LG Bonn, Urteil vom 07.09.2015 - 3 O 336/14
Fundstelle
openJur 2016, 4744
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt nach erklärtem Widerruf eines Verbraucherdarlehens die Erstattung vermeintlich zu viel erbrachter Zahlungen sowie die Zahlung von Nutzungsersatz durch die Beklagte.

Im Dezember 2004 schlossen die Parteien ein Wohnungsbaudarlehen über einen Nennbetrag i.H.v. 150.000,00 EUR, wobei eine Festzinsperiode bis zum 23.09.2018 und ein anfänglicher effektiver Jahreszins von 5,07% vereinbart wurden. Das Darlehen wurde durch eine Grundschuld am Beleihungsobjekt M Weg ... in Q besichert.

Der Vertrag kam zustande, indem der Kläger das ihm per E-Mail übersandte mit "Darlehensantrag" überschriebene Vertragsformular unter den 21.07.2008 unterschrieben auf dem Postwege an die Beklagte übersandte. Diese bestätigte mit Schreiben vom 23.07.2008, dass sie den verbindlichen Antrag annehme und bestätigte ebenfalls auf dem Postweg, dass der Darlehensvertrag rechtsgültig zustande gekommen sei.

In der dem Vertrag beigefügten Widerrufsbelehrung heißt es u.a.

"WIDERRUFSBELEHRUNG

Widerrufsrecht

Der Darlehensnehmer kann seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung innerhalb von zwei Wochen widerrufen.

Form des Widerrufs

[...]

Beginn der Widerrufsfrist

Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer

? ein Exemplar dieser Belehrung

? eine Urkunde oder eine Abschrift des Darlehensvertrages oder das Vertrags-/Darlehensangebot des Darlehensnehmers, das alle Vertragsbedingungen enthält, - im Original oder in Abschrift - mit der Annahmeerklärung der Bank sowie die Finanzierungsbedingungen

? und die Informationen zu Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB, § 1 BGB InfoV)

erhalten hat, jedoch nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses.

Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Adressat des Widerrufs

Der Widerruf ist zu richten an

E2 Bank- ein Geschäftsbereich der E AG, C

Frau S

E3 B

Postfach ... ...# C

oder Telefax: .../...

Der Darlehensnehmer kann den Widerspruch auch unter Verwendung der E-Mail Adresse Widerruf@E2bank.de senden.

Widerrufsfolgen

[...]

Der nachfolgende Hinweis ist nur einschlägig, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt.

Verbundene Geschäfte

Widerruft der Darlehensnehmer diesen Darlehensvertrag, mit dem er seine Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanziert, so ist er auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.

[...]

Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur anzunehmen, wenn die E2 Bank selbst das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn die E2 Bank über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinausgeht und das Grundstücksgeschäft des Darlehensnehmers durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem sie sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projektes Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.

[...]"

Für die Einzelheiten wird auf den Vertrag und die Belehrung verwiesen (Anl. K1, Bl. ... ff. d. A.). Darüber hinaus erhielt und unterzeichnete der Kläger das beigefügte Formblatt "Information und Merkblatt zum Baufinanzierungsdarlehen für den Verbraucher", in dem u.a. über den Ablauf des Angebots- und Antragsverfahren, das Widerrufsrecht und den Adressat des Widerrufs hingewiesen wurde (Bl. ... ff. d. A.).

Mit Kaufvertrag vom 23.05.2013 verkaufte der Kläger die finanzierungsgegenständliche Immobilie zu einem Preis von 265.000,00 EUR. Mit Schreiben vom 21.06.2013 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag unter Verweis auf die angesichts der fehlenden ladungsfähigen Anschrift vermeintlich falsche Widerrufsbelehrung und forderte die Beklagte dazu auf, den Widerruf unverzüglich zu bestätigen.

Mit Schreiben vom 24.06.2013 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Angebot auf vorzeitige Darlehensrückzahlung, wozu sie die "Vereinbarung über vorzeitige Vertragsaufhebung" übersandte, die eine Zahlung durch den Kläger in Höhe von 160.280,58 EUR, davon 18.055,33 EUR Vorfälligkeitsentschädigung vorsah. Der Kläger nahm dieses Angebot nicht an sondern forderte die Beklagte mit Anwaltsschriftsatz vom 18.07.2013 erneut dazu auf, den Ablösebetrag bis zum 02.08.2013 mitzuteilen und den Widerruf zu beachten.

