 beim Amtsgericht G einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über 25.205,07 DM. Der Beklagte pfändete mit diesem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Forderungen der Schuldnerin gegen die Klägerin aus den bestehenden Bankverträgen. Am 01.02.2000 wurde der Klägerin dann der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 25.01.2000 zugestellt. Am 08.02.2000 überwies die Klägerin auf diesen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss einen Betrag in Höhe von 26.481,92 DM an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Unter dem 11.02.2000 schrieb die Klägerin den Beklagten an und bat um Rücküberweisung eines Betrages in Höhe von 17.925,20 DM bis zum 22.02.2000. Zur Begründung führte sie aus, dass das Konto der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Überweisung nur ein Guthaben von 8.556,72 DM ausgewiesen habe, so dass der darüber hinausgehende Betrag irrtümlich gezahlt worden sei. Eine Rückzahlung durch den Beklagten erfolgte nicht.

Die Klägerin behauptet, die Zahlung in Höhe von 17.925,20 DM sei irrtümlich erfolgt. Zum Zeitpunkt der Überweisung sei das Konto der Schuldnerin nämlich nicht in der erforderlichen Höhe gedeckt gewesen. Es habe sich lediglich ein Guthabensbetrag in Höhe von 8.556,72 DM darauf befunden. Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Beklagte sei zur Rückzahlung des irrtümlich gezahlten Betrages verpflichtet. Aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses habe überhaupt keine Verbindlichkeit mehr gegenüber der Schuldnerin bestanden. Von daher habe die Klägerin eine eigene ihr gegenüber dem Beklagten bestehende Verpflichtung erfüllt. Die Leistung, soweit sie das Kontoguthaben überstieg, sei ohne Rechtsgrund erfolgt. Von daher sei der Beklagte zur Rückzahlung verpflichtet.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 17.925,20 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 23.02.2000 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet, dass die Zahlung irrtümlich erfolgt sei und das Konto zum Zeitpunkt der Überweisung nicht die erforderliche Deckung aufgewiesen habe. Sie vertritt die Auffassung, dass sich die Zahlung der Klägerin als Leistung der Schuldnerin darstelle. Die Klägerin habe gezahlt, um die gepfändete Forderung der Schuldnerin zu erfüllen. Der Klägerin sei es nur darum gegangen, die Ansprüche ihres Kunden aus dem Bankvertrag zu erfüllen. Die Zahlung an ihn sei damit lediglich eine Leistung der Klägerin an den Schuldner. Die Klägerin sei lediglich Zahlstelle für die Schuldnerin gewesen. Insoweit sei eine Bereicherung auch nur bei der Schuldnerin eingetreten, weil diese von ihren Verbindlichkeiten gegenüber dem Beklagten aus dem Vollstreckungstitel befreit wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) gegen den Beklagten zu.

Ein solcher scheidet deshalb aus, weil im Verhältnis der Parteien die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht erfüllt sind. Die Zahlung in Höhe von 17.925,20 DM ist im Verhältnis der Parteien nicht als Leistung der Klägerin zu bewerten, so dass diese auch nicht Berechtigte eines Bereicherungsanspruches aus Leistungskondiktion gegen den Beklagten sein kann.

Wer als "Leistender" im Sinne der Leistungskondiktion anzusehen ist, bestimmt sich zunächst nach den insoweit getroffenen Vereinbarungen der an dem Zuwendungsvorgang Beteiligten.

Ist eine solche nicht zustandegekommen und die Beteiligten haben unterschiedliche Vorstellungen von der Person des "Leistenden" - für den Beklagten war die Schuldnerin die Leistende, für die Klägerin hingegen - wie sie selber vorträgt - sie selbst - ist entscheidend, wie sich die Sachlage bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Leistungsempfängers, hier also des Beklagten darstellt. Dieses Abstellen auf die Sicht des Leistungsempfängers ist deshalb geboten, weil der Leistungsempfänger bei dieser Sachlage im Hinblick auf seine Vertragsbeziehungen zu seinem Schuldner eines besonderen Vertrauensschutzes bedarf und weil auch im übrigen Rechtsverkehr bei der Auslegung eines Verhaltens, wie zum Beispiel von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) auf die Sicht des Empfängers ("Objektiver Empfängerhorizont") abgestellt wird. Der Zuwendende wird durch diese Auffassung nicht unbillig belastet, da er es in der Hand hat, durch eine Erklärung bei der Zuwendung die von ihm angenommene unverfolgte Leistungsbeziehung mit Wirkung gegen den Leistungsempfänger klarzustellen.

Die Zahlung der Klägerin stellte sich bei objektiver Betrachtungsweise aufgrund der sich für den Beklagten ergebenden Umstände als Leistung der Schuldnerin an den Beklagten dar. Die Klägerin zahlte aufgrund der zwischen ihr und der Schuldnerin bestehenden Bankvertrages auf einen vom Beklagten gegen die Schuldnerin erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Mithin konnte der Beklagte aus seiner Sicht davon ausgehen, dass es sich um eine Leistung der Schuldnerin auf die bestehende Verbindlichkeit handelte. Von daher war aus Sicht des Beklagten die Klägerin lediglich die "Zahlstelle" für die Schuldnerin.

Eine eigene Schuld der Klägerin aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bestand nur soweit Deckung auf dem Konto der Schuldnerin vorhanden war, nämlich in Höhe eines Betrages von 8.556,72 DM. Nur hinsichtlich dieses Betrages erstreckte sich die Zweckbestimmung der Zahlung der Klägerin darauf mit der Zahlung auch das Einziehungsrecht des Beklagten zu erledigen (vgl. BGHZ 82, 28 f.). Nicht aber hinsichtlich des Betrages, für den keine Deckung bestand.

Ein etwaiger Bereicherungsanspruch konnte daher allenfalls im Verhältnis der Klägerin und der Schuldnerin entstehen (vgl. Palandt-Thomas, BGB, 59. Aufl., § 812 Rdnr. 60). Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 17.925,20 DM.