VG Münster, Urteil vom 13.11.2012 - 2 K 740/11
Fundstelle
openJur 2016, 4630
  • Rkr:

1. Ein Gebäude darf als Beispiel individueller Nachkriegsarchitektur, dem ähnlich modern gestaltete Einfamilienhäuser in späterer Zeit folgte, als Baudenkmal in die Denkmalliste eingetragen werden.

2. Zwar kann auch eine funktionelle Einheit von Gebäude und Garten ein Denkmalwert zukommen, doch fehlt es daran, wenn der Garten nicht wie ursprünglich geplant realisiert und in weiten Teilen abgeändert wurde.

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2011 wird aufgehoben, soweit die Beklagte den Garten des Grundstücks S.----------weg in die Denkmalliste eingetragen hat. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger und die Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks S.----------weg in N. . Das Grundstück ist mit einem Einfamilienwohnhaus bebaut. Das Gebäude wurde in den Jahren 1955/56 im Auftrag von Prof. Dr. K. I. nach Plänen des Architekten S1. H. errichtet. Der Architekt verfasste des weiteren einen Entwurf für den rückwärtigen Garten.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2011 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass das Wohngebäude nebst Garten am gleichen Tag in die Denkmalliste der Stadt N. eingetragen worden sei. Zur Begründung führte die Beklagte in der Eintragung aus, das Wohnhaus sei bedeutend für die Geschichte des Menschen in N. , da es die Siedlungsgeschichte der Stadt nach 1945 bezeuge. Das Gebiet sei erstmals in den 1950er Jahren bebaut worden. Hierbei sei das Leitbild der gegliederten und aufgelockerten Stadt verfolgt worden. Das städtebauliche Bild am S.----------weg sei durch großzügig bemessene Grundstücke gekennzeichnet, auf denen überwiegend freistehende Wohnhäuser errichtet worden seien. Das Gebäude S.----------weg dokumentiere durch seine Lage in einem großflächigen Garten und seine Ausführung als individuelles Einfamilienhaus in charakteristischer Weise die Entwicklungsgeschichte dieses Stadtteils in den 1950er Jahren. Seine Bedeutung für die Geschichte des Menschen in N. ergebe sich ferner aus dem Umstand, dass es für eine als Theologe und Bischof bedeutende Persönlichkeit errichtet worden sei. Prof. Dr. Joseph I. habe 1951 den Lehrstuhl für Christliche Sozialwissenschaften erhalten und kurz darauf das Institut für Christliche Gesellschaftslehre gegründet. Durch seine Beratertätigkeit für die verschiedenen Bundesministerien habe er über die Grenzen von Stadt und Bistum hinaus Bedeutung erlangt und die Sozialpolitik der jungen Bundesrepublik beeinflusst. Für die Erhaltung und Nutzung des Wohnhauses sprächen wissenschaftliche, hier architekturgeschichtliche Gründe. Es handele sich um ein für den Bautenbestand der Beklagten frühes und qualitätvolles Beispiel eines Wohnhauses der Nachkriegsmoderne. In den additiv zusammengefügten geometrischen Grundformen, den bündig in der Fassade sitzenden großflächigen Fenstern und dem flachen, asymmetrischen Satteldach ohne Überstand, das durch die hohen Trauf- und Ortganggesimse aus Sichtbeton besonders betont werde, seien Einflüsse zeitgenössischer skandinavischer, amerikanischer und Schweizer Architektur erkennbar. Diese seien auch am Baumaterial und im Grundriss (Split-Level, Einraumkonzept bei Wohn- und Essbereich) ablesbar. Den Entwürfen des Architekten lasse sich entnehmen, dass dieser Haus und Garten als eine gestalterische Einheit aufgefasst habe. Die Seitenlinien der Gartenwege und Pflanzbeete habe er entweder parallel zur Grundstücksgrenze oder zu den Hausseiten ausgerichtet. Wohnhaus und Garten stellten eine herausragende Leistung im Lebenswerk des bekannten Architekten S1. H. dar, der von 1969 bis 1992 in Wien eine Professur für Wohnbau innegehabt habe.

Gegen den am 16. Februar 2011 zugestellten Bescheid haben die Kläger am 16. März 2011 Klage erhoben.