Mit Schreiben vom 14.08.2013 erinnerte der Klägervertreter die Beklagte nochmals unter Fristsetzung bis zum 21.08.2013 an die Beantwortung des Schreibens vom 18.07.2013. Unter dem 12.09.2013 erklärte der Kläger die außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrages und forderte die Beklagte dazu auf, bis um 19.09.2013 einen erfüllbaren Treuhandauftrag zu erteilen sowie den Ablösebetrag mitzuteilen.

Nach einigen Verhandlungen und um die Abwicklung des Kaufvertrages nicht zu gefährden, kamen die Parteien überein, dass der Kläger unabhängig von dem Zustandekommen der Aufhebungsvereinbarung den Ablösebetrag unter Vorbehalt auf ein Treuhandkonto zahlt, und die Beklagte im Gegenzug eine Löschungsbewilligung erteilt. Daraufhin leistete der Kläger - gemäß dem Schreiben vom 27.09.2013 unter Vorbehalt - am 02.10.2013 einen Betrag von 161.251,18 EUR, der eine Vorfälligkeitsentschädigung von 18.016,57 EUR umfasste (Anl. K13, Bl. ...).

Mit Schreiben vom 14.02.2014 forderte der Kläger die Beklagte über seinen Prozessbevollmächtigten dazu auf, bis zum 28.02.2014 einen Forderungsbetrag von 64.442,52 EUR abzgl. einer marktgerechten Verzinsung zu erstatten und die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsanwaltstätigkeit in Höhe von 3.380,79 EUR bis zum 27.02.2014 zu begleichen.

Der Kläger begehrt mit der Klage nunmehr die Erstattung vermeintlich zu viel geleisteter Beträge, die er wie folgt beziffert:

1. ab 30.09.2008 geleistete Zahlungen

44.616,33 EUR

2. am 02.10.2013 gezahlter Betrag

161.251,18 EUR

3. Nutzungsersatz auf 44.616,33 EUR

5.555,35 EUR

211.422,86 EUR

abzgl. der Ansprüche der Beklagten:

4. Nettokreditbetrag

150.000,00 EUR

5. Vertragszins auf Nettokreditbetrag

35.610,08 EUR

185.610,08 EUR

, insgesamt mit 25.812,77 EUR.

Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass die von der Beklagten gezogenen Nutzungen unter dem gesetzlichen Verzugszins liegen.

Er ist der Ansicht, die Widerrufsbelehrung verstoße im Hinblick auf den Fristbeginn nicht nur gegen das Deutlichkeitsgebot - so sei unklar, dass die genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssten -, sondern enthalte auch unklare und verwirrende Rechtsbegriffe (wie "Vertragsschuss", "Rechtsgeschäft", "Darlehensvertrag") sowie überflüssige Zusätze (etwa betreffend verbundene Geschäfte oder konkrete Widerrufsfolgen), bei denen dem Darlehensnehmer in unzulässiger Weise das Subsumtionsrisiko auferlegt werden. Die Widerrufsbelehrung entspreche weder den gesetzlichen Vorgaben noch dem gesetzlichen Muster. Insbesondere fehle die nach § 14 Abs. 4 BGB Info-VO a.F. erforderliche ladungsfähige Anschrift der Beklagten. Durch die Konkretisierung in der BGB-InfoVO werde der Begriff der "Anschrift" in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. dahingehend konkretisiert, dass eine Hausanschrift bzw. der Geschäftssitz benannt werden müsse. Da gemäß Art. 245 EGBGB eine wirksame Ermächtigungsgrundalge zum Erlass der Verordnung bestanden habe, sei das Gericht an die Vorgabe der BGB-Info-VO a.F. auch nach Art. 20 Abs. 3 GG gebunden.

Eine Verwirkung sei nicht anzunehmen, weil in der bloßen Vertragserfüllung kein Verzicht zu sehen sei. Auch auf Rechtsmissbrauch könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie u.a. mangels Erteilung einer Nachbelehrung nicht schutzwürdig sei. Die Beklagte schulde überdies Nutzungsersatz für die klägerseitig ab dem 30.09.2008 erbrachten Leistungen in Höhe von 44.616,33 EUR.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.812,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.10.2014 zu zahlen.

