OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.01.2012 - 7 A 979/11
Fundstelle
openJur 2016, 4968
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird auf Kosten der Beklagten abgelehnt.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 152.660,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Das Antragsvorbringen weckt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Ermittlung des Stellplatzbedarfs gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass für die Ermittlung des Stellplatzbedarfs als Mieter der Appartements in dem streitigen Vorhaben allein Studenten in Betracht zu ziehen sind. Ob dies bereits aus dem räumlichen Zuschnitt der Appartements und ihrer Ausstattung folgt - was zweifelhaft erscheinen mag -, kann dabei dahinstehen. Da die Beklagte das Vorhaben der Klägerin als "Mehrfamilienhaus" mit dem konkretisierenden Zusatz "(Studentenwohnen - 131 WE)" genehmigt hat, ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass die Vermietung von Appartements an andere Personen als Studenten im Hinblick auf den Stellplatzbedarf gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW als genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung i.S.v. § 63 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW anzusehen ist und untersagt werden kann, wenn die Klägerin nicht weitere Stellplätze nachweist.

Vgl. dazu etwa BayVGH, Beschluss vom 11. Oktober 1999 ? 14 ZB 99.538 -, juris.

Ebenso wenig begegnet es Bedenken, dass das Verwaltungsgericht für die potentielle Nutzergruppe von einem - gemessen an anderen Bevölkerungsgruppen - erheblich niedrigeren Motorisierungsgrad ausgegangen ist und deshalb eine Stellplatzquote von 1:5 pro Bewohnerplatz für ausreichend gehalten hat. Zwar mag es zutreffen, dass die in dem Vorhaben geplanten Appartements teurer sein werden als Zimmer in herkömmlichen Wohnheimen, in denen etwa Küchen nur als Gemeinschaftseinrichtungen zur Verfügung stehen, und sich das Angebot der Klägerin infolge dessen vornehmlich an Studenten wenden wird, die über eine etwas bessere finanzielle Ausstattung verfügen. Dafür, dass sich aus diesem Umstand ein signifikant höherer Motorisierungsgrad ableiten lässt, fehlt es aber auch unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beklagten an hinreichenden Anhaltspunkten. Es ist nämlich keineswegs absehbar, dass die Studentenappartements typischerweise von solchen Studenten gemietet werden, die nicht nur den höheren Unterbringungspreis aufbringen können, sondern darüber hinaus auch noch die beträchtlichen Mittel zur Verfügung haben, die zur Unterhaltung eines eigenen Pkw notwendig sind.

Für einen eher geringen Motorisierungsgrad spricht - neben der Möglichkeit das Fahrrad zu nutzen - ferner die Anbindung des Vorhabens an den öffentlichen Nahverkehr, die auch unter Zugrundelegung der Ausführungen der Beklagten im Zulassungsverfahren als überdurchschnittlich gut anzusehen ist. Schon angesichts der Schwierigkeit, in der Innenstadt von N. einen kostenfreien oder zumindest kostengünstigen Parkplatz zu finden, ist die Attraktivität der für Studenten entgeltfreien, von Montag bis Freitag im 20-Minuten Takt bestehenden Busverbindungen auch dann gegeben, wenn die Fahrzeit (mit der Linie 11) 23 Minuten beträgt, wie die Beklagte im Antragsverfahren ausgeführt hat. Soweit die Beklagte in der Antragsschrift Fahrten in andere Orte, z. B. Heimfahrten zu den Eltern, angesprochen hat, ist in Rechnung zu stellen, dass das Semesterticket auch zur kostenfreien Benutzung des Schienenpersonennahverkehrs in ganz Nordrhein-Westfalen berechtigt, den die Mieter der Appartements ebenfalls u.a. mit der Linie 11 am Hauptbahnhof erreichen können. Darüber hinaus wird die dem Vorhaben nächstgelegene Haltestelle durch die Linie 22 sowie durch den Nachtbusverkehr angesteuert, wie die Beklagte im Schriftsatz vom 7. Oktober 2011 eingeräumt hat.

Da die Bestimmung der Zahl der notwendigen Stellplätze der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt,

vgl. etwa Johlen, in: Gädtke u.a., BauO NRW,

12. Aufl., § 51 Rn. 29,

kommt es auf die Verwaltungspraxis der Beklagten in anderen Fällen ebenso wenig an wie auf das in der mündlichen Verhandlung überreichte Gesprächsprotokoll vom 11. Mai 2010. Diesem Protokoll kommt namentlich keine den Richtzahlen in der Anlage zu Nr. 51.11 VV BauO NRW vergleichbare Bedeutung zu, die als auf gesicherter Erfahrungsgrundlage beruhende Anhaltspunkte bzw. als sachverständig ermittelte Erfahrungswerte angesehen werden konnten.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2009

- 10 A 793/07 -, BRS 74 Nr. 133 = BauR 2009, 1123.

2. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass die Rechtssache

- anders als die Beklagte meint - keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist.

3. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt. Die unter III. 1. der Antragsschrift aufgeworfene Frage,

"ab welchem Anteil von Änderung in der Belegschaft (...) bei einem 'Mehrfamilienhaus(Studentenwohnen)' von einer genehmigungsbedürftigen Nutzungsänderung auszugehen" ist,

ist im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich. Die unter III. 2. der Antragschrift dargetane Frage,

ob "es für die Beurteilung der Anzahl der notwendigen Stellplätze i.S.d. § 51 I 1 BauO für Studentenwohnheimvorhaben relevant" ist, "zwischen öffentlichen und privaten Trägern zu unterscheiden",

ist für den hier zu beurteilenden Fall - ohne dass es dazu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf - zu verneinen. Die Zweckbindung "Studentenwohnen" ist - wie unter 1. ausgeführt - durch die Baugenehmigung gesichert und darf ohne Genehmigung einer Nutzungsänderung nicht aufgegeben werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.