Sie machen geltend, die Pläne des Architekten H. seien bereits nicht vollständig umgesetzt worden. Eine geplante Sichtverbindung zwischen der Küche und dem Essraum sei ebenso wenig realisiert worden wie ein ebenerdiger Ausgang vom Arbeitszimmer zum Hof. Im Arbeitszimmer seien geplante Einbauschränke nicht eingebaut, sondern eine offene Nische durch ein Schrankelement geschlossen worden, so dass das Arbeitszimmer von einer Abstellkammer abgetrennt wird. Eine geplante tragende Wand im Bereich der Treppenanlage sei ebenfalls nicht errichtet worden. Nach dem Auszug von Prof. Dr. I. im Jahr 1962 sei das Gebäude darüber hinaus grundlegend verändert worden. Im Zuge einer Fassadensanierung seien die Formate der Fenster zum Garten und die Farbe der Öffnungsflügel geändert worden. Die Terrasse habe ein Glasdach erhalten; ihr ursprünglicher Bodenbelag sei durch handelsübliche Betonplatten ersetzt worden. Die Treppe von der Terrasse in den Garten sei erneuert worden. Im Eingangsbereich sei ein Vorraum und im Souterrain ein Badezimmer eingebaut worden. Das Badezimmer im Obergeschoss sei erneuert worden. Der Entwurf des Architekten für den Garten sei zum Teil bereits nicht realisiert und zum Teil später verändert worden. Die ursprünglich geplante Senke (sog. "Wiesenmulde") sei ebenso wenig verwirklicht worden wie der geplante zweite Zugang zum Vorgarten. Statt der geplanten Laub- seien Nadelgehölze und anstelle von Blumenbeeten weitere Gehölze gepflanzt worden. Die geplanten rechtwinkligen Beete seien nicht mehr vorhanden. Im Vorgarten sei ein Stellplatz angelegt und der Vorgartenweg gepflastert worden. Des weiteren sei ein Gartenhaus errichtet, der Weg nordwestlich des Wohngebäudes aufgegeben und der ehemalige Nutzgarten in eine Wiese mit Sitzplatz umgewandelt worden.

Die Begründungsansätze der Beklagten für die Denkmaleigenschaft von Haus und Garten gingen fehl. Dies gelte zunächst für den Bezug zu Prof. Dr. I. . Dessen geschichtliche Bedeutung als Person der Zeitgeschichte beruhe auf seinem öffentlichen Wirken als Theologe und Würdenträger der katholischen Kirche. Dieses Wirken weise jedoch keinen Bezug zu dem Wohnhaus auf. Prof. Dr. I. sei einer breiteren Öffentlichkeit darüber hinaus erst mit seiner Weihe zum Bischof von N. bekannt geworden. Ab diesem Zeitpunkt habe er das Bischofspalais bewohnt.

Dem Wohnhaus komme auch kein Denkmalwert wegen architektonischer Besonderheiten zu. So sei die Errichtung von versetzten Ebenen (Split-Level) nicht aus gestalterischen Gründen, sondern wegen des abfallenden Geländes erfolgt. Hätte man sich an der Architektur der 50er Jahre orientieren wollen, hätte man einen ebenerdigen Übergang zwischen den Wohnräumen und den Außenanlagen herstellen müssen. Bei den eingesetzten Baumaterialien handele es sich um einfache, preiswerte und handelsübliche Oberflächenmaterialien.

Ein öffentliches Interesse am Erhalt des Wohngebäudes bestehe auch nicht deswegen, weil es von dem Architekten S1. H. entworfen worden sei. Prof. Dr. Gieselman sei weder durch die Prägung eines eigenen Architekturstils noch durch eine unverwechselbare architektonische Handschrift besonders hervorgetreten, so dass seinem Werk für die Fortentwicklung der Baukunst keine besondere Bedeutung zukomme. Darüber hinaus handele es sich bei dem Gebäude nicht um eine "herausragende Leistung im Lebenswerk" dieses Architekten. Dem Entwurf des Gartens kommen ebenfalls kein besonderer Aussagewert zu. Da der ursprüngliche Entwurf zum Großteil nicht realisiert und der Garten im übrigen auch nachträglich verändert worden sei, komme seine Unterschutzstellung ersichtlich nicht in Betracht.