2. Den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.897,25 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, Nutzungen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gezogen zu haben; das Darlehen sei refinanziert worden sei. Darüber hinaus bestreitet sie die Richtigkeit der klägerseitigen Berechnung in den Anlagen K18 und K19.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Widerruf sei verfristet. Die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß, da sie trotz einiger redaktioneller aber nicht inhaltlicher Änderungen Veränderungen der Musterbelehrung sowie den gesetzlichen Vorgaben des § 355 BGB a.F. entspreche. Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. sei die Benennung von Name und Anschrift ausreichend, eine Hausanschrift sei hingegen nicht geschuldet. Unter einer Anschrift iSd § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. sei nach der Rechtsprechung des BGB auch eine Postfachanschrift zu verstehen; Sinn und Zweck des § 355 BGB geböten keine Mitteilung einer Hausanschrift. Dies gelte nach §§ 312 b Abs. 1, 312 c Abs. 2, 312 d s BGB a.F. i.V.m. Art. 240, 245 EGBGB, § 1 Abs. 4 S. 1 N. 1, Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. erst recht im Falle des Vorliegens eines Fernabsatzgeschäfts. So sei der Verbraucher durch die Mitteilung der Postfachadresse in die Lage versetzt, das Widerrufsrecht wirksam auszuüben. Die Angabe der Postfachanschrift hindere den Verbraucher nicht an der Ausübung des Widerrufsrechts.

Ein etwaiger Anspruch sei angesichts des Abschlusses des Darlehensvertrages sechs Jahre vor Widerrufserklärung und der allmonatlichen Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vertrag verwirkt. Ein Nutzungsersatzanspruch könne sich allenfalls auf die Differenz zwischen Vertragszins und Refinanzierungszins beziehen; eine gesetzliche Vermutung greife bei Realkrediten nicht ein.

Das Landgericht Hannover hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 29.08.2014 ans Landgericht Bonn verwiesen.

Für die Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.08.2015 verwiesen (Bl. ...# f. d. A.).

Gründe

I. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Kläger hat infolge des mit Schreiben vom 21.06.2013 ausgeübten Widerrufs gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des Betrages von 25.812,77 EUR.

a. Dem Kläger stand im Hinblick auf den Darlehensvertrag kein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung vom 02.12.2004 (im Folgenden: BGB a.F.) zu. Die Widerrufsfrist war bis zur Erklärung mit Schreiben vom 21.06.2013 bereits abgelaufen. Nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. beginnt die Widerrufsfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist.

Voraussetzung für eine wirksame Widerrufsbelehrung ist, dass der Verbraucher umfassend, unmissverständlich und in für ihn eindeutiger Form über seine Rechte belehrt wird. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Hierfür bedarf es einer eindeutigen Information über den Beginn der Widerrufsfrist (BGH, Urteil vom 13.01.2009, Az. XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709; OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2014, Az. 31 U 79/14, juris). Gemessen an diesem Maßstab war die erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß. Sie entspricht nach der Rechtsprechung der Kammer betreffend eine im Wortlaut identische Widerrufsbelehrung (vgl. u.a. das Urteil in der Sache 3 O 278/13, welches mittlerweile vom OLG Köln, Az. 13 U 168/14, bestätigt worden ist) den gesetzlichen Anforderungen der § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. sowie § 312c BGB a.F. ("nicht jedoch vor Vertragsschluss") i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 InfoV a.F.. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn - wie vorliegend - der Darlehensvertrag im Antragsverfahren geschlossen worden ist.

Sie genügt insbesondere den Anforderungen des in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. geregelten Deutlichkeitsgebots. Dass die nach dem Spiegelstrich genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, wird durch das im Fettdruck hervorgehobene Wort "und" hinter dem dritten Spiegelstrich hinreichend klar verdeutlicht. § 355 Abs. 1 und Abs. 3 BGB a.F. erfordern im Hinblick auf den Fristlauf überdies keine weitergehenden Erläuterungen zum Tag des Fristbeginns unter Berücksichtigung der Regelung des § 187 BGB. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Hinweis auf § 187 BGB nicht erforderlich, vielmehr genügt es, wenn die Widerrufsbelehrung zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, und dazu den Gesetzeswortlaut zitiert (BGH, Urteil v. 05.11.1997, Az. VIII ZR 351/96, BGHZ 137, 115 ff. zum damaligen VerbrKrG), was hier geschehen ist. Aus Sicht eines durchschnittlichen Darlehensnehmers war damit ohne weiteres zu erkennen, dass die Frist ("nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses", wobei dieser in Ziffer C. 1. des Information und Merkblatt konkretisiert ist) mit Erhalt der "Annahmeerklärung der Bank" zu laufen begann (vgl. LG Bonn, a.a.O; OLG Köln, a.a.O.).

Auch die Verwendung von Rechtsbegriffen wird klägerseitig zu Unrecht beanstandet. So sieht es das Gesetz gerade nicht vor, dass Rechtsbegrifflichkeiten für den Verbraucher definiert werden müssen. Dementsprechend kann dem Unternehmer, der die Belehrung den gesetzlichen Vorgaben und dem gesetzlichen Wortlaut entsprechend vornimmt (vgl. etwa § 312 d Ab. 2 BGB "nicht vor dem Vertragsschluss"), nicht auferlegt werden, die im Gesetz - und im Übrigen auch in der Musterwiderrufsbelehrung - auftauchenden Rechtstermina zu definieren oder umzuformulieren. Das Risiko eines Subsumtionsirrtums hat insofern vielmehr derjenige zu tragen, der im Wege des Fernabsatzes Vertragserklärungen abgibt, ohne sich deren Bedeutung im Klaren zu sein bzw. vorher entsprechend rückvergewissert zu haben. Hinzu kommt vorliegend, dass in Ziffer C.1 des Information und Merkblatt, welche der Kläger eigenhändig unterzeichnet hat, das Antragsverfahren erläutert und den Zeitpunkt des Vertragsschlusses näher darlegt.

Darüber hinaus begegnet auch der Hinweis zu "verbundenen Geschäften" keinen Bedenken, da aufgrund der ausführlichen Erläuterung dazu, wann eine wirtschaftliche Einheit und ein verbundenes Geschäft vorliegt, die Belehrung für den Durchschnittsverbraucher durch den Fettdruck hinreichend deutlich und transparent erkennen lässt, ob ein verbundenes Geschäft vorliegt oder nicht (LG Bonn, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.)

Schließlich stellt der Hinweis betreffend die Rechtsfolgen zu der Wertersatzpflicht des Darlehensnehmers, wenn dieser die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren kann, keinen, die Ausübung des Widerrufsrechts beeinträchtigenden überflüssigen Zusatz dar. Dies gilt unabhängig davon, dass bei Geldschulden unter Zugrundelegung einer rein rechtlichen Betrachtung keine Unmöglichkeit eintreten kann. Die Belehrung bezieht sich insofern - für einen Durchschnittsverbraucher ohne Weiteres erkennbar - auf die eintretende Folge, wenn das Darlehen ganz oder teilweise nicht weiter getilgt werden kann, mithin ein individuelles wirtschaftliches Unvermögen des Darlehensnehmers eintritt.

b. Die Widerrufsbelehrung ist auch nicht etwa unwirksam, weil der Adressat des Widerrufs nicht hinreichend deutlich bezeichnet worden wäre.

Der Hinweis

"Adressat des Widerrufs

Der Widerruf ist zu richten an

E2 Bank - ein Geschäftsbereich der E AG, C

Frau S

E3 B

Postfach ... ...# C

oder Telefax: .../...

Der Darlehensnehmer kann den Widerspruch auch unter Verwendung der E-Mail Adresse

Widerruf@E2bank.de senden"

genügt den gesetzlichen Anforderungen.

Gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist, die auch "Namen und Anschrift" desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, enthält. Demgegenüber bedarf es gemäß § 14 Abs. 4 BGB-InfoV a. F. (Form der Widerrufs- und Rückgabebelehrung, Verwendung eines Musters) in dem Fall, in dem der Unternehmer den Verbraucher ohne Verwendung des Musters der Anlage 2 oder 3 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt, der Angabe der "ladungsfähigen(n) Anschrift" des Unternehmers.

Wiederum abweichend davon schreibt § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. zu den besonderen "Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen" fest, dass gemäß § 312c Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs insbesondere über "Namen und Anschrift" desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, informiert werden muss. Soweit die Mitteilung durch Übermittlung der Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt, sind u.a. die Informationen nach Absatz 1 Nr. 10 in einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form mitzuteilen, vgl. § 1 Abs. 4 S. 3 BGB-InfoV a.F. Die in § 1 BGB-InfoVO a.F. aufgeführten Informationen sind dem Verbraucher in Textform mitzuteilen, wobei die Erfüllung der Informationspflicht eine Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist ist.