Zur Bestätigung ihrer Rechtsauffassung legen die Kläger ein Gutachten von Prof. Dr. C. T. -X. , Dipl.-Ingenieurin und Dombaumeisterin in Köln, vom 24. August 2012 nebst einer ergänzenden Stellungnahme vom 8. November 2012 vor. Diese führt in Ergänzung zu dem Vorbringen der Kläger aus, ein einzelnes Gebäude könne nicht zur Veranschaulichung des Prinzips der gegliederten und aufgelockerten Bebauung unter Schutz gestellt werden. Bei dem Gebäude handele es sich um ein normales Wohnhaus der 50er Jahre, das vom Durchschnitt lediglich durch das Vorhandensein von zwei Schlafzimmern und einem großen, später verkleinerten Arbeitszimmer abweiche. Die von der Beklagten angesprochenen Ausstattungsmerkmale seien nichts Besonders. Die versetzten Ebenen vermittelten dem Gebäude ebenfalls keine besondere gestalterische Qualität. Es sei weder der radikalen Moderne noch der modifizierten Heimatschutzarchitektur zuzurechnen und weder amerikanisch noch skandinavisch geprägt. Das Haus sei darüber hinaus weder ein Hauptwerk des Architekten S1. H. noch für seine Bauten der 50er Jahre typisch.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und vertieft die Begründung der vorgenommenen Eintragung. Dass das Wohngebäude verändert und der Garten abweichend angelegt worden sei, stehe einer Unterschutzstellung nicht entgegen. Entscheidend sei, dass die künstlerische Handschrift des Architekten umgesetzt worden und bis heute erhalten sei. Die vorgenommenen Änderungen minderten nicht den Denkmalwert des Gebäudes, das ein Frühwerk des Architekten H. darstelle. Dessen Bauten hätten Eingang in einschlägige Zeitschriften und Fachpublikationen gefunden. Der letztendlich realisierte Garten dokumentiere den Umgang mit den gartenarchitektonischen Gestaltprinzipien der Zeit und deren Anpassung an die Grundstücksbedingungen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Er erläutert in Ergänzung zu der Begründung der Eintragung, dass N. nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fast vollständig zerstört worden sei. Die Stadtverwaltung habe sowohl der modernen Architektur als auch dem rekonstruierenden Wiederaufbau historischer Bauten ablehnend gegenüber gestanden. Für den Wiederaufbau habe man sich vielmehr an den Leitbildern der Heimatschutzarchitektur orientiert. Parallel hierzu seien in N. Bauten der Nachkriegsmoderne entstanden, die auf unterschiedliche Weise an moderne amerikanische, skandinavische, niederländische und Schweizer Bauten der dreißiger und vierziger Jahre anknüpften, wo - anders als in Deutschland - die Neue Sachlichkeit der zwanziger Jahre weiter entwickelt worden sei. Daneben seien Bauten der modifizierten Heimatschutzarchitektur oder der gemäßigten Moderne entstanden. Innerhalb des noch vorhandenen Wohnhausbestandes stelle das Gebäude ein frühes und qualitätvolles Beispiel moderner Wohnhausarchitektur in N. dar und besitze daher einen Zeugniswert für die Architektur der Nachkriegszeit Münsters. Anders als die Mehrzahl zeitgleicher Einfamilienhäuser verfüge das Gebäude über additiv aneinandergefügte geometrische Grundformen, bündig in der Fassade sitzende großflächige Fenster (Öffnung zum Garten), ein flaches asymmetrisches Satteldach, das durch die hohe Mauerkrone aus Sichtbeton besonders hervorgehoben werde, sowie eine gegenläufige pultdachförmige Überdachung der Terrasse. Hierin zeigten sich Einflüsse zeitgenössischer skandinavischer Architektur, die ab 1951 zunehmend Anregungen für neue Lösungen moderner Wohnhausarchitektur gaben. Das Gebäudeinnere zeige die "neue" klare Formensprache der Nachkriegsmoderne und den damit verbundenen Materialmix aus verschiedenen Holzarten, Klinker, Natur- und Kunststein. Weitere moderne Elemente seien die versetzten Halbgeschosse (Split-Level) und die Öffnung von Ess- und Wohnzimmer zueinander (Einraumkonzept oder fließender Raum).