Die Angabe einer Postfachanschrift in der Widerrufsbelehrung ist ungeachtet von § 14 Abs. 4 BGB-InfoVO a.F., der die Angabe einer "ladungsfähigen" Anschrift verlangt, vorliegend ausreichend gewesen. Denn die Angabe eines Postfachs ist jedenfalls im Falle eines Fernabsatzvertrages gemäß § 312 b Abs. 1, § 312 c Abs. 2, § 312 d Abs. 2 BGB a.F. in Verbindung mit Art. 240, 245 EGBGB, § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV a.F. als Widerrufsadresse nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 25.01.2012, Az. VIII ZR 95/11, Rn. 11, juris).

§ 1 BGB-InfoV ist als spezialgesetzliche Ausprägung der Informationspflichten im Falle der Ausübung des Widerrufs anzusehen, wenn - wie vorliegend - ein Fernabsatzgeschäft vorliegt.

Unter Zugrundelegung einer am Sinn und Zweck des Widerrufsrechts ausgerichteten teleologischen Auslegung ist der - in der BGB-InfoV nicht legal definierte - Begriff der "ladungsfähigen Anschrift" nach Sinn und Zweck derjenigen Vorschrift zu definieren, in der er verwendet wird (vgl. LG Kassel, Urteil vom 10.11.2006, WM 2007, 499 ff.). Unter dem Begriff "Anschrift" i.S. des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. ist nicht die Hausanschrift, sondern die Postanschrift und dementsprechend auch die Postfachanschrift zu verstehen (vgl. BGH NJW 2002, 2391 f.; OLG Koblenz, Urteil vom 21.07.2005, Az. 2 U 44/05, Rn. 31, juris). Da im Fall des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB ausschließlich verbraucherschutzrechtliche Zwecke verfolgt wurden und sich daran durch den Erlass der BGB-InfoVO nichts geändert hat, gibt es ausgehend von den vorstehenden Erwägungen keinen Grund dafür, an die Widerrufsbelehrung andere Anforderungen zu stellen als bisher (vgl. LG Essen, Urteil vom 03.02.2011, 10 S 313/10, Rn. 20, juris).

Die Widerrufsbelehrung verfolgt den Zweck, dass der Verbraucher, insbesondere wenn der am Verbrauchervertrag beteiligte Unternehmer einen Dritten als Empfangsvertreter oder Empfangsboten benannt hat, keinem Zweifel unterliegt, an wen er den Widerruf zu richten hat. Diesen Anforderungen genügt die Angabe der Postfachanschrift des Widerrufsadressaten. Der Verbraucher wird dadurch in gleicher Weise wie durch die Mitteilung der Hausanschrift des Widerrufsadressaten in die Lage versetzt, seine Widerrufserklärung auf den Postweg zu bringen (BGH, Urteil vom 25.01.2012, Az. VIII ZR 95/11, juris). Die Angabe der Postfachanschrift ist eindeutig, unmissverständlich und auch ansonsten nicht geeignet, den Verbraucher an der Ausübung seines Widerrufsrechts zu hindern. Dies gilt erst recht, wenn - wie vorliegend - die Postfachadresse ergänzt wird durch weitere erläuternde Angaben wie einen konkreten Namen oder Ansprechpartner.

Diese Betrachtung lässt auch Schutzwürdigkeitsaspekte des Verbrauchers nicht außer Acht. So soll der Verbraucher durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses effektiv auszuüben. Die Belehrung hat ihn darüber zu informieren, dass und wie er seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung widerrufen kann. Dazu gehört auch die Angabe der Anschrift des Widerrufsadressaten, damit der Verbraucher Gewissheit hat, dass ein Widerruf den Adressaten auch tatsächlich erreicht, und zwar unabhängig davon, dass für die Wirksamkeit des Widerrufs - was der Widerrufsbelehrung ebenfalls unmissverständlich zu entnehmen ist - grundsätzlich dessen rechtzeitige Absendung ausreicht (§ 355 Abs. 1 S. 2 2. HS BGB a.F.). Auf jeden Fall darf der Verbraucher in der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht unangemessen beschränkt werden. Dieses Risiko ist jedoch durch die Angabe einer Postfachanschrift nicht gegeben (zur näheren Begründung vgl. BGH NJW 2002 239 ff.; LG Kassel WM 2007, 499 ff., LG Essen, a.a.O.).