Das Gericht hat das Wohngebäude und den Garten in Augenschein genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, und hinsichtlich der angefochtenen Eintragung des Gartens S.----------weg in die Denkmalliste der Beklagten auch begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2011 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Denn nur das Gebäude S.----------weg erfüllt die Voraussetzungen für die Eintragung in die Denkmalliste der Beklagten, während dem das Gebäude umgebenden Garten kein Denkmalwert zukommt.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW sind Denkmäler in die Denkmalliste einzutragen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG NRW sind Denkmäler Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 DSchG NRW, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen.

Den einzelnen Merkmalen, aus denen sich die Bedeutung des Objekts ergeben soll, ist die Kategorie des Geschichtlichen gemeinsam. Die Bedeutung eines Gebäudes folgt aus seinem Wert für die Dokumentation früherer Bauweisen und der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die in dem Gebäude und seiner Bauweise zum Ausdruck kommen. Das Gebäude muss in besonderem Maße geeignet sein, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen und zu erforschen.

Nicht nur museumswürdige Objekte oder klassische Denkmäler sollen Schutz genießen, sondern auch solche Objekte, die unterhalb dieser Schwelle in besonderer Weise einen geschichtlichen Bezug aufweisen. Nicht zu verlangen ist, dass sich die Sache in Bezug auf die für eine Denkmaleigenschaft maßgebenden Kriterien als einzigartig oder hervorragend erweist und sich daher die Bedeutung auch jedem durchschnittlichen Betrachter unmittelbar aufdrängt. Das Tatbestandsmerkmal "bedeutend" hat in diesem Sinne vor allem die Funktion, aus dem Bereich des Denkmalschutzes solche Gegenstände auszuschließen, die zwar einen historischen oder städtebaulichen Bezug haben, jedoch deshalb nicht von Bedeutung sind, weil es sich um Massenprodukte handelt oder weil die Sache wegen zu weit greifender Veränderungen keinen geschichtlichen Aussagewert mehr hat.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. September 2006 - 10 A 1541/05 -, BRS 70 Nr. 196.

In Anwendung dieser Grundsätze ist das Wohngebäude S.----------weg bedeutend für die Geschichte des Menschen, für seine Erhaltung und Nutzung liegen wissenschaftliche Gründe vor.

Bedeutung für die Geschichte des Menschen hat ein Objekt dann, wenn es einen Aussagewert für das Leben bestimmter Zeitepochen sowie für die politischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse und Geschehensabläufe hat. Diese Bedeutung kann aus allen Zweigen der Geschichte hergeleitet werden. Bedeutend für die Geschichte des Menschen als Zeitdokument der Architekturgeschichte ist eine Sache dann, wenn ihr eine besondere - d.h. eine über "Massenprodukte" hinausgehende - Eignung zum Aufzeigen und zum Erforschen der Entwicklung der Baukunst zukommt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. September 2006 - 10 A 1541/05 -, a.a.O.

Diesen Anforderungen wird das Wohngebäude S.----------weg gerecht. Es stellt - ohne einem von der Architekturwissenschaft definierten Baustil zuzuordnen zu sein - ein frühes Beispiel der sich an neuen Vorbildern orientierenden Nachkriegsarchitektur dar. Der Beigeladene hat im einzelnen schlüssig und nachvollziehbar erläutert, dass sich der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg überwiegend an den Leitbildern der bereits bekannten Heimatschutzarchitektur orientiert habe. Moderne Gebäude, die sich unter anderem ein Beispiel an skandinavischen Bauten der dreißiger und vierziger Jahre genommen hätten, seien parallel hierzu entstanden. An dem Gebäude S.----------weg seien solche Einflüsse skandinavischer Architektur an den additiv aneinandergefügten geometrischen Grundformen, den bündig in der Fassade sitzenden großflächigen Fenstern (Öffnung zum Garten), dem flachen asymmetrischen Satteldach, das durch die hohe Mauerkrone aus Sichtbeton besonders hervorgehoben werde, und der gegenläufigen Einfassung der Terrasse durch durchbrochenes Mauerwerk erkennbar. Im Gebäudeinneren sei anhand der Öffnung des Esszimmers zum Wohnzimmer und der Trennung beider Bereiche durch eine Kaminbank mit Inschrift und einer in der Decke eingelassenen Leuchtschiene moderne Wege beschritten worden. Dies gelte gleichfalls für die Einteilung der Wohnbereich auf versetzten Ebenen (Split-Level), wenngleich sich diese Lösung aufgrund des Geländes angeboten habe.

Diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass es sich bei dem Gebäude zwar nicht um ein architektonisches Unikat mit besonderem Einfluss auf die weitere Entwicklung der Baukunst handelt, aber dass das im Jahr 1955 begonnene Gebäude im Bereich der Münsteraner Architektur neue Wege beschritten hat. Es handelt sich um ein frühes Beispiel moderner individueller Nachkriegsarchitektur, dem ähnlich modern gestaltete Einfamilienhäuser in N. erst zu einem späteren Zeitpunkt nachfolgten. Diese den Denkmalwert des Gebäudes begründende Tatsache wird von den Klägern nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Die Kläger kritisieren, dass es sich bei dem Gebäude um ein normales Wohnhaus der 50er Jahre handele, das sich nicht wesentlich von anderen Wohngebäuden dieser Zeit unterscheide. Es kann offen bleiben, ob diese Einschätzung zutrifft oder sich das Gebäude aufgrund seines Grundrisses und Kubatur von anderen Wohngebäuden dieser Zeit abhebt. Jedenfalls haben die Kläger nicht aufgezeigt, dass die sachverständige Einschätzung des Beigeladenen, wonach sich das Gebäude durch seine moderne Bauweise von anderen zeitgleichen Wohngebäuden in N. unterscheide, nicht zuträfe.

Der Denkmalwert des Gebäudes wird auch nicht durch die von den Klägern aufgezeigten baulichen Veränderungen infrage gestellt. Das für die Münsteraner Nachkriegsarchitektur moderne Erscheinungsbild des Gebäudes wird durch seinen Grundriss, die versetzen Ebenen, die bündig in der Fassade sitzenden großflächigen Fenster, das flache asymmetrische Satteldach, das durch die hohe Mauerkrone aus Sichtbeton besonders hervorgehoben wird, und die gegenläufige Einfassung der Terrasse durch durchbrochenes Mauerwerk bestimmt. Im Gebäudeinneren wird das moderne Konzept an der Öffnung des Esszimmers zum Wohnzimmer und der Trennung beider Bereiche durch eine Kaminbank mit Inschrift und einer in der Decke eingelassenen Leuchtschiene erkennbar. Diese Merkmale sind von den von den Klägern aufgeführten Änderungen im wesentlichen unberührt geblieben. Die Größe der Fensteröffnungen ist auch nach der Fassadensanierung unverändert. Die Farbe der Öffnungsflügel der Fenster ist für das Erscheinungsbild des Gebäudes ebenso unerheblich wie die Beschaffenheit des Bodenbelags der Terrasse und der Treppe in den Garten. Die Überdachung der Terrasse mit einem Glasdach ist optisch kaum wahrnehmbar. Die Umbauten im Erdgeschoss (Vorraum) und Souterrain (Einbau eines Badezimmers, teilweise Abtrennung des Arbeitszimmers) verändern den ursprünglichen Zuschnitt nur unwesentlich und stellen insbesondere den für Gebäude der 50er Jahre typischen eher kleinen Raumzuschnitt nicht infrage. Dass das Badezimmer im Obergeschoss erneuert worden ist, stellt einen normalen Instandhaltungsvorgang dar, der ebenfalls auf den Aussagewert des Gebäudes keinen Einfluss hat.

Aus der vorbeschriebenen architekturgeschichtlichen Bedeutung des Gebäudes folgt zugleich, dass für seine Erhaltung und Nutzung wissenschaftliche Gründe vorliegen. Das streitbefangene Gebäude ist ein geeignetes und erhaltenswertes Objekt zur Erforschung und Dokumentation der Geschichte der Nachkriegsarchitektur N1. , weil seine moderne Bauweise in N. "ihrer Zeit voraus" war.

Demgegenüber bilden das Wohngebäude und der Garten der Kläger keine funktionelle Einheit, die es rechtfertigt, den Garten in die Unterschutzstellung mit einzubeziehen. Zwar handelt es sich auch dann um ein Baudenkmal im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 DSchG NRW, wenn nicht alle Bestandteile - isoliert betrachtet - bauliche Anlagen sind. Schutzobjekt kann auch ein Baudenkmal aus Teilen von baulichen Anlagen und anderen Anlagen als eine Ganzheit sein, deren Bestandteil eine bauliche Anlage ist und zu der andere von Menschen gestaltete Landschaftsteile gehören, vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 DSchG NRW.

Die danach erforderliche Ganzheit oder auch funktionelle Einheit zwischen (Teilen von) baulichen Anlagen und anderen Anlagen, die zusammen eine denkmalrechtliche Bedeutung im Sinne des § 2 Abs. 1 DSchG NRW aufweisen, ist hier jedoch nicht gegeben. Eine solche funktionelle Einheit kann sich nicht bereits aus dem Umstand ergeben, dass einem Gebäude Denkmalwert zukommt und Gebäude und Garten auf demselben Grundstück liegen. Eine funktionelle Einheit zwischen Haus und Garten lässt sich auch nicht dem Entwurf des Architekten H. entnehmen. Dessen Gartenplan lässt sich zwar entnehmen, dass die Wege durch den Garten zum Teil parallel zum Haus verlaufen sollten und die in verschiedener Größe und Grundform geplanten Blumen- und Gemüsebeete eine entsprechende Parallelität aufweisen sollten. Diesem Konzept lassen sich jedoch keine Anhaltspunkte für eine funktionelle Einheit zwischen Haus und Garten entnehmen.

Unabhängig davon ist der Entwurf des Architekten H. in weiten Teilen bereits nicht realisiert oder später abgeändert worden, so dass auch eine Bewertung des Gartens als selbständiges Denkmal ausscheidet. Der in der östlichen Ecke des ersten Gartenteils geplante Sitzplatz ist ebenso wenig verwirklicht worden wie die für diesen Bereich vorgesehenen Blumenbeete und Obstbäume. Gleiches gilt für den südlich des Hauses geplanten, durch eine Jasminhecke abgetrennten Wäschehof. Dort befindet sich gegenwärtig ein Gartenhaus. Der Durchgang zum zweiten Gartenteil ist in der Achse der von der Terrasse in den Garten führenden Treppe angelegt worden und verfolgt damit ein anderes gestalterisches Konzept als der Entwurf, der die Verbindung zwischen den einzelnen Rundwegen entlang der nördlichen Grundstücksgrenze vorsah. Die hinter dem ersten Gartenbereich geplante Wiesenmulde ist ebenso wenig angelegt worden wie das für den zweiten Gartenbereich geplante Nutzbeet mit Erdbeeren, Salat, Tomaten, Küchenkräutern und dieses östlich und westlich einfassende Himbeeren und Johannisbeeren. Anstelle des Nutzbeetes befindet sich nunmehr Rasen, der nördlich, östlich und südlich von Staudenbeeten umgeben ist. Der Weg durch den hinteren Gartenbereich ist nunmehr als Rechteck angelegt, das auf einem parallel zum Haus verlaufenden Weg durchquert werden kann. Der Entwurf sah hingegen für den hinteren Gartenbereich zwei Rundwege vor, die in verkleinerter Form den Verlauf des im vorderen Gartenbereichs gelegenen Wegs nachvollzogen und nur eine Verbindung an der nördlichen Grundstücksgrenze aufweisen sollten. Auch ein Verbindungsweg zwischen Vorgarten und Garten nördlich des Hauses ist nicht realisiert worden. Der unmittelbar vor dem Arbeitszimmer Prof. I1. geplante versenkte Garten ist ebenfalls abweichend umgesetzt worden. Während das Wasserbecken den geplanten Standort erhalten hat, sind die geplanten, versetzt angeordneten drei Rosenbeete nicht angelegt worden. Vor den Fenstern des Arbeitszimmers befindet sich vielmehr ein Staudenbeet. Ein weiteres Staudenbeet befindet sich - auch an anderer Stelle als im Entwurf - parallel zum Wasserbecken in Richtung des Gartens.

Die Eintragung des Gartens in die Denkmalliste der Beklagten war vor diesem Hintergrund aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.