Der Umstand, dass der Verbraucher seine Widerrufserklärung regelmäßig nicht selbst in den Hausbriefkasten des Widerrufsempfängers einwerfen kann, steht dem mit der Einräumung des Widerrufsrechts bezweckten Verbraucherschutz nicht entgegen (BGH, Urteil vom 11.02.2002, Az. I ZR 306/99), zumal für den Verbraucher (auch) bei Angabe einer Postfachanschrift als Widerrufsadresse die Möglichkeit besteht, seine Widerrufserklärung durch Einwurfeinschreiben an den Unternehmer zu übersenden.

Dieses Verständnis ist insbesondere im Zusammenhang mit Fernabsatzgeschäften sachlich gerechtfertigt, in denen der Vertragsschluss ausschließlich über Fernkommunikationsmittel erfolgt, auf den persönlichen Kontakt seitens des Verbrauchers also bewusst verzichtet wird. In der hier vorliegenden Antragskonstellation gilt dies umso mehr, als der Vertragsschluss bereits für sich genommen die Kenntnis der Adresse des Unternehmers voraussetzt, da ohne erfolgreiche Übermittlung des vom Verbraucher vorunterschriebenen Vertragsantrages an den Unternehmer gar kein Vertrag zustande kommt. Durch das Schreiben, in dem die Beklagte dem Kläger das Zustandekommen des Vertrages bestätigt und welches ebenfalls die ladungsfähige Anschrift der Beklagten enthält (vgl. Bl. ... d. A.), wird dem Verbraucher unmissverständlich verdeutlicht, dass sein Antrag den Vertragspartner erreicht hat. Es ist ihm daher nicht nur ohne Weiteres möglich, klar zu erkennen, an wen er seinen Widerruf richten muss. Er hat vielmehr sogar die Gewissheit, dass der Widerruf den Adressaten auch erreichen wird.

Damit kann offen bleiben, ob § 14 Abs. 4 BGB-InfoVO mangels wirksamer Ermächtigungsgrundlage überhaupt Anwendung findet.

c. Folglich schuldet die Beklagte weder die Rückzahlung der ihr nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB gebührenden Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 18.016,57 EUR noch eine - ohnehin bereits dem Grunde nach nicht erstattungsfähige (vgl. LG Bonn, Az. 3 O 206/14) - Nutzungsentschädigung in Höhe von 5.555,35 EUR (insg. 23.571,92 EUR). Soweit die Klageforderung sich darüber hinaus auf einen Betrag von weiteren 2.240,85 EUR erstreckt, so steht dieser Betrag dem Kläger infolge des Widerrufs nicht zu. Die Zusammensetzung des auf den ausgeübten Widerruf und die dadurch ausgelösten Rechtsfolgen gestützten Betrages ist unter Berücksichtigung der klägerseitig zu den Akten gereichten Unterlagen nicht schlüssig dargetan. Inwieweit der Kläger durch die vorgenommene Zahlung eine Leistung erbracht haben sollte, die die Beklagte nicht vereinnahmen konnte, ist nicht ersichtlich. Die Richtigkeit der Abrechnung wird klägerseitig - ausgenommen von der Rechtsfrage nach der Berechtigung zur Vereinnahmung einer Vorfälligkeitsentschädigung trotz des erklärten Widerrufs - nicht substantiiert bestritten. Auch ergibt sich aus der Darlehensabrechnung vom 17.02.2014 (Anl. K13, Bl. ...), dass die Beklagte an den Kläger einen Betrag von 981,70 EUR zurückgezahlt hat, welcher in der Berechnung des Klageantrages soweit ersichtlich nicht in Ansatz gebracht wurde; dass und inwieweit darüber hinaus eine Zuvielzahlung erfolgt ein sollte, vermag das Gericht nicht zu erkennen.

d. Auf die Frage, ob der Kläger sein Widerrufsrecht darüber hinaus verwirkt hat bzw. die Beklagte sich auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs berufen kann, kommt es vorliegend mithin ebenso wenig an wie auf die Frage, ob und wenn ja in welcher Höhe im Falle der Rückabwicklung eines Darlehens infolge eines wirksamen Widerrufs Nutzungsersatz geschuldet ist (vgl. dazu 3 O 206/14).

2. Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 25.812,77 EUR

